Abendläuten – Bernard Clavel

  • OT: L’Angelus du soir
    Aus dem Französischen von Eliane Hagedorn und Barbara Reitz


    Knaur, 269 Seiten, 1988


    Kurzbeschreibung:
    In einem verlassenen Tal hoch im wilden Norden Kanadas lebt der alte Cyrill Labréche. Vor Jahren war er mit vielen anderen hierher gekommen, um fernab der Städte ein neues Leben zu beginnen. Die Natur aber war nicht bereit, sich den Wünschen der Menschen zu fügen, und ein Siedler nach dem anderen gab den harten Kampf UMS Überleben auf. Nur Cyrill ist mit einem alten Pferd im Tal zurückgeblieben.


    Über den Autor:
    Bernard Clavel, Jahrgang 1923, veröffentlichte mehr als 50 Bücher, die in 20 Sprachen übersetzt wurden. Einige erhielten Auflagen von mehreren Millionen alleine in Frankreich. Er erhielt zahllose literarische Auszeichnungen, darunter den renomierten französischen Prix Concourt.


    Meine Meinung:
    Über einen Zeitraum von fast 10 Jahren hat der kürzlich verstorbene Autor Bernard Clavel an diesem Roman geschrieben, wenn auch mit einer großen Unterbrechung. Doch man merkt, wie der Stoff gereift ist. Der eigentlich einfache Stil ist kraftvoll. Das spürt man sowohl bei den Naturbeschreibungen Kanadas als auch beim Portrait der Hauptfigur, dem eigenwilligen Cyrill, der schon selbst fast zu einem Teil dieser Natur geworden ist.


    Seit Jahren lebt er alleine in einem Tal der kanadischen Wildnis, nachdem die alle anderen Siedler wieder verschwanden. Zu rau war hier das Leben, doch der knorrige Cyrill glaubt an eine Rückkehr der Siedler und arbeitet trotz seines Alters mit seinem Pferd Bergére unermüdlich. Er beginnt in einer Traumwelt zu leben, redet nur noch mit seinem Pferd und meistens mit sich. Das hat der Autor gut beschrieben und es ist nachvollziehbar, wie stark der Traum eines Menschen sein kann, auch wenn er sich höchstwahrscheinlich nie erfüllen kann.
    Es sind also auch zivilisationskritische Ansätze vorhanden. Die werden aber abgemildert, indem die Städter durchaus verständnisvoll mit dem wütenden Cyrill umgehen, ihm sogar helfen als er krank wurde. Doch Cyrill will nicht im Krankenhaus bleiben, sein größtes Glück ist es, in die Wildnis zurückzukehren.


    Es ist kein Wunder, dass dem Autor trotz der vielen Veröffentlichungen ein dauerhafter Kritikererfolg versagt blieb. Sein Stil wirkt altmodisch, wenig französisch und sehr eigen. Es ist etwas für Leser, die nach etwas Besonderen suchen. Von mir gibt es jedenfalls satte 9 Punkte für diesen Roman, der für mich das richtige Buch zur richtigen Zeit war.