Eine Welt zum Verlieben. Ein Lebensprogramm für junge Menschen (Michel Tournade)

  • Sorry für die lange Rezi :wow


    Ich bin mir nicht sicher, ob das Buch hier her gehört oder eher unter "Religion & Esoterik". Es handelt sich bei dem Buch um einen Ratgeber zum frommen Leben und darum siedle ich das Buch hier an :wave


    Inhalt:


    Der Hl. Franz von Sales ist einer der ganz großen Heiligen des Christentums. Sein berühmtestes Buch "Philothea" zählt bis heute zu den meist gelesensten Bücher der christlichen Weltliteratur. Hinter diesem Titel verbirgt sich ein optimistisches Lebensprogramm, das Millionen von Christen bis heute geholfen hat, so wie sie sind und dort wo sie leben ein erfülltes und sinnvolles Leben zu führen.


    Über den Autor:


    Michel Tournade ist Oblate des Hl. Franz von Sales und Kenner des salesianischen Werkes. Mehr habe ich über ihn leider nicht raus gefunden.


    Meine Meinung:


    Vielleicht wundert sich so manch ein Leser, warum unter "Inhalt" auf die "Philothea", einer "Anleitung zum frommen Leben" Bezug genommen wird, wo das vorliegende Buch doch gar nicht Franz von Sales geschrieben hat. Tatsächlich ist es so, dass Tournade im Rahmen seiner Doktorarbeit von der schönen Sprache des Franz von Sales begeistert war, ihm wurde allerdings klar, dass die Menschen von heute mit der Sprache von damals wohl nicht mehr so viel anfangen können. Aus diesem Grund entschied er sich dafür, dieses berühmte Werk in eine moderne Sprache zu bringen Die Ideen und Ziele von Franz von Sales blieben gleich, Bilder und Beispiele wurden aber teilweise erneuert (so wird aus einer Postkutsche auch ein ICE-Zug und aus einem Hofball eine Diskothek). Der Autor schreibt, als wäre er der Autor der Philothea, was am Anfang vielleicht ein bisschen verwirrend sein kann. Kapitel, die nur bedingt auf die heutige Zeit übertragbar sind, werden gekennzeichnet und viel kürzer dargestellt, als sie im „Original“ sind. Außerdem versteht sich dieses Buch als geistlicher Begleiter in schriftlicher Form, was meiner Meinung nach gut gelungen ist. Jedoch rät der Autor immer wieder, wie wichtig es ist, sich einen geistlichen Begleiter zu suchen, um nicht alleine durch die Irrungen und Wirrungen des Glaubenslebens zu geistern.


    Ich hätte das Buch wohl nicht gelesen bzw wäre gar nicht erst darauf aufmerksam geworden, wenn ich es nicht geschenkt bekommen hätte. Beim Reinlesen bin ich aber hängen geblieben. Ich habe es am Stück gelesen, jedoch ist es wohl eher dazu gedacht, den Leser über eine längere Zeit zu begleiten, wie eben ein geistlicher Begleiter es tun würde. Es fängt fast bei Null an, Voraussetzung ist nur, dass der Same des Glaubens überhaupt auf fruchtbaren Boden fallen kann. Tournade (bzw Franz von Sales) gibt viele Tipps, jedoch sagt er selbst, dass es nicht verboten ist, dass eigene Hirn einzuschalten und jeder (sofern er das will) selbst seinen Weg finden muss, mit Gott durchs Leben zu gehen.


    Das Buch gliedert sich in 5 Kapitel. Es fängt ganz unten an: Das erste Kapitel handelt von der eigenen Beziehung zu Gott, von den ersten Schritten im Glauben. Es findet sich der gute Tipp, sich einen geistlichen Begleiter zu suchen, rät dazu, mit sich selbst Geduld zu haben, erklärt (ansatzweise) das Sakrament der Versöhnung etc. Außerdem finden sich im ersten Kapitel noch 10 Meditationen, Anregungen für die ersten Gebete (von wegen, jemand kann nicht beten!). Im zweiten Teil wird die Anleitung zum Gebet konkreter, kurz findet auch die Hl. Messe und der Kommunionempfang Platz. Das dritte Kapitel ist das ausführlichste; hier geht es um Tugenden und andere Qualitäten (so der Titel des ersten Unterkapitels). Gerade hier finde ich das Buch sehr praxisnah (ich, mit einem christlichen Hintergrund! Ein Unterkapitel hab ich einem Bekannten vorgelesen, der damit gar nichts anfangen konnte) und was mir besonders gefällt, ist, dass immer wieder betont wird, wie wichtig es ist, Maß zu halten! Dass man seine Talente da einsetzten soll, wo man arbeitet, wo man sich gerade befindet. Dass man zwar mit einer Ernsthaftigkeit an die Sache ran gehen, aber es auch nicht übertreiben soll. Gerade dieses Kapitel hat mich besonders angesprochen, ich erkannte mich selbst in vielen Dingen wider und erfuhr hier eine Möglichkeit, an die Sache heranzugehen. Hin und wieder hätte ich mir aber konkretere Beispiele gewünscht. Etwas irritiert haben mich hier die Kapitel über die ersten Liebesbeziehungen (ich betone: nicht über die Keuschheit, die hier auch Platz findet ;) ), aber im Großen und Ganzen fand ich das gesamte Kapitel sehr aufschlussreich. Das vierte Kapitel gibt Ratschläge für den Fall, dass es mal „Sturmwarnung“ gibt und wie man da wieder herauskommt. Das fünfte Kapitel nun richtet sich an diejenigen, die das Buch schon länger begleitet hat, an diejenigen, die das Buch schrittweise und nicht am Stück gelesen haben oder an die, die nicht mehr so ganz Neulinge waren, als sie mit dem Buch anfingen. Was hat sich in meiner Beziehung zu Gott seit dem Anfang geändert? Zu mir selbst? Zu den anderen? Am Schluss finden sich Antworten auf zwei mögliche Einwände und drei Ratschläge für das weitere (Glaubens-) Leben.


    Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen, vor allem, da es richtig modern geschrieben ist, lebensnahe Beispiele und Ratschläge bringt und vor Augen führt, wie wichtig das richtige Maß ist. Der Schreibstil von Tournade ist sehr direkt, hin und wieder musste ich deswegen richtig schlucken und das ist ein Kritikpunkt von mir. Manche Dinge hätte man anders formulieren können (so schreibt er öfters in etwa „das zu denken wäre nicht nur blöd, …“ (sic!)).


    Immer wieder wird erwähnt, wie wichtig es ist, einen geistlichen Begleiter zu haben. Hier möchte ich andocken: Ich habe mir unterm Lesen oft gedacht, dass es nicht schlecht wäre, mit jemandem darüber reden zu können, welche Schlüsse man aus dem Buch gezogen hat, welche Konsequenzen man für sich selbst zieht… oder einfach, um bei der sich manches mal einstellender Planlosigkeit jemanden fragen zu können, wie das nun gemeint sein könnte, wie man etwas in sein Leben integriert. Das Buch ist eben nur ein geistlicher Begleiter in schriftlicher Form und Bücher haben es halt so an sich, auf spontane Zwischenfragen nicht zu antworten…


    Was das Buch nicht ist: Es ist keine Einführung ins Christentum. Es ist ein Lebensprogramm für junge Menschen, die ihren Weg mit Gott gehen wollen. Es werden also die Eckpunkte des christlichen Glaubens (sei es katholisch, evangelisch etc) nicht behandelt (allerdings wird immer wieder betont, dass Gott die Liebe ist und die Ratschläge und Beispiele werden mit Geschichten von Heiligen bzw mit Geschichten oder Zitaten aus der Bibel unterlegt).


    Insgesamt gesehen hat mir das Buch aber sehr gut gefallen und ich finde es schade, dass es vergriffen ist. Natürlich ist das Buch nicht für jedermann geeignet (das steht sogar im Buch drinnen!) und ich bin mir sicher, dass jemand, der mit dem Glauben an sich nichts zu tun hat, von dem Buch dezent schockiert sein könnte. All jenen, die dem Thema aber offen gegenüber stehen, kann ich dieses Buch nur empfehlen.

    Ein Mädchen sollte zwei Sachen sein: Elegant und fabulös.

    (Coco Chanel)


    #proannika

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  • Danke für die schöne Rezi. :-)


    In einem Punkt muß ich Dich allerdings berichtigen: das Buch ist sehr wohl lieferbar (Amazon ist im Hinblick auf die Lieferbarkeit von Büchern zum Glück nicht das Maß der Dinge). < Hier > ist die Webseite des Franz Sales Verlages. Eine Direktverlinkung auf die Artikelseite ist nicht möglich; über "Verlagsprogramm" und dann (derzeit) "Bestseller" kommt man zum Buch (etwas nach unten scrollen).


    Ich werde dem Verlagsleiter den Link auf diese Rezi schicken; ich schätze, er wird sich freuen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")