ich muss mal gebauchpinselt werden

  • Was ich noch sagen wollte-
    Bei all diesen möglichen Gründen für schlechte Rezensionen:


    Sicher ist es nicht hilfreich, hinter jeder schlechten Rezension gleich einen Neider zu vermuten. Meistens handelt es sich sicher tatsächlich um die Meinung eines Lesers.
    ----


    Eine andere Frage: Wie passend ist es, wenn Autoren - auch negative - Rezensionen über die Werke ihrer Kollegen bei Amazon einstellen?
    Sie sind ja auch Leser mit einem Recht auf eine eigene Meinung :-] , urteilen aber doch unter anderen Voraussetzungen als der Normalleser, der nicht selbst veröffentlicht.


    Zum Beispiel teilt ein Normal-Leser nicht die Erfahrung eines Autors, dass sein eigenes Werk zuvor in Hinblick auf Programmanforderungen, Verkaufsüberlegungen, Trendrichtungen, Lektoratserfahrung, Stil, Qualität, Sprache, Kontext, Dynamik, etc etc..... professionell durchleuchtet, auseinandergenommen, ergänzt etc etc wurde.
    Dieses Vorgehen, diese Erfahrung färbt auf einen Autor sicher ab.


    Da geht der Autor beim Lesen und Beurteilen/Rezensieren mit einem Buch sicher anders um, als der Normalleser, der es einfach unvoreingenommen auf sich wirken lässt?

  • Hallo Sophia!


    Gute Frage! Also ich schreibe schon Rezensionen, aber ausdrücklich nur zu Werken, die mir richtig gut gefallen haben. Also mehr als nur normal gut. Die stelle ich bei Amazon, LB und hier bei den Eulen ein. Und da gestehe ich mir trotzdem die Meinung eines Lesers zu. Wir Autoren wissen viel weniger als man annimmt. Die Lektoren, das sind die mit dem Wunderwissen, wir arbeiten sehr viel aus dem Bauch heraus, ich zumindest und daher kann ich andere Bücher auch nur aus dem Bauch beurteilen. Und immerhin war ich die ersten 30 Jahre meines Lebens auch "nur Leser". ;-)


    lg Claudia

  • Sophia


    Dieses ganze Gedöns um EINE schlechte Rezi ist doch für die Katz.
    Verschwörungstherorien darum aufzubauen noch größerer Unsinn.


    Natürlich ärgert sich Autor/in darüber. Aber dann sollen die Damen und Herren die Finger vom Schreiben lassen.


    Das ist kein Weltuntergang. Siehe meine Statistik. Gerade mal 2 Prozent wirklich miese Rezis. Und der Verlag bestätigt mir das heute. Das ist geardemal soviel, wie ein Niesanfall.


    Darum macht man kein Galama....und lesen von anderen? :gruebel
    Natürlich liest ein Autor anders als der, für den es geschrieben wurde.


    Aber genau da ist der Knackpunkt, dass der Kollege/in nicht mehr objektiv sind/ist.
    Darum halten wir bei Rezis über andere besser die Klappe.


    euer hef

  • Sagen wir so: Seitdem ich veröffentlichte Autorin bin, schreibe ich keine Verrisse mehr, wozu ich mich damals schon mal hinreißen ließ.
    Das mache ich nicht mehr. Einmal, weil ich inzwischen weiß, wie sehr das schmerzen kann und zum anderen weil ich mir schlicht und einfach keine Feinde machen will, weder unter Kollegen noch unter den Fans dieser Bücher oder gar bei den Verlagen.


    Ich nehme mir aber immer noch heraus zu sagen, dass mir ein Buch, ein Schreibstil, eine Wende ... nicht gefallen hat. Ich bin Leser; dass ich hin und wieder selbst etwas schreibe, ändert daran nichts. Ich kaufe meine Bücher wie jeder andere auch, bezahle dafür und habe eine Meinung dazu, die auf meinen Gefühlen und Eindrücken beim Lesen basieren, nicht darauf, dass ich ein Buch systematisch auseinandernehme.
    Meinungsäußerung ist nichts Böses, auch wenn sie nicht immer bequem daher kommt.

  • Hallo Hef:
    Nun das ist mal ein klares Wort - also keine öffentlichen Rezis unter Kollegen.

    Was das Galama angeht: Du veröffentlichst ja recht intensiv. Aber ich glaube, Neulinge empfinden Kritik als viel schmerzlicher als ein eingesessener Autor. Bei dem gleichen die vielen positiven Schönwetter-Rezis die wenigen 2 % "Niesanfälle" locker wieder aus. Da scheint dann trotzdem die Sonne.
    Abhärten dauert immer eine gewisse Zeit....

  • Hallo Claudia,


    oh ja, 30 Jahre Leser-Erfahrung verhindern sicher das allzu kopflastige und analytische Umgehen mit einem Buch :lache


    Hallo Mulle und Claudia,


    danke, das fand ich interessant. Ihr tut das also nicht, was ich vorhin meinte: ich dachte, dass ein Autor beim Rezensieren unter Kollegen vielleicht weitergeben könnte, was ihm zuvor im Lektorat selbst "angetan" wurde: Er kennt das Gefühl, "systematisch auseinandergenommen" zu werden.
    Da fallen ihm auch diverse Feinheiten auf, die zum Verriss führen könnten. Wogegen der Normalleser über solche Dinge vielleicht hinwegsieht, wenn das Buch ihn gefühlsmäßig oder vom Thema her anspricht.

  • Egal ob Autor oder "nur" Leser! Mist sollte auch als solcher beurteilt werden. "Kollegenrücksichtnahme" wäre da nur falsch. Das wäre in meinen Augen falsch verstandene Solidarität.


    Auch als Autor ist man Leser - und als solcher zu jeglicher Kritik berechtigt. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Sophia ,


    ich möchte meinen Kolleginnen nicht vorgreifen. Aber ich darf hier verraten, dass der Verlag mein größter Kritiker ist.


    Ein kurzes Beispiel: mein 5-ter kommt jetzt raus. Zwei weitere sind unter Vertrag. Zwei sind noch in Arbeit. Damit wäre ich bei neun Büchern.


    Dagegen stehen ACHT abgelehnte Manuskripte des Verlages, weil die nicht ins Programm passten, oder ich noch nicht bekannt genug war.
    Diesen Frust muss man sich erst einmal erschreiben.


    Da sind ein paar üble Kritiken nicht mehr das, was einen kratzt.


    euer hef

  • Voltaire


    ...wenn du dir als Autor in einem Großverlag einen Namen erschrieben hast, dann gehörst du zur Familie. Und das ist ein verdammt gutes Gefühl.
    Und das setzt niemand aufs Spiel, wenn du umhegt und umsorgt wirst.


    Was dir da im Hintergrund um die Ohren gehauen wird, geht niemanden etwas an.


    Ich, als Wirtschaftswissenschaftler kenne schlimmere Treibjagten, bei denen der eine dem anderen die Butter nicht auf dem Brot gönnt.


    Das ist bei Autoren/innen einfach nicht. Wir wissen alle als Einzelkämpfer um unsere Probleme. Und unser Verlag auch. Wir achten einander.


    Mit uns könnt ihr Juristen nicht viel verdienen :nono


    euer hef

  • Sophia : Natürlich fällt mir vieles auf. Aber das rückt nie so sehr in den Vordergrund, dass es das Lesevergnügen trübt. Ich lese immer noch mit dem Herzen. Aber prinzipiell werden die Dinge, die das Lektorat "auseinandernimmt", jedem Leser auffallen. Er wird es nicht benennen oder festmachen können, aber fehlender Spannungsbogen oder holprige Dialoge führen dazu, dass man beim lesen stolpert. Egal ob man nur Leser oder Autor ist. Wäre man Lektor, könnte man es im Detail erklären.


    Voltaire : Ich nenne es ja nicht Kollegenrücksichtnahme. Es ist eine allgemeine Diplomatie, die man lernt. Noch vor einem Jahr bin ich hier und da in Fettnäpfchen getreten, das passiert mir heute nicht mehr. Das Problem ist, uns wird sehr schnell unterstellt, dass wir aus Neid handeln, wenn wir andere Autoren und ihre Werke kritisieren. Ist ja klar, das Buch von Autor XY verkauft sich ja auch besser, logisch, dass das dem Z nicht schmeckt. Daher unterlässt man solche Äußerungen tunlichst. Im privaten Kreis wird man weiterhin von mir hören, was ich grottig finde, aber nicht mehr in der Öffentlichkeit. Da bin ich dazu übergegangen, hervorzuheben, was ich besonders toll finde. Das ist meine Art, mich zu Wort zu melden ohne die unausgesprochenen Regeln der Diplomatie zu verletzen. :-)


    lg Claudia

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Auch als Autor ist man Leser - und als solcher zu jeglicher Kritik berechtigt. :wave


    Hallo Voltaire :wave


    Berechtigt auf jeden Fall!
    Ehre der Demokratie, in der es erlaubt ist, eine eigene Meinung zu haben, ohne dass man sich deshalb die Köppe einhaut.


    Aber in Interessengemeinschaften spielen sich wohl auch bestimmte Gepflogenheiten ein. Es entsteht eine stillschweigende Übereinkunft darüber, was man tut oder nicht, damit eine gute und friedliche Kooperation aufrechterhalten bleibt.

    Der Äußerung der eigenen Meinung Priorität zu geben, sollte man sich aber im Sinne der Freiheit erlauben dürfen. Und zwar, ohne gebrandmarkt zu werden... :grin


    Edit: Konsequenzen hat es dann oft aber leider doch... innerhalb der Interessengemeinschaft...

  • Claudia


    bleiben wir beim Artistenspruch: wie schwer es ist, interessiert den Zuschauer nicht. Gebt euer Bestes. Eure Leichtigkeit. Weinen könnt ihr später...hinter dem Vorhang.....


    Der Zuschauer bezahlt dafür, dass er unterhalten wird und basta.


    euer hef


  • ??? Das verstehe ich in Zusammenhang mit meinen Posts nicht. Aber du musstest es wohl einfach loswerden, also nur raus damit. :grin


    lg Claudia

  • Claudia


    ...war ja auch nicht auf dich gemünzt :anbet


    Ist eine Weisheit, die mir mein buddhistischer Lehrmeister mitgegeben hat.
    Als Profi in jedem Beruf sollte man sich das einfach merken. Nicht jammern...tun....


    edit: bei mir muss man zwischen den Zeilen lesen. Auch wenn es nur eine ist :chen


    euer hef


  • Nun, ich habe inzwischen drei Romane mit meiner Lektorin gemeinsam bearbeitet. Natürlich fällt mir in manchen Büchern etwas auf, wobei ich denke: "Uw, das würde meine Lektorin fett anstreichen."
    Genau so kenne ich aber auch die Lesevorlieben gewisser Freunde und mir fällt auf: "Phew - bei dieser Entwicklung/ Formulierung würde XY jetzt aber einen Anfall bekommen."
    Aber letztlich sind weder meine Lektorin, noch XY oder gar ich selbst der Weisheit letzter Schluss - und die Rezi ist nichts anderes als meine Meinung. Meine.


    Wenn ich lese und rezensiere, dann tue ich das als LESER. Nicht als Beta-Leser, als Kritiker oder als Kokurrent, sondern als Leser, der dieses Buch eben aus einem bestimmten Grund lesen wollte und es mag oder nicht mag.
    Und so fließen auch nur Leseeindrücke in meine Rezensionen, kein Pseudo-Fachwissen. Ich kann das bislang sehr gut trennen, meine Rezensionen sind auch nicht niggeliger geworden, seitdem ich selbst schreibe. Ganz im Gegenteil.



    edit: Was ich total vergessen habe:
    Meine allererste Rezi zu meinem Debüt war auch eine eher negative. Es handelte sich um eine Print-Rezi, die ein paar Tage vor der Veröffentlichung des Buches rauskam, und in dieser wurden Punkte bemängelt, die ich bis dato für meine Stärken hielt ... Das war bitter. Soo bitter, obgleich die Rezi ansonsten so übel nicht war. Ich hatte danach trotzdem wochenlang Magenschmerzen, bis weitere Rezensionen kamen und meine Befürchtungen, dass die Leser diese Kritikpunkte ebenfalls nennen würden, zerstreut wurden. Manchmal trifft es einen einfach an wunden Punkten.


    Inzwischen kann ich diese Rezi gut lesen, ohne dass es brennt. Sie hängt jetzt nicht mehr gruselig drohend über mir ("Du grottenschlechtes Schreiberding schreibst hölzerne Dialoge - buhuhu!"), sondern sitzt nur noch freundlich grinsend neben der Tastatur und flüstert: "Denk an deine Dialoge!"
    :grin

  • Zitat

    Original von Muriel Leland
    aber die frage bleibt doch ob mist gleich mist ist, oder nur ansichtssache bleibt?


    Die Frage braucht man sich nicht stellen, wenn es das eigene Werk betrifft. Man hat schlichtweg keine Ahnung ob es gut ist, egal wie sehr man daran glaubt. Man findet es gut, sonst würde man es anders schreiben oder überarbeiten, ehe man es dem Leser anbietet.
    Selbsteinschätzung ist eine der schwierigsten Dinge der Welt; für niemanden trifft das so sehr zu wie für Künstler, deren Arbeit man nicht an Grundsätzen bemessen kann, sondern an individuellen und subjektiven Eindrücken.


    Oder anders: Hast du noch nie einen Bestseller in der Hand gehabt, nach dessen Lektüre du dich fragtest: Was. War. Denn. Das?
    Is das deshalb Mist, weil du das als mistig empfindest? Nein. Es muss dir darum trotzdem nicht besser gefallen.

  • ...ist auch eine beliebte Frage bei Lesungen:


    Würden Sie diesen Roman nochmal so schreiben? :gruebel


    inzwischen habe ich eine Standardanwort, die auch noch stimmt:


    Nein, aber ich wüßte nicht, wie ich es anders machen könnte :chen



    euer hef