Die Landkarte der Zeit - Félix J. Palma


  • Ich habe das Buch am Ende nur noch mechanisch gelesen, ohne den Inhalt aufzunehmen. Es war mir zu wirr, zu unrealistisch (selbst für Fantasy / SciFi) und es gab keinen Charakter, der mir sympathisch war (farblos eben).


    Vielleicht habe ich auch zu sehr einen Krimi erwartet und war deswegen total frustriert. Das ist eigentich das Gefühl, welches ich mit dem Buch verbinde: Frust.

  • Zitat

    Original von woelfchen


    Ich habe das Buch am Ende nur noch mechanisch gelesen, ohne den Inhalt aufzunehmen. Es war mir zu wirr, zu unrealistisch (selbst für Fantasy / SciFi) und es gab keinen Charakter, der mir sympathisch war (farblos eben).


    Vielleicht habe ich auch zu sehr einen Krimi erwartet und war deswegen total frustriert. Das ist eigentich das Gefühl, welches ich mit dem Buch verbinde: Frust.


    Ich verbinde nur "Unverständnis" damit. Das frustet aber auch. Ich komm mir ziemlich doof vor :grin

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Ich denke, ich habe den Inhalt verstanden (vielleicht auch, weil ich in Wissenschaftszeitungen immer wieder etwas über Parallelluniversen gelesen habe). Aber es war mir zu wirr, zu unrealistisch, es fehlte der rote Faden und irgendwann hat mein Gehirn dichtgemacht.


    Ich war wegen des Klappentextes aber vielleicht auch zu sehr auf Steampunk + Krimi ausgerichtet, was es dann nicht war. Dafür kann man den Texter nicht verantwortlich machen, ich könnte das Buch auch nicht erklären oder zusammenfassen.

  • Zitat

    Original von woelfchen
    ich könnte das Buch auch nicht erklären oder zusammenfassen.


    Das geht mir auch so. Nicht ohne Spoiler - die ich unverzeihlich fände, denn mir hat dieses Buch wahnsinnig gut gefallen; es war trotz einiger Schwächen (die es unperfekt machen, was mir ohnehin viel sympathischer ist) mein Jahreshighlight.
    Von daher brauche ich für meine Rezension noch etwas Zeit. Wollte aber schon mal bekannt geben, dass ich ihm 9/10 Punkten gebe und den Titel: "Buch, das mich zum fantasieren und spekulieren angeregt hat, wie wohl noch nie eines zuvor".

  • Zitat

    Original von woelfchen
    Vielleicht habe ich auch zu sehr einen Krimi erwartet und war deswegen total frustriert. Das ist eigentich das Gefühl, welches ich mit dem Buch verbinde: Frust.


    Einen Krimi habe ich zu keinem Zeitpunkt erwartet, trotz der im Klappentext erwähnten 3 Toten und des Inspektor Garrett.

  • Zitat

    Original von woelfchen
    Ich denke, ich habe den Inhalt verstanden (vielleicht auch, weil ich in Wissenschaftszeitungen immer wieder etwas über Parallelluniversen gelesen habe).


    Welche Wissenschaftszeitungen beschäftigen sich denn mit Paralleluniversen? :gruebel


    Mir gefällt es bis jetzt super gut und ich genieße jede Minute des Lesens. Man muss wahrscheinlich den Schreibstil des Autors von Anfang an mögen, sonst scheitert man.

  • Genau das werde ich auch machen, Leonae. :-]
    Denn um es mir zu kaufen um im Nachhinein festzustellen das es mir nicht gefällt, ist mir das Buch einfach zu teuer.

    Liebe Grüße
    Angela :winkt



    :lesend "Der Herr der Ringe" von J.R.R. Tolkien (LR)
    :lesend "House of Night 5 - Gejagt" von P.C. Cast und Kristin Cast

  • Aufgrund der sehr überzeugenden Rezi von Pelican habe ich mir das Buch bestellt. Es gibt zwar auch kritische Stimmen zu diesem Buch, aber eine überzeugende Negativkritik sucht man hier vergeblich. Die negativen Kritiken kommen doch dann ziemlich substanzlos und eher plakativ daher. Wäre schön wenn auch Ablehnungen ausführlich dargestellt werden würden.


    In jedem Falle aber herzlichen Dank an Pelican für die sehr informative Rezi. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Mulle
    Titel: "Buch, das mich zum fantasieren und spekulieren angeregt hat, wie wohl noch nie eines zuvor".


    Dem kann ich mich voll anschließen.


    @ Voltaire
    danke! Ich bin schon sehr gespannt auf Deine Meinung. Ich denke, eines ist gewiss: es ist ein ungewöhnliches Buch. Mir fällt nicht wirklich eins ein, mit dem ich es vergleichen könnte.

  • STAUNEN UND SCHRECKEN
    GARANTIERT!


    Die ist einer der erste Sätze, den man in Félix J. Palmas 730 Seiten starkem Roman „Die Landkarte der Zeit“, zu lesen bekommt.
    Mich hat er ein wenig zwiespältig in das Buch einsteigen lassen; denn einerseits sind das schon starke Versprechen, andererseits stimmt der Satz tatsächlich sehr passend auf das bevorstehende Leseerlebnis ein, indem er an die viktorianischen Grusel- oder Kuriositätenkabinette erinnert. Und genau an diese erinnert der Roman auch.


    Ich spare mir jede Zusammenfassung des Inhalts, denn viel mehr als den Klappentext möchte ich gar nicht wiedergeben, sondern versuche, so gut ich es eben kann, meine Leseeindrücke in Worte zu fassen - was mir bei diesem Buch so schwer fällt, wie bei keinem anderen zuvor.


    Zunächst: Dieses Buch kann keinesfalls jedem gefallen, ich denke sogar, dass es polarisieren wird.
    Der Schreibstil ist ungewöhnlich und eigen, verglichen mit anderen aktuellen Büchern und lässt eher anmuten, als sei das Buch selbst ein Überbleibsel aus dem 19. Jahrhundert. Der Autor hat keinerlei Berührungsängste mit langen, langen Schachtelsätzen; schafft es aber, dass diese fast durchgängig flüssig und leicht lesbar bleiben. Immer wieder spricht der Erzähler den Leser direkt an, was ich sehr erfrischend fand, da er über eine sehr eigene, sehr sympathische Stimme voller Humor, feiner Ironie und freundlichem Spott verfügt.
    Sowas muss man mögen, dann kann man es lieben.


    Die Handlung umfasst zuerst zwei übergeordnete Geschichten, die jeweils wieder mit Geschichten in den Geschichten geschmückt werden, und die sich erst auf den zweiten Blick miteinander verbinden lassen. Erst der dritte Teil des Romans verknüpft dann alle Einzelteile, und erst dann erkennt man, wohin der Autor überhaupt wollte, und warum wir diesen sehr ausführlich dargelegten Geschichten überhaupt lauschen mussten. Lauschen „mussten“, ja, denn teilweise touchiert die Ausführlichkeit die Langatmigkeit. Einfach ein paar Seiten zu überfliegen ist hier jedoch nicht möglich. Denn - und hier kommt der überwältigende Spaßfaktor dieses Buches zur Sprache - es erlaubt und erbittet ein Mitdenken, es regt zu wildesten Spekulationen an, lässt die Fantasie auf Hochtouren arbeiten, wenn man aufmerksam liest, sich Zeit zum Nachdenken gibt, Details beachtet und diese auch mal hinterfragt.
    Ich würde soweit gehen zu sagen, dass dies ein Buch ist, das man wirklich in Gesellschaft lesen sollte, über das man zwischenzeitlich sprechen sollte. Ich war wirklich überrascht, auf was für Ideen ich im Rahmen der Leserunde kam :-)


    Die Kehrseite der Medaille ist, dass durch dieses aufmerksame Lesen auch ein paar kleine Schwachstellen deutlicher zum Tragen kommen. So gab es die eine oder andere Szene, die mir einfach zu konstruiert oder nicht ganz nachvollziehbar erschien und es finden sich ein paar kleine Widersprüchlichkeiten, die auch an der Übersetzung liegen können - aber ich kann ja nur das deutsche Buch beurteilen.


    Ich persönlich habe im Laufe des Romans wirklich alle Leseremotionen durchlebt, ich war mal gebannt, mal ein wenig gelangweilt, oder genervt von der einen oder anderen Figur, die manchmal durch eine überwältigende Abwesenheit von Intelligenz glänzen. Ich hing mit großen Augen über den Seiten, habe mich geärgert und wenig später gekichert bis mir die Tränen kamen. Desto weniger Seiten blieben, umso nervöser wurde ich, ob nach dieser Achterbahnfahrt der Schluss alles krönen oder in sich zusammenfallen lassen würde. Und noch ein letztes Mal hat der Autor mich absolut überrascht, eine letzte Wende eingebaut, an der ich knabbern und verdauen musste, ehe ich sie als köstlich wahrnehmen konnte. Nachdem ich das Buch nach der letzen Seite zuschlug, war ich dann einfach nur noch überwältigt.


    Meiner Meinung nach ein ganz besonderes Buch, auf das man sich einlassen muss; dem man mit seine kleinen Schwächen gönnen muss, denn es ist nicht „perfekt“ und verlangt das auch nicht von sich (selbst damit spielt der Erzähler sehr geschickt). Dann erhält man ein überwältigendes Leseerlebnis und ist bestimmt noch lange mit Spekulationen beschäftigt, denn ein paar Fragen werden am Ende nicht ganz aufgelöst, wir werden lediglich gut mit Tipps angefüttert.


    Ein Kuriositätenkabinett, absolut. Ein paar der dort gezeigten Kuriositäten hinterlassen einen desillusioniert, andere erstaunen einen wirklich und wieder andere, lassen einen den nächsten Besuch planen, weil man unbedingt noch dahinterkommen will, wie der Trick nun funktioniert hat. Oder gibt es etwa doch Magie? Wenn, dann beherrscht Félix J. Palma die literarische Magie ganz zauberhaft.


    Für mich 9 von 10 Punkten - sowie die Titel „Monats- und Jahreslight“!

  • Mulle
    Super Rezi! Bin froh, dass ich das Buch gestern bestellt habe. Das scheint ja wirklich ein ganz besonderes Buch zu sein. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Mulle
    Super Rezi! Bin froh, dass ich das Buch gestern bestellt habe. Das scheint ja wirklich ein ganz besonderes Buch zu sein. :wave


    Das ist es. `Passagier nach Frankfurt`von Christie war allerdings auch ein ganz besonderes Buch :schlaeger .

  • Zitat

    Original von Leonae
    Ich habe mir das Buch gerade eben in der Bücherei vorbestellt. :-]


    Und heute konnte ich es schon abholen. :freude Ein ganz neues Exemplar. :-]

  • „Ich bin ein Geschichtenerzähler, nicht mehr und nicht weniger. In früheren Zeiten hätte ich wahrscheinlich mit Gauklern und Barden auf dem Marktplatz gestanden und die Leute unterhalten.“ Zitat von Ray Bradbury


    Mit diesem Zitat möchte ich meine Rezension zu diesem höchst eigenartigen Buch beginnen, denn es passt gut zu diesem Roman. Es werden gleich mehrere Geschichten erzählt die eigentlich in sich abgeschlossen sind und vordergründig nichts miteinander zu schaffen haben. Ausser natürlich das sie sich im London ganz am Ende des 19. Jahrhunderts abspielen und die Thematik des Zeitreisens eine grosse Rolle spielt. Der todunglückliche Andrew der seine grosse Liebe durch die Hand des Mörders Jack the Ripper verliert und sie durch das Wunder des Zeitreisens retten kann, Claire die durch eine Zeitreise ihr Herz an einen Helden im Jahr 2000 verliert und Inspektor Garrett der einen Mörder sucht der seine Opfer mit einer Waffe tötet die es zu dieser Zeit eigentlich noch gar nicht geben sollte. Dies sind die drei unabhängigen und tragenden Erzählstränge des Buches. Natürlich gibt es noch viele kleine liebenswerte Episoden und Geschichten die sich in wiederum in Geschichten abspielen und die das Buch so unheimlich lesenswert machen. Im letzten Abschnitt begegnen wir Leser dann einem unheimlichen Bibliothekar der das Geheimnis der „Landkarte der Zeit“ kennt...


    Lieber zukünftiger Leser dieses Buches, bevor Sie überhaupt mit der Lektüre beginnen müssen SIE als erstes eine Zeitreise vollziehen. Ja genau Sie, seien sie bereit ins Jahr 1896 zu reisen und erleben sie, wie es ich anfühlt im viktorianischen London zu Leben. Nutzen Sie mal die Macht des Internets und sehen sie sich Bilder dieses Zeitalters an und informieren sie sich kurz über diese Zeit. (suchen nach den Schlagworten Jack the Ripper, bedeutende Schriftsteller dieser Epoche, Variete und Kuriositätenshows usw.) Nun stellen Sie sich vor, sie seien unsichtbar und schlendern als aufmerksamer Beobachter durch das vergangene London. Die Kutschen die durch die Strassen fahren, die Menschen die ihnen unterwegs begegnen. Wie sind die Leute gekleidet was kaufen sie auf den Märkten ein, wie sieht es im Hafen aus und was spielt sich dort ab, was geschieht in den Schankhäusern... Atmen Sie die Luft dieser Zeit, fühlen Sie den Zeitgeist, die Industrialisierung, die ungebrochen Glaube an den Fortschritt... allein durch die Kraft ihrer Vorstellung wird diese Zeit plötzliche real und jetzt sind sie in der richtigen Stimmung um mit dem lesen dieses Buches zu beginnen.


    Getragen durch diese Zeit werden Sie durch eine unglaublich schöne und sinnliche Sprache die mir unheimlich gut gefallen hat. Ausladend und üppig aber stets mit Charme und liebe zum Detail wird das Geschehen beschrieben. Der Erzähler verfügt über ein grosses Vokabular und die Sprachgewandtheit mit der er alles erzählt, liess mich alles nur noch stimmungsvoller erleben und zog mich immer tiefer in die Geschichte hinein. Apropos Erzähler - hier sind wir bei einem ganz zentralen Thema angelangt. Da gibts den allwissenden Erzähler der sich immer wieder einschaltet und mich als Leser ganz direkt anspricht. Dieser Erzähler macht manchmal Andeutungen zu Vorgängen die noch passieren werden, weil er ja alles was folgt bereits kennt, und manchmal hilft er mir unklare Sachen zu verstehen. Ausserdem verfügt er über einen feinen Humor der mir über gewisse Textstellen hinweghilft die mir nicht so gefallen haben. Das Fingerspitzengefühl und sein Timing immer dann zu erscheinen wenn es gerade von Nöten ist ist überaus bemerkenswert. Aber wer ist eigentlich dieser Erzähler...?


    Nun komme ich langsam zum Schluss meiner Rezi und zum Schluss des Buches. Hier ist es meiner Meinung nach sehr wichtig nicht in Hektik zu verfallen und sich die Zeit zu nehmen alles in Ruhe zu lesen. Hier ist Konzentration und genaues Lesen gefragt. Oder wie der Erzähler Schreibt „Wenn Sie es herausfinden wollen, lesen Sie bitte aufmerksam jede Seite, denn darin werden Sie nach Lust und Laune durch die Zeit reisen können, in die Vergangenheit und auch in die Zukunft“ Na wenn das kein Versprechen ist was dann? Der Schluss ist speziell und ungewöhnlich aber wenn man ihn verstanden hat genial und er setzt der wichtigsten Figur in diesem Roman ein Denkmal. Ein Hommage an einen aussergewöhnlichen... Na das verrate ich hier natürlich nicht, das müssen Sie schon selbst herausfinden. :zwinker


    Fazit


    Ein Buch das ganz bestimmt nicht jedermann gefallen wird und gefallen kann. Auf Geschichten in Geschichten, Zeitreisen und Paralleluniversen muss man sich einlassen können. Utopische Fiktion und Phantastisches gepaart mit Realismus können ganz schön verrückt klingen und den Leser fordern. Meine Empfehlung: Lassen Sie sich beim lesen fallen und der Phantasie freien Lauf, hinterfragen sie nicht mit Logik wenn Menschen wie Lianesen oder Maschinenmenschen erscheinen, geniessen Sie diese Geschichten aber lesen Sie stets aufmerksam und genau Sie könnten etwas Wichtiges überlesen... von mir erhält dieses beachtenswerte Buch satte 9 Punkte.

  • Zitat

    Original von -Christine-
    sapperlot - Wow, was für eine tolle Rezi !!! :anbet Man glaubt direkt, Palma schreibt weiter ...


    :write Genau das habe ich auch gedacht.