Stefan Jahnke - Hellassurvival

  • Hellassurvival
    Von Stefan Jahnke


    BoD - Books on Demand, Norderstedt
    ISBN 978-3-8370-3648-0
    Reiseerzählung
    Deutsche Erstausgabe 09/2009
    Paperback, 308 Seiten
    € 19,95 [D]


    Zum Autor


    Stefan Jahnke, 1967 geboren, wuchs in Dresden auf. Nach Schlosserlehre und Militärdienst folgte ein abgeschlossenes Maschinenbaustudium an der TU Dresden. Die Tätigkeit in einer Werbeagentur in London ging in Anstellungen in der Verlagsbranche über, was wiederum von der Leitung und Beteiligung an einer Bildungseinrichtung oder leitenden Forschungs- und Entwicklungsaufgaben bei einem der größten Reprografen Deutschlands abgelöst wurde. Jahnke ist verheiratet und lebt zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern wieder in Dresden und Radebeul. Er ist Mitbegründer des Autorenvereins Kristallfeder. (Autorenhome-page www.stefan-jahnke.de)


    Zum Buch


    Zitat der Inhaltsangabe:



    Meine Meinung


    Ich muss ja gestehen, ich habe mich mit diesem Buch anfangs etwas schwer getan. Urlaub und An- bzw. Abreise durch Kriegsgebiet beim sofort erkennbaren Schreibstil Jahnkes schienen für mich zunächst nicht zusammenzupassen. Die Leichtigkeit, mit der das Buch beginnt, passte für mein Dafürhalten nicht unbedingt zur Inhaltsangabe. Wohl aber zu dem etwa genau so großen Anteil an Erzählungen über die Zeit in Griechenland selbst.


    Gleich zu Beginn schafft es Jahnke die Sehnsucht zum Ausdruck zu bringen, die letztlich zu dieser Reise geführt hat. Bereits in der Schule hinterließ Griechenland einen bleibenden Ein-druck bei ihm und weckte den damals unerfüllbar scheinenden Wunsch, dieses Land einmal zu bereisen. Eingedenk des Rates seiner Mutter, dass man Träume leben muss, legte er Griechenland trotz aller (Reise-)Beschränkungen der DDR deshalb gedanklich nicht ad acta, sondern trug möglichst alle Informationen zusammen, die er finden konnte.


    Diese Sehnsucht wiederum führt dem Leser vor Augen, dass es erst knapp 20 Jahre her ist, dass es nicht für jeden von uns so einfach war, Freiheit zu genießen; dass wir sie oft als viel zu große Selbstverständlichkeit hinnehmen, ohne sie wirklich zu würdigen. Er erinnert an die Reiseflutwelle, die damals von den neuen Bundesländern über die plötzlich erreichbaren Urlauborte und –länder schwappte. Denn 1989 geschah das eigentlich Undenkbare. Mit dem Fall der Mauer und kurz darauf der Wiedervereinigung Deutschlands war es quasi auch möglich, eine neue Welt zu entdecken. Eine Welt, von der man zwar wusste, die aber hinter einem Schleier fast unerreichbar verborgen blieb. Jedenfalls rückte sein Traum von heute auf morgen in greifbare Nähe. 1992, mitten in seinem Studium, wurde er schließlich wahr. Er buchte zusammen mit seiner Mutter eine 11tägige Reise. Etwa drei Tage waren für die Hin- und Rückreise mit dem Bus eingeplant. Blieben 8 Tage, um zumindest einen Bruchteil von dem zu sehen, wovon er schon seit Jahren träumte.


    17 Jahre nach der Erfüllung seines Traums schreibt Jahnke Hellassurvival. Die Auf-zeichnungen aus einer Art Tagebuch seiner Mutter sind Bestandteil seiner Reiseerzählung. Zusammen mit seinen eigenen Erinnerungen entführt Jahnke den Leser in ein Griechenland, das man wie vieles aus der damaligen Zeit nicht mehr ganz so wiederfindet. Auch bei uns hat sich seither einiges verändert, was nur allzuleicht in Vergessenheit gerät.


    Doch der Traum hat einen kleinen Albtraumfaktor, der Jahnke und seine Mitreisenden schnell an Zeiten erinnert, die doch eigentlich längst abgehakt scheinen. Mit Überfahren der jugoslawischen Grenze, das trotz des damals bereits ausgebrochenen Krieges als „sicher“ gilt, sehen sie als erstes in eine Kalaschnikow. Zermürbende Kontrollen, und der eine oder andere Zwischenfall sorgen dafür, dass die Reisenden einen Tag mehr für die Fahrt nach Griechenland brauchen.


    Doch sie kommen an und die Aufregung, endlich dort zu sein, lässt die Aufregung der Anreise schnell verblassen. Augenzwinkernd erzählt er von der Schönheit des Landes, des antiken Erbes, Touristenattraktionen. Was er dort erlebt hat, sieht Jahnke recht realistisch und nicht verklärt. Neben geschichtlichen Details beschreibt der Autor auch nachvollziehbar den schnell aufbrandenden Nationalstolz der Griechen, ihre Vorliebe für Dramatik und zaubert auch dabei, dem einen oder anderen Leser ein Lächeln ins Gesicht.


    Doch spätestens bei der Rückfahrt wird klar, dass der Krieg nur einen Katzensprung entfernt ist. Vor allem, weil die Reisenden jetzt nicht den Informationsstand haben, den sie in Deutschland hatten. Sie fahren ins Kriegsgebiet, ohne zu wissen, was in der Zwischenzeit geschehen ist.


    Während die erste Grenze noch problemlos überquert wird, gibt es schon bald Probleme. Ein an und für sich glimpflich verlaufendes Aufeinandertreffen von Reisenden und Flüchtlingen führt ihnen nicht nur vor Augen, wie menschenverachtend Flüchtlinge dort behandelt werden. Es sorgt auch dafür, dass einer der Reisenden bald darauf aus dem Bus geholt wird, weil er etwas gebräunter aussieht als in seinem noch gültigen DDR-Pass und als Kroate durchgehen könnte.


    Jahnke erzählt genauso wie von allem anderen davon und genau das machte mir persönlich deutlich, wie sorglos von den damaligen Reiseveranstaltern wie auch von den Reisenden selbst mit dem Thema Krieg und ihrem Leben umgegangen wurde. Denn obwohl alle im Vor-feld davon wussten, wurde diese Route gewählt bzw. die Reise gebucht, weil sie billig war und damit Jahnkes seinen Traum schneller erfüllte, weil sie möglich war. Jahnke macht deutlich, dass Krieg für alle etwas Greifbares und gleichzeitig Irreales war, bis sie schließlich direkt damit konfrontiert wurden. Genau so, wie es für uns alle wäre. Wir erleben Dinge wie Kriege, Überfälle, etc. auf dem Bildschirm in vermeintlich sicherer Entfernung und denken, dass uns doch irgendjemand richtig warnen muss, wenn es gefährlich wird und dass die Politik es lösen wird. Dass das nicht so einfach ist, umfasst Jahnke ebenfalls sehr klar in seinem Epilog, indem er nochmals den Krieg im ehemaligen Jugoslawien und die politische wie menschliche Ohnmacht der Welt zusammenfasst.


    Fazit


    Glück und Leid liegen genau wie Träume und Albträume sehr eng beieinander. Das zeigt Jahnkes „Hellassurvival“ deutlich. Aber auch, was für ein lang anhaltendes, wundervolles Gefühl es sein kann, wenn lang gehegte, fast unmögliche Wünsche sich erfüllen.


    Copyright © 2010 Antje Jürgens (AJ)

    Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe Unterschied wie zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.
    Mark Twain