John Boyne: Der Schiffsjunge (Mutiny on the Bounty)

  • Kurzbeschreibung bei amazon


    December 23, 1787, Portsmouth. A 14-year-old boy, John Jacob Turnstile, has got into trouble with the police on one too many occasions and is on his way to prison when an offer is put to him - a ship has been refitted over the last few months and is about to set sail with an important mission. The deal is struck and he finds himself onboard, meeting the captain, just as the ship sets sail. The ship is HMS Bounty, the captain is William Bligh, and their destination is Tahiti. "Mutiny on the Bounty" is the first novel to explore all the events relating to the Bounty's voyage, from their long journey across the ocean to their adventures on the island of Tahiti and the subsequent 48 day expedition towards Timor. A vivid recreation of the famous mutiny, the story is packed with humour, violence and historical detail, while presenting a very different portrait of Captain Bligh and Mr Christian than has ever been shown before.




    Inhalt


    Der vierzehnjährige John Jacob Turnstile, der unter der "Obhut" des brutalen Mr Lewis in Portsmouth sein Leben als Taschendieb und Lustknabe für reiche Herren fristet, wird bei einem Diebstahl erwischt und hat die Wahl, entweder für 1 Jahr ins Gefängnis zu gehen oder als persönlicher Diener des Kapitäns auf der Bounty zu arbeiten. Er entscheidet sich für die Bounty und wird so zum Zeugen der berüchtigten Reise nach Tahiti, von wo die Seeleute Früchte und Setzlinge des Brotbaums mitbringen sollen. Das Schiff wird von Lieutenant William Bligh befehligt. Nach einer langen und teils recht stürmischen Reise gelangen die Seeleute nach Tahiti, wo sie ein schönes Leben führen: viel Freiheit, köstliche Nahrung und vor allem schöne, willige Frauen versüßen ihnen das Leben.
    Viele Mannschaftsmitglieder sind schließlich unwillig, Tahiti wieder zu verlassen. Kurz nach der von Bligh durchgesetzten Abreise kommt es unter der Leitung von Fletcher Christian zur Meuterei. Bligh wird mit 18 loyalen Besatzungsmitgliedern, darunter auch Turnstile, in einem Beiboot mit relativ wenig Proviant ausgesetzt.
    Nun folgt eine 48-tägige Odyssee, geprägt von nagendem Hunger, schrecklichem Durst und den gesundheitlichen Gefahren durch die Witterung und durch unberechenbare Eingeborene auf den Inseln, die die Ausgesetzten ansteuern, um ihren Proviant aufzustocken. Bligh gelingt das Unmögliche, nur mit einem Kompass ausgerüstet, bringt er das Boot nach Timor, von dort aus können die 13 Überlebenden nach England zurückkehren.


    Eigene Beurteilung


    Die Handlung des Romans, die zum größten Teil zwischen 1787 und 1789 angesiedelt ist, wird vom Ich-Erzähler John Jacob Turnstile erzählt. Turnstile ist die einzige fiktive Figur der Geschichte, alle anderen Figuren segelten wirklich auf der Bounty. Hier kann man Weiteres über ihren Werdegang nachlesen.
    John Boyne, der offensichtlich sehr gründlich recherchiert hat (bibliographische Angaben hinten im Buch), zeichnet ein anderes Bild von William Bligh als man es aus den Verfilmungen kennt, die ihn als grausamen Befehlshaber darstellen, gegen den zu Recht aufbegehrt wurde. Bligh war diszipliniert und äußerst pflichtbewusst, aber unter seinem Kommando gab es wesentlich weniger Disziplinarmaßnahmen als auf anderen Schiffen seiner Zeit. Auch in anderer Hinsicht war er fortschrittlich, er führte drei Schichten ein, sodass die Matrosen längere Ruhepausen hatten und er achtete besonders auf Hygiene und sorgte dafür, dass seine Leute nicht an Skorbut erkrankten.
    Dennoch wird er nicht als Heiliger dargestellt. Ab und zu ist er cholerisch und trifft unkluge Entscheidungen. Sein Vorgehen, den Matrosen auf Tahiti vorher in Aussicht gestellt Vergünstigungen zu beschneiden, dürfte maßgeblich zu deren Unzufriedenheit beigetragen haben.
    Die Sprache des Romans ist humorvoll, der junge Turnstile ist zwar nicht gebildet, hat aber ein Talent zum Erzählen und bietet viel Anlass zum Schmunzeln. Am Anfang musste ich mich allerdings etwas in seinen Stil einlesen.
    Insgesamt ist das Buch in fünf Teile unterschiedlicher Länge untergliedert, wobei der vierte Teil, der die 48 Tage im Beiboot umfasst, die kein Seemannsgarn sind, sondern faktengetreu erzählt werden (anhand von Blighs Logbuch), unglaublich fesselnd und erschütternd sind. Auf zwei Seekarten vorne im Buch kann man den Weg der Leidgeprüften verfolgen.


    "Mutiny on the Bounty", das voraussichtlich im Februar 2011 in deutscher Sprache erscheinen soll, ist ein Buch, das ich wärmstens weiterempfehle, selten hat mich ein Buch so berührt.


    Da die deutsche Ausgabe schon bei Amazon gelistet ist, habe ich die ISBN ausgetauscht (für das Verzeichnis) und den deutschent Titel in der Überschrift ergänzt. LG Wolke :wave

  • Zitat

    Da die deutsche Ausgabe schon bei Amazon gelistet ist, habe ich die ISBN ausgetauscht (für das Verzeichnis) und den deutschent Titel in der Überschrift ergänzt. LG Wolke :wave


    Vielen Dank! Ich hatte gar nicht gesehen, dass es schon bei amazon gelistet ist, sondern hatte den Erscheinungstermin von John Boynes Website.


    Ich füge hier trotzdem auch noch mal den Link zur englischen Ausgabe ein, da ich mit Sicherheit nicht die Einzige in diesem Forum bin, die lieber die englischen Ausgaben liest.
    Außerdem finde ich das Cover der englischen Ausgabe sooo schön... :-]

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Vielversprechende Rezension! Dann warte ich gespannt auf die deutsche Übersetzung!


    Und das zu recht!
    Ich hab es gerade durch und war die letzten Tage derart eingenommen von diesem wunderbaren Buch, daß ich nur lesen wollte.


    Meine Rezi:


    John Jacob Turnstile wächst als Waise in Portsmouth auf - unter der "Obhut" des "guten" Mr. Lewis. Der ein Haus für Jungen führt und ihnen das ehrenwerte Handwerk des Taschendiebstahls nahebringt. Unter anderem....


    Eines Tages versucht sich John wieder einmal in seiner Kunst - die Taschenuhr eines Kundes des Bücherstandes zu entwenden.
    Vorher führt er allerdings noch ein sehr interessantes Gespräch mit eben diesem seinem zukünftigen Opfer.
    Ein Gespräch, das nicht unerheblich für seine Zukunft sein wird.


    Kurz und gut - er wird erwischt, kommt ins Gefängnis und dank der Fürsprache seines vorherigen Opfers muß er statt seine einjährige Strafe abzusitzen, als Käpitäns Diener auf der Bounty anheuern.
    Der tatsächliche Dieser brach sich vorher die Beine, so daß dringender Ersatz gesucht wurde um die Bounty noch in den nächsten Stunden auslaufen zu lassen.


    So beginnt die große Reise und das große Abenteuer des John Jacob Turnstile.
    Und zugleich eine wahnsinnig spannende und hochinteressante Geschichte. Nicht nur für Segelschiff und Seefahrerabenteuer Freaks wie mich :grin


    John - der zu seinem Leidwesen von seinen Kameraden meist "Turnip"- Steckrübe - genannt wird beschreibt die Reise auf der Bounty, das Leben an Bord, die Fahrt gen Thaiti - Otaheite - von den Bewohnern genannt. Den Auftrag, die Brotfrüchte dort zu ziehen und die Stecklinge schließlich an die Westindinschen Inseln zu bringen.
    Das Leben auf Otaheite, die Rückfahrt und natürlich die berühmte Meuterei auf der Bounty.


    Ebenso die Fahrt des Beibootes unter William Bligh - wie die Ausgesetzten es in der kleinen Jolle schaffen, zu überleben um schließlich Timor zu erreichen.


    Soviel zum Inhalt.
    Die Geschichte als solches dürfte den meisten duch diverse Verfimungen bekannt sein, denke ich. Also die Geschichte der Meuterei.
    Die Darstellungen von William Bligh und Fletcher Christian.


    Hier ist es nun anders - eigentlich so, wie es der Untertiel - Die wahre Geschichte der Meuterei auf der Bounty" so schön andeutet.


    Welche der Versionen nun die absolut richtige ist, werden wir wohl nie erfahren.
    Aber diese Geschichte hier erscheint durchaus plausibel und ehrlich.
    (Auch wenn ich gestehen muß, ein Fan des gleichnamigen Filmes mit Marlon Brando als Fletscher Christian zu sein)



    Die Geschichte hat mich von Anfang an in ihren Bann gezogen. Gerade auch der Erzählstil hat es mir sehr angetan.
    Aufgeschrieben eben von John Jacob Turnstile - der aus seiner Sicht das gesamte Geschehen beschreibt.
    Die einzelnen Charaktere sehr genau beobachtet und auch alle Erlebnisse sehr detailiert und anschaulich darstellt.


    Ich fühlte mich oft an Charles Dickens erinnert bim lesen.
    Die Art und Weise wie die Abenteuer aus Sicht des Jungen beschrieben sind, lassen einen wirklich ins Portsmouth des 18. Jahrhundert, auf die Bounty und die Insel Otaheite gleiten.
    So lebensnah und wirklich erzählt Boyne.
    Der Sprachstil ist eben auch in vielen Punkten dem jeweiligen Jahrhundert und den Orten angepaßt.
    Nicht übertrieben, sondern sehr verständlich und ich empfand ihn eben auch als wunderbar und ganz genau passend.


    Und es läßt nachdenken über die jeweilig bekannten Charakterisierungen der Beteiligten. Hin vom "heldenhaften" Christian bis zum "grausamen" Bligh.
    Warum sind sie so in die Gschichte eingegangen? Kann es nicht auch anders gewesen sein? Haben die Jahrhunderte und die Darstellungen einflußreicher Familien nicht das ihrigen dazu beigetragen?



    Für mich ein richtig gutes Abenteuerbuch, bei dem bei mir die sehr hohe Wahrscheinlichkeit besteht, daß es nicht nur ein Monats - sondern auch ein Jahreshighlight wird.




    Fazit:
    Ein grandioser Abenteuerroman. Fesselnd, spannend, auch teilweise humorvoll.
    Wunderbar beschrieben wie die Meuterei der Bounty wohl auch hätte sein können, oder vielleicht war?
    Sehr empfehlenswert.


    (Warum es in der Bücherhalle als Jugendbuch deklariert war, entzieht sich meiner Kenntnis. Es ist natürlich auch für ältere interressierte Jugendliche geeignet - ich würde es aber als spannenden Erwachsenenabenteuerroman einordnen)

  • Wenn Euch "Der Schiffsjunge" gefallen hat habe ich einen Buchtipp für Euch: "William Mellford"- Bis ans Ende der Hoffnung. Darum geht es (Klappentext):


    "Der 11-jährige William Mellford" treibt sich allein in den Gassen von Bristol herum und lebt von dem, was sich so machen lässt. Daher verfügt er über ein schier unermessliches Repertoire an allen möglichen und unmöglichen Tricks und Kniffen, um halbwegs ein Auskommen zu haben.
    Durch die Geschehnisse im Dunkel einer Vollmondnacht wird William in die geheimen Vorbereitungen zu einer gefährlichen Mission verwickelt. Alles hat mit einer ein flussreichen Bristolner Kaifmannsfamilie zu tun und das Ziel der Reise heißt: Westindien.
    Zuvor jedoch müssen sich die Gefährten finden- seien sie auch verrückt oder verzweifelt genug, sich darauf einzulassen. William ganzer Einfallsreichtum ist gefragt. Die Zeit spielt gegen sie..."


    Charimatische, lebendige Charaktere, Wortwitz, bildhafter Erzählstil, Landschaft und ausweglose Situationen. Schaut Euch mal die AMAZON-Rezensionen dazu an.
    Viele Grüße
    Der Buchfreund

  • Angenommen, ein englischer Straßenjunge aus Portsmouth würde bei einem Taschendiebstahl geschnappt, verurteilt und statt zu einer Gefängnisstrafe zum Dienst auf der Bounty gepresst. Diesen John Jacob Turnstile lässt John Boyne die Geschichte der Meuterei auf der Bounty aus neuer Perspektive erzählen. Boynes Icherzähler wurde von der mehr als zweifelhaften Gestalt des Mr Lewis von der Straße aufgelesen und als Taschendieb und Strichjunge zum Anschaffen gezwungen. Für John Jakob könnte der Dienst auf der Bounty als persönlicher Diener Kapitän Blighs die Chance zu einem ganz neuen Leben sein. John Jakob hätte sich nicht so lange auf Portsmouth' Straßen durchschlagen können, wäre er nicht clever und anpassungsfähig. Kapitän Bligh wird die Chance gleich beim Schopf gepackt haben, diesen Jungen, der Augen und Ohren überall zu haben scheint, als Informanten einzusetzen und über die Stimmung an Bord auszufragen.


    Lebenserinnerungen eines Icherzählers nehmen ja erfreulicherweise die Rettung aus der Not vorweg. - Die Hauptfigur muss überlebt haben, sonst könnte sie uns ihre Geschichte nicht erzählen. Die Rolle, die John Jakob an Bord spielt, wo alle Dienstgrade über ihm stehen und ihn nach Kräften herumschubsen, ist Boyne gut gelungen. John Jakobs für einen Straßenjungen sehr elitäre und oft auch zu moderne Ausdrucksweise macht es dem Leser allerdings schwer, ihm seine Herkunft und sein Schicksal abzunehmen, was Boynes Roman nicht sehr glaubwürdig wirken lässt. "Der Schiffsjunge" lässt sich als umfangreicher Abenteuerroman leicht wegschmökern und richtet sich an Leser, die keinen besonderen Wert auf historische Detailtreue legen. Boyne hält bei der Gestaltung seiner Figuren die Perspektive nicht konsequent ein und lässt nicht nur John Jakob sich zu Dingen äußern, die der Betreffende aufgrund eigener Erfahrungen und in seinem Jahrhundert noch nicht wissen kann. Die Figuren denken und handeln mit dem Wissen des Autors in der Gegenwart und überzeugen nicht als Kinder ihrer Epoche. Als Jugendroman sehe ich das Buch nicht, das für Leser ab 12 angeboten wird, sondern eher als Unterhaltung erwachsener Leser mit maritimen Interessen.


    7 von 10 Punkten

  • Zitat

    Original von Johanna



    (Warum es in der Bücherhalle als Jugendbuch deklariert war, entzieht sich meiner Kenntnis. Es ist natürlich auch für ältere interressierte Jugendliche geeignet - ich würde es aber als spannenden Erwachsenenabenteuerroman einordnen)


    Sehe ich auch so, würde ich keinesfalls als Jugendbuch einstufen.
    Für mich der beste Roman von John Boyne.


    Wow, das ist spannend.
    Jeder der nicht seefest ist, sollte sich beim Lesen dieses Buches vorher ein paar Reisetabletten besorgen sowie einen leeren Eimer bereit halten.


    Wir begleiten den jungen John Jacob Turnstile, wie er vom Taschendieb zum Schiffsjungen und Diener von Kapitän Bligh auf der Bounty wird.
    Dann geht es auf große Fahrt, immer aus der Sicht des Jungen, der aus der Ich-Perspektive erzählt.
    Die Geschichte selbst ist ja bekannt.
    Doch hier ist auch die Lösung, warum manche Seefahrer bei der Meuterei nicht mitmachten und sich Kapitän Bligh anschlossen.
    Darunter auch der Schiffsjunge......


    Ganz großes Kopfkino, von mir 9 Punkte.

    "Es gibt Dinge, die sind einfach gesetzt: die Existenz Gottes, das Pferd als schnellstes Transportmittel, die gesellschaftliche Funktion der Frau und die Beschaffenheit des Geldes." Samuel Bernard, frz. Bankier, 1716

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