Der Klang der Zeit - Richard Powers

  • Kurzbeschreibung (Klappentext)


    In einem Roman mit großen Figuren, farbigen Dialogen und vor dem Tableau der Rassenunruhen der letzten Jahrzehnte Amerikas erzählt Richard Powers die Geschichte einer Familie mit zwei Hautfarben – die eines vor den Nazis geflüchteten jüdischen Wissenschaftlers und einer Afroamerikanerin. Ihre Ehe wäre in vielen Staaten der USA noch ein Verbrechen, doch in New York fühlen sie sich sicher. Sie vertrauen ganz auf den amerikanischen Traum, dass sich jeder selbst neu erfinden kann. Mithilfe der Musik bauen sie ein Nest, das alle Dissonanzen der Welt fernhalten soll. Und es scheint zu gelingen: Der älteste Sohn wird ein gefeierter Tenor und Liedsänger, der mittlere begleitet ihn am Klavier. Einzig die Tochter durchschaut, dass sich nur Weiße leisten können, über die Hautfarbe hinwegzusehen, und schließt sich den Black Panthers an.


    Denn wie eine Melodie sich nur in der Zeit entfaltet, entgeht keiner der Geschichte seiner Gegenwart: die Musik mag Zuflucht sein vor der Frage nach der Hautfarbe, doch schließlich droht die Familie an ihr zu zerbrechen…


    Der Autor:


    Richard Powers, 1957 geboren, studierte Physik, arbeitete als Programmierer, bis er mit 32 seinen ersten Roman nach einer Fotografie von August Sander schrieb: „Three Farmers On Their Way To a Dance.“ Seither entstanden sieben weitere Bücher, auf Deutsch erschienen „Galatea 2.2“ und „Schattenflucht“ (2001). Seine Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet, seine Beiträge erscheinen in der „New York Times“, „Esquire“, „Times“ und „Harper´s“.


    Meine Meinung:


    Mich hat der Roman total beeindruckt, und ich habe ihn in einem Rutsch durchgelesen. An keiner Stelle fand ich ihn langweilig. Der Autor arbeitet viel mit Zeitsprüngen, die mich aber nicht gestört haben. Dadurch setzt sich die Geschichte der Familie erst nach und nach zusammen. Das machte die Sache noch interessanter.

  • Da ich so brav die Suche benütze...;-)


    Mich hat das Buch ebenfalls beeindruckt, nicht nur weil es so vielschichtig ist, sondern weil zumindest der Musikteil wirklich gut recherchiert ist. Der Autor kennt sich offensichtlich aus.


    Außerdem habe ich noch nie über diesen Rassenkonflikt so eindringlich und erschütternd gelesen, das hebt sich doch ziemlich ab von der Welt amerikanischer Fernsehserien, die uns mit ihrer "Schwarzenquote" die Illusion der Gleichstellung vermitteln wollen.
    Stellenweise fand ich das Buch sehr traurig.

    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das nicht allemal das Buch.
    Georg Christoph Lichtenberg

  • ..also ich habe auch mit dem Buch angefangen und ich muss sagen, ich tu mich etwas schwer. Der Stil ist sehr ausführlich und weit umschreibend. Das Thema selber finde ich hochinteressant, will aber dranbleiben - ist auch ein Riesenschinken (>700 Seiten) :wave

  • Ich habe dieses intensive Buch ebenfalls sehr geschätzt.
    Es thematisiert nicht nur Rassentrennung, Familie, Musik sondern auch ungewöhnliche Dinge wie Zeitparallelen.
    Ich fand die Charaktere sehr stark und gut bis in die Tiefe ausgelotet.
    Wie die sympathische Familie versucht, ihre Kinder unabhängig von Rassenschranken oder andere Einschränkungen aufzuziehen, hat mich sehr gerührt. Natürlich musste es scheitern, aber man kann schon den Versuch sehr hoch einschätzen.
    Der amerikanische Autor stellt natürlich hohe Anforderungen hinsichtlich Komplexität und Länge an die Leser, dafür belohnt er sie aber auch sehr.

  • Auch ich finde, dass die Reduzierung dieses Buches allein auf die Rassenthematik viel zu kurz gefasst ist.
    Die Zeitschleife ist nicht nur überaus wichtig für das Erzählen dieser Geschichte, sie macht die Rassenthematik zu einem Leitmotiv, das das ganze Buch durchzieht und so erheblich intensiver auf mich wirkt als wenn ich bewusst den Roman ausgewählt hätte, um etwas über "Schwarzheit als solche" zu erfahren.
    Ganz nebenbei ist Richard Powers Buch für mich eines über (klassische) Musik, ihre Zugänglichkeit, die Schwierigkeiten und die Wonne, die sie macht.
    Ach ja. Über die Quantentheorie geht es auch.
    Und über Antisemitismus.
    Und über das Zusammenleben einer Familie, ihr Auseinanderbrechen und ihre Entwicklung.
    Habe ich etwa das Thema Liebe vergessen?


    Ich habe mit diesem Buch Richard Powers für mich als Autoren entdeckt. Seine "Schreibe" ist wie sehr guter Rotwein: Süffig, gehaltvoll, verschiedenste Aromen – und irgendwann entdecke ich, dass ich eine Pause brauche, weil ich mich besoffen gelesen habe.


    Hilft das eventuell bei einer SuB/RuB-Entscheidung?

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Dieses Buch habe ich vor zwei jahren zum Geburtstag geschenkt bekommen. Seit dem SUBt es bei mir. Wie ich euren Beitragen entnehme tut es das wohl zu unrecht. Am besten gefällt mir aber blaustrumpfs Posting:


    Zitat

    Ich habe mit diesem Buch Richard Powers für mich als Autoren entdeckt. Seine "Schreibe" ist wie sehr guter Rotwein: Süffig, gehaltvoll, verschiedenste Aromen – und irgendwann entdecke ich, dass ich eine Pause brauche, weil ich mich besoffen gelesen habe.


    Hilft das eventuell bei einer SuB/RuB-Entscheidung?


    Ja, blaustrumpf, das hilft, sehr sogar. Da ich Rotwein im Winter lieber als im Sommer trinke, werde ich "Der Klang der Zeit" für November einplanen.

  • Ich lese es gerade. Ein Buch voller Musik und meisterhaft erzählt. Trotzdem ist es eins jener Bücher, die bei mir Zeit brauchen. Das heißt, ich kann es nicht am Stück weglesen. Auch, wenn ich manchmal regelrecht darin versinke, gibt es Passagen, nach deren Lektüre ich eine Pause einlege. Es ist unbedingt empfehlenswert.


  • Bin ja noch ganz am Anfang, aber ich verstehe genau, was Idgie meint.
    Es ist wie ein leckeres Tiramisu.
    Man will es leer machen, aber es ist sehr mächtig,
    so dass man zwischendurch pausieren muss.



    Und was die Musik betrifft, so wird sie so bildhaft beschrieben,
    wie im 'Parfum' die Düfte, finde ich...
    Hoffentlich bleibt es so.

  • Zitat

    Original von MelkatHoffentlich bleibt es so.


    yepp. bleibt so. mindestens. versprochen.
    :-)

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag


  • Ähm, sorry..... es subt wieder :-(!


    Nicht, weil es nicht gut wäre, sondern weil ich
    grad nicht so konzentriert bin.
    Und da es ja doch sehr 'dicht gewebt' ist,
    und zudem 750 engbeschriebene Seiten hat,
    verlangt es mir momentan zuviel ab.


    Aber ich werde es lesen! Wenn es mal wieder etwas
    ruhiger zugeht bei mir. So in etwa 18 Jahren :grin ...

  • "Irgendwo in einem fernen Saal singt mein Bruder noch immer. Seine Stimme ist noch nicht verhallt"


    Und genauso geht es mir mit dem Buch. Nachdem ich es beendet habe, höre ich Jonah noch immer singen, begleitet von seinem Bruder, der am Flügel sitzt.
    Diese Buch hat eine unglaubliche Sogwirkung. Der Schreibstil ist wie Musik, die einem nicht mehr aus dem Sinn geht.


    Alles an dem Buch ist schlüssig, auch die Zeitsprünge irritieren nicht. Sie müssen einfach sein.


    Eines der Bücher, die einen nach dem Lesen noch beschäftigen und zum Nachdenken bringen.