Cecille Ravencraft - Im Zentrum der Spirale

  • Im Zentrum der Spirale
    Cecille Ravencraft


    Altersempfehlung: ab 18!
    420 Seiten/ Taschenbuch
    Verlag: Torsten Low
    14,70€



    Kurzbeschreibung (von Amazon)


    Thomas, ein junger Mann auf der Flucht, findet unverhofft Unterschlupf bei einem sympathischen Pärchen: Den Moerfields.
    Wie Hänsel ohne Gretel lässt er sich in ein Pfefferkuchenhaus der besonderen Art locken und wie Hänsel wird er nach Strich und Faden mit dem besten Essen verwöhnt.
    Die einsamen Moersfields sehnen sich nach einem Sohn und setzen ihre Hoffnungen auf Thomas - und sie lassen sich nur ungern enttäuschen ...



    Über die Autorin (aus dem Buch entnommen)


    Cecille Ravencraft bekam ihr ungewöhnliches Pseudonym in der Radio-Show von Schock-Rocker Alice Cooper. Die Bielefelder Autorin entwirft hauptberuflich Werbetexte und schreibt Kurzgeschichten und Romane in mehreren Genres. Bei der Vermarktung ihrer Romane beweist sie Einfallsreichtum, so wurde bei ebay bereits ein Exemplar von „The Center oft he Spiral“ versteigert - signiert mit ihrem Blut.
    Mit „Im Zentrum der Spirale“ erscheint ihr ursprünglich englischsprachiger Roman estmals in einer deutschen Fassung.
    Eine deutsche Fortsetzung des Romans ist bereits in Arbeit.



    Inhalt:


    Der im Klappentext erwähnte Thomas ist im Grunde nur die Vorspeise zu diesem Gericht. Ich würde Thomas‘ Geschichte fast als ein Prequel bezeichnet, in der wir die Moerfields kennenlernen; die eigentliche Handlung beginnt allerdings erst im zweiten von drei Teilen.


    Hauptfigur des Romans ist Chris, ein Junge, den die Moerfields unter … nicht ganz legalen Umständen „adoptieren“, um ihn zu höheren Zwecken auszubilden. Er soll ihnen helfen, unter den Erhabenen, einer Art okkulter Sekte, wieder angesehen zu werden, da sie vor Jahren in Ungnade fielen und verbannt wurden. Dazu bedarf es einer sehr speziellen Ausbildung und einer noch viel spezielleren Lebensweise …



    Meine Meinung:


    Zugegeben - ich lese eigentlich keinen Horror. Zu diesem Buch las ich einen Blog-Eintrag, der es als gutes Einsteigerbuch in das Horror-Genre bezeichnete. Als man zu Halloween dann die Möglichkeit hatte, ein besonders ausgestattetes Buch zu ergattern, habe ich kurzentschlossen zugeschlagen. Anbei lag ein mir suspektes Mittelchen, das mein Kind sogleich vernichtet hat (keine Sorge, es war Traubenzucker) sowie ein Tütchen Thymian, außerdem war das Buch auf etwas martialische Weise signiert … was viel unspektakulärer aussieht, als ich dachte. Zugegeben, es war der Thymian, der mich überzeugte (c; (und nach dem beim Lesen das ganze Buch duftete - Lesen mit allen Sinnen - das war toll! Der Verlag sollte das Buch nur mit Thymian ausliefern!)


    Erwartet hatte ich mir unter dem Buch etwas anderes. Gut, dass es splattern würde, war anhand des Covers anzunehmen, trotzdem hatte ich mit mehr subtilem Grusel gerechnet, der aber ausblieb. Gerade im ersten Teil fielen mir auch einige Punkte auf, die nicht ganz glaubwürdig wirkten. Die Figuren legen teilweise sehr viel Dummheit an den Tag, sodass man das Ganze leider viel schneller als das Opfer durchschaut und sich, statt sich zu gruseln, eher darüber aufregt, wie blöd der Protagonist sich doch anstellt.
    Dies gibt sich im weiteren Verlauf aber zunehmend.


    Der Horroraspekt wird überwiegend durch Gemetzel bedient, welches detailliert, aber nicht zu ausgeschmückt beschrieben wird und gerne unter die Gürtellinie geht. Nicht selten wird es übelst pervers; für mich wäre etwas weniger da durchaus mehr gewesen. Die Beschreibungen der Verstümmelungen und Morde sind in jedem Fall nichts für schwache Mägen, auch wenn sie nicht bis aufs letzte Tröpfchen ausgequetscht werden.
    Darüber hinaus brilliert der Roman ab dem zweiten Teil jedoch auch mit einer fantastischen Charakterisierung der Hauptfigur Chris. Selbst Opfer und Täter zugleich gelang es ihm, mich doch erstaulich lange „auf seiner Seite“ zu halten. Er war mir nun nicht gleich sympathisch, aber er besaß mein Mitleid, und ich konnte sein Verhalten sogar nachvollziehen, was mich teilweise wirklich etwas erschreckte, denn dieses Verhalten ist … absolut krank.
    Auch die anderen Figuren haben ihre Facetten, ihre Vergangenheit und Gründe, die sie zu dem machten, was sie sind.


    Die Handlung an sich fand ich sicher aufgezogen, nicht zu vorhersehbar und unterbrochen von schrägen Einwürfen, wie einem sehr besonders ausgestatteten Jahrmarkt (*börks*) oder den ab und an eingestreuten Szenen, in denen die Autorin sich selbst ein wenig auf die Schippe nimmt, indem sie in einer Nebenrolle auftritt, oder die Figuren über ihre Schreibkünste herziehen. Im hinteren Bereich darf man die Glaubwürdigkeit allerdings nicht mehr zu genau überdenken, aber das ist in einem solchen Buch schon okay.
    Das Ende zeigt an, dass eine Fortsetzung geplant ist. Es ist kein direkter Cliffhanger, endet aber trotzdem einfach „mittendrin“ in den Planungen einer Figur und lässt viele Fragen offen. Damit gibt es viel Potential für einen weiteren Roman über die Erhabenen, die Spirale, die Hexen und Dämonen; aber leider auch eine nicht ganz zufriedengestellte Leserin.


    Zuletzt noch ein Wort zum Schreibstil, denn dieser hat mich nicht ganz überzeugt. Cecille Ravencraft erzählt ihre Geschichte in einfachen, prägnanten Sätzen, teils wirkte der Schreibstil am Anfang auf mich etwas flach, was im Verlauf des Buches viel besser wurde. Irritierend wirkten auf mich die Perspektivwechsel: Mitten in der Szene wurde aus einer Innenansicht in die nächste gewechselt, was manchmal etwas unklar machte, wer da gerade dachte.
    Als ganz flüssig habe ich den Stil noch nicht empfunden, allerdings auch nicht unangenehm zu lesen. Nur ganz selten störten ein paar eigenartige Formulierungen wie „Ihre Augen lagen auf ihm“, (womit nichts Ekeliges gemeint war, sondern lediglich, dass sie ihn ansah) oder zu häufige „Dann …“ Satzanfänge.



    Fazit:


    Ich habe ein Genre probiert, an das ich mich - wie an rohe Maden oder Meerschweinchenfleisch - noch nicht gewagt hatte. Es war, um es mit Alfred Biolek zu sagen: Interessant.
    Für Fans von „Freitag, der 13.“ oder "Saw" auf jeden Fall zu empfehlen.



    Fazit II:


    Fleisch taugt nicht ohne Thymian.

  • Thomas ist ein jugendlicher Ausreißer und nach einem bös missglückten Raubüberfall auf der Flucht vor der Polizei.


    Da kommt es ihm ganz recht, dass ihn die Moerfields in regennasser Nacht von der Straße auflesen und in ihr Haus aufnehmen. Mrs. M.(oerfield), eine ältere Dame mit dem niedlichen Lächeln einer kleinen Eule, päppelt Thomas auf und leistet ihm Gesellschaft, als ihn eine schwere Grippe ans Bett fesselt.


    Doch das Verhalten der Moerfields ist nicht selbstlos. Thomas ist weder der erste, noch der letzte Junge, der in den Wänden ihres Hauses gemästet wird. Aber bei Thomas scheint alles anders zu sein. Mehr und mehr wächst er den M.'s ans Herz und langsam keimt in ihnen die Hoffnung, aus ihm könne mehr werden, als Fleisch für ihre Kochtöpfe: Ein "Erhabener", ein Mitglied ihrer obskuren Sekte, deren Mitglieder Menschenfleisch essen und Sex für verachtenswert erachten. Der Sohn, den sie sich immer erhofft hatten. Doch dann enttäuscht Thomas ihre Erwartungen...


    Zunächst eine Warnung: Die Praktiken der "Erhabenen" sind abstoßend und ekelerregend. Und obgleich die "Erhabenen" Sex ablehnen, ist er doch immer wieder Thema. Cecille Ravencraft hält sich dabei in ihren Beschreibungen nicht zurück, weshalb ich das Buch in die Kategorie "ab 18" einstufen möchte.


    Sprachlich wusste Cecille Ravencraft mich zu überzeugen. Sie schafft es, Atmosphäre zu schaffen und mir sind beim Lesen nahezu keine Fehler aufgefallen. Der ein oder andere Vergleich wurde mir vielleicht ein klein wenig zu oft bemüht (wie der von Mrs. M mit einer kleinen Eule) und der Roman ist auch nicht frei von Plattitüden, doch letztendlich hat mich das nicht gestört, da der Spannungsaufbau bei mir gelang und ich gerne weiter gelesen habe. Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich die häufigen Wechsel der Erzählperspektive. Z.B. hätte ich auf den kurzen Einblick in die Gedankenwelt Kevins, der ohnehin nur da ist, um geschlachtet zu werden, verzichten können. Dass die Autorin sich als Nebenfigur selbst in die Handlung eingewoben hat, war wohl witzig gedacht, ist bei mir aber nicht angekommen. Ich empfand diese Szenen als unpassend und als Fremdkörper in einem ansonsten gelungenen Buch.


    Das Ende war für mich nicht vorhersehbar und obgleich der Roman damit abgeschlossen ist, böte sich sogar noch Potential für eine Fortsetzung.


    Fazit: Empfehlenswert, aber nichts für empfindliche Gemüter. 8/10 Punkte.