Hier kann zum 2. Kapitel geschrieben werden.
'Die Pest' - Kapitel 2
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In diesem Abschnitt geht es um den Anstieg, das erstarken der Pest vom Zeitpunkt der Stadtschließung an, die ich mir recht schwierig vorstelle. Hat die Stadt Oran eine durchgehende Stadtmauer? Bewacht werden die Tore, klingt also so.
Auch hier wird wieder viel philosophiert: über das Getrenntsein und die Entwicklung dieses Gefühls mit dem Fortschreiten der Zeit. Die in der Stadt eingeschlossenen Menschen machen unterschiedliche Phasen durch, so Abstraktion (in der sie sich, als eine Art Selbstschutz, in sich und vom realen Geschehen zurückziehen) und später Erschlaffung (wie ein Nachlassen der Kräfte und ein sich der Sinnlosigkeit der Widerstandes ergeben).Interessant finde ich die Person des alten Spaniers, des Erbsenzählers und seine Art, die Seuche auszusitzen und das Vergehen der Zeit zu zelebrieren.
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In diesem Kapitel gefällt mir der Abschnitt mit dem alten Ehepaaar, Dr.Castel und seine Frau, die sich eigentlich nicht als glückliches Paar sahen und erst durch die Trennung bewusst wurden, wie sie aneinander hängen.
Nur schade, dass das nicht nicht erzählerisch ausgestaltet wurde, sondern nur so nebenbei vom Erzähler als Ausnahme erwähnt wird.
Dabei lebt ein Roman auch von solchen eigentlich nebensächlichen Geschichten.Der Erzählstil ist zwar interessant, hat aber in solchen Passagen auch Einschränkungen.
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Solche Begebenheiten werden immer wieder im Buch berichtet, aber ich gebe dir Recht: sie werden nur nebenbei erwähnt, kurz gestreift.
Die nüchterne Berichterstattung des Erzählers wird durchgehend eingehalten. Dazwischen kommen immer wieder philosophische Abschnitte über das Wesen der Pest, der Menschen. Geschichten wie die um das Ehepaar Castel verkommen da leider zu Füllmaterial. Schade.Andererseits wird überaus ausführlich berichtet, wie Grand sein Buch schreibt oder auch nicht schreibt, wie er sich im Kreis dreht auf der Suche nach Perfektion. Gerade jetzt beim posten geht mir auf, dass Camus uns vielleicht hier schon die Absurdität eines derartigen Verhaltens unter dem Atem der Aufziehenden Pest vor Augen führen will. Könnte sein. Seine Hauptpersonen stellt er ja etwas ausführlicher vor. Hm...
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Als ich heute Nacht nicht schlafen konnte, kam ich in das Buch wegen fehlender Konzentration aber auch schlecht rein. Inhaltlich halte ich den Roman für relevant und hochwertig, stilistisch habe ich Probleme. Aber ich denke, dass sich das allmählich geben wird.
Mich wundert, wie überwiegend gefasst die Menschen in Oran bleiben, allerdings bleibt ihnen wegen der abgesperrten Stadt auch kaum anderes übrig. Dennoch sind sie ziemlich passiv.Diesen Teil habe ich durch, der nächste wird deutlich kürzer.
Die Pest unterscheidet sich stilistisch schon stark von z.B. Camus autobiographisch geprägten, posthum erschienenen Roman „Der erste Mensch“, das mit einer weniger düsteren Stimmung und mit viel mehr offenbarten Emotionen bei mir Begeisterung auslösen konnte.
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Zitat
Original von Herr Palomar
... Inhaltlich halte ich den Roman für relevant und hochwertig, stilistisch habe ich Probleme. Aber ich denke, dass sich das allmählich geben wird.Ich habe den Roman vor ca 20 Jahren zum ersten Mal gelesen und hatte leider nicht sehr viel davon behalten. Wenn ich ganz ehrlich bin, dann habe ich mich auch bei diesem Lesen über weite Strecken schon mächtig durchatmen müssen, um weiter zu lesen.
ZitatMich wundert, wie überwiegend gefasst die Menschen in Oran bleiben, allerdings bleibt ihnen wegen der abgesperrten Stadt auch kaum anderes übrig. Dennoch sind sie ziemlich passiv.
Mir kommen die Bewohner der Stadt vor wie eine Herde Kühe, die sich auf die Weide, wieder in den Stall und schließlich auch wieder zurück treiben lässt, ohne Widerspruch. Sie nehmen alles hin und ergeben sich, womit wir wieder bei Camus' Weltkrieg-Bezug wären.
ZitatDie Pest unterscheidet sich stilistisch schon stark von z.B. Camus autobiographisch geprägten, posthum erschienenen Roman „Der erste Mensch“, das mit einer weniger düsteren Stimmung und mit viel mehr offenbarten Emotionen bei mir Begeisterung auslösen konnte.
Das ist interessant, den "Ersten Mensch" habe ich seit Jahren auf meinem Mini-SUB liegen. Das wird sich dann wohl bald ändern, wenn du es so empfiehlst.
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Im ersten Teil dieses Abschnittes scheint sich Camus sehr mit dem Thema Reue und verpaßte Gelegenheiten auseinanderzusetzen. Die Bewohner Orans, die durch die Stadtschließung von ihren Liebsten getrennt wurden, denken sehr viel darüber nach, was sie hätten anders machen können. Ich kann mir vorstellen, daß er hier eigene Erfahrungen verarbeitet, da er im Krieg wohl auch von seiner Frau getrennt wurde.
ZitatOriginal von Clare
Andererseits wird überaus ausführlich berichtet, wie Grand sein Buch schreibt oder auch nicht schreibt, wie er sich im Kreis dreht auf der Suche nach Perfektion. Gerade jetzt beim posten geht mir auf, dass Camus uns vielleicht hier schon die Absurdität eines derartigen Verhaltens unter dem Atem der Aufziehenden Pest vor Augen führen will. Könnte sein. Seine Hauptpersonen stellt er ja etwas ausführlicher vor. Hm...
Hierzu würde auch passen, daß sich die Bewohner Orans so wenig mit der Krankheit an sich auseinandersetzen, sondern sich eher Gedanken darüber machen, welche Unannehmlichkeiten in Bezug auf ihren Lebensstil damit verbunden sind.Camus Stil, den philosphischen Anteil sprachlich so ausführlich, die Dialoge jedoch relativ knapp zu gestalten, finde ich recht interessant. Die Dialoge empfinde ich dann immer wie ein kleines Päuschen.
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Zitat
Original von -Christine-
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Camus Stil, den philosphischen Anteil sprachlich so ausführlich, die Dialoge jedoch relativ knapp zu gestalten, finde ich recht interessant. Die Dialoge empfinde ich dann immer wie ein kleines Päuschen.Ja, da gibt es ganz schöne Gegensätze. Ich gebe zu, dass ich mich speziell in den längeren Abschnitten schon kontrollieren musste, um nicht schnell über etwas drüber zu lesen. Es ist nicht immer leicht da dran zu bleiben.
Sehr bedrückend finde ich in diesem Kapitel auch das Eingesperrtsein, das durch die Sperrung der Stadt sichergestellt ist. Die Einwohner sind der Pest und einander und letztendlich auch sich selbst ausgeliefert.
Auch Zugereiste wie der Journalist Rambert sind eingeschlossen, und der versucht, aus der Stadt zu kommen zu seiner Liebsten.
"Ich bin nicht in die Welt gesetzt worden, um Berichte zu schreiben. Ich bin in die Welt gesetzt worden, um mit einer Frau zu leben...", sagt er und verweist auf seinen Fremdenstatus und dass ihn die Seuche nichts angeht. Aber die macht keine Unterschiede... -
Als die Kontakte nach „außen“ verboten wurden, wurde die Geschichte noch trostloser. Dass Briefe Infektionsträger sein könnten, daran hätte ich keinen Gedanken verschwendet. Dass auf Grund von Leitungsüberlastungen Telefonate stark eingeschränkt werden mussten, fand ich sehr beängstigend. Es ist klar, dass die Wortwahl sehr eingeschränkt wird, wenn man nur via Telegramm kommunizieren könnte. Ich finde es ja schon schwierig, wenn Kommunikation ausschließlich über SMS erfolgen soll – und diese Anzahl der Zeichen wäre als Telegramm ja nicht bezahlbar gewesen.
Die Passage …vor lauter Vorbeugen beraubt man sich schöner Augenblicke…… ist sehr tiefsinnig und sehr gut auf unser Leben übertragbar.
Im Großen und Ganzen finde ich den Roman sehr frustrierend, immer diese Kranken, keine Kontakte, auch die Flucht von Rambert gelingt bisher nicht. „Die Sonne der Pest löschte alle Farben aus und vertrieb jede Freude.“ Dieser Satz alleine kann einen in tiefste Depression versetzen – schrecklich und perspektivlos.
Ich merke auch, dass die meisten Personen für mich unnahbar bleiben – bis auf wenige Ausnahmen.
Was für mich noch offen ist: Warum wählt Camus diesen Ort in Algerien? – ah, ich sehe gerade, dass er in Algerien geboren ist. Hat es einen bestimmten Grund warum er Oran gewählt hat?
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Oran war die Heimat seiner Frau, er lebte auch zeitweise dort!
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Zitat
Original von Patricia_k34
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Ich merke auch, dass die meisten Personen für mich unnahbar bleiben – bis auf wenige Ausnahmen....
Ich denke, dass das auch so gewollt ist, dass Camus diese Distanz beabsichtigt hat. Sogar die Hauptpersonen untereinander interagieren nur minimal, jeder bleibt für sich - allein und der Seuche und seinen eigenen Gefühlen und Sehnsüchten und Verzweiflungen ausgeliefert.
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Das zweite Kapitel hat mir besser gefallen. Die Handlung wird zwar kaum noch vorangetrieben, obwohl die Geschichte hier mehrere Wochen umfasst, doch es ist einfach sehr interessant zu lesen, wie Camus von den einzelnen Personen und ihren Schicksälern ablässt, und eher über die Allgemeinheit spricht. Mich stört das übrigens nicht, und das hängt sicher auch mit der Erwartungshaltung zusammen. Camus ist trotz Literaturnobelpreis in erster Linie als Philosoph bekannt, genau wie bei Sartre.
Auffällig sind wieder die vielen kleinen Hilfskonstruktionen (z.B. die extrem beschnittene Kommunikation mit der Außenwelt, die spätere Reduzierung der Lebensmittelrationen usw.), aber das ist wohl ein notwendiges Mittel um all das philosophische Gedankengut entsprechend unterbringen zu können.
Die Sprache ist zwar nüchtern, aber genau dieser sachliche, von Sentimentalitäten befreite Ton passt hier ganz wunderbar. Man kanns auch so betrachten: Der Erzähler vollzieht, wovon er erzählt – eine Sprache, die ihrer Gefühle und Emotionen beraubt ist, so wie die Einwohner Orans unfähig sind, miteinander über die Pest zu sprechen und ihre Sorgen und Ängste zum Ausdruck zu bringen. Hierzu passt dann auch wieder die Kommunikation mit der Außenwelt mittels Telegrammen.
Was mir außerdem gefällt, ist Camus' Fähigkeit, in ganz einfachen und klaren Sätzen zu philosophieren, ohne geschwätzig zu werden und das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Und hier finden sich dann immer wieder ganz wunderbare Sätze:
„Ihre Verzweiflung rettete sie vor der Panik, ihr Unglück hatte etwas Gutes. Wenn zum Beispiel einer von ihnen von der Krankheit hinweggerafft wurde, so geschah es fast immer, ohne dass er darauf achten konnte. Er wurde dann aus diesem langen inneren Gespräch herausgerissen, das er mit seinem Schatten führte, und übergangslos in das tiefste Schweigen der Erde geworfen. Er hatte zu nichts mehr Zeit gehabt.“
ZitatOriginal von Patricia_k34
Als die Kontakte nach „außen“ verboten wurden, wurde die Geschichte noch trostloser. Dass Briefe Infektionsträger sein könnten, daran hätte ich keinen Gedanken verschwendet. Dass auf Grund von Leitungsüberlastungen Telefonate stark eingeschränkt werden mussten, fand ich sehr beängstigend. Es ist klar, dass die Wortwahl sehr eingeschränkt wird, wenn man nur via Telegramm kommunizieren könnte. Ich finde es ja schon schwierig, wenn Kommunikation ausschließlich über SMS erfolgen soll – und diese Anzahl der Zeichen wäre als Telegramm ja nicht bezahlbar gewesen.Ist es nicht erschreckend, wie sehr das Wesen dieser Kommunikation mit unserer heutigen Zeit übereinstimmt?
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[quote]Original von Herr Palomar
In diesem Kapitel gefällt mir der Abschnitt mit dem alten Ehepaaar, Dr.Castel und seine Frau, die sich eigentlich nicht als glückliches Paar sahen und erst durch die Trennung bewusst wurden, wie sie aneinander hängen.quote]Also ich hätte das von Beginn an so gesehen. Das war für mich eigentlich das einzige wahre Gefühl. Er hat sie zum Zug gebracht und sich von ihr fast schon "überschwenglich" (Achtung - Übertreibung) verabschiedet.
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Ich hatte etwas anderes von dem Roman erwartet und bin ein bischen enttäuscht. Ich dachte es dreht sich mehr um die Pest und die einzelnen Personen als im Allgemeinen um die ganze Stadt.
Die Situation finde ich ganz besonders schlimm für die Touristen. Man macht Urlaub und plötzlich kommt man nicht mehr raus aus der Stadt und muss angst um sein Leben haben.
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Zitat
Original von Vivian
Ich hatte etwas anderes von dem Roman erwartet und bin ein bischen enttäuscht. Ich dachte es dreht sich mehr um die Pest und die einzelnen Personen als im Allgemeinen um die ganze Stadt.Die Situation finde ich ganz besonders schlimm für die Touristen. Man macht Urlaub und plötzlich kommt man nicht mehr raus aus der Stadt und muss angst um sein Leben haben.
Ich weiß nicht, ob dieses Eingeschlossensein nicht fast das Schlimmste ist, das absolute Fehlen der Möglichkeit, seine Lieben zu sehen, seiner Arbeit in einer anderen Stadt nachzugehen, sein Leben weiterzuleben.
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2. Kapitel:
Das zweite Kapitel hat 90 Seiten.
Im zweiten Kapitel geht es nur darum, wie man in der geschlossenen Stadt lebt. Ein Journalist versucht alles, um raus zu kommen, die meisten haben sich damit abgefunden, ein paar Leute gründen einen freiwilligen Sanitätsdienst. Und ein kleiner Angestellter der Stadt führt die Statistik. Dieser Mann möchte Schriftsteller werden, schreibt aber seit langem am ersten Satz herum, ohne sich Gedanken über den Fortgang der Geschichte zu machen... -
Naja, das Eingesperrt sein, ist immer schlimm. Egal ob die Pest einen in der Stadt hält oder wie zB nach einem Lawinenabgang in einem eingeschlossenen Ort.
Es war schon deprimierend zu lesen, wie sich die Situation zuspitzt.
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Zitat
Original von sollhaben
Naja, das Eingesperrt sein, ist immer schlimm. Egal ob die Pest einen in der Stadt hält oder wie zB nach einem Lawinenabgang in einem eingeschlossenen Ort.Es war schon deprimierend zu lesen, wie sich die Situation zuspitzt.
Da stimme ich dir zu und denke auch, dass die Reaktionen auf die Pest auf andere Ausnahmezustände übertragbar sind.
Ich glaube, in so einer Situation verändern sich Menschen, wenn sie länger anhält, reduziert sich irgendwann alles auf die Instinkte, das Sozialgefüge gerät aus dem Gleichgewicht, die Prioritäten des Einzelnen verschieben sich in Richtung Selbsterhaltung.