Der barfüßige Polizist von der Calle San Martín – Ernesto Mallo

  • Reihe um Comisario „El Perro“ Lascano
    1. Der Tote von der Plaza Once (La Aguja en el Pajar)
    2. Der barfüßige Polizist von der Calle San Martín (Delincuente argentino)


    Die zwei deutschen Titel sind an Doofheit kaum zu übertreffen, aber gut, damit muss man wohl leben. Ich persönlich hoffe auf weitere Teile, aber da „Der barfüßige Polizist“ schon im Jahr 2007 geschrieben wurde, und es selbst auf Spanisch keine weiteren Abenteuer mit El Perro gibt, habe ich so meine Zweifel. Aber vielleicht wird der Autor diesen Buchmesse-Herbst von der Muse geküsst? Hoffen darf man ja :zwinker


    Um was geht es?
    Buenos Aires, Anfang der 1980er Jahre. Die Diktatur ist vorbei, alles boomt: Banken, Geschäfte, Korruption. Wer nicht zu Geld kommt, ist selber schuld. Und wer dachte, die Zeit nach den Militärs würde Ruhe und Ordnung bringen, wird brutal enttäuscht. In diese Welt wird Eduardo Miranda, genannt »El Topo«, aus dem Gefängnis entlassen. Er ist müde geworden, sehnt sich nach einem friedlichen Leben - nur ein Ding will er noch drehen, einen Bankraub, doch fast alles geht schief. Comisario Lascano soll die Millionenbeute wiederbesorgen. Trotz seiner Aversion gegen die Auftraggeber kommt ihm das Angebot recht. Er braucht dringend Geld, um Eva zu suchen - die Frau, in die er sich Jahre zuvor verliebt hat.


    Der Autor ist Jahrgang 1948, Argentinier und diesen Herbst auf Lesereise in Deutschland unterwegs.


    Wie schon der erste Teil, hat mir auch dieser Teil sehr gut gefallen, auch wenn es kein perfektes Buch ist. Problematisch ist schon die Prämisse, dass seit dem ersten Teil einige Jahre vergangen sind, der Autor diese Zeit für Lascano aber nicht schlüssig erklärt. Also, ich weiß schon, was Lascano in den Jahren gemacht hat, aber ich find’s nicht logisch. Ich verstehe, dass er eine Handlung in der Post-Militärdiktatur wollte, was ihm auch gelungen ist, aber diese Lücke… mit der hatte ich so meine Probleme.


    Auch hatte ich Probleme mit diversen „Dingen“, die es so Anfang der 80er Jahre in Argentinien m.E. noch gar nicht gegeben haben kann, ich glaube, da hat der Autor nachlässig recherchiert und mich wirft so was immer raus, aber da bin ich vielleicht in diesem konkreten Fall zu sehr Gegner der sog. Dichterischen Freiheit.


    Ansonsten: Großartig geschrieben. Mal sehr poetisch blumig (idR wenn es um die Romantik im Leben der Figuren geht), dann wieder kurze abgehakte Sätze. Am Anfang schlendert die Handlung so dahin, dafür hat man währenddessen aber Zeit, Buenos Aires zu erleben. MMn ist das Mallos größtes Talent…. dass er einem diese Stadt in ihren verschiedenen „Stadien“ (Militärdiktatur, beginnende Demokratie etc.) wirklich nahe bringt, man fühlt die Stadt, so schmalzig das klingt. Und schmalzig ist es gar nicht, man vergisst ja, was in Argentinien so abging und Mallo kann das in so kurz und wenig ausschweifend rüberbringen, dass man sich schon fragt, wie vergisst so ein Land das? Vergisst es überhaupt?
    Aber am Ende hat sich so viel Bugwelle an Handlung aufgebaut, dass die Auflösung etwas schnell geht und fast überschwappt. Das Ende ist offen genug, dass es Potential für einen dritten Band gäbe, aber abgeschlossen genug, dass ich nachts gut schlafen kann.


    Aufgrund einiger Schwächen 9 Punkte, die aber voll überzeugt.


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