Originaltitel: The Shadow of your Smile
Klappentext:
Wähle das Schweigen – oder den Tod
Die 82-jährige Olivia Morrow steht vor einer schicksalhaften Entscheidung: Soll sie ihren Schwur brechen und das dunkle Geheimnis ihrer Cousine lüften? Sie könnte so ihrer Enkelin ein ganz neues Leben in Reichtum verschaffen. Oder aber, was sie nicht weiß: den Tod bringen...
Olive Morrow, hochbetagt und kränkelnd, steckt in einem großen Dilemma. Es gibt Pläne, ihre verstorbene Cousine Catherine, eine Klosterschwester, selig zu sprechen. Niemand weiß von ihrem Geheimnis: Sie wurde als junge Frau vergewaltigt, verheimlichte ihre Schwangerschaft und gab das Kind zur Adoption frei. Olivia schwor, nichts davon je zu verraten. Doch nun steht nicht nur das Seligsprechungsverfahren an, in dem die Wahrheit früh ans Licht kommen sollte. Sondern es geht auch um sehr viel Geld: Der Vergewaltiger war ein enorm erfolgreicher Wissenschaftler, der mit Patenten ein Vermögen gemacht hat. Das müsste rechtmäßig seiner und Catherines Enkelin, Monica Farrell, zustehen. Die hat keine Ahnung von der ganzen Sache. Wohl aber geheime Nutznießer des Erbes, die alles dafür tun würden, dass Monica nicht zum Zuge kommt.
Meine Meinung:
Ich habe wirklich lange überlegt, in welche Kategorie ich das Buch einordnen kann. Eine Liebesgeschichte ist es schon mal gar nicht, für einen Thriller zu unspannend, für die Belletristik aber wiederum zu thrillerlastig. Also habe ich doch die Kategorie hier genommen *g*.
Dr. Monica Farrell ist die Erbin eines riesigen Vermögens. Sie weiß allerdings nichts davon, denn ihr Vater wurde als Baby adoptiert und hat zu seinen Lebzeiten nie erfahren, wer seine wirklichen Eltern waren. Es besteht aber eine große Ähnlichkeit mit ihm und einem Alexander Gannon, der mit medizinischen Patenten ein Millionenvermögen gemacht hat. Nie hat er geheiratet, alles Geld ist in die Gannon Stiftung eingeflossen, die von seinen Neffen verwaltet wird. Eine Ahnung hat er aber wohl gehabt, denn in seinem Testament hat er alles seinem Nachkommen hinterlassen, wenn er denn einen haben sollte. Wenn nicht, bekommen alles seine Neffen Greg und Peter Gannon, die sich schon ihr ganzes Leben lang an dem Vermögen bereichern. Olivia Morrow ist die Schwester von Monicas Großmutter, einer Nonne, die ihr Leben lang Kinderkliniken errichtet hat und ihr eigenes Leben in den Dienst todkranker Kinder gestellt hat. Sie soll nun selig gesprochen werden, denn nur durch ihre Gebete ist ein kleiner Junge von einem Hirntumor geheilt worden, wofür es keine wissenschaftliche Erklärung gibt. Was passiert aber mit ihrer Seligsprechung, wenn herauskommt, dass sie ein uneheliches Kind hatte? Olivia ist sich unschlüssig, wie sie vorgehen soll. Sie vertraut sich ihrem Arzt, Dr. Hadley an, der allerdings auch im Vorstand der Gannon Stiftung sitzt. Dort klingen nun sämtliche Alarmglocken, denn wenn bekannt wird, dass Monica Farrell eine direkte Nachfahrin von Alexander Gannon ist, dann ist es aus mit ihrem süßen Leben. Und die Stiftung ist lange nicht mehr so ergiebig wie in früheren Jahren. Plötzlich passieren Dr. Farrell unglückliche Unfälle, die zum Glück nicht tödlich enden. Außerdem sorgt sie sich sehr um eine kleine Patientin, deren herzlose Mutter sie im Krankenhaus abgegeben hat und danach einfach nicht mehr aufgetaucht ist. Die kleine Sally hängt sehr an ihr, seltsamerweise fühlt sich Monica mit ihr sehr verbunden. Möglicherweise gibt es aber doch ernsthafte Gründe für das Fortbleiben der Mutter.
Von Anfang an weiß man in diesem Roman, wer die Täter sind, man kennt ihr Motiv und ihre Vorgehensweise. Die eigentliche Spannung liegt nun nur noch im Wie und Wann Monica ihre wahren Wurzeln findet. Das nimmt der Geschichte eine Menge Luft, eigentlich ist es nur noch eine reine Familiengeschichte geworden, in der jeder seinen Platz sucht. Kurz und knapp ist der Erzählstil von Mary Higgins Clark, kurz und knapp sind auch die Kapitel, manche nur zweieinhalb Seiten lang. Sie lässt aber eine Menge Protagonisten zu Wort kommen, dadurch erfährt man sehr viel über die Gedanken und Hintergründe einzelner Personen. Es sind eine Menge Personen, die eingeführt werden müssen, ein bisschen verwirrend ist es anfangs schon. Die schnellen Perspektivwechsel sorgen zwar für Spannung, tragen aber grade anfangs nicht sehr zum Verständnis bei. Die ganze Geschichte zieht sich ein bisschen und lebt fast nur von den einzelnen Erlebnissen, die Monica in ihrer Praxis widerfahren. Man leidet mit der kleinen Sally mit und wartet regelrecht darauf, wann ihre Mutter endlich zur Verantwortung gezogen wird.
Der Romantik Anteil, der immer ein wichtiger Bestandteil der Romane von Mary Higgins Clark ist, wird hier sehr klein und unwichtig gehalten. Monica steht zwischen zwei Männern, beide sind angesehene Mitglieder ihrer Umgebung. Zum einen ist es Dr. Ryan Jenner, der Neurochirurg am gleichen Krankenhaus wie sie ist. Er gibt ihr eine zweite Meinung zu dem Fall über die Seligsprechung, und ist sehr enttäuscht, als erste Gerüchte über sie beide aufkommen und Monica sich von ihm zurückzieht. Zum anderen ist da Scott Alterman, ein Rechtsanwalt und Exmann ihrer besten Freundin, außerdem der Rechtsanwalt ihres verstorbenen Vaters. Ihr Verhältnis zu ihm ist zwiegespalten, denn eine Zeitlang hat er sie sehr bedrängt und sie kann ihm nicht verzeihen, dass sie durch sein Verhalten ihre beste Freundin verloren hat. Doch Scott hat sich geändert, Monicas Wohlergehen liegt ihm wirklich sehr am Herzen. Er möchte sie von sich überzeugen und mit ihr eine Beziehung eingehen, wohl wissend, dass es als Exmann ihrer ehemaligen Freundin nicht einfach sein wird. Als sich die merkwürdigen Vorfälle häufen, stellt er auf eigene Faust Nachforschungen an. Beide Männer sind nette und liebenswerte Charaktere, zum Glück wird dem Leser die Entscheidung aus der Hand genommen, wem Monica den Vorzug geben sollte.
Die Handlung ist leider sehr vorhersehbar und Mary Higgins Clark bedient eine Menge Klischees. So werden grundsätzlich immer den falschen Personen vertraut, Geld und Ehrgeiz werden gleichgesetzt mit Anstand und Ansehen, kaum ein Charakter ist wirklich wandelbar. Die Hauptcharaktere sind sehr gradlinig – entweder gut oder böse. Handlungsstränge werden angerissen, aber bis zum Ende nicht vertieft, so dass man mit einem Gefühl des Unvollendeten zurückbleibt. Vor allem, da man ganz genau weiß, dass Mary Higgins Clark es wesentlich besser kann. Man kann das Buch noch nicht einmal genau zuordnen – ist es mehr eine Familiengeschichte oder ein Psychodrama. Vieles bleibt ungesagt, was schade ist, denn Potential war genügend vorhanden. Zurück bleibt eine solide handwerkliche Leistung, die aber wenig mit schriftstellerischer Genialität zu tun hat. Das Cover allerdings ist hervorragend, das einzelne Auge, was einen immer betrachtet passt sehr gut zu dieser Geschichte.
Fazit
Handwerklich solide, aber leider nicht sehr spannend ist der neue Psychothriller von Mary Higgins Clark. Wer gerne über verborgene Familiengeheimnisse liest, wird hiermit bestimmt glücklich werden, wer aber einen spannenden Psychothriller mit überraschender und überzeugender Lösung erwartet, wird enttäuscht werden. Wer es allerdings mag, von vornherein die Bösewichte zu kennen, ist hier genau richtig.