Originaltitel: Going Down River Road
Kurzbeschreibung:
Ben schlägt sich auf der Baustelle als Hilfsarbeiter durch und kümmert sich um Winis Sohn Baby. Wini verdient ihr Geld als Schreibkraft - und zwischendurch auch in den Bars. Sie lieben sich heiß, aber wer in der River Road keinen kühlen Kopf behält, geht unter. Vielleicht, denkt Wini, ist es doch besser, mit dem weißen Chef durchzubrennen.
Dieser Roman aus dem Milieu der Armen und Gestrauchelten Nairobis beschreibt nicht nur die Lebenswirklichkeit in einer afrikanischen Großstadt, sondern auch das Leben in den wuchernden Städten mit ihren unzähligen Slums und dem Elend ihrer Bewohner. Hoffnungen auf ein besseres Leben werden enttäuscht und die Beziehungen untereinander gestört durch eine unmenschliche Umwelt.
Ben, Wini und Ocholla gehören zu den Millionen von Afrikanern, die durch die Zerstörung der alten afrikanischen Traditionen jeglichen Halt verloren haben. Und obwohl Mwangi vor dieser Situation seine Bitterkeit und seinen Sarkasmus kaum verbergen kann, zeigt dieses Buch Momente praktischer, stiller Solidarität: die einzige Hoffnung der Betrogenen und Vergessenen.
Über den Autor:
Meja Mwangi, geboren 1948 in Nanyuki, Kenya, ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Autoren Kenias.
Nach dem Abitur entschied er sich trotz Zulassung zum Studium, als technischer Angestellter in Nairobi zu arbeiten. Seit dem Erfolg des Romans 'Kill me quick' (1973), der mit dem Jomo Kenyatta-Award ausgezeichnet wurde, arbeitet er als freier Schriftsteller. Seine Romane und Kinderbücher sind in zehn Sprachen übersetzt worden. Zahlreiche internationale Auszeichnungen erhielt er seit Mitte der 80er Jahre, darunter den Deutschen Jugendliteraturpreis 1992 für 'Kariuki'. Er hat zahlreiche Literaturpreise in Großbritannien und Kenia erhalten. 1992 wurde'Kariuki' mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.
Meine Meinung:
Ben fristet sein Dasein als Hilfsarbeiter auf der Baustelle des Development House in Nairobi. Der Lohn reicht nicht weit: Kaum hat er sich einmal satt gegessen, mit Kumpel Ocholla in seiner Stammkneipe ein paar Bier getrunken und sich eine Frau gegönnt, ist schon nichts mehr übrig. Zwischen den Zahltagen trottet er durch eine Welt, in der jeder mit sich selbst zu tun hat, immer auf der Jagd nach der nächsten Mahlzeit. Bei der Arbeit will man mit minimalem Aufwand durchkommen, man lebt auf Pump, nimmt sich sein vermeintliches Recht im Zweifel mit Gewalt. Immerhin - manche sind noch schlimmer dran, die Inder zum Beispiel, die besser unter sich bleiben sollten, die Arbeits- und die Wehrlosen und die Frauen und Kinder.
Ben ist bei Wini untergekommen. Sie ist zwar eine ehemalige Hure, doch jetzt hat sie einen anständigen Job im Büro - und welche Frau schafft es schon, sich nicht für ein paar Schilling verkaufen zu müssen? Winis Sohn Baby ist lästig, doch Ben kann das Kind wunderbar ignorieren - bis zu dem Tag, an dem Wini verschwindet. Für Ben ist klar, dass er Baby loswerden muss - aber wie? Er schafft es nicht. Und so ist das Kind an ihn gekettet, wartet geduldig, bis er von der Arbeit oder aus der Kneipe nach Hause kommt und ihm ein Stück Brot bringt. Zum Glück gibt es Ocholla. Mit dem kann man zwar keine tiefsinnigen Gespräche führen, aber tief ins Glas schauen, und in seiner Hütte im Slum ist Platz für Ben und Baby, als sie vom Vermieter aus Winis Wohnung geworfen werden. Dumm nur, dass eines Tages Ochollas Ehefrauen mit unzähligen Kindern auftauchen und die Männer-WG aus dem Gleichgewicht bringen.
Die Arbeiter bauen am Development House, jeder ist darauf aus, vom Bodendienst wegzukommen und in den oberen Etagen arbeiten zu können. Im täglichen Überlebenskampf ist doch noch Raum für das Streben nach oben und letzten Endes auch für den Aufbau von Freundschaften und menschlichen Beziehungen.
Die Handlung des Buches ist unspektakulär, es lebt von den kleinen Geschichten, den bescheidenen Träumen der Figuren, der Atmosphäre, den Klängen und Gerüchen in den Armenvierteln Nairobis und vom Kontrast zu den Touristenhotels. Es ist ein Ausflug in eine fremde Welt, der mich berührt hat. Trotz all der Gleichgültigkeit entwickeln sich auch Ocholla und Ben weiter: Sie können Ochollas Frauen und Kinder nicht einfach aufs Land zurückschicken und Baby muss in die Schule gehen.