Kurzinhalt:
Die Hamburgerin Madita sucht nach ihrem leiblichen Vater, einem Inder. Mit ihrem Freund Nick fährt sie nach London, wo ein indischer Journalist auf mysteriöse Weise umkommt. Die beiden Hobby-Detektive finden eine Spur, die zu einem Todesfall im Hamburger Hafen und der indischen Legion in Nazi-Deutschland führt
Meine Meinung:
Der Krimi "Cut!" hat auf mich einen äußerst zwiespältigen Eindruck gemacht, es ging hin und her zwischen anfänglicher Langeweile, zwischenzeitlicher Begeisterung und letztendlicher Enttäuschung. Ein sehr unrunder, schwieriger Roman.
Das Auffälligste an "Cut!" ist zunächst einmal die unorthodoxe Erzählweise. Nicht nur wechselt die Perspektive ständig, sondern die Autorin benutzt für die Protagonistin Madita die 2. Person "du". Während Nick und all die anderen in der 3. Person und in Vergangenheitsform erzählt werden, ist Madita "du" und erzählt im Präsens. Hinzu kommt, dass die Erzählweise sehr fahrig ist, schnelle Schnitte und abrupte Perspektivwechsel aufweist. Dies wirkt einerseits sehr filmisch, andererseits recht "postmodern". Es werden wie in einem Bollywood-Film verschiedene "Songs" eingebaut, die eher traumhaft den Plot weiterführen, dann gibt es Szenen, die sich wie ein Drehbuch lesen und bei denen jeder Absatz mit einem "Cut!" versehen ist. Außerdem haben Madita und Nick ein Handycam dabei, und deren Bilder werden wie im Doku-Stil beschrieben.
Rein handwerklich ist der Roman also durchaus interessant und ungewöhnlich, auch wenn die stakkatohafte Erzählung und die ständigen Wechsel in Zeit, Erzählperson und Perspektive ein Eintauchen in die Geschichte erschweren. Es fällt sehr schwer, einen Zugang zu dem Plot und zu den Figuren zu finden.
Das Hauptproblem ist jedoch nicht die Erzählweise, sondern der schleppende und mühsame Inhalt. Die ersten hundert Seiten haben mich überwiegend gelangweilt. Zwar werden die Hauptfiguren eingeführt, es wird ihre kleine Welt in Hamburg beschrieben. Doch es fehlt der Krimiplot, es fehlen Richtung und Ziel.
Erst nach 100 Seiten kommt endlich Fahrt auf, die Geschichte wird nun spannend, weil sich aus dem Herumgesuche nach dem Vater und der mäßig interessanten weiblichen Selbstfindung eine kriminalistische Recherche entwickelt. Die Spur führt ins Jahr 1971, zum Hamburger Hafen, wo ein Inder zu Tode kam, der einst in der "indischen Legion" unter deutscher Führung gegen die Briten kämpfte. Sowohl die Ereignisse rund um das Jahr 1971 wie auch die historischen Hintergründe des zweiten Weltkriegs und der indischen Unabhängigkeitsbewegung sind sehr spannend. Plötzlich wird die bislang müde Geschichte prickelnd.
Von den drei Handlungsorten hat mir Bombay mit Abstand am besten gefallen. Während Hamburg und London etwas blass bleiben, besitzt Bombay eine Atmosphäre, die den Roman befruchtet. Hier wird die Story lebendig, der Ort vermittelt eine ganz eigene Stimmung. Auch die Vermengung des (historischen) Plots mit den Filmen von Bollywood funktioniert in Bombay am besten.