Kurzbeschreibung:
Gerade war Boston noch mit seinen Mitschülern auf dem arabischen Seidenmarkt in Granada. Plötzlich ist alles anders: Durch ein Tor in der Zeit ist Boston im Jahr 1492 gelandet. Dort wird es für ihn lebensgefährlich. Er erweckt Misstrauen am spanischen Königshof und auf der Alhambra gerät er in die grausamen Fänge der Inquisition. Doch zwei neue Freunde, Tariq und Salomon, als Muslim und Jude selbst bedroht, stehen ihm in dieser fast ausweglosen Situation bei. Aber die Rückkehr Bostons hängt nicht nur davon ab, ob er den Schlüssel zur Gegenwart findet, sondern auch von der Entdeckung Amerikas...
Über die Autorin:
Kirsten Boie, eine der renommiertesten deutschen Autorinnen des modernen Kinder- und Jugendromans, wurde 1950 in Hamburg geboren, wo sie noch heute mit ihrer Familie lebt. Sie promovierte in Literaturwissenschaft und arbeitete als Lehrerin. 1985 erschien ihr erstes Buch und wurde ein beispielloser Erfolg. Inzwischen sind von Kirsten Boie zahlreiche Bücher erschienen und in viele Sprachen übersetzt worden. Neben Kinder- und Jugendbüchern schreibt sie auch kleinere Drehbücher fürs Kinderfernsehen, Vorträge und Aufsätze zu verschienen Aspekten der Kinder- und Jugendliteratur und sie bereist im Auftrag des Goethe-Institutes das europäische und nicht-europäische Ausland. 2007 erhielt Kirsten Boie den Deutschen Jugendliteraturpreis für ihr Lebenswerk sowie 2008 den "Goßen Preis" der Bayerischen Sparkassenstiftung.
Über den Sprecher:
Dieter Wien wurde 1934 in Danzig geboren und wuchs in Halle / Saale auf. Hier begann er Jahre später auch seine Karriere als Schauspieler. Es folgten zahlreiche Engagements an ostdeutschen Bühnen, unter anderem in Leipzig, Gera und Erfurt. Am Maxim Gorki Theater Berlin war Dieter Wien ab 1964 für vierzig Jahre festes Ensemblemitglied. Dieter Wien spielte in über 20 Kinofilmen sowie zahlreichen Fernsehproduktionen, darunter "Klemperer - Ein Leben in Deutschland". Für GoyaLiT interpretiert er unter anderem Tschingis Aitmatows Roman "Der Schneeleopard". Dieter Wien lebt in Berlin.
Meine Rezension:
Wer auf spannende Art und Weise erfahren möchte, wie es im legendären Jahr 1492 in Granada zuging, wie das Leben eines Christen, Juden oder Moslems aussah, welche Auswirkungen die Politik und die Inquisition auf den Alltag hatte, wer schon immer mal Königin Isabella von Spanien oder ihrer Tochter, der späteren Johanna der Wahnsinnigen, begegnen wollte, oder den Argumenten Christoph Kolumbus für die Westpassage nach Indien lauschen wollte, der sollte sich zusammen mit Kirsten Boie und ihrem 14-jährigen Helden Boston auf den Weg in die "Alhambra" machen. Eigentlich lebt Boston in unserer Gegenwart, wird aber durch eine Zeitreise versehentlich mitten ins Jahr 1492 hineinkatapultiert. Dass die Menschen dort Handys für Teufelszeug halten, ist eines der kleineren Problem, denen sich Boston stellen muss, denn die Rückkehr in seine Zeit ist in Gefahr und das gleich aus mehreren Gründen. Gut, dass Boston schnell Freunde findet, doch der jüdische Junge Salomon und der muslimische Tariq haben selbst mit der politischen Situation in ihrer Heimatstadt zu kämpfen, müssen um ihr Leben bangen und darf man bis zum Schluss gespannt sein, ob Boston wieder ins 21. Jahrhundert zurückkehren kann.
Kirsten Boie hat mit "Alhambra" ein atemberaubend lebendiges und farbenprächtiges Bild einer gefährlichen Zeit gezeichnet, das große und kleine Hörer gleichermaßen in seinen Bann ziehen wird. Dass sie sich die ein oder andere historische Freiheit genommen hat, stört nicht im geringsten, da die Kulisse absolut detailgetreu, die Atmosphäre dicht, mit einer leichten Prise Humor gewürzt und die Handlung (im Rahmen aller Zeitreise-Geschichten) in sich stimmig ist. "Alhambra" ist eine spannende Abenteuergeschichte die auf anschauliche Weise den Konflikt zwischen den Religionen aufgreift und zugleich dessen Absurdität darstellt. Vor allem die Willkür der Mächtigen und die erzwungene Hilflosigkeit des Volks lösen Empathie, Bangen und Hoffen, aber auch Wut und Unverständnis bei dem Hörer aus und schaffen vielleicht ein Bewusstsein dafür, dass Religionen und Nationen weniger wichtig sind als Freundschaft und Vertrauen.
Sprecher Dieter Wien hat hier großartige Arbeit geleistet: Ob er den schüchternen Boston, die neugierige Johanna, die aufmerksame Königin Isabella, den geldgierigen König Ferdinand, den ehrgeizigen Christoph Kolumbus, den fanatischen Großinquisitor oder den tumben Soldaten spricht - sie alle erweckt er mit seiner Stimme zum Leben und das auf so individuelle Weise, dass man schon bald vergisst, dass hier nur ein einziger (männlicher) Sprecher am Werke ist. Er hat mich nicht nur zum Lachen gebracht, sondern mir auch eiskalter Schauer über den Rücken laufen und die Gegenwart vergessen lassen, so dass ich völlig in der Geschichte versunken war.
Fazit: Eine tolle Geschichte wunderbar gelesen!