Glencoe - Charlotte Lyne

  • Meine Website wird gerade aktualisiert (tut mir so leid, dass das so ewig gedauert hat - es war einfach nie Zeit), dann gibt es dort auch wieder eine Leseprobe, ein Aquarell meines Mannes zum Buch und ein bisschen Musik.


    Ja, Pelican, dann ist das mit dem Atlas natuerlich doof ... bei mir waere das anders gewesen, weil ich neulich dringend einen brauchte und feststellte, dass unser neuester von 1977 stammt ...
    Also gleich bei Amazon beschweren - mir haben die wegen eines solchen Vorfalls mal ein Buch geschenkt. (Das ist, fuercht' ich, aber ungefaehr so lange her wie die Drucklegung meines Atlasses.)


    Alles Liebe von Charlie


  • und von dort aus geht es direkt auf den Link, den ich oben eingestellt habe ;-)


    Es gibt leider keine direkte PDF Leseprobe, nur das Widget von BIC-Media. An die PDF Probe kommt man nur, wenn das Widget funktioniert. Da gibt es dann einen Punkt: Leseprobe als PDF.


    Wenn bei jemandem das Widget nicht funktioniert, einfach kurz per PN melden, ich hab die Leseprobe runtergeladen und kann sie bei Bedarf mailen.

  • Autorin


    Charlotte Lyne, geboren 1965 in Berlin, studierte Germanistik, Latein, Anglistik und Italienische Literatur in Berlin, Neapel und London. Bevor sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern nach London zog, lebte sie einige Zeit in Glencoe, der schottischen Heimat ihrer Schwiegerfamilie. Charlotte Lyne arbeitet als Autorin, Übersetzerin und Lektorin. www.charlotte-lyne.com


    Kurzbeschreibung / Klappentext


    1689. Im Streit um die englische Thronfolge ist das Hochland zutiefst gespalten. Die MacDonalds halten den Stuarts die Treue, die Campbells unterstützen den neuen König. Gegen den Willen ihrer Familien holt Sandy Og MacDonald die junge Sarah Campbell als seine Braut nach Glencoe. Zwischen ihnen ist es Liebe auf den ersten Blick. Als Sarah nach mehreren Totgeburten einen verkrüppelten Sohn zur Welt bringt, wird sie von den Frauen des Clans noch mehr verachtet. Sandy Og erntet ob seiner Sanftheit nichts als Hohn und Spott. Gleichzeitig spitzt sich der Zwist zwischen den MacDonalds und den Campbells zu. In einer eiskalten Winternacht kommt zu einem Blutbad, wie es das Hochland noch nicht gesehen hat. Können ausgerechnet Sarah und Sandy Og, die Außenseiter, ihren Clan vor dem Untergang retten?


    Meine Meinung


    Bevor ich dieses Buch gelesen habe, habe ich mich über die Geschichte und das Massaker von Glencoe im Internet informiert. Mehr oder weniger sachlich und ohne allzugrossen Emotionen wird über diese Tat berichtet. Gerüstet mit den wichtigsten Fakten im Hinterkopf bin ich dann in das Buch gestartet. Sehr schnell haben sich die Namen die ich zuvor gelesen habe in reale Menschen verwandelt. Plötzlich sah ich vor meinem inneren Auge Gesichter die lachen und weinen, wie Personen sich zanken und versöhnen, wie Feste gefeiert aber auch Tote bestattet wurden. Ich konnte mir die Menschen vorstellen mit ihren Kleidern, ihr Alltagsleben mit Freud und Leid und wie sie ihre Brauchtümer zelebrieren. Es sind spezielle Menschen diese Bewohner der schottischen Highlands. Sie sind ebenso stolz wie naturverbunden, so heldenhaft in Schlachten wie fürsorglich zur Familie und zum eigen Clan, mal abgesehen davon das sie die Neugeborenen im eiskalten Fluss "taufen" und so schon in jungen Jahren abhärten... Die eisigen Winter und die raue Natur haben sie abgehärtet und stark gemacht und durch die Abgeschiedenheit hegen und pflegen sie ihre jahrhundertealten Traditionen und Bräuche. Leider Gottes pflegen sie auch ihre Feindschaften untereinander, die verschiedenen Clans sind sich nämlich nicht grün und teilweise sogar spinnefeind.


    Eigentlich könnten sie die weit entfernte Welt in London ignorieren und die Politik Politik sein lassen. Aber Glaube und Politik haben sich bis in die hintersten Winkel von Schottland verbreitet. Und so haben sie König James II und dem Geschlecht der Stuarts die Treue geschworen. Und wenn ein Highlander einen Eid schwört so wird dieser auch bedingungslos eingehalten! Als Wilhelm von Oranien die Krone übernimmt stellen sich die Clans auf die Seite der Jacobiten und Kämpfen in mehreren Schlachten für James II. Und da lernen wir die andere Seite der Highlander kennen, nämlich die unbändige Lust sich zu Raufen und Schlachten zu schlagen. Sie lassen sich bereitwillig, ja sogar gerne für diese Machtspiele einspannen und sie folgen jedem Aufruf zur Schlacht und kämpfen unerschrocken gegen ihre Feinde. Bis eines dieser Machtspiele dann zu einem hinterhältigen Angriff auf unseren liebgewonnen Clan der MacDonalds führt und zum Massaker von Glencoe...


    Meiner Meinung nach haben wir es hier mit einem grundehrlichen und waschechten Historischen Roman zu tun. Es ist kein Heldenepos oder eine Geschichte die durch einen rosa Schleier erzählt wird. Die Autorin Charlotte Lyne erzählt die Geschichte mit allen Hintergründen und Fakten die zu der unrühmlichen Tat geführt haben und betreibt keine Geschichtsverklärung. Alle vorkommenden Personen haben und Stärken und Schwächen, so wie Menschen nun Mal sind. Ich hatte schnell ein paar Figuren die ich mochte aber diese offenbarten schon bald mehr oder auch weniger charakterliche Schwächen. Die Personen wurden dadurch komplex, vielschichtig aber auch sehr glaubwürdig. Allerdings machen sie es dem Leser nicht so leicht die „grossen“ Sympathieträger zu werden. Auch mit den eher unrühmlichen Figuren der Zeitgeschichte setzt sich die Autorin intensiv auseinander. Man versteht und begreift weshalb ein Mensch, in diesem Fall Robert Campbell, zu dem wurde der er schliesslich war. Andere Zeitgenossen wie Argyll, Breadalbane und insbesondere Dalrymple werden schnell zu zu Hasspersonen denen ich am liebsten den Hals umgedreht hätte. Grrrhhh...


    Dies ist bereits der dritte Roman von Charlotte Lyne den ich gelesen habe und so wusste ich in etwa was mich bezüglich des Schreib-/Erzählstils erwartete. Die Sprache ist wie immer intensiv, wortgewaltig und sehr bildhaft aber doch etwas weniger poetisch als früher, dafür etwas erdiger und bodenständiger, ganz dem Thema des Romans angepasst. Mein Lesetempo war etwa halb so schnell wie bei leichter Lektüre wie etwa Krimis. Die üppige Sprache benötigt denn auch immer die volle Aufmerksamkeit des Lesers. Eines Abends als mir noch etwas im Kopf herumspukte habe ich rund zehn Seiten gelesen, war aber gedanklich nicht vollständig bei der Sache, also musste ich diese Seiten nochmals Lesen damit ich alles begriff und wusste was die Autorin erzählen wollte. Das ist jetzt aber nicht als Kritik gemeint sondern das ist etwas was für Historische Romane von Charlotte Lyne charakteristisch ist und sie auszeichnet. Die anspruchsvolle Sprache und Erzählweise sowie das leidenschaftliche Erzählen sind genau das weshalb ich die Bücher der Autorin so mag und weshalb ich mir auch ihr nächstes Buch kaufen werde. Bemängeln kann ich die ein oder andere Länge im Mittelteil des Buches und das die ein oder andere Passage etwas zu kompliziert geschrieben ist. Wofür niemand etwas kann sind die ungewöhnlichen Namen der Figuren, schliesslich handelt es sich um echte und historisch verbürgte Personen. Daran gewöhnen musste ich mich aber dennoch.


    Fazit


    Ich habe nun schon etliche Historische Romane gelesen und meine Meinung dazu geschrieben, aber dieser Roman lässt sich mit keinem bisher gelesenen vergleichen. Ich würde ihn wie einen auserlesenen schweren Rotwein beschreiben: Er ist von grosser Intensität und die Struktur ist vielfältig und komplex, dabei harmonisch und voller Schmelz, er besitzt Klasse und viel Eleganz und der Abgang ist laaanganhaltend und ganz intensiv. Und wie einen guten Rotwein sollte man das Buch nicht eben mal so schnell konsumieren und weglesen sondern man sollte sich unbedingt genügend Zeit nehmen und auch Zeit lassen es zu lesen. Ein sentimentaler Schluss (ich hatte beinahe Tränen in den Augen) mit einem Schuss Pathos rundet diesen aussergewöhnlichen Historischen Roman ab. Ein schwieriges und anspruchsvolles Buch das ich erfahrenen Leser von Historischen Romanen empfehlen würde. Bei der Bewertung schwanke ich noch ob ich neun oder die vollen zehn Punkte vergeben werde. Ich muss noch einmal darüber schlafen.

  • Herzlichen Dank fuer die schoene, ausfuehrliche und mit so viel Sorgfalt und Praezision erstellte Rezension.


    Im Verlauf der Leserunde gewinne ich auch mehr und mehr den Eindruck, dass in diesem Roman manches zu dicht, zu kompliziert, zu schwer verstaendlich geraten ist. Ich denke darueber nach.


    Herzliche Gruesse von Charlie

  • Kurzbeschreibung
    1689. Im Streit um die englische Thronfolge ist das Hochland zutiefst gespalten. Die MacDonalds halten den Stuarts die Treue, die Campbells unterstützen den neuen König. Gegen den Willen ihrer Familien holt Sandy Og MacDonald die junge Sarah Campbell als seine Braut nach Glencoe. Zwischen ihnen ist es Liebe auf den ersten Blick. Als Sarah nach mehreren Totgeburten einen verkrüppelten Sohn zur Welt bringt, wird sie von den Frauen des Clans noch mehr verachtet. Sandy Og erntet ob seiner Sanftheit nichts als Hohn und Spott. Gleichzeitig spitzt sich der Zwist zwischen den MacDonalds und den Campbells zu. In einer eiskalten Winternacht kommt zu einem Blutbad, wie es das Hochland noch nicht gesehen hat. Können ausgerechnet Sarah und Sandy Og, die Außenseiter, ihren Clan vor dem Untergang retten?


    Meine Meinung:


    Charlotte Lyne hat die Meßlatte für mich hoch gelegt. Nachdem ich die vorhergehenden drei Bücher von ihr gern und mit deutlicher Steigerungsempfindung gelesen habe, war ich auf das vierte „Kind“ sehr gespannt. Mit dem Begriff „Glencoe“ konnte ich zunächst, außer einer vagen Vermutung über einen Ort in Schottland, nichts weiter anfangen. Aber die Kurzbeschreibung hörte sich schon vielversprechend an – Schottland, eine Liebesgeschichte, allerlei politische Ränke und dazu die eindrucksvolle Sprache, die ich mir auch vom Charlottes neuem Roman wieder erhoffte. So fiel die Entscheidung für das Buch und eine Leserunde sehr schnell.
    Als das gute Stück dann endlich bei mir eintraf, wurde zunächst der wunderschön gestaltete Einband gebührend bewundert, die Karte, die als Illustration die inneren Seiten des Umschlags zierte und – sehr wichtig – das Personenregister, sowie eine Auflistung der wichtigsten „fremdsprachigen“ Ausdrücke des Buches. Alles zusammen hat mir ausgesprochen gut gefallen und macht insgesamt einen schönen, runden und geschmackvollen Bucheindruck her – genau so soll es sein.


    Der Klappentext bzw. die Kurzbeschreibung des Buches hat mich während des Lesens etwas verwirrt, muss ich sagen. Die Geschichte beginnt mit der Begegnung zwischen Sarah und Sandy Og, der seine versprochene Braut nach Glencoe entführt. Dann aber folgt ein Zeitsprung – der „verkrüppelte Sohn“ ist schon ein Halbwüchsiger und Sarah immer noch „die Campell“ in Glencoe. Warum oder wie das alles kam, wird nur in kleinen Dosen innerhalb kurzer Rückblicke von Seiten Sarahs oder Sandy Ogs geschildert. Die politische Situation spitzt sich zu und Sandy Og ist gezwungen, an der Seite seines Vaters – des Clanchiefs McIan – und seines allseits bewunderten Bruders John gegen die Unterstützer von Wilhelm von Oranien in den Krieg zu ziehen. Dieser hat die schottische Krone erhalten, da er Mary Stuart – die Tochter des eigentlichen Schottenkönigs James – geheiratet hat. Auch Mary kommt zwischen den Kapiteln zu Wort und gibt ihre eigene Sicht der Dinge wieder, die für mich als Leser gleichermaßen faszinierend und erschütternd war. Im Verlauf des Buches sickert die Wahrheit langsam ins schottische Gemüt, dass die Unterstützung von König James doch nicht so sicher ist, wie alle wahrhaben wollen und der Eid auf Wilhelm vielleicht doch mehr als notwendig sein könnte...Währenddessen führen Sandy Og und seine Sarah eine stabile, aber reichlich merkwürdige Ehe. Beide lieben sich bis zum Weltenende – sind aber zu stur, zu wortkarg und zu sehr den herrschenden Regeln verpflichtet, als dass sie sich dies zeigen könnten. Als Sarah den Verdacht zugetragen bekommt, dass ihr Mann Sandy Og eine Affäre haben soll, fasst sie einen überstürzten Entschluss und flieht aus Glencoe. Zurück zu den Campells, die als Verräter an der guten Sache gelten. Sandy Og, der inzwischen in Gefangenschaft geraten ist, muss sich nun entgültig entscheiden, was ihm im Leben das wichtigste ist...


    Die Geschichte von Sandy Og und Sarah nimmt einen Großteil des Buches ein, aber sie wird geschickt mit der Geschichte anderer Personen und politischen Entwicklungen ergänzt. Sarah und Sandy Og haben es mir als Hauptfiguren wirklich angetan, weil sie mit beiden Beinen auf dem Boden stehen, bis auf die Knochen ehrlich sind und einander aufrichtig und mit allen Ecken und Kanten lieben. Die Gedanken von Beiden über den jeweils anderen sind einfach, schnörkellos und dabei so liebevoll und zärtlich, dass es mir stellenweise die Tränen in die Augen getrieben hat. Schade fand ich den eingangs erwähnten Aspekt, dass der Klappentext etwas unglücklich formuliert war und ich so anfangs enttäuscht war, dass nach Sarahs Entführung nach Glencoe und der weiteren Handlung eine „Lücke“ aufklaffte, deren Ereignisse nur kurz und undeutlich in Rückblicken erwähnt werden. Bei den weiteren Figuren gab es sowohl Abneigungen als heftige Zuneigungen von meiner Seite aus – so habe ich neben Sarah und Sandy Og besonders den McIan, Duncan, Ben und Morgal ins Herz geschlossen. Allerdings hätte ich fast alle der Charaktere auch gern oft und gut durchgeschüttelt, weil sie durch die Bank weg einfach zu stur und zu stolz waren. Mitgelitten habe ich dementsprechend viel.
    Beim Verlauf der Handlung hatte ich bei „Glencoe“ öfters das Gefühl, dass es nur ruckartig vorangeht – ich habe ungewöhnlich lange für das Buch gebraucht, auch aufgrund der detaillierten Leserunde, und die politische Situation musste ich auch erst für mich nachvollziehen. Wie gesagt, ich kannte Glencoe und seine Ereignisse nicht, somit war das Buch komplettes Neuland.
    Sprachlich war das Buch jedoch wieder mehr als eindrucksvoll, so, wie ich es mir erhofft hatte: bild- und wortgewaltig - fast brachial zu nennen - lebensnah und kraftvoll. Besonders das letzte Kapitel hat mich quasi mit sich gerissen – mir blieb einfach keine andere Wahl als zu lesen und nach dem Schlusspunkt war ich erschüttert, beeindruckt, bewegt und im wahrsten Sinne des Wortes unter Strom gesetzt.


    Ich würde sagen, „Glencoe“ ist auf jeden Fall ein Hineinlesen wert und mehr als das – wenn man historische Stoffe mag, kantige Charaktere schätzt, die alles andere als 08/15 sind, wenn man Freude an eindrucksvoller Sprache hat oder sich einfach ein Bild eines faszinierenden Landes und seiner Zeit machen will. Empfehlenswert natürlich auch für alle die, die Charlotte Lyne wegen ihrer besonderen Themenwahl und ihrer ganz eigenen „Buchsprache“ mögen. Jedes ihrer Bücher an sich ist eigen und besonders für mich gewesen, da sich die jeweilige Sprache immer ganz ausgezeichnet auf das vorliegende Thema eingespielt hat.
    Ich warte gespannt auf Spionageinfos zum nächsten Titel...

  • Titel: Glencoe
    Autorin: Charlotte Lyne
    Verlag: Lübbe
    Erschienen: September 2010
    Seitenzahl: 640
    ISBN-10: 3431038190
    ISBN-13: 978-3431038194
    Preis: 19.99 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    1689. Im Streit um die englische Thronfolge ist das Hochland zutiefst gespalten. Die MacDonalds halten den Stuarts die Treue, die Campbells unterstützen den neuen König. Gegen den Willen ihrer Familien holt Sandy Og MacDonald die junge Sarah Campbell als seine Braut nach Glencoe. Zwischen ihnen ist es Liebe auf den ersten Blick. Als Sarah nach mehreren Totgeburten einen verkrüppelten Sohn zur Welt bringt, wird sie von den Frauen des Clans noch mehr verachtet. Sandy Og erntet ob seiner Sanftheit nichts als Hohn und Spott. Gleichzeitig spitzt sich der Zwist zwischen den MacDonalds und den Campbells zu. In einer eiskalten Winternacht kommt zu einem Blutbad, wie es das Hochland noch nicht gesehen hat. Können ausgerechnet Sarah und Sandy Og, die Außenseiter, ihren Clan vor dem Untergang retten?


    Die Autorin:
    Charlotte Lyne, geboren 1965 in Berlin, studierte Germanistik, Latein, Anglistik und Italienische Literatur in Berlin, Neapel und London. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in London, und wenn sie nicht gerade schreibt, ist sie Übersetzerin und Lektorin.


    Meine Meinung:
    Eine sehr routiniert erzählte Geschichte breitet sich vor dem Leser auf 640 aus. Und als Leser stellt man schon nach wenigen Seiten fest, dass die Autorin wirklich erzählen kann. Aber auch dieses Buch schafft es nicht, mich zu einem Fan dieses Genre zu machen. Wenn Historie, dann lese ich lieber in einem Sachbuch über vergangene Zeiten. Geschichte in Romanform darzustellen hat für mich wenig bis gar keinen Reiz. Beispielsweise orientiert sich gerade die wörtliche Rede zu sehr an heutigen Redewendungen und es passt eben nicht in die beschriebene Zeit, wenn sich die handelnden Person allzu sehr gebärden, als würden sie ein paar Jahrhunderte später leben.
    Was mir an diesem Buch gefallen hat war die Ernsthaftigkeit der Geschichte und der durchgehend sehr ansprechende Erzählstil. Die Autorin verzichtet auf billige Effekte und man hat als Leser stets den Eindruck, sie weiß worüber sie schreibt und scheint die beschriebene Zeit gut recherchiert zu haben – ganz im Gegensatz zu vielen anderen ihrer Kolleginnen und Kollegen (auf Namen verzichten wir hier mal).
    Für den Fan historischer Romane ist dieses Buch ganz sicher „ein Muss“ – für den „Genrefremden“ ist es durchaus auch lesenswert, auch wenn vielleicht nicht die „große Liebe zum Genre“ daraus entsteht. Charlotte Lyne unterhält ihre Leserschaft intelligent und durchaus auch anspruchsvoll.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Fuer den Mut zum Fremdgenre (den ich aufzubringen extrem grosse Schwierigkeiten habe ... soll auf Deutsch heissen: er fehlt mir), das Interesse und die Muehe bedanke ich mich sehr herzlich.
    Auch wenn Dich das Buch nicht vom Hocker gerissen hat, freut mich Dein Urteil - und vor allem Dein Durchhaltevermoegen (WENN ich mich schon in eins meiner Angstgenres begeben muesste, dann niemals mit einem Schinken von 640 Seiten).


    Herzlich,
    Charlie

  • Alle bisher erschienenen Romane von Charlie waren die Highlights des jeweiligen Lesejahres und "Glencoe" führt diese Reihe fort. Es ist nicht einfach, dieses Buch zu lesen, es lässt sich nicht so einfach mal dazwischen schieben. Aber es ist jede Sekunde wert.
    Auch in diesem Buch zeigt es sich wieder, wie gut Charlie mit der deutschen Sprache umgehen kann. Hier repräsentiert sie die Landschaft der schottischen Highlands, wie ich sie in meinen bisherigen Besuchen kennengelernt habe: schroff und kantig, aber gleichzeitig von einer atemberaubenden Schönheit. Ihre Sätze konnte ich mir wie Haferkuchen auf der Zunge zergehen lassen, ich habe sie mit meinem Herzen gespürt. Auch ihre Figuren sind so, oberflächlich betrachtet konnte ich ihre Motivation nicht verstehen, aber Charlie legt Schicht um Schicht frei und lässt uns in das Innerste von Freund und Feind blicken und beides hat mich zutiefst berührt. Oft wird die Frage gestellt: warum tun Menschen das anderen Menschen an? Ihre Geschichte ist eine mögliche Antwort darauf, akribisch recherchiert, mit dem Herzen erzählt.
    Leider kann ich nur unzureichend wiedergeben, was mich bewegt hat, ich kann nur empfehlen, diese Erfahrung selbst zu machen.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Warum bewegt uns heute noch ein Massaker aus dem Jahr 1692 so sehr, dass jedes Jahr zehntausende von Touristen aus aller Welt in das Besucherzentrum von Glencoe fahren? Ein Massaker, das nicht mehr Tote gefordert hat, als ein durchschnittlicher Bombenattentäter heute im Irak mit in den Tod nimmt?


    Charlotte Lyne erzählt uns die Geschichte wie es zu diesem Ereignis kam, die Entwicklung, die Gegensätze der Interessen, der wirtschaftlichen und politischen Beweggründe und zuallererst die Geschichte der Menschen, die dieses Ereignis planten, durchführten oder erlitten. Dabei schont sie ihre Leser nicht, das Buch hat so gar nichts von einem historisierenden Liebesroman in romantischer schottischer Kulisse, da geht es zur Sache, da wird gestunken, geschlachtet und geschlagen, da wird gefroren und gezittert, gefoltert und gemordet- da tut der Mensch dem Menschen, was nur der Mensch seinesgleichen antun kann. Nein, ein netter, seicht zu lesender Roman ist das nicht, aber einer der vor Leben sprüht, dessen Protagonisten dreidimensional vor uns stehen, die nicht nur Gut oder nur Böse sind, nicht hier Helden und da Verräter, sondern Menschen in ihren Bindungen, ihren Traditionen und Sehnsüchten gefangen und geführt. Ein Buch das dazu verführt sich mit einem Glas Highland Malt zurückzuziehen und den Geschmack des Lebenswassers und den Geschmack des Lebens zu geniessen. Ein wahres Highlight des Jahres 2010.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Ich bedanke mich sehr herzlich fuer die schoenen Rezensionen und auch noch einmal besonders auch fuer die Muehe und das Einstellen bei Amazon. Es ist immer wieder erstaunlich, wie fruehzeitig man von der halben Welt (bzw. Buchbranche ...) darauf aufmerksam gemacht wird, dass eine neue Rezension bei Amazon steht.
    Insofern: Vielen Dank - die Texte werden dort wirklich von allen moeglichen Leuten gesehen und sind eine grosse Hilfe, erst recht bei Titeln mit wenig oder gar keiner Presse.


    Beowulfs Vergleich mit dem Bombenattentaeter finde ich hochinteressant. In der urspruenglichen (viele Jahre alten) Planung sollte dieser Roman einmal einen Rahmen in der Gegenwart haben - rund um den Anschlag auf die Maid of the Seas von 1988.


    Viele Gruesse von Charlie