Rekonstruktionen antiker Musik

  • Ich hab mal einen Thread aufgemacht für ein Steckenpferd von mir: Die Beschäftigung mit den Rekonstruktionen antiker Musik.


    Das überlieferte Material ist sehr dünn, obwohl es einige musiktheoretische Schriften gibt. Wir kennen zwar inzwischen die Instrumente recht gut, haben eine gute Vorstellung davon, wie sie klangen, aber das ganze Unternehmen ist immer noch ziemlich vage.


    Trotzdem sind die Resultate, die in den letzten Jahren auf dem Musikmarkt erschienen sind, durchaus eine Erwähnung wert.


    Ich benutze diese Beispiele ebenso gerne als Inspirationsquelle wie Rezepte aus der antiken Küche von Apicius, Tips zur Schönheitspflege von Ovid und verstreut in vielen Texten und all die gegenständlichen Überbleibsel, die mal sich in Museen und in Büchern anschauen, aber auch als Repliken (oder gelegentlich auch als Originale) kaufen kann.


    Das Bild zeigt den Grabstein der Lutatia Lupata uas Merida (Hispania) aus dem 1. Jh. n.Chr., auf dem das Mädchen beim Spielen der pandura einem gitarreähnlichen Instrument mit (hier) 4 Saiten dargestellt ist.

  • Ich weiß gar nicht, was du hast! Du hast doch Informationen aus erster Hand.
    Lass dir doch von Cinna und Konsorten was erzählen. Vielleicht singen sie dir sogar ein bisschen was vor oder musizieren ein wenig für dich.


    :lache

  • Synaulia - Die Musik des antiken Rom, Teil I: Blasinstrumente


    Über die Musiker:
    Das Ensemble Synaulia wurde in den 1990er Jahren von Walter Maioli gegründet. Damals realisierte Maioli für den niederländischen Archäologischen Park ARCHEON eine CD mit dem Titel 200.000 jaar muziek. Seither ist die Gruppe eine gerngesehene Attraktion auf Römerfesten überall in der Welt, stellt ihre Darbietungen, die wissenschaftlichen Anforderungen an experimentelle Archäologie kompromißlos gerecht werden, aber auch akademischen Zwecken zur Verfügung.


    Über die CD:
    Die CD stellt in 25 meist kurzen Stücken das Klangspektrum antiker Blas- und Schlaginstrumente vor. Die Musik entwickelte Walter Maioli zusammen mit den Musikern von Synaulia auf der Basis einiger weniger überlieferter Beispiele und erhaltener musiktheoretischer Schriften.
    Zum ersten Mal werden hier Holzblasinstrumente wie tibiae (gr. aûloi, Rohrblatt"flöten"), fistulae (Flöten, syrinx ("Panflöte"), Blechblasinstrumente wie bucina, tuba und iynx (ein Instrument, das einen satten Brummton erzeugt), und "Percussion" wie Zimbeln, Sistrum, Tympanum etc. in ihrer ganzen Klangfülle erfahrbar gemacht.
    Die Stücke selbst reichen von Liedern über Tänze zu Instrumentalstücken nach der Art von Intermezzi.
    Zwei Stücke fanden Eingang in die Filmgeschichte, sie wurden in den Blockbuster Gladiator eingebaut, allerdings leider nicht in den Score aufgenommen. Auch für Dokumentarfilme wurde das Material gerne heradgezogen.


    Meine Meinung:
    Zugegeben: Diese Art Musik ist gewöhnungsbedürftig für unsere an weichgespülte Popharmonien gewöhnten Ohren. Die Gruppe macht keine Kompromisse an unsere Hörgewohnheiten, so daß das Ergebnis neben vertrauten Harmonien viel "Schräges" bietet, das bei genauerem Hinhören Teil einer andersartigen Harmonie ist.


    Genaugenommen war diese CD die perfekte Unterlegung für meine Schreiberei am Tribun gewesen -- wenn mir die Inspiration ausging, entführten mich die Klänge unweigerlich in die richtige "innere" Umgebung, um mich wieder einzufühlen ...


    Diese Musik ist sicherlich die perfekte Hintergrundmusik für ein stilechtes römisches Menü.

  • Zitat

    Original von Rabarat
    Ich weiß gar nicht, ws du hast! Du hast doch Informationen aus erster Hand.
    Lass dir doch von Cinna Konsorten ein bisschen was erzählen. Vielleicht singen sie dir sogar ein bisschen was vor oder musizieren ein wenig für dich.


    Wenn du frech wirst, hetze ich dir Tiberius' Geheimpolizei auf den Hals. Dann kannst du die feuchten Mauern des Tullianum anweinen, du Schwerenöter!

  • Synaulia - Die Musik des antiken Rom, Teil II: Saiteninstrumente


    Über die Musiker:
    (siehe oben!)


    Über die CD:
    Diese zweite CD enthält musikalische Beispiele für antike Saiteninstrumente wie lyra, cithara, und pandura sowie den Harfentypen sambuca und cordae obliquae (gr. mágadis).
    Wie auf der ersten CD gibt es Stücke, in denen auch lateinische Dichtung rezitiert bzw. gesungen wird, sowie orchstrale Kompositionen für die verschiedenen Instrumententypen. Wieder gibt es Tänze, Lieder und kleine Instrumentalstücke in den verschiedenen Tonarten, geprägt von den eigentümlichen Klangfarben dieser Instrumente.


    Meine Meinung:
    Ich habe eigentlich jetzt erst wirklich begriffen, was "Lyrik" eigentlich bedeutet, nachdem ich einem zur Lyra vorgetragenen Text gelauscht habe.
    Mit diesen beiden CDs ist Walter Maioli nach langer Weltreise in Sachen frühester Musik heimgekehrt zu seinen kulturellen Wurzeln und bereichert uns mit den wunderbar einfühlsam nachempfundenen Klängen aus einer für uns scheinbar versunkenen Epoche.

  • Geht es dir nur um die Griechische und Römsche Musik oder auch um die Keltische und Germanische?

    Du mögest arm sein an Unglück und reich sein an Segen, langsam im Zorn, schnell in der Freundschaft. Doch ob arm oder reich, langsam oder schnell, nur das Glück sei dein Begleiter von heute an
    Irisch

  • Zitat

    Original von Sirius Black
    Geht es dir nur um die Griechische und Römsche Musik oder auch um die Keltische und Germanische?


    Da wird dann aber bei der Frühzeit die Rekonstruktion sehr schwierig, weil wir die Instrumente nur in der figürlichen Darstellung haben (und da oft sehr verfremdet!), und Musikbeispiele mangels Schriftlichkeit völlig fehlen. Was diese Kulturen sowie die Slawen, Skythen, Sarmaten etc. angeht, sind wir auf das indirekte Zeugnis angewiesen, das der Einfluß entsprechender Melodien in der antiken Musiktradition hinterlassen hat -- und selbst das ist nur sehr bruchstückhaft überliefert.


    Da wird die Rekonstruktion schnell zur blanken Spekulation.
    Walter Maioli beschäftigt sich auch mit sehr frühen Musiktraditionen, sagt aber selbst, daß er nur Klangbeispiele für mühseligst rekonstruierte Instrumente liefern kann -- über Harmonik, Melodik und Rhythmik wissen wir einfach nichts!

  • So richtig einfach wird das da erst im 16. Jhdt.


    Auch die Musik, die auf den Mittelaltermärkten so aus den Sackpfeifen dudelt ist meist pure Phantasie ;-)