Roman, aus dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert (Original: De Geruchten)
Klett-Cotta, 220 Seiten
Kurzbeschreibung:
Eines Tages taucht René im Dorf wieder auf, der längere Zeit als Söldner in Afrika verschollene Sohn einer Familie, die sich recht und schlecht mit einem Schnapsladen durchschlägt. Doch von seinen Erlebnissen erzählt René nichts. Er lümmelt herum und steckt mit Charlie zusammen, dem Kriegskumpan, der in einem Campingwagen im nahen Wäldchen lebt. Da beginnt eine Serie von bizarren Krankheits- und Todesfällen das Dorf zu erschüttern, in dem bald nichts mehr so ist wie früher. Zwar haben Filz, Mißgunst und Amoral die Atmosphäre unter den Bewohnern schon immer bestimmt, doch wirkt die Rückkehr des verlorenen Sohnes wie ein Katalysator: Lange in der Geschichte verborgene Schuld kommt ans Tageslicht. In seinem neuen Roman - halb Krimi, halb figurenreiche Provinztragödie - inszeniert Claus den Ausbruch einer kollektiven Hysterie.
Über den Autor:
Hugo Claus, am 5. April 1929 in Brügge geboren, ist als Prosaschriftsteller und Lyriker, als Dramatiker, Film- und Theaterregisseur und durch seine Mitgliedschaft in der neoexpressionistischen Malergruppe »Cobra« auch als Maler bekannt geworden. Der Autor lebte, nach langen Aufenthalten in Frankreich, Italien und den USA, in Gent.
Er hinterläßt ein beeindruckendes Werk, für das er unzählige Preise erhielt, u.a. 1986 den »Prijs der Nederlandse Letteren« (Niederländischer Literaturpreis) und 2003 den »Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung«.
Hugo Claus ist am 19. März 2008 im Alter von 78 Jahren in Antwerpen gestorben. Der an Alzheimer leidende Claus nahm Sterbehilfe in Anspruch und legte so den genauen Zeitpunkt seines Todes fest.
Meine Meinung:
Hugo Claus hat mit Das Stillschweigen einen kurzen, aber intensiven Roman über ein flämisches Dorf geschrieben. Vordergründig gibt es eine Kriminalhandlung, dahinter liegt aber die Beschreibung einer Dorfgesellschaft mit ungewöhnlicher Ausgangsposition.
Der verlorene Sohn René ist zurück. Jahrelang war er als Söldner im Kongo. Jetzt ist er krank, fast am Ende. Beharrlich schweigt er über seinen Zustand, offensichtlich wird er verfolgt. Dennoch freuen sich seine schon betagten Eltern und der Bruder sowie sein Söldnerfreund Charlie, doch es gibt auch Anfeindungen. Dann gibt es sogar Tote im Dorf.
Hugo Claus schreibt mit ständigem Perspektivwechsel in jedem der vielen kurzen Kapitel. Immer wieder tauchen neue erzählende Personen auf, manchmal sogar ein Kollektiv. Dieser rasche und kontinuierliche Wechsel ist bei aller innovativen Frische manchmal anstrengend zu lesen und dem unaufmerksamen Leser (also mir) entgeht das eine oder andere Detail. Manche Abschnitte haben mir sehr gut gefallen, andere Passagen gingen an mir vorbei. Trotzdem ist das Buch lesenswert und Hugo Claus hat sogar noch eine Fortsetzung geschrieben.