Suhrkamp, 192 Seiten
Gebundene Ausgabe
September 2010
Kurzbeschreibung:
Eigentlich ist Andreas Lüscher Unfallpsychologe. Seit er jedoch eine Stelle als Gesprächstherapeut in der onkologischen Abteilung eines Krankenhauses angetreten hat, bestimmen Vokabeln aus der Krebstherapie seinen Arbeitsalltag: Dosisfraktion, Rezidivrisiko, Paarbildung. Ihn, der lieber beobachtet als mittendrin steht, der lieber Distanz wahrt, als zu nahe zu kommen, fasziniert das Verhältnis zwischen Patient und Arzt, die Bedeutung von Kommunikation, von Worten. Bis er eines Tages auf die Krankenakte einer Patientin stößt, deren Name ihm vertraut ist: Mit Meret Etter hat ihn vor Jahren eine intensive Liebe verbunden, sie ist eine Frau, die mitmischte bei den Zürcher Jugendunruhen, die sich beim Harfespielen selbst vergessen konnte, eine Juristin, die mit Leidenschaft gegen das Unrecht kämpfte. Jetzt steht ihr ein Kampf ganz anderer Art bevor. Und es ist die Frage, ob die Wiederbegegnung mit Andreas Lüscher, nach sechzehn Jahren des gegenseitigen Schweigens, ihr ihre Lage erleichtert. Und ob es klug ist, wenn sich beide mit den Gründen für dieses Schweigen auseinandersetzen.
Über den Autor:
Urs Faes, geboren 1947, lebt als freier Schriftsteller in Zürich. Seit 1989 hat er zudem einen Zweitwohnsitz in Umbrien, San Feliciano, Provinz Perugia.
Meine Meinung:
Der Schweizer Schriftsteller Urs Faes verfügt über einen bemerkenswerten Stil, der das Buch stark prägt. Bei der Wiederbegegnung zwischen dem Arzt Andreas Lüscher und seiner alten Liebe Meret, die als Krebs-Patientin ins Krankenhaus kam, sind es seine reflexiven Gedanken, die ihre Geschichte erzählt. Die Gründe für die Trennung vor 16 Jahren sind unklar, liegen jedoch vermutlich in einer emotionalen Passivität begründet, in dem Distanz wahren, das in Lüschers Wesen angelegt ist.
Die erneute Annäherung jetzt im Angesicht der schweren Krankheit steht unter erschwerten Bedingungen.
Urs Faes selbst liefert einen Hinweis auf thematische Einflüsse, als er seinen Protagonisten im Radio vom Tod des italienischen Regisseurs Michelangelo Antonio hören lässt. Wie Filmszenen von Antonioni wirken auch einige Sätze oder einzelne Abschnitte von Faes wie Gemälde auf den Leser. Unter anderen sind zum Beispiel die Beschreibungen der Landschaft, z.B. Bergell mit Dorf und Tal und Bergen, ebenso beeindruckend wie die vielen Details der Behandlung im Krankenhaus.
Mich hat Urs Faes als Autor so überzeugt, dass ich mir sofort noch ein Buch von ihm bestellt habe.