Umschlagtext:
Fußspuren, die aus dem Meer kommen. Die beiden Türme in den Dünen sind fremd und unheimlich und doch seltsam vertraut. Wie bin ich hierher gekommen?, schreibt der Junge in sein Tagebuch. Was tue ich hier? Ich weiß nicht mehr, wer ich bin... Er findet Menschen, die ihm helfen, Téja zum Beipsiel. Auf der Suche nach sich selbst stößt er auf das Rätsel der Türme, auf das Geheimnis des 30. Februar. Aber wie heißt das Wort, das ihn hierher versetzt hat? Und will er überhaupt zurück?
Wichtig bei diesem Buch ist der Untertitel:
Ein (zur Zeit noch) anonymes Tagebuch, mit Anmerkungen und Fußnoten von Tonke Dragt.
Erzählt wird in Tagebuch-, Notizbuchform die Geschichte eines Jungen, der sich auf einmal in einer anderen Welt wiederfindet, ohne daß er weiß, wie er dorthin gekommen. Er weiß nicht einmal, wer er ist, er hat keinen Namen. Er ist aber sicher, daß er das Rätsel lösen wird, wenn er sich nur erinnern kann. Die Menschen, denen er begegnet, reagieren zwiespältig. Da gibt es den geheimnisvollen alten Mann, der ihn in seinem Bedürfnis, sich zu erinnern, bestätigt. Durch ihn findet er seinen Namen: Tim. Mit ihm besucht er auch die merkwürdigen, bedrohlichen Türme in der eigenartigen Dünenlandschaft. Doch da sind auch Téja und ihr Vater, nicht minder geheimnisvoll, die unbedingt verhindern wollen, daß er sich erinnert. Die nicht wollen, daß er zu den Türmen geht und vor allem nicht, daß er seine Erinnerungen niederschreibt. Er soll sie nicht bewahren. Der Junge verliebt sich in Téja. Doch ihm wird immer klarer, daß die Welt, in die er geraten ist, nicht die seine ist. Sein neuer Name ist ein falscher Name. Ist die Welt, in der er sich so wohlfühlt, also eine falsche Welt?
Mit Hilfe des alten Mannes, eines Erfinders und des Verursachers des Wechsels zwischen den Welten, kehrt der Junge in 'seine', unsere Welt zurück. Wieder ist er ohne Erinnerung, doch nun hat er seine Tagebuchaufzeichnungen. Kann er sie glauben? Er ist schließlich Tom.
Aber da ist eben Téja. Kann er dem Erfinder glauben, daß es möglich ist, an einem 29. Februar in einem Schaltjahr zwischen den Welten zu wechseln, wenn man zu einer bestimmten Zeit ein bestimmtes Wort ausspricht? Wenn er es nun wagte, in die fremde Welt zurückzukehren? Mit dem Wissen, daß er das Gedächtnis verlieren wird, mit der Angst, daß Téja ihn vergessen haben wird? Vier Jahre später, in nächsten Schaltjahr, verschwindet Tom, zunächst mit dem schriftlichen Versprechen an seinen Bruder, im folgenden Schaltjahr wiederzukommen. Er kommt nicht zurück.
Sein jüngerer Bruder schickt die Abschrift des Tagebuchs, die Tom hinterlasen hat, sowie alle Notizen, von Téja, vom Erfinder, die Berechnungen und Zeichnungen, Zeitungsausschnitte vom Verschwinden Toms etc. an Tonke Dragt, mit der Bitte, daraus ein Buch zu machen. Das tut sie. Sie überträgt es sorgfältig. Manchmal kann sie Toms Handschrift nicht lesen, dann gibt es Lücken und ordentliche Fußnoten. Und schließlich verzeichnet sie Schaltjahr für Schaltjahr, ob Tom zurückgekommen ist. Aber nein, auch im Jahr 2000 ist er nicht mehr aufgetaucht.
Das ganze Buch ist eine Fiktion, hält aber den Anschein eines Tatsachenberichts so konsequent aufrecht, das es LeserInnen bis heute gründlich verwirrt. Es stammt von 1973. Trotzdem wird immer wieder gefragt, ob es die Wahrheit ist und vor allem, wie das geheimnisvolle WORT lautet. Angeblich steht es im Text.
Ob es ein Jugendbuch ist, weiß ich nicht. Die Situation des völligen Gedächtnisverlusts ist beängistigend. Die karge Dünenlandschaft, das Meer und die Türme tragen nicht zur Beruhigung bei. Zugleich ist es ein Buch um Vertrauenschenken und -annehmen und um Liebe. Tatsächlich geht es um das Erwachsenwerden, um das sich Zurechtfindenmüssen in einer Welt, die am Ende der Kindheit mit einem Schlag fremd und angsteinflößend wirkt. Etwas, das weh tut.
Es geht auch um die Bedeutung von Worten, um das Schreiben und um Erinnerung. Die Schule und das Schulkonzept in der fremden Welt z.B. sind faszinierend.
Sprachlich ist es hervorragend, auch sehr gut übersetzt, das eine oder andere Wortspiel aus dem Niederländischen ist wohl nicht übertragbar. Die Verwirrung, die man beim Lesen fühlt, rührt aber nicht daher. Die verdanken wir dem Talent der Autorin. Es ist ein phantastisches Buch, seltsam, verrückt, furchteinflößend, großartig.
Und daß ich möglichst wenig verraten habe, liegt daran, daß ich es keinem nehmen will, kopfüber in dieses Buch hineinzufallen.
Ach, das WORT? Ja, das Wort...
Diese Beschreibung bezieht sich exakt auf dei Ausgabe, die mein Vorredner da angegeben hat.
Verlag: Beltz und Gelberg