ZitatOriginal von Frettchen
Hm, ok, Deine Erklärung mit "Der Fänger im Roggen" leuchtet mir ein, obwohl ich nach wie vor nichts dagegen habe, es als Jugendbuch zu bezeichnen. Bzw. zumindest ist es ein Buch, das ich Jugendlichen empfehlen würde, wenn sie mich nach Lesetipps fragen würden. Wohingegen ich z.B. "Fegefeuer der Eitelkeiten" da nicht nennen würde.
Es ist aber doch ein Unterschied, ob man ein Buch einer Jugendlichen empfiehlt oder ob man es als 'Jugendbuch' bezeichnet?
'Jugendbuch' bedeutet für mich, daß das Buch in erster Linie mit Blick auf ein sehr junges Publikum geschrieben wurde, das des Lebensalters wegen über beschränkte Leseerfahrung und Lebenserfahrung, über geringeres Wissen und möglicherweise auch über geringere Konzentrationsfähigkeit verfügt. Das alles sind Kriterien, die, nehmen wir Salinger als Beispiel, ein Autor wie er beim Schreiben seiner Romane nicht berücksichtigt.
Warum würdest Du den Wolfe Jugendlichen nicht empfehlen? Ich könnte mir vorstellen, daß 17-, 18jährige durchaus damit fertig werden könnten.
ZitatIch verstehe aber nicht ganz, warum Du denkst, dass Jugendliche durch die Bezeichnung Jugendbuch vom Lesen komplexerer Bücher abgehalten werden sollten?
Ich meinte nicht, daß Jugendliche durch das Etikett 'Jugendbuch' von Komplexerem abgehalten werden, sondern durch eine zu lange andauernde Lektüre von ausgesprochenen Jugendbüchern.
Lesen heißt, grob gesagt, einen Text erfassen können. Das ist eine beträchtliche denkerische Leistung, von der körperlichen, also dem Zusammenwirken von Nerven, Sinesorganen, Hirnzeleln etc. gar nicht anzufangen. Diese Leistung kann man aber erweitern, steigern. Das tut man ja von Kind auf, auf das Leseverständnis erster Wörter folgen Sätze und irgendwann ein längerer Textabschnitt.
Ich sehe nun die Gefahr, daß angesichts der steigenden Menge von sog. 'Jugendbüchern' viele bei diesen noch einfachen Texten stehenbleiben. Das Weitergehen wird dann immer schiweriger, weil man sozusagen verwöhnt ist.
Ich spreche nun nicht nur von erzählenden anspruchsvollen Texten, sondern überhaupt von komplexen bis komplizierten. Wir sind eine Kultur, die Wissen vor allem schriftlich vermittelt. Das kann hochkompliziertes Wissen sein. Dies zu lesen und zu verstehen kann man lernen. Man sollte aber nicht zu spät damit anfangen.
Lesen dient nicht allein der Unterhaltung im Sinn von nettem Zeitvertreib. Man sollte Jugendliche durchaus fordern.
Im Moment beginnt sich der Buchmarkt dazwischen zu schieben, weil sich Jugendbuch gut verkauft. Mir gefällt die Entwicklung nicht so recht.
Das heißt aber nicht, daß ich Jugendbücher abschaffen will. Die brauchen wir durchaus. Aber man sollte das Segment nicht zu weit ausdehnen und sich gerade bei Jugendlichen so ab 17 Jahren in Erinnerung rufen, daß es eine Menge Bücher außerhalb der Jugendbuchabteilung gibt.
magali