Lied 1: Eulenjagd

  • Eulenjagd


    (Musik: Reinhard Mey, Diplomatenjagd)


    Im Hennies in Altwarmbüchen, trara,
    es hat soeben getagt,
    lädt unsere Wolke wie jedes Jahr
    zu einer Eulenjagd.
    Das könnte verwirren, man darf da nicht irren:
    Um arglose Eulen, da braucht man nicht heulen.
    Sie sind nicht die Opfer, sind Jäger vielmehr,
    und jagen höchst selbst jedem Vieh hinterher …


    Wer stapft durch das Moos, bedächtig und schwer
    und schaut so gefährlich aus?
    Ihr ahnt es, der Unhold, das ist der Voltaire,
    der schlimmste Jäger im Haus.
    Er sucht frische Spuren der Kreaturen.
    Er kennt niemals Gnade, um keinen ist’s schade.
    Und wenn ich zum Schluss die Trophäen seh,
    Dann heißen die Opfer wohl Löw oder Veh.


    Was huscht da in Grasnabenhöhe vorbei,
    und ist nur mit Mühe zu sehn?
    Das ist unsre Eulenpolizei,
    Frau Kommissar Babyjane!
    Sie wird den Sieg schaffen mit übelsten Waffen,
    gewaltige Zahlen erlegt sie mit Qualen.
    Die Methode muss tödlich und unfehlbar sein.
    Die Waffe ist flüssig: Vom Hennies der Wein …


    Zwei weibliche Eulen erscheinen voll List.
    Und Grausamkeit macht sich schon breit.
    Sie wissen genau, was sehr wirkungsvoll ist,
    und schließlich ist es so weit.
    Sie meucheln die Horden, sie brennen und morden,
    kein Tier ist zu retten vor Zigaretten.
    Johanna grinst grässlich. Und Wiebke tut’s auch.
    Genießen die Wirkung von Tabak und Rauch…


    Bei Eulen, da gibt es fast jeden Beruf.
    Sogar einen Rechtsanwalt,
    der eine ganz neue Methode erschuf:
    Der beowulf jagt nicht eiskalt.
    Ob Sauen, ob Rehe, stets sucht er die Nähe,
    er sitzt dort im Grase, daneben ein Hase.
    Erst sieht man die beiden scharf argumentier’n
    Und dann Hand in Hand in die Küche marschier’n.


    Auch Inso erscheint voller Kraft, voller Mut,
    ihn hat der Ehrgeiz gepackt.
    Er liegt lang schon schlaflos hellwach auf der Hut,
    dann schreitet er eilig zur Jagd.
    Gleich das erste Opfer ergreift dann am Schopf er.
    Dort hinter der Hecke erscheint eine Schnecke.
    Insomnia schießt. Das Feuer brennt hell.
    Die Schnecke ist fort. Ja, sie war wohl zu schnell.


    Auch Lehrer und Pfaffen gehören zur Jagd.
    Sie schießen mit Worten gar laut.
    Worüber ein Schriftsteller zetert und klagt,
    Denn dadurch wird die Jagd ihm versaut.
    Und ohne Verdrießen beginnt er zu schießen
    auf jene, die beten. Heut wird er sie töten!
    Diese Heuchler, die tun immer friedlich und fromm.
    Tot schmecken sie besser. Drum grillt sie, meint …


    Ein Eulerich zeigt sich und wird inspiriert,
    zwar schießt oder prügelt er nicht.
    Doch trotz vieler Gegenwehr produziert
    er ständig ein neues Gedicht.
    Kann keiner uns retten vor diesen Sonetten
    Kaum sind sie verklungen, dann wird noch gesungen.
    Drauf fällt eine Katze mit Ohrweh vom Baum.
    Und er singt ein Schlaflied. Welch garstiger Traum.


    Die Eulen war’n fleißig, die Eulen war’n klug
    und kräftig wurd Beute gemacht.
    Die meisten sind müde und haben genug.
    Nur sie nicht. Das wär doch gelacht.
    Die Eulen zieht’s runter? Dann wird sie erst munter,
    Sie quatscht ohne Ende, ihr Name spricht Bände.
    In ihm hat sie ihren Charakter enthüllt:
    Es ist schon grandios, wenn Salonlöwin brüllt …


    Die Jagd ist vorbei und die Beute verzehrt.
    Man unterhält sich recht nett.
    Während Bouquineur sich übers Essen beschwert,
    geht die Mimi mit Krimi ins Bett.
    Man hört Flederkatzen verhalten noch schmatzen,
    und sieht Nachtgedanken ins Heiabett wanken.
    Dort liest sie auf Facebook total fasziniert:
    Herr Palomar hat alles schon rezensiert …


    Und so freuen sich alle auf nächstes Jahr.
    Aufs Jagen und Trinken und Lesen. Na klar.

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Zitat

    Original von Clare
    Schade, dass es noch keine Hörproben im Eulennest gibt... :grin


    Danke nochmal, Churchill! Es war ein Genuss!


    Aber Du kannst Dich vorfreuen, es wird wohl welche geben.
    Wenn ich mal irgendwann wieder ausgeschlafen habe - so in den nächsten Wochen :chen dann guck ich mal, ob meine Aufnahmen was geworden sind.
    Und inwieweit mich die Technik in Form von einfach leerwerdenden Akkus und sich auf einmal als voll herausstellende Speicherkarte nicht im Stich gelassen hat.

  • Das war schon sehr anspruchsvoll, allein das Jagdhorngeräusch zu reproduzieren wäre mir nachts um 3 glaub ich wirklich besser gelungen. :rofl Textlich wieder ein absolutes Meisterwerk. :anbet

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • ich hab mich schon gefreut, nach meinem vierjährigen Euliläum am Freitag, dann am Samstag zum allerersten Mal in einem Lied verewigt worden zu sein (auch wenn die Erwähnung auf einen schon laaaaaange zurückliegenden Kommentar zurückgeht *g*) :lache