Kann mir jemand bitte mal den Unterschied zwischen Belletristik und Zeitgenössisches erklären?

  • magali : Danke, genau die Geschichte meinte ich.


    Und weil sich der Bogen hier gerade wieder schließt: Ich finde es auch gut, wenn Kinder und Jugendliche "Grusel-Klassiker" lesen (auch da habe ich vieles verschlungen, was nicht für mein Alter gedacht war).
    Eine FSK für Bücher finde ich unangebracht. Denn schlimm ist es, wenn sie wie beschrieben als ultimative Weisheit angesehen wird. Ich weiß doch besser als irgendwelche Fremde, was man meinem Kind zumuten kann. Als Orientierungshilfe mag das sicher brauchbar sein, als verbindliche Vorschrift (vor allem beim Kauf) aber nicht.
    Bei mir (und vielen Freunden) war es so, dass ich als Jugendliche die Finger von allem gelassen habe, was als Jugendbuch deklariert wurde. Schon aus Prinzip. Ich kam mir für blöd verkauft vor; dachte, man würde mir etwas vorenthalten wollen oder hielte mich für zu beschränkt, schwierigere Formulierungen zu verstehen. Und meist haben mich die Bücher, die bei Gleichaltrigen gerade "der Renner" waren oder die für mein Alter vorgesehen waren, nicht interessiert.
    Später, so mit 18, habe ich dann Einiges nachgeholt. :lache


  • Hast Recht. Also zu Krimi/Thriller denke ich wie Tilia. Wobei ich da noch eingrenzen würde: bei einem Krimi steht ganz klar die Ermittlungsarbeit im Vordergrund, um ein bereits geschehenes Verbrechen aufzuklären. Bei einem Thriller, würde ich sagen, muss noch nicht mal ein Verbrechen geschehen sein. Da können auch einfach "merkwürdige" Vorkommnisse, Gedanken, Ängste beschrieben werden, die darauf hindeuten, dass evtl. bald ein Verbrechen geschehen kann.
    Bei einem Krimi gibt es für mich immer ganz klar ein Verbrechen, das aufgeklärt werden soll. Bei einem Thriller geht es für mich mehr um die Beschreibung von Ängsten etc.

  • Zitat

    Original von magali


    Warum soll der Jugendliche sich als Jugendlicher vorkommen, wenn er einen Roman liest, der für Erwachsene bzw. eben nicht ausgesprochen als Jugendbuch geschrieben wurde?
    Es kann u.U. für den Jugendlichen einfach etwas für sein Selbstbewußtsein bedeuten, wenn er ein Buch gelesen hat, das nicht speziell etikettiert ist.


    Entweder stehe ich gerade mit beiden Beinen fest auf dem Schlauch oder das erste Zitat von Dir widerspricht komplett dem zweiten, bzw geht auf zwei völlig verschiedene Situationen ein und hat insofern nix mit meiner Antwort zu tun?

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

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  • LeSeebär


    es liegt wahrscheinlich an mir. Sehr wahrscheinlich. Ich zergliedere Fragen in zig Einzelteile und prüfe sie dann in all ihren Einzelheiten ab, mache Einschränkungen, unterscheide und gebe dann als Antwort oft etwas, das als eine Teilantwort erscheint. Sie ist aber nicht ausschließend, sondern ergänzend zu sehen. Also nicht gegensätzlich, sondern ein 'auch'.


    Was ich sagen wollte: das Etikett allein macht es nicht, sondern die Menge an Jugendbüchern, die eine Jugendliche liest.


    Wenn man aber auch Büchern, die eigentlich nicht als Jugendbücher konzipiert sind, zu häufig das Etikett 'Jugendbuch' aufklebt, kommen die jungen Leserinnen und Leser aus ihrer Nische nicht recht hinaus, sondern werden unfreiwillig dort gehalten. ('in der Entwicklung gebremst')
    Sie sollen sich aber nach außen orientieren, wegentwickeln. Wenn also 'Tschik' nicht in der JuBu-Abteilung steht, werden die Jugendlichen, die darauf neugierig werden, aus der Nische weggeführt.
    Das finde ich wichtig.


    Gleichzeitig besteht die Gefahr, daß Jugendliche, die sich gegen die Etikettierung wehren - siehe das Beispiel von DraperDoyle oder auch den Einwand von Motte, die rein vom Alter her dem Jugendbuch noch am nächsten steht und es eben deswegen eher mißtrauisch betrachtet - ein Buch wie 'Tischik' meiden, aus dem einzigen Grund, daß 'Jugendbuch' draufsteht. In dem Fall entgeht ihnen eventuell ein gutes Buch oder auch eine gute Möglichkeit, in eine Lektüre einzusteigen, deren Fokus weiter gefaßt ist, als der eines Jugendbuchs.


    Ist das jetzt verständlicher? :gruebel



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Danke für die Erklärung, habe es jetzt zwar verstanden, aber mir stellt sich immer noch die unten stehende Frage:


    Zitat

    Original von magali
    Wenn man aber auch Büchern, die eigentlich nicht als Jugendbücher konzipiert sind, zu häufig das Etikett 'Jugendbuch' aufklebt, kommen die jungen Leserinnen und Leser aus ihrer Nische nicht recht hinaus, sondern werden unfreiwillig dort gehalten. ('in der Entwicklung gebremst')


    Werden die Jugendlichen wirklich in der Entwicklung gebremst, wenn die Jugendbuchabteilungen mit Büchern aus dem vermeintlichen Erwachsenen-Bereich aufgefüllt werden? Da sie sich selbst ja spätestens mit 14, 15 für zu alt für "diesen Kinderkram" halten, werden sie imho sehr schnell in den Erwachsenenbereich kommen und dort solche "Übergangsliteratur" gar nicht mehr finden -> die Entwicklung wird beschleunigt. Oder?

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
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  • LeSeebär, es geht hier um zwei verschiedene Zielgruppen, "Jugend" ist ja keine homogene Gesellschaftsschicht.


    Die einen, wie Motte und meine Tochter (die sich zufällig sogar im echten Leben kennen :grin), schreckten vor dem Etikett "Jugendbuch" zurück, weil sie entweder Seichtes, oder aber Belehrendes erwarteten. Die hätten Tschick nicht gelesen, weil Jugendbuch draufsteht.


    Die anderen fühlen sich in der Jugendbuchnische sehr wohl, dort wissen sie, was sie erwartet. Aus dieser Nische müssen sie sich auch nicht hinausbewegen, da es ständig genug Nachschub an neuen Jubüs gibt. Die merken dann vielleicht irgendwann, dass das ja nicht alles gewesen sein kann, auch weil sie sich weiterentwickelt haben. Und dann finden sie in ihrer Nische plötzlich Bücher wie Tschick, das heißt, sie müssen sich gar nicht mehr in die "Erwachsenenabteilung" begeben, und sich durch die Regale wühlen, um dann zwischen Hemingway und Hesse auf Herrndorf zu stoßen.


    Man könnte natürlich eine Rubrik "Junge Erwachsene" einführen, aber auch das hätte wieder den Charakter einer Vorsortierung, auch da muss dann der junge Mensch sich nicht erarbeiten, was er eigentlich lesen will. Denn würde in einem solchen Regal dann Hesse stehen? Die meisten Menschen, die ich kenne (ich eingeschlossen), haben zwischen 16 und 20 "Unterm Rad" verschlungen. Oder Jane Austen mit dem Hinweis:
    "Wenn ihr mehr von der Sorte lesen wollt, müsst ihr mal gucken, was sich in der Erwachsenenabteilung noch so findet. Kleiner Tip: guckt unter B. Viel Erfolg!"

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • 'vermeintlicher' Erwachsenenbereich? Was meinst Du damit?
    Wie definierst Du 'Übergangsliteratur'?


    'Tschik' habe ich nicht als 'leichteres' Buch gesehen - falls Du das mit 'Übergangsliteratur' meinst - , sondern als vollgültigen Roman, nicht vereinfacht, nicht eingeschränkt, einfach ein Roman mit zwei jungen Hauptfiguren. Auch ihre Begegnungen mit Menschen, die zum Teil Begegnungen der dritten Art sind :lache, sind nicht verdünnt, sondern enthalten Unausgeschriebens, das man erst mit einer gewissen Lese - und Lebenserfahurng einschätzen kann. Nicht wenige der auftretenden Erwachsenen haben in ihrer Skurrilität eine gewisse tragische Komponente, die sich den Hauptfiguren nicht unbedingt mitteilt, die hin und wieder vorgeblich (vom Autor aus) naiv reagieren. Dafür tritt dann Leserin/Leser ein, die verstehen (sollen), was dahinter steckt.
    Mein Einwand stammt daher, daß ich einfach nicht begreifem, wieso man es für einen Jugendbuchpreis nominiert.


    14, 15jährige halten sich noch nicht zu alt für Jugendbücher. Im Gegenteil ist das das Alter, in dem sie vor allem durch die Flut von Liebes (abenteuer) - Schmonzetten überrollt werden.
    Eigentlich sprechen wir hier eher von der Stufe darüber, 16+.



    Und ja, ich finde schon, daß sie gebremst werden können (wri sprechen hier alle von Möglichkeiten), wenn sie nicht auch von außen Signale bekommen, daß sie mal die Nase über die JuBu-Abteilung hinausstrecken sollen.
    Wenn 'Erwachsenenliteratur' in die JuBu-Abteilung rutscht, kann der Ausgang weiterwegrücken. Aber das habe ich ja schon geschrieben.
    Bitte wieder 'auch' denken, das sind keine linearen Entwciklungen, die zwangsläufig eintreten.
    Vielleicht stelle ich auch zu sehr die Haare, weil ich es nicht leiden kann, wenn man junge Menschen zu lange in der geistigen Kinderstube hält. :-)



    :wave



    magali

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    K. Kraus

  • @DD: Ich stimme Dir ja zu, daß die Jugendlichen keineswegs "homogen" sind, aber das es tatsächlich Jugendliche geben soll, die nicht irgendwann sagen: "Jugendbücher? Ich bin doch schon groß/erwachsen, das ist nix mehr für mich!" halte ich für eine sehr vereinzelt vorkommende Spezies. Alle werden früher oder später den Sprung zum "Erwachsenen"-Regal schaffen, egal, ob es nun "Jugendbücher" gibt, die ursprünglich für Erwachsene geschrieben wurden oder ob man die Rubrik "Junge Erwachsene" wieder einführt (die gab es schon vor 20 Jahren). Und wenn die jugendlichen jetzt ein Jahr länger in der Jugendbuchabteilung bleiben, halte ich das nicht für so problematisch wie ihr - "erwachsen" werden die noch früh genug und heute sowieso in vielerlei Hinsicht eigentlich oft viel zu früh.


    magali :
    Der 'vermeintliche' Erwachsenenbereich ist der Bereich, wo die Romane stehen, die nicht bei den Jugendbüchern stehen. "Übergangsliteratur" ist für mich das, was man als Literatur für "Junge Erwachsene" oder als "Junges Lesen" und ähnlich bezeichnet. Also das, was die meisten Jugendlichen lesen, wenn sie dem Jugendbuchbereich entwachsen. Wie schon oben geschrieben, halte ich es für nicht so dramatisch, wenn die Jugendlichen mit 15 noch in der Jugendbuchecke lesen und erst ab 16 oder 18 in den Erwachsenenbereich wechseln. Wie oben geschrieben: In fast allen Fällen kommt der Wechsel von selbst irgendwann und ich finde es nicht dramatisch, wenn der Moment eben ein, zwei Jahre später erfolgt. Besonders nicht, wenn man in dem einen Jahr die Literatur liest, die man sonst im Erwachsenenbereich liest.


    Zu guter Letzt: Den Satz mit der "geistigen Kinderstube" verstehe ich wieder nicht - es geht doch darum, daß man Bücher aus dem Erwachsenen-Bereich in die Jugendbuchabteilung verschiebt, OHNE daß diese Bücher vorher auf irgendein "Jugend-Niveau" runtergeschrieben werden. Der Anspruch in der Jugendbuchabteilung wächst also.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • [quote]Original von magali
    '
    14, 15jährige halten sich noch nicht zu alt für Jugendbücher. Im Gegenteil ist das das Alter, in dem sie vor allem durch die Flut von Liebes (abenteuer) - Schmonzetten überrollt werden.[quote]


    Ui, ui, ui. Also, hättest Du mir sowas mit 14 gesagt, hättest Du direkt so eine Schmonzette an den Kopf bekommen. :-) Das kann man doch so pauschal gar nicht sagen. Mein Lieblingsbuch mit 15 war "Demian".



    Und vergessen wir bei allem Herumdiskutieren hier nicht, dass nicht die Buchhandlungen und wo dort welche Bücher einsortiert werden für die geistige Entwicklung der Kinder zuständig sind, sondern dass die ja immerhin auch zur Schule gehen und dann dort im Englisch- und Deutschunterricht weggeführt werden sollten von der Kinderliteratur? Unser Lehrer hat uns in der 8ten Klasse bei besonderen Schulstunden wie z.B. vor den Ferien oder so immer "Das Parfüm" vorgelesen. Sofort waren wir fast alle - es wird immer Menschen geben, die gar nicht lesen oder für immer leichte Kost bevorzugen - angefixt und für das dritte Vorlesen musste er sich dann ein neues Buch suchen, weil viele "Das Parfüm" bereits daheim gelesen hatten. Einer meiner Lehrer hat sogar an Schüler, wo er wusste, die interessieren sich fürs Lesen, seine Privatbücher verliehen. Es liegt ja auch ein bisschen an den Lehrern. Und an jedem selber. Nur weil in der Jugenbuchabteilung genug Bücher stehen, heißt das doch nicht, dass ein Jugendlicher nicht auch mal in die Erwachsenenabteilung schnuppert. Jeder, der wirklich gerne liest und da nicht festgelegt ist auf ein bestimmtes Genre, wird sich doch irgendwann von selber auch mal woanders umschauen.


    LG,
    Melanie

  • Zitat

    Original von LeSeebär
    aber das es tatsächlich Jugendliche geben soll, die nicht irgendwann sagen: "Jugendbücher? Ich bin doch schon groß/erwachsen, das ist nix mehr für mich!" halte ich für eine sehr vereinzelt vorkommende Spezies.


    Ja, genau so verhält sich der von mir angerissene Typ 1: der liest kein Jugendbuch mehr, weil Jugendbuch draufsteht und verpasst so so manches, z.B. Tschick


    Zitat

    Original von LeSeebär
    Und wenn die jugendlichen jetzt ein Jahr länger in der Jugendbuchabteilung bleiben, halte ich das nicht für so problematisch wie ihr - "erwachsen" werden die noch früh genug und heute sowieso in vielerlei Hinsicht eigentlich oft viel zu früh.


    Es ist aber kein Naturgesetz, dass alle Jugendlichen erwachsen werden und dann automatisch früher oder später Capote, Hesse und Machfus lesen. Vielmehr findet doch in der Zeit, in der Jugendbücher konsumiert werden, auch eine Leseprägung statt. Und je länger die dauert, um so eher werden die Erwartungen, dass ein Buch recht einfach zu lesen sein muss und nicht zu komplex sein darf, gefestigt.
    Das Totschlagargument "ist doch egal, Hauptsache sie lesen überhaupt was" zieht insofern nicht, als Lesen zwar ein wichtige Kulturtechnik ist, komplexe Texte zu erfassen aber auch.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • LeSeebär


    es ist wahrscheinlich eine Frage davon, wovon man ausgeht.
    Der Anspruch soll wachsen, für mich hinaus aus der Jugendbuchabteilung. Was kein JuBu ist, hat dort auch nichts zu suchen. 'Unterm Rad' ist auch keins. Ich sehe 'junge Erwachsene' eben als junge Menschen, die etwas hinter sich lassen (sollen).
    Ich verweise auch noch einmla darauf, daß es mir nicht allein um erzählende Texte geht, sondern überhaupt um schwierigere Texte. Komplexes erfassen lernen.



    Frettchen


    von Jugendbuch-Schmonzetten überrollt. Nicht allgemein von Schmonzetten. Ich beziehe mich direkt auf das, was heute auf dem Markt ist. 'Der Vampir, der mich liebte', abwechselnd mit 'Kuscheln mit meinem Werwolf' Band 1 bis 28, 'Ferien mit dem süßesten Schloßgespenst' Band 1 bis 12, weil er bei Glockschlag Mitternacht wieder ein Mensch wird (Prequels sind geplant), 'Liebesbisse aus dem Sarg', etc. pp.
    (Die Titel sind nicht ganz ernst gemeint, aber es geht ja um die Richtung.)


    Geh hin und guck's Dir an, es ist zum Tränen lachen oder heulen, je nach Bedarf.
    Es kann wirklich ablenkend wirken, einfach weil die schiere Menge so groß ist.


    Du hast recht, wenn Du sagst, daß auch Schulen Einfluß haben, aber das ist nun wirklich ein anderes Thema.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • "Es ist aber kein Naturgesetz, dass alle Jugendlichen erwachsen werden und dann automatisch früher oder später Capote, Hesse und Machfus lesen. Vielmehr findet doch in der Zeit, in der Jugendbücher konsumiert werden, auch eine Leseprägung statt. Und je länger die dauert, um so eher werden die Erwartungen, dass ein Buch recht einfach zu lesen sein muss und nicht zu komplex sein darf, gefestigt."


    :write
    Ich gestehe, dass mir "Machfus" gar nix sagt.
    Bisher. Das wird sich aber bald ändern :-] Kann man einen Titel als Einsteiger empfehlen?
    (Mein armer SUB :wow)
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Es ist aber kein Naturgesetz, dass alle Jugendlichen erwachsen werden und dann automatisch früher oder später Capote, Hesse und Machfus lesen. Vielmehr findet doch in der Zeit, in der Jugendbücher konsumiert werden, auch eine Leseprägung statt. Und je länger die dauert, um so eher werden die Erwartungen, dass ein Buch recht einfach zu lesen sein muss und nicht zu komplex sein darf, gefestigt.
    Das Totschlagargument "ist doch egal, Hauptsache sie lesen überhaupt was" zieht insofern nicht, als Lesen zwar ein wichtige Kulturtechnik ist, komplexe Texte zu erfassen aber auch.


    DraperDoyle, das Totschlagargument zieht eben doch - um ein Kind ans Lesen heranzuführen, ist es erst einmal wichtig, dass das Lesen Spaß macht. Und da ist es wirklich ganz und gar egal, WAS sie lesen, Hauptsache sie lesen überhaupt. Der Rest kommt von alleine, sofern das Futter angeboten wird. Und das wird es - in keiner vernünftigen Jugendbuchabteilung (sei es Buchhandlung oder Bibliothek) wirst du nur Bücher auf niedrigstem Heftchen-Roman-Niveau finden, sondern eine bunte Mischung. Wer verinnerlicht hat, dass Lesen Spaß macht, traut sich irgendwann auch an "mehr" ran (Fast-food macht halt auf Dauer nicht satt).

  • Tilia Salix


    natürlich soll ein Kind mit Lesen positive Erfahrung verknüpfen, trotzdem finde ich es für mein Teil nicht gleichgültig, was Kinder lesen und Jugendliche auch nicht. Das Argument, daß genügend Lesestoff vorhanden sein muß, um gerade beginnende SelbstleserInnen bei der Stange zu halten, kenne ich auch. Ich habe es lange verwendet.
    Nur genügt mir das als Begründung dafür, warum es nicht nur so viele, sondern mehrheitlich seichte Bücher für Kinder gibt, inzwischen nicht mehr. Weil die Menge der angebotenen Bücher zu groß geworden ist.
    Das gilt auch für Jugendliche.
    Wenn mir eine Jugendliche bei Vampir-Schlunze Nummer 18 in einem Monat erklärte, sie lese das, weil es eben 'Spaß macht' oder 'ihr gefällt' runzle ich durchaus die Stirn.
    Fast Food mag nicht satt machen, aber man muß das Gefühl, satt zu werden doch erst mal kennen. Von selbst kommt man nicht unbedingt dahinter.


    Die Mischung macht es, das sehe ich auch so, aber wenn zuviel Zucker da liegt und man von vornherein an Zucker gewöhnt ist, wird die Umstellung immer schwerer.


    Das sind aber die gängigen Positionen, und auch ein anderes Thema.


    :lache


    magali

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    K. Kraus


  • Du hast ja Recht. Aber ich scheine den Jugendlichen mehr zuzutrauen als Du;-) Ich selber hätte auch mit 14 so einen Vampir-Liebesroman nicht angerührt. Und ich kenne auch heute, wo ich alt bin*g*, viele Jugendliche, die das ähnlich handhaben. Dann können wir gleich anfangen zu diskutieren, dass die Welt verblödet. Man kann RTL gucken den ganzen Tag, man kann auch mal bei Arte reinschauen. Und ich denke, wirklich erziehen in die eine oder andere Richtung kann man eh keinen. Man kann als Eltern und Lehrer Anregungen geben. Aber wenn jemand nun mal Vampirschmonzetten lesen möchte und nicht Hesse oder so. Da kann man kaum was dran machen. Und ob da Jugendbuch dransteht oder nicht, wird daran kaum was ändern.
    Außerdem ist "Vampirgedöns" derzeit auch in der Erwachsenenabteilung gut vertreten. Zwar nicht bei den "zeitgenössischen Romanen" ;-), aber z.B. in der Fantasyabteilung für Erwachsene.

  • Zitat

    Original von Tilia Salix


    DraperDoyle, das Totschlagargument zieht eben doch - um ein Kind ans Lesen heranzuführen, ist es erst einmal wichtig, dass das Lesen Spaß macht. Und da ist es wirklich ganz und gar egal, WAS sie lesen, Hauptsache sie lesen überhaupt. Der Rest kommt von alleine, sofern das Futter angeboten wird. Und das wird es - in keiner vernünftigen Jugendbuchabteilung (sei es Buchhandlung oder Bibliothek) wirst du nur Bücher auf niedrigstem Heftchen-Roman-Niveau finden, sondern eine bunte Mischung. Wer verinnerlicht hat, dass Lesen Spaß macht, traut sich irgendwann auch an "mehr" ran (Fast-food macht halt auf Dauer nicht satt).


    Wir reden hier aber nicht von Kindern, sondern von Jugendlichen, die schon ein paar Jahre Kinderbücher konsumiert haben. Wer dann Jugendbücher liest, wurde ans Lesen an sich schon lange herangeführt.
    Und ich rede zwar nicht von niedrigstem Heftchen-Niveau, aber Fast-Food macht auf Dauer doch satt, vor allem, wenn man es ein Leben lang konsumiert hat.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    Es ist aber kein Naturgesetz, dass alle Jugendlichen erwachsen werden und dann automatisch früher oder später Capote, Hesse und Machfus lesen. Vielmehr findet doch in der Zeit, in der Jugendbücher konsumiert werden, auch eine Leseprägung statt. Und je länger die dauert, um so eher werden die Erwartungen, dass ein Buch recht einfach zu lesen sein muss und nicht zu komplex sein darf, gefestigt.


    Nein, ein Naturgesetz ist es nicht (ich selbst habe noch kein Werk der genannten gelesen und lese immer noch). Aber gerade wenn schon jüngere Menschen bei den Jugendbüchern Literatur für Erwachsene finden, dürfte sich doch die Leseprägung deutlich schneller "verbessern" bei "anspruchsvolleren" Texten. Wenn man natürlich nur die von Magali erwähnten Vampir-Schmonzetten liest, dann wird es einem auch nicht helfen, Tschik in die Erwachsenen-Abteilung zu verbannen. Das würde man hier wie da dann nicht anrühren.


    Der Jugendliche, der gleich zu Hesse greift (außerhalb des schulischen Pflichtprogramms) dürfte zu einer unhomogenen Minderheit gehören.

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    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • olala, so langsam wird's mir hier zu schnell :help


    maikäfer: damit habe ich angefangen Die Midaq-Gasse :wave


    Zitat

    Der Jugendliche, der gleich zu Hesse greift (außerhalb des schulischen Pflichtprogramms) dürfte zu einer unhomogenen Minderheit gehören.


    Wirklich? Alle, die ich kenne, haben als Teenager Hesse verschlungen :gruebel Ok, mein Mann las damals Homo Faber, aber der ist auch Inscheniör :grin

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von DraperDoyle ()

  • Frettchen


    ich sage nicht, daß die Welt verblödet. Ich teile diese Meinung auch keineswegs. Eigentlich leidet die Gesellschaft eher an dem Problem, wohin mit dem vielen Wissen.


    Ich argumentiere mit Blick auf den Markt.
    Das Angebot an leichter, bunter, glitzernder gleichförmiger Unterhaltung für junge Leserinnen und Leser ist sehr groß. Jugendliche sind empfänglich dafür, es ist ein Angebot, das auf sie abgestimmt ist. Ich spreche vom wachsenden Angebot an Jugendbüchern, es ist ein Segment mit Zuwachs. Verlage sehen zu, daß sie möglichst viel dorthin schieben, es geht um Gewinne. AutorInnen, die nie an Jugendbuch gedacht hätten, schreiben auf einmal welche. Das ist eins der Phänomene, die dabei aufgetreten sind.


    Hier käme wieder das 'Fast food'-Argument. Jugendliche greifen nicht deswegen zu Vampir-Büchern, weil sie blöd sind, sondern weil sie nichts oder wenig anderes gewöhnt sich.
    Es geht um die Menge. Nicht darum, ob jemand mal fünf oder auch zehn Liebesromane liest. Um die Mischung, um ein tatsächlich vielfältges Angebot, nicht darum, daß das Immergleiche in unterschiedlichen Farben angeboten wird.




    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus