Loki Schmidt: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

  • Aus der Amazon.de-Redaktion
    „Du stehst hier nicht als Frau Schmidt, sondern du stehst hier als Frau Deutschland.“ So empfand Loki Schmidt ihre Treffen mit Präsidenten und gekrönten Häuptern, auf die sie ihren Mann Helmut als Kanzlergattin begleitete. In der Nacht auf den 21. Oktober 2010 starb Loki, 28 Jahre nach dem Ende der Kanzlerschaft ihres Gatten. Nur zwei Wochen vor dem Tod der 91-Jährigen war Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde erschienen, in dem die Hamburgerin ihr Leben an der Seite des bundesdeutschen Spitzenpolitikers Revue passieren lässt. Aufgrund der zeitlichen Nähe empfinden Leser diese Erinnerungen Lokis wie einen letzten Gruß.


    Auf dem Streifzug durch die westdeutsche Nachkriegszeit dreht es sich um Lokis Liebe zur Natur sowie um ein verlockendes Angebot eines Onkels aus Amerika. Die Tochter eines Werftarbeiters und einer Näherin verrät, wie sie den schweigsamen japanischen Tenno zum sprechen brachte, warum sich das Ehepaar Ceausescu bei einem Staatsbesuch in Rumänien daneben benahm – und zu welchem Anlass sie einmal genötigt wurde, Cognac zu trinken. Politisch interessiert, wann Regierung und Opposition ganz eng zusammenrückten oder welcher „Pfundskerl“ ab und zu im Kanzlerbungalow auftauchte.


    Stets unaufgeregt und diszipliniert begegnet uns das Ehepaar Schmidt. Diese „hanseatische Nüchternheit“, wie Loki es nennt, kennzeichnet übrigens auch ihre Antworten auf die Fragen von Ex-Zeitjournalist Dieter Buhl, die Grundlage des Buches sind. Dabei präsentiert sich Loki einerseits als selbstbewusste und selbstständige Frau. Andererseits war es für die 1919 geborene Hanseatin selbstverständlich, ihren Beruf als Lehrerin der politischen Karriere ihres Mannes unterzuordnen. Ihren Überzeugungen tat das keinen Abbruch. So weigerte sie sich einmal aus republikanischer Gesinnung, vor der englischen Queen einen Knicks zu machen. Nun muss ihr Mann Helmut ohne „Volkes Stimme“ auskommen, wie er im Vorwort zur Erstausgabe seine Frau anerkennend nennt. In vorliegenden Erinnerungen bleiben Loki Schmidts Taten und Werke lebendig.
    – Herwig Slezak


    Kurz nach der Nachricht vom Tode von Loki Schmidt entdeckte ich dieses kleine Buch. Es ist weniger eine Biographie als ein Interview über ihr Leben an der Seite von Helmut Schmidt. Hanseatisch nüchtern aber nie kühl schildert sie Geschehnisse am Rande der Politik. Anektoten am Tisch mit gekrönten Häuptern oder in den Privaträumen ihres Hauses in Hamburg. Aber nie in Yellow Press Manier. Das liegt ihr fern.
    Eigentlich ist auch ebenso ein Buch über Helmut Schmidt, denn immer wieder soll sie schildern, wie ihre Gespräche, seine Einstellungen und Meinungen gewesen seien.
    Hier scheint es mir, als ob ihr Gesprächspartner mehr über ihren Mann als über sie wissen will. Das ist auch mein einziger Kritikpunkt. Ich hätte mir einen noch größern Schwerpunkt auf ihrem Leben gewünscht. So bleibt der Eindruck, dass sie an manchen Stellen ihre Bedeutung für die Botanische Forschung andeuten kann, der Gesprächspartner diese aber leider nicht weiter vertieft.
    Deshalb vergebe ich 8 von 10 Punkte. :lesend

    Altes Land - Dörte Hansen :lesend
    Hörbuch: Kai Meyer - Die Seiten der Welt 1

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  • Ich schließe mich der Rezi von nordicute an. "Hanseatisch" und selbstbewusst beantwortet sie die Fragen des Journalisten Dieter Buhl.
    Aber auch, wie nordicute schreibt, wenn sie ihre Bedeutung in der Botanischen Forschung nicht vertiefen kann, kommt sie doch selbst immer wieder auf dieses Thema zurück.
    Ein interessantes Buch.

  • Mir hat dieses Gesprächs-Buch sehr gut gefallen. Die o.g. Kritik, dass Loki Schmidt im Bezug auf ihr Interesse für Botanik/Naturschutz nicht ausreichend zu Wort kam, kann ich nicht nachvollziehen. Es handelt sich bei diesem Buch ja um keine gradlinige chronologische allumfassende Biographie und für das Genre - ich nenne es mal Interview-Buch - fand ich es sehr ausbalanciert.
    Manche Fragen von Dieter Buhl fand ich persönlich zwar selten dämlich, aber da sie es bis ins Buch geschafft haben, ging es Loki Schmidt wohl nicht so.


    Einzig hätte ich mir hin und wieder einen Hinweis gewünscht, wie Loki Schmidt auf die eine oder andere Frage reagiert hat und wie sie sie beantwortet hat. So in der Art von (lacht), wie es Dieter Buhl bei seinen eigenen Fragen einige Male vorangestellt hat.


    Aber ansonsten sehr erfrischend und informativ zu lesen. Guter Konsumtipp für das bevorstehende Geschenkfest...:zwinker


    .

  • Es gibt bereits Biographien von Loki Schmidt, somit ist eine weitere nichts Außergewöhnliches. Ungewöhnlich ist eher der Ansatz: in Interviewform gehalten, geht es nahezu ausschließlich um die politischen Jahre des Ehepaares Schmidt. Sehr interessant plaudert Loki Schmidt mit dem Journalisten Dieter Buhl über diese Zeit und erzählt die ein oder andere Anekdote. Dabei wird einiges an Wissen um ihre Biographie bereits vorausgesetzt, so daß dieses Buch zur Abrundung eines Bildes über Loki Schmidt geeignet ist, nicht aber als erstes Buch, um sich mit ihrer Person zu beschäftigen. Schade fand ich allerdings, daß der Interviewer immer wieder auf Helmut Schmidt zu sprechen kam. So ging es zwar vordergründig um Loki Schmidt, zu oft allerdings dann doch wieder um ihren Ehemann. Sie wurde sozusagen in die zweite Reihe verwiesen. In dieser Hinsicht wird ihr das Buch nicht gerecht; zur Abrundung, wenn man bereits andere Biographien über sie gelesen hat, ist es aber sehr amüsant.

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Zitat

    Original von Nell
    Schade fand ich allerdings, daß der Interviewer immer wieder auf Helmut Schmidt zu sprechen kam. So ging es zwar vordergründig um Loki Schmidt, zu oft allerdings dann doch wieder um ihren Ehemann. Sie wurde sozusagen in die zweite Reihe verwiesen. In dieser Hinsicht wird ihr das Buch nicht gerecht; zur Abrundung, wenn man bereits andere Biographien über sie gelesen hat, ist es aber sehr amüsant.


    Das hat mich auch die ganze Zeit gestört! In den Interviews von Helmut Schmidt, betont dieser, dass seine Frau ein eigenständiger Mensch sei!
    Ute

  • Ich fand das Buch sehr gut. Der Bezug auf ihrem Mann hat mich nicht gestört, es war ja auch ein großer Teil ihres Lebens durch die Karriere ihres Mannes bestimmt.
    Und Fragen, die sie nicht beantworten mochte hat sie ja auch relativ deutlich abgewürgt.
    Ich hatte eh den Eindruck, daß es in diesem Buch vor allem um die halb private Seite ihrer Zeit in der hohen Politik gehen sollte. Zu den anderen Themen, für die sie sich eingesetzt hat, gibt es ja auch weitere Bücher von ihr.


    Alles in allem war es für mich ein schöner Einblick wie es bei Kanzlers privat war.

  • Ich habe erst dieses Interviewbuch und danach das ähnliche "Auf einen Kaffee mit Loki Schmidt" gelesen. Beide sind ähnlich, bespr. Themen wiederholen sich und doch kann man gut auch beide nacheinander lesen. Durch die kurzen Gespräche ergibt sich die Kapiteleinteilung, denn jedes Gespräch ist zu einem bestimmten Thema. Loki Schmidt war immer eine selbstbewusste eigenständige Dame gewesen, die sich nicht hinter der grossen und geachteten Helmut Schmidt verstecken musste. Sie hatte ihre eigenen Ziele, die sie verfolgt und engagiert verteidigt hat. Eine tolle Frau - eine beeindruckende Partnerschaft.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)