Hier ist immer wieder vom Totinterpretieren der Schullektüre die Rede.
Ehrlich gesagt, ich hätte beim "Faust" ohne Interpretationshilfe überhaupt keine Ahnung gehabt, worum es da eigentlich geht. Auch wäre mir der Subtext vieler Bücher komplett entgangen. Meine Deutschlehrer waren zwar durch die Bank nicht gerade grandios, aber ein bisschen habe ich doch gelernt, in Büchern mehr zu lesen, als da einfach so da steht.
Und offensichtlich war ihnen auch klar, das es nicht umsonst "Interpretation" und nicht "Textentschlüsselung" heißt:
Ich war fast bis zum Abi eine ausgesprochen bockige Schülerin, habe alles getan um den Eindruck zu vermeiden, den Lehrern nach dem Maul zu reden. Dennoch habe ich für meine Interpretationen immer gute Noten gekriegt (die, zugegeben, manchmal gekonnt geschwätzter Stuss waren)
Leseverweigerer
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Ich habe vor Urzeiten die Realschule durchlaufen und mich schon damals darüber geärgert, das der Deutschunterricht irgendwie unstrukturiert war. In meiner Erinnerung haben wir jahrelang Interpretationen von Reinhard Mey- Liedtexten angefertigt. Ein Buch haben wir nach meiner Erinnerung nie gelesen. Grammatik und Rechtschreibung wurde auch mehr nebenbei eingeflochten. Ich bin heute noch unsicher auf diesem Gebiet.
In der FOS habe ich dann Ansichten eines Clowns und Die Dreigroschenoper gelesen. Ansichten eines Clowns habe ich nie ganz gelesen, obwohl wir darüber eine Arbeit geschrieben haben. Die Dreigroschenoper fand ich doof. Ich hatte keinen Zugang. Ich habe zwar damals schon viel gelesen, aber eher Krimis oder Belletristik.
Von 0 auf 100 - das geht sicher schief. Und was will derjenige der dies fordert damit erreichen?
Unser Sohn (jetzt 7. Klasse Gymnasium) hat schon jetzt mehr Bücher gelesen, als ich in meiner gesamten Schullaufbahn. Keine Klassiker, sondern Kinder- und Jugendliteratur. Er ist zwar kein begeisterter Bücherverschlinger, aber er hat gelernt, das ein Buch durchaus eine gute Unterhaltung bieten kann.
Mithilfe von Gedichten wird er nun Stück für Stück weitergeführt. Kürzlich mußte er den Zauberlehrling (Goethe) auswendig lernen. Erst war er genervt (weil zu lang und unverständlich), später hat er es verrappt und hat auch den Sinn erfasst (und ich gleich mit, prima wenn man einen Schüler im Haushalt hat :-)) Zu empfehlen finde ich in diesem Zusammenhang die CDs aus der Serie Musik die schlau macht.
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DraperDoyle : Ja, manchmal ist es wichtig, mehr zu lesen, als da steht. Das ist mit "totinterpretieren" nicht gemeint. Ich bin einfach der Meinung, das Lesen keinen Spaß macht, wenn man überall was meint reinzuinterpretieren.
Beispielsweise, wenn ein irgendwo ein Schmetterling langfliegt, fliegt da nicht nur ein Schmetterling lang, sondern der Protagonist wünscht sich Freiheit, die der Schmetterling symbolisiert. Oder auch, der Protagonist geht auf einer Wiese spazieren, ist doch klar, was das heißt, die Wiese ist grün, also stehtd as für die Hoffnung. Ein Mitschüler von mir hat es mal ganz gut auf den Punkt gebracht, als wir grade in Englisch irgendwelche Zeichen in "The remains of the day" interpretierten, indem er sagte: "Ohhh we are in the sixth month of twothousandsix! Maybe that's got something to do with the book!"
Soll heißen, ich finde es einfach lächerlich in jedem Satz Dinge zu sehen, wo man nicht mal weiß, ob der Autor das gemeint hat. Was nicht heißt, dass man nicht über übergeordnete Themen reden sollte, wenn die Geschichte oder das Stück z.B. eine Parabel ist. Man kann auch gern anhand von Büchern Merkmale einer bestimmten Literaturepoche herausarbeiten, kein Thema.
Aber wenn man bei Kafka immer und immer wieder seine Beziehung zu seinem Vater reininterpretieren muss, dann raste ich aus. Wieso kann man nicht einfach manches mal so stehen lassen? Es ist auch schlimm, wenn ein Lehrer eine Meinung hat, die hören will, und andere mögliche Interpretationen nicht gelten lässt - genau DAS passiert leider aber viel zu häufig. -
Ich schließe mich meinem Vorposter an. Natürlich hast du recht, DraperDoyle, wenn du sagst, man sollte lernen, zwischen den Zeilen zu lesen. Bei einigen Deutschlehrern haben wir das auch getan und über die Texte gesprochen, die wir gelesen haben.
Aber manchmal wurde einfach jedes Wort auf die Goldwaage gelegt und Dinge hineininterpretiert, die (zumindest für mich) nicht nachvollziehbar waren. Und wenn man dann gefragt hat, warum das so sein soll, dann hieß es: Das hat der Autor selbst gesagt/geschrieben und Fachleute sehen das auch so.
Mag sein, dass ein Germanist einen Text so intensiv und genau interpretiert und vielleicht stimmt das auch alles so. Aber für die Schule finde ich das ungeeignet. Das ist so, als ob man die Schüler in der 10. Klasse alle Transkriptionsfaktoren mit all ihren Funktionen auswendig lernen lässt. Danach würde sich doch auch keiner wundern, wenn von denen keiner Bio studieren will
Edit: Vielleicht wäre eine etwas oberflächllichere Interpretationsweise sinnvoll. Und im Deutsch-Leistungskurs könnte man dann etwas genauer hinschauen. Dort sitzen dann ja auch Leute, denen das liegt und Spaß macht. Mir persönlich hat das weder Spaß gemacht noch habe ich es jemals dadurch gelernt.
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Ich finde, genau dann, wann so viel ruminterpretiert wird, hat man unter Umständen als Jugendlicher KEINE Lust mehr auf weitere Bücher. Jedenfalls kann das leicht passieren. Weil es dann so aussieht, als sei Lesen einfach nur anstrengend, und überhaupt nicht spannend oder auch entspannend...
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Zitat
Original von Fran-87
Soll heißen, ich finde es einfach lächerlich in jedem Satz Dinge zu sehen, wo man nicht mal weiß, ob der Autor das gemeint hat.Ok, vielleicht hatte ich einfach Glück, aber wir haben im Unterricht nie die Lektüre derartig zerpflückt. Was nicht bedeutet, dass mir die Schullektüre nicht auch peinvolle Stunden bereitet hätte. Ich denke da an Maria Stuart (ich dachte nach dem Lesen, wohl entgegen der Intention des Autors, wie gut, dass diese dumme Pute nicht Königin geworden ist) und, noch schlimmer, Kabale und Liebe Ich merke gerade, dass ich Schiller offensichtlich nicht mag
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Zitat
Original von DraperDoyle
Ok, vielleicht hatte ich einfach Glück, aber wir haben im Unterricht nie die Lektüre derartig zerpflückt. Was nicht bedeutet, dass mir die Schullektüre nicht auch peinvolle Stunden bereitet hätte. Ich denke da an Maria Stuart (ich dachte nach dem Lesen, wohl entgegen der Intention des Autors, wie gut, dass diese dumme Pute nicht Königin geworden ist) und, noch schlimmer, Kabale und Liebe Ich merke gerade, dass ich Schiller offensichtlich nicht mag
Ja, manchmal hatte man auch einfach das Gefühl: Der Autor hat die Intention, die der Lehrer vorbetet, einfach verfehlt. Sowas ist auch schlimm.
Aber bei mir war es in der Schule tatsächlich so, und das weiß ich auch von vielen anderen, dass es mit den Interpretationen eben oft übertrieben wurde.
Aber schön, wenn du da Glück hattest -
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Original von Fran-87
Das ist ja die große Frage... liest man im Unterricht Klassiker, dann haben die Schüler sich mit einem mal intensiv beschäftig und man geht gleichzeitig das Risiko ein, dass sie keine Lust (mehr) aufs Lesen haben? Oder liest man anspruchslosere Sachen, die Lust auf mehr machen, aber enthält den Schülern so wichtige Werke der Literaturgeschichte vor? Oder macht's die Mischung? Da hat natürlich jeder Lehrer seine eigenen Vorstellungen...
Die meisten Lehrer bevorzugen Klasiker alleine deshalb, weil sie sich über das Studium auf vertrauten Gebiet befinden. Wir haben damals *Carrie* von King und *Magog* von Hohlbein gelesen (8./9. Klasse), was von dem Leher mutig war, da er diese Bücher nicht kannte. Ich war erstaunt, was wir damals gerade aus Carrie alles rausholen konntem
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Ja, und ich finde es eben nicht gut, wenn über JAHRE dieselben Bücher gelesen werden - klar, für die Lehrer macht es das leichter. Aber es ist dumm, weil Lehrer dann auch oft schon so festgefahren in ihren Meinungen sind. Ich finde es einfach viel schöner, wenn auch mal ein Buch dazwischen ist, das ein Lehrer mit seinen Schülern zusammen entdecken kann!
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Zitat
Original von Fran-87
Ja, und ich finde es eben nicht gut, wenn über JAHRE dieselben Bücher gelesen werden - klar, für die Lehrer macht es das leichter. Aber es ist dumm, weil Lehrer dann auch oft schon so festgefahren in ihren Meinungen sind. Ich finde es einfach viel schöner, wenn auch mal ein Buch dazwischen ist, das ein Lehrer mit seinen Schülern zusammen entdecken kann!Ich weiß nur, dass in der örtlichen Schule hier jedes Jahr der Schimmelreiter gelesen wird. Dann bekommen die Schüler ein 40-60seitiges Aufgabenheft dazu, welches komplett ausgefüllt werden muss.
Lesen wird richtig Streß.
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Zitat
Original von Fran-87
Entschuldige, wenn ich das so nicht glauben kann...
Ich gebe zu, ich weiß es nicht bei jedem einzelnen, aber insgesamt kam das Buch jedenfalls gut an. Wir hatten damals aber auch einen guten Lehrer und haben Kram gemacht wie mit verteilten Rollen lesen etc., war nett!
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Wow, ich finde euch ziemlich krass
Im Germanistik-Studium geht man um einiges weiter als in der Schule, so viel mal zu "man macht zu viel Interpretationsarbeit in der Schule". Ich möchte mal eine Klasse erleben, mit der ich den Stoff aus der Uni mache. Dann würden sie mich sicherlich hassen!
Es geht bei Interpretationen nicht darum genau zu erfassen, was der Autor gemeint hat, sondern darum, was man aus solch einem Text alles herauslesen kann. Von einigen Klassikern weiß man, dass die lieben Leute jahrelang an ihren Texten gefeilt haben, bis sie passten. Bei anderen ist ebenso bekannt, dass sie sie runtergeschrieben haben und man heute dennoch sehr viel aus ihnen herauslesen kann. Sinn und Zweck dieser Interpretationsgeschichte ist, sich etwas für sich selbst aus jeder Geschichte und jedem Gedicht herausholen zu können, quasi das Werkzeug in die Hand zu bekommen und dann zu üben damit umzugehen. Klar liegt es bei jedem persönlich, ob er es nutzen möchte oder nicht. Das ist mit dem Prozentrechnen genauso.
Mir hat es viel gebracht. Als ich damals "Die Nacht aus Blei" gelesen habe, für eine sechzehnhjährige wirklich schwere Kost, konnte ich dem Sinn des Buches mit diesem Werkzeug doch gut auf den Grund gehen. So ist es bis heute. Niemand verlangt, dass man in jedem Buch rätselt und sucht und auf Kleinigkeiten achtet, aber wenn man das Gefühl hat nicht mehr weiterzukommen, indem man nur liest, kann man wieder auf dieses Schulwissen zurückgreifen.
Ich freu mich auf das Lesen mit einer Klasse. Vielleicht enttäuscht es mich, vielleicht finde ich es großartig. Ich bin auf jeden Fall gespannt.
Ich mochte es, ich mag Bücher und ich denke, dass ich damit schon einen ersten Schritt gemacht habe. -
Ich weiß nur, dass ich nach meinem Abi mehrere Jahre kein Buch angefasst habe.
Mir hat nichts gefehlt und ich habe meine Freizeit mit anderen Hobbys ausgefüllt.
Seit ca. 3 Jahren ist eben das Lesen als neues Hobby in mein Leben getreten.
Aber ich fühle mich nicht besser oder schlechter als damals. -
Mir hat das Totinterpretieren von Klassikern eben diese komplett verdorben. Wir haben stundenlang den Epilog von Effi Briest interpretiert und zerpflückt! Wir mussten sogar den beschriebenen Garten malen. Boah, das war eines der wenigen Bücher, das ich quer gelesen habe.
Und dann ist es kein Wunder, wenn viele Jugendliche und dann Erwachsene nicht mehr lesen wollen. Ich habe zum Glück meine Leselust nie verloren -
Die Kindheit hat meiner Ansich nach auf jeden Fall einen großen Einfluss auf das spätere Verhalten, auch in Bezug auf Bücher. Und sicher wirkt sich es auch positiv aus, wenn man aus Büchern vorgelesen bekommt, aber zwingend notwendig ist das mit Sicherheit nicht. Ich beispielsweise habe eigentlich nur ganz selten etwas vorgelesen bekommen, aber wir hatten einfach viele Bücher zu Hause herumliegen. Und als Kind ist man ja schließlich neugierig
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Original von ricky_ho
"Ich interessiere mich nur für die reale Welt."Das heisst doch letztlich: "Ich interessiere mich nur für MEINE reale Welt."
Wer liest beschäftigt sich dagegen mit alternativen realen Welten, mit anderen Perspektiven, mit den Gedanken anderer. Für mich ist das nichts anderes als Bewusstseinserweiterung. Wer nicht liest, weil er sich nur für die "reale Welt" interessiert, hat möglicherweise Angst, dass seine "reale Welt" durch Einflüsse aus den "realen Welten" anderer angegriffen wird.
Meine Oma (leider nicht mehr am Leben) hat z. B. nie Nachrichten gesehen - sie wollte nichts von Katastrophen, Kriegen etc. mitkriegen. Das liegt vielleicht auch an ihrer Vergangenheit - hat beide Weltkriege mitgemacht und wurde verschleppt.
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Original von Lesehunger
Im Germanistik-Studium geht man um einiges weiter als in der Schule, so viel mal zu "man macht zu viel Interpretationsarbeit in der Schule". Ich möchte mal eine Klasse erleben, mit der ich den Stoff aus der Uni mache. Dann würden sie mich sicherlich hassen!
Es geht bei Interpretationen nicht darum genau zu erfassen, was der Autor gemeint hat, sondern darum, was man aus solch einem Text alles herauslesen kann. Von einigen Klassikern weiß man, dass die lieben Leute jahrelang an ihren Texten gefeilt haben, bis sie passten. Bei anderen ist ebenso bekannt, dass sie sie runtergeschrieben haben und man heute dennoch sehr viel aus ihnen herauslesen kann. Sinn und Zweck dieser Interpretationsgeschichte ist, sich etwas für sich selbst aus jeder Geschichte und jedem Gedicht herausholen zu können, quasi das Werkzeug in die Hand zu bekommen und dann zu üben damit umzugehen. Klar liegt es bei jedem persönlich, ob er es nutzen möchte oder nicht. Das ist mit dem Prozentrechnen genauso.
Mir hat es viel gebracht. Als ich damals "Die Nacht aus Blei" gelesen habe, für eine sechzehnhjährige wirklich schwere Kost, konnte ich dem Sinn des Buches mit diesem Werkzeug doch gut auf den Grund gehen. So ist es bis heute. Niemand verlangt, dass man in jedem Buch rätselt und sucht und auf Kleinigkeiten achtet, aber wenn man das Gefühl hat nicht mehr weiterzukommen, indem man nur liest, kann man wieder auf dieses Schulwissen zurückgreifen.
Ich freu mich auf das Lesen mit einer Klasse. Vielleicht enttäuscht es mich, vielleicht finde ich es großartig. Ich bin auf jeden Fall gespannt.
Ich mochte es, ich mag Bücher und ich denke, dass ich damit schon einen ersten Schritt gemacht habe.Ich glaube, wenn Lehrer es tatsächlich so halten würden, oder zumindest in diese Richtung gehen, gäbe es sicherlich einige ehemalige Schüler mehr, die auch nach der Schule gerne lesen würden.
Ich hatte auch nur solche Lehrer, die in jedes harmlose Wort eine enorme Geschichte hineininterpretierten und die Meinungen der Schüler nicht gelten ließen. Allerdings hatte ich das Glück, mit Büchern aufgewachsen zu sein, mir konnte der Deutschunterricht die Bücher also nicht verleiden. Aber die Schullektüren habe ich nur nebenbei heruntergelesen, danach haben wir eine Klassenarbeit darüber geschrieben, darin erneut herumgeschwafelt und fertig. Spaß beim Lesen sieht definitiv anders aus.
Heute lese ich jedes Buch, das für mich interessant klingt, egal, ob es in die Kategorie "Fantasy", "Thriller" oder "Klassiker" fällt. Und ich lese aus jedem Buch etwas für mich heraus, mache mir Gedanken darüber und habe meine eigene Meinung.
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ich "musste" auch in der Schule Bücher lesen aber ich fand es toll. Klar, wir mussten auch interpretieren etc. aber der Spaß stand immer im Vordergrund.
Selbst der Klassiker "Der Besuch der alten Dame" ist mir so sehr positiv im Hinterkopf geblieben. So positiv, dass ich dieses Buch meinem Bruder entwendet habe.Und alle Bücher die wir gelesen haben, besitze ich noch und hüte sie.
Also daher denke ich schon das es mit dem Lehrer steht und fällt. Wenn er schon nicht zu begeistern vermag so soll er seine Schüler nicht mit "extrem lesen" belästigen, sonst geht das alles genau ins Gegenteil. -
Mir wurde auch sehr viel vorgelesen. EInmal an sich sowieso, und wenn es dann keiner machte, habe ich so lange genervt, bis es einer tat. Ich fand das von Beginn an toll. Bücher sind toll!
Später habe ich dann alles gelesen, was ich kriegen konnte (bis ich 13 war, hatte ich kein Lieblingsbuch). Ich habe da erst nicht groß ausgewählt, die Schwerpunkte (vor allem Fantasy, auch wenn mein Herz schon immer an solchen Geschichten besonders hing) kamen später. Noch heute lacht eine Freudin, dass sie mir ein Buch zeigen muss ("Das habe ich neu!") und ich nehme es ihr aus der Hand und fange an zu lesen. Egal, was es für eine Geschichte ist. Sie hat ja gesagt, es klingt gut!
Heute frage ich mich, ob ich auch so viel gelesen habe, weil ich nicht viel anderes machen konnte. Freunde hatte ich keine, meine Mutter mußte in den meisten Ferien arbeiten und alleine konnte ich nicht raus. Aber schlimm fand ich das nicht. Dann las ich eben.
In der Grundschule mußten wir dann "Wir pfeifen auf den Gurkenkönig lesen" (4. Klasse). Sorry, aber für mich war das eine schreckliche Geschichte, die ich gar nicht leiden konnte. In der 5. habe ich mich dann mit einigen aus der anderen aus der gleichen Klasse nach dem Schulwechsel geweigert, es noch mal zu lesen.
Ich hatte das Glück, dass mein Deutschlehrer mich mochte. Warum, weiss ich nicht, aber er fand wohl, ich könne gut formulieren und hätte "Potential". Jedenfalls bekam ich von ihm am Schulende (mußte ins Krankenhaus) "Die Vorstadtkrokodile", das ich sehr mochte und wofür ich ihm sehr dankbar war. Überhaupt hat er sich sehr um mich bemüht.
Ich habe gemerkt, dass ich sehr viel Leseerfahrung haben muss, denn bei den meisten Wörtern, die im Lesebuch erklärt wurden (Halfter, Kleinod und anderes, was nicht so häufig vorkommt) war ich damals verwundert, dass man diese noch erklären mußte. Meistens kannte ich die Wörter und fragte mich, was es da noch zu erklären gab.
Wir haben natürlich auch Schullektüre durchnehmen müssen. Als da wären "Julie von den Wölfen" (das ist also nichts Neues....) oder "Die Physiker", in der 10. Klasse auch "Die Leiden des jungen Werther" (den ich nicht sehr mochte, ich habe irgendwie was gegen Briefromane, aber ich fand trozdem, dass man auch was "Klassisches" kennen sollte) - oder dann in der Oberstufe den ersten Teil von "Die Blechtrommel". Und um das noch mal zu sagen: Ich glaube, ohne das schulische Lesen hätte ich letztere, aber auch die Physiker nicht verstanden.
Froh war ich darüber, dass ich mir bei dem Thema "Utopien" zwischen 4 Büchern eins aussuchen durfte. Der Deutschlehrer (der mir auch mal "Das Parfüm" gegeben hat) empfiehl mir "Fahrenheit 451", was sich als Volltreffer herausstellte. Das war das einzige Mal, dass ich nach einer Schullektüre systematisch anfing, die Bibliothek nach einem Autor zu durchforsten, den ich lesen "mußte".
Ich denke auch, dass der Unterricht und die Schzle da sehr viel kaputtmachen kann - es kommt aber auch immer sehr auf die Lehrer an.