Klappentext:
„Die Welt ist gierig und manchmal verschlingt sie kleine Kinder mit Haut und Haaren...“
Es geschehen seltsame Dinge in London. Im Waisenhaus des grausamen Mister Dombey traut die kleine Emily Laing ihren Augen nicht, als sie eines Morgens in der Küche von einer Ratte ausgesprochen wird, die sich ihr höflich als Lord Hironymus Brewster vorstellt. Eine Sinnestäuschung? Nein, denn bald darauf bleibt Emily nichts anderes übrig, als an die Existenz von wundersamen Wesen zu glauben – als sie nämlich Zeugin wird, wie ein Werwolf eines der Mädchen aus dem Schlafsaal für Neuzugänge stiehlt. In Begleitung der Ratte – sowie eines Elfen namens Maurice Micklewhite und des mürrischen Alchemisten Wittgenstein – macht sich Emily auf die Suche nach der verschwundenen Mara. Die Spur führt die Gefährten in die Uralte Metropole, eine geheimnisvolle Stadt unter der Stadt, ein dunkles, gefährliches Reich, in dem gefallene Engel hausen und antike Gottheiten über das Schicksal der Menschen walten. Doch was steckt wirklich hinter den Kindesentführungen, von denen London regelmäßig heimgesucht wird? Und wer ist der mysteriöse Herrscher der Uralten Metropole, der sich Lycidas nennt?
Autor:
Christoph Marzi, Jahrgang 1970, wuchs in Obermendig nahe der Eifel auf, studierte in Mainz und lebt heute mit seiner Frau Tamara und seinen zwei Töchtern im Saarland. (Lt. Klappentext)
Meine Meinung:
Wer sich vom stimmungsvollen, magisch anziehenden Cover und dem ansprechenden Klappentext verführen lässt, wird vom Autor Christoph Marzi bzw. seinem Ich-Erzähler Mortimer Wittgenstein in das frühere und heutige London und die Uralte Metropole, eine mystische Welt unterhalb der City Londons, geführt. Mit seinem Ideenreichtum gelingt es dem Autor, den Leser immer wieder zu überraschen, sei es mit den Kreaturen, die in der Uralten Metropole und in London leben oder überraschenden Wendungen in der Handlung. Und so enthüllen sich die Geheimnisse Londons Stück für Stück an den verschiedensten Plätzen vom Oxford Circus bis zu Dantes Hölle und zu Whitechapel, wo sprechende Ratten, Elfen, Engel, Werwölfen, Spinnenmenschen, Luzifer, ägyptische Götter und viele mehr zusammentreffen. Trauer, Grauen und Freude liegen dabei oft ganz nah beieinander.
Die Verknüpfung des alten und neuen Londons, der Stadt über der Erde und der Uralten Metropole gestaltet Christoph Marzi mit verschiedenen Erzähltechniken und Sprachstilen, die den Leser an einzelnen Stellen durchaus auch mal verwirren können. Besonders schön sind die vielen Reminiszenzen an John Milton, Sir Arthur Conan Doyle, China Mièville, Neil Gaiman und John Irving vor allem aber Charles Dickens, der offensichtlich stilistisches Vorbild des Autors und Namensgeber für viele Figuren von „Lycidas“ ist. Wer diese Autoren ebenfalls schätzt, genießt abgesehen von einer faszinierenden phantastischen Geschichte und einigen philosophischen Gedankenansätzen auch die vielen Anspielungen des Autors, und wer noch nichts von diesen Autoren gelesen hat, bekommt sicherlich Lust, sich das eine oder andere Werk genauer anzuschauen.
Der einzige Nachteil des Romans ist, dass man ihn am liebsten nicht mehr aus der Hand legen möchte.
Christoph Marzi ist mit seinem Debutroman ein wunderschöner Roman gelungen, der sein Talent unter Beweis stellt und den internationalen Vergleich keinesfalls scheuen muss!
Ein Satz aus der Autorenbeschreibung im Klappentext finde ich diesbezüglich auch sehr hoffnungs- und verheißungsvoll: „Derzeit kehrt er häufig in die Uralte Metropole zurück, da die Geschichte um Emily Laing und Wittgenstein noch längst nicht zu Ende erzählt ist...“
Ich würde mich sehr freuen, bald ein neues Buch von Christoph Marzi lesen zu dürfen!
Fazit:
Sehr empfehlenswerter Fantasy - Schmöker mit belletristischen Qualitäten.
Bye Pelican
P.S.: Der Roman spielt übrigens hauptsächlich zur Weihnachtszeit... Also: kaufen oder schenken lassen, warm einpacken, etwas Gutes zu Trinken bereitstellen und abtauchen...