Klett-Cotta, 2010, 143 Seiten
OT: Historia del Ilanto
Aus dem Spanischen von Christian Hansen
Kurzbeschreibung:
Er ist sensibel und hat schon in jungen Jahren die gesamte linke Politliteratur verschlungen. In seiner Gegenwart fangen die Menschen unweigerlich an zu weinen. Nur er selbst vergießt seit der Fernsehübertragung eines Putsches plötzlich keine Träne mehr. Und als er dies zu hinterfragen beginnt, offenbart sich ihm die ganze Skurrilität des Lebens in einer Militärdiktatur ...
Über den Autor:
Alan Pauls, geboren 1959 in Buenes Aires, hat Literatur gelehrt, daneben Drehbücher, Filmkritiken, Essays und sechs Romane geschrieben. Er arbeitet als Kulturkollumnist für eine Tageszeitung und moderiert eine Fernsehsendung. Sein Werk ist in 14 Sprachen übersetzt worden. 2009 ist Die Vergangenheit bei Klett-Cotta erschienen.
Über den Übersetzer:
Christian Hansen, geboren 1962 in Köln, lebt in Berlin und Sóller / Mallorca und übersetzt spanische und lateinamerikanische Literatur, u.a. von Sergio Pitol, Mario González Suárez, Guillermo Rosales und Roberto Bolaño.
Meine Meinung:
Der Stil des argentinischen Autor Alan Pauls wird durch lange Sätze gekennzeichnet. Sie sind nicht schwer zu lesen, jedoch komplex und man muss sich konzentrieren, dafür offenbaren diese Sätze auch so viel.
Im Mittelpunkt der Handlung dieses kurzen Romans stehen die Gedanken und Überlegungen eines Mannes sowie seine Erinnerungen an seine Kindheit, an die Zeit vor der Militärdiktatur in Argentinien.
Er war ein ruhiger, sensibler Junge, der lieber beobachtete als viel sprach. Er war fasziniert von Supermann, doch nicht von den Superheldentaten, sondern mehr von dem Supermann, der vom Kryptonit geschwächt war und sich außerdem in einem moralischen Dilemma befand. Das ist kennzeichnend für den Charakter des Jungen, der viel überlegt und als Jugendlicher mit den linken Ideen sympathisiert. Als in Chile Allende abgesetzt wurde, kommt es zu einem inneren Bruch beim Protagonisten. Wie versteinert versiegen ihm seine Tränen. Das komplette Buch beschäftigt sich praktisch damit, wie der innere Zustand zu erklären ist.
In diesem ungewöhnlichen Roman wird viel geweint. Dem Text auf der Rückseite kann ich trotzdem nicht ganz folgen, da klingt es, als würde jeder anfangen zu flennen, wenn er sich nur nähert. Dabei ist es seine sensible Art, die die Menschen (und den Leser!) emotional berührt.
Wenn in diesem Roman auch viele Tränen fließen, so ist er doch unsentimental geschrieben. In manchen Passagen wirken die intellektuellen Überlegungen sogar ziemlich sachlich und nüchtern.
Der Roman konnte mich sehr überzeugen. Am Ende heule ich vor Freude über einen Autor, der so faszinierend schreiben kann.