Inside Out - Barry Eisler

  • Inhaltsangabe (nach Amazon):
    Folter. Geisterhäftlinge. Und eine schwerwiegende Enthüllung, die bis zum heutigen Tag nachhallt.
    Dies ist ein packender Thriller, wie ihn nur der ehemalige CIA Mann und Bestseller-Autor Barry Eisler schreiben kann.


    Nach einer Barschlägerei mit tödlichem Ausgang endet BlackOps-Agent Ben Trevor in einem überfüllten und schmutzigen Gefängnis in Manila ohne Hoffnung auf eine Verhandlung seines Falls. Als er schon fürchtet, dort vergessen zu werden, taucht sein ehemaliger Kommandant auf, Colonel Scott Horton, der ihm die Bedinung für eine Freilassung nennt: Daniel Larison zu finden und auszuschalten, ein ehemaliges Mitglied von Bens Einheit, der 92 Bänder mit Folteraufzeichnungen gestohlen hat und sie nun benutzt, um eine hohe Geldsumme von der US Regierung zu erpressen.


    Doch auch andere Parteien sind hinter den Bändern her. Auf seiner Suche nach Larison kreuzt Ben den Weg von Blackwater Söldnern und CIA Killerteams und muss dem langen Arm des Weißen Hauses ausweichen. Er muss außerdem entscheiden, wie er mit der klugen und attraktiven FBI Agentin Paula Lanier umgeht, die ebenfalls die Bänder an sich bringen will und zwar, bevor Ben es tut.




    Meine Meinung:
    Inside Out ist einer der packensten Thriller, die mir seit langem untergekommen sind. Das Buch ist exzellent recherchiert, Realität und Fiktion so glaubwürdig und clever miteinander verwoben, dass einem beim Lesen fast der Atem stockt. Dazu schreibt Eisler mit leichtfüßiger Intelligenz und in einer packenden, enorm gut zu lesenden Sprache, die genau die richtige Mischung aus Geschwindigkeit und Atmosphäre bietet.
    Da gibt es kein langatmiges und ödes Washington-Polit-Geschwafel (wie sonst in diesem Genre oft zu finden), wo man nach 2 Seiten die beteiligten 3-Buchstaben-Organisationen nicht mehr auseinanderhalten kann und politische Hintergründe in epischer Breite ausgewälzt werden. Und auch keine seitenlangen Abhandlungen über technische Ausrüstungsdetails (noch so eine Unsitte), um zu beweisen, dass der Autor sich auskennt.
    Das braucht Eisler, ein exzellenter Erzähler, gar nicht. Sein Buch lebt von einer schnellen Handlung mit unerwarteten, aber immer logischen Wendungen und der Motivation seiner komplexen und glaubwürdigen Charaktere. Notwendige Hintergrundinformationen werden nebenbei vermittelt - so geht auch die Tiefe nicht verloren.
    Inside Out ist ein Buch, das man nicht einfach vergißt, nachdem man es ausgelesen hat. Die Bezüge zu realer Politik und realem Weltgeschehen sind zu offensichtlich - ohne erhobenen Zeigefinger, einfach als a matter of fact. Dinge sind, wie sie sind, das kann man lieben oder hassen oder dagegen kämpfen oder damit leben.
    Der zweite Glanzpunkt des Buches sind die Charaktere - Figuren, die sich ins Gedächtnis brennen, die man nicht vergisst und deren Moral sich ummöglich in Schwarz oder Weiß ausdrücken läßt, nur in Grauschattierungen. Denn es ist immer eine Frage der Perspektive, ob eine Tat richtig oder falsch ist. Inside Out wird teilweise auch aus dem Blickwinkel von Daniel Larison erzählt, der die Bänder gestohlen hat - einem Mann, der unaussprechliche Dinge getan hat, den man zuerst unmöglich mögen kann ... aber dann, ab der Mitte des Buches, wenn Motivationen und Hintergründe deutlicher werden, ist plötzlich nicht mehr so einfach, ein Urteil zu fällen.


    Inside Out ist ein absolut außergewöhnliches Buch, packend und spannend und unterhaltsam und zugleich von bemerkenswerter Tiefe und großer Klugheit. Dazu ist es brillant geschrieben - ein Thriller, den man abends zu lesen beginnt und bei dem man dann am Ende voller Überraschung feststellt, dass es schon früh am Morgen ist.


    Unbedingte Empfehlung!
    Wenn's 11 von 10 Punkten gäbe, würde ich die sofort vergeben.


    (Rezension bezieht sich auf die englische Originalausgabe)




    Noch 2 Randnotizen:
    Das Englisch, in dem das Buch verfaßt ist, ist sehr gut lesbar, man braucht keinen Spezialwortschatz aus politischen Begriffen, um es zu verstehen. Und es macht richtig Spaß beim Lesen, weil die Dialoge so wunderbar pointiert sind.
    Und für alle, die die Bücher von Eisler um den Assassinen John Rain kennen: Inside Out ist das zweite Buch um seinen neuen Helden, Ben Treven, der erstmals mit Fault Line im letzten Jahr eingeführt wurde.
    Allerdings scheint es, als würden sich Rain und Ben bald mal über den Weg laufen ... was eine interessante Begegnung werden dürfte. Ich freue mich jedenfalls schon drauf.

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

  • Nachdem die Reihe um John Rain zu meinen TOP TEN gehört kann ich nur hoffen, dass sich ein Verlag meiner erbarmt und auch die neue Reihe übersetzt.
    Habe ja beschlossen, dass ich erst mit englischen Büchern anfange, wenn mein deutscher SUB abgebaut ist und das wird in diesem Leben nichts mehr :cry

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • @ Elwe:
    Vielen Dank für die Rezension, die mich jetzt doch über einen Kauf nachdenken lässt.
    Im Netz hatte ich bislang nur negative Meinungen zum 1. Band gehört; das Sequel soll wesentlich besser sein.


    Zitat

    Original von dyke: Nachdem die Reihe um John Rain zu meinen TOP TEN gehört kann ich nur hoffen, dass sich ein Verlag meiner erbarmt und auch die neue Reihe übersetzt. Habe ja beschlossen, dass ich erst mit englischen Büchern anfange, wenn mein deutscher SUB abgebaut ist und das wird in diesem Leben nichts mehr Cry


    :write. Schande über mich, dass ich zur Reihe keine Beiträge geschrieben habe.
    Die Serie um John Rain ist definitiv eine meiner Lieblingsserien, auch wenn ich den ersten und letzten Band nur mäßig fand und Eisler m. E. erst in den mittleren Bänden zu Höchstform aufläuft.


    Vielleicht sollten wir den Fischer Verlag in Sachen Übersetzung der neuen Bände anschreiben :gruebel.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Vielleicht sollten wir den Fischer Verlag in Sachen Übersetzung der neuen Bände anschreiben :gruebel.


    Schon darüber nachgedacht, aber beschlossen erst die Ankündigungen für den Sommer 2011 abzuwarten.


    Die John Rain-Bände wurden ja jeweils auch erst mit 2-3 Jahren Verzögerung übersetzt und in deutsch veröffentlicht.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Im Netz hatte ich bislang nur negative Meinungen zum 1. Band gehört; das Sequel soll wesentlich besser sein.


    Ben Trevor als neuer Held hatte nach John Rain natürlich einen schwierigen Start ;-) ... ich fand Fault Line (den 1.Bd) nach der Eingewöhnung über die ersten Kapitel dann eigentlich recht gut. Dort geht es ja um zwei Brüder, besagten Ben Trevor (Black Ops Agent) und seinen Bruder Alex, Patentanwalt und Vollblut-Zivilist. Alex steht tatsächlich ein bisschen mehr im Vordergrund und wenn man dann einen Typen wie John Rain von dem Autor gewöhnt ist, könnte man erstmal enttäuscht sein, dass Alex eher ein - tja, ich sag mal, Weichei ist.
    Trotzdem ist das Buch gut geschrieben, nur fokussiert es mehr auf die beschädigte Beziehung zwischen den Brüdern als auf Action und Regierungsverschwörung.


    Es stimmt aber, dass Inside Out um Klassen besser ist als Fault Line. Man hat das Gefühl, Eisler hat sich hier warm geschrieben mit seinem neuen Protagonisten. Hier ist Ben ganz klar der Mittelpunkt der Story.


    - Elena

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

  • Nachdem ich die Buchvorstellung von elwe gelesen habe, war ich von dem Plot und den Charakteren gleich angefixt und habe mir "Inside Out" bestellt. Ich hatte mir auch den ersten Band "Fault Line" angesehen, aber aufgrund einiger Lesermeinungen an anderer Stelle beschlossen, das Buch erstmal auszulassen. In "Inside Out" wird von dem Plot des ersten Buches mit Alex und Ben Treven im Rückblick relativ viel verraten und ich habe nicht unbedingt das Gefühl, dass ich "Fault Line" noch lesen "muss", es sei denn, ich möchte vielleicht Ben Treven irgendwann doch im Verhältnis zu seinem Bruder besser kennen lernen, das kommt drauf an, ob mich das nächste Buch der Reihe begeistern kann.


    "Inside Out" ist ein wirklich spannender Thriller mit einem realistischen Hintergrund. Die Stärke des Buches ist eindeutig der Plot um die verschwundenen Videobänder und deren brisante Bedeutung für die Beteiligten. In der Realität kommen ja auch immer wieder neue Enthüllungen ans Licht, was in und im Auftrag von "Buchstabensuppen-Agencies" und Regierungen passiert ... oder auch eben nicht passiert, weil jeder seine eigenen Interessen verfolgt.


    Die Geschichte in "Inside Out" wird abwechselnd aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt: Ben Treven, Larison und Ulrich, dem Politiker. Ulrich war natürlich der machtgeile Unsympath, Ben ist die coole Hauptfigur mit Ballast, und nach und nach wurde Larison vorgestellt und seine Motivation für sein Handeln offensichtlich und auch nachvollziehbar.



    Einige Kritikpunkte habe ich aber, die hauptsächlich die Technik des Autors und den Aufbau des Buches betreffen: eine Weisheit für Autoren und solche, die es werden wollen, ist ja "Show, Don’t Tell" / "Zeigen, nicht Erzählen".


    Auf Seite 268 lässt der Autor sogar einen der Charaktere sagen: "Wenn jemand zu eigenen Schlussfolgerungen kommt, haben diese viel mehr Gewicht." Der Autor hat also diese Erkenntnis, warum arbeitet er dann teilweise selbst mit dem Informations-Holzhammer?


    Die Vorstellung von Ben zu Beginn des Buches und die Analyse seiner psychischen Beschaffenheit durch Hort habe ich hauptsächlich als "Erzählen / Tell" für das Leserpublikum empfunden und hätte mir gewünscht, dass der Autor diese Informationen in den Plot etwas subtiler eingebaut hätte.


    Der Autor hätte die psychische Entwicklung seiner Charaktere auch noch besser und eben auch subtiler ausarbeiten können, mit Ben Treven und Daniel Larison hat er da ja reichlich Material. ;-)


    Gegen die Action ist aber nix zu sagen. :lache




    Jedenfalls fand ich Darstellung der Frauen im Buch nicht wirklich überzeugend.



    Zitat

    Original von elwe
    Und für alle, die die Bücher von Eisler um den Assassinen John Rain kennen: Inside Out ist das zweite Buch um seinen neuen Helden, Ben Treven, der erstmals mit Fault Line im letzten Jahr eingeführt wurde.
    Allerdings scheint es, als würden sich Rain und Ben bald mal über den Weg laufen ... was eine interessante Begegnung werden dürfte. Ich freue mich jedenfalls schon drauf.


    Ich freue mich auch auf das nächste Buch, das Ende von "Inside Out" ist ja recht vielversprechend für eine Fortsetzung, die ich gerne JETZT DIREKT SOFORT :fetch :lache im Anschluss lesen will.



    .

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    :write. Schande über mich, dass ich zur Reihe keine Beiträge geschrieben habe.
    Die Serie um John Rain ist definitiv eine meiner Lieblingsserien, auch wenn ich den ersten und letzten Band nur mäßig fand und Eisler m. E. erst in den mittleren Bänden zu Höchstform aufläuft.


    Ich wollte das erste Buch mit John Rain (Tokio Killer / Rain Fall) mögen, habe es aber nicht beendet, das lag aber auch mit an dem Liebesplot mit den VIELEN ZUFÄLLEN :bonk, vielleicht sollte ich das erste Buch überschlagen und dem zweiten Band dann mal noch eine Chance geben? :gruebel



    .

  • Hallo Uta,


    zunächst danke für die Rezension.


    Zitat

    Original von Uta: Auf Seite 268 lässt der Autor sogar einen der Charaktere sagen: "Wenn jemand zu eigenen Schlussfolgerungen kommt, haben diese viel mehr Gewicht." Der Autor hat also diese Erkenntnis, warum arbeitet er dann teilweise selbst mit dem Informations-Holzhammer?


    Das passiert Eisler auch in der Reihe um John Rain, nimmt aber in den späteren Bänden ab.
    Ich würde Dir tatsächlich empfehlen, Dir den zweiten Band zu holen und es nochmals zu versuchen. Eisler scheint in der Tat ein Schriftsteller zu sein, der sich erst mit der Entwicklung seines Protagonisten warmläuft.
    Meines Erachtens sind die Bände 4 und 5 am besten gelungen, der 6.Teil schwächelt wieder.
    Und eines kann ich Dir versprechen: Eisler stellt seinem Protagonisten keine Amerikanerin zu Seite (ob eine Israelin besser ist mag frau bezweifeln :lache).

  • The Lost Coast ...


    ... ist eine Kurzgeschichte, die sich um Larrison dreht, den (nicht ganz)-Antagonisten aus Inside Out. Larrison fährt die Pazifikküste hoch, latent auf der Flucht, und hält in einem gottverlassenen kleinen Ort. Statt vernünftigerweise in seinem Hotelzimmer zu bleiben und am nächsten Morgen ungesehen weiterzuziehen, folgt er dem nagenden Bedürfnis, frische Luft zu schnappen und bleibt in einer kleinen Bar hängen ... wo sich ein paar Schläger mit ihm anzulegen versuchen. Bad idea. Very bad idea.


    Es passiert noch einiges mehr, aber das will ich jetzt nicht verraten. Ist ja nur eine Kurzgeschichte :-). Übrigens eine wirklich kurze Kurzgeschichte, die man in einer Stunde durch hat. So gesehen sind die $6, die sie kostet, ziemlich hoch gegriffen.
    Allerdings habe ich es trotzdem nicht bereut, denn die Story ist Eisler-typisch fesselnd geschrieben, man ist sofort drin, Larrison ist einfach - naja, kick-ass und das Lesen ist eine einzige lange Adrenalin-Ausschüttung.


    Wie sich aus dem nachfolgenden Interview ergibt (übrigens auch sehr interessant), ist das Eislers erste Short Story, aber ... Respekt! Was für eine! Er kommt schnell zur Sache und dann kann man auch mit dem Lesen nicht mehr aufhören.


    Als Trostpflaster gibts dann noch den Anfang seines nächsten Romans zu lesen, ein Wiedersehen mit John Rain.
    Also ich würde sagen, das ist zwar ein ziemlich teures Bonbon, so in Sachen Preis-Leistungs-Verhältnis. Aber nichtsdesdotrotz sehr lecker. Da vergebe ich glatt 10 Punkte.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Oh Mann, es wird eine Fortsetzung mit John Rain geben Das wäre zu schön.


    ooooh ja :freude

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!