Max Huwyler, Jürg Obrist: Das Zebra ist das Zebra (ab ca. 4 J.)

  • Das Zebra ist ein Zebra, alles, was es von den anderen Zebras in der Stadt unterscheidet, ist, daß es noch ein kleines Zebra ist. Damit ist das kleine Zebra auch völlig zufrieden. Bis es eines Tages ein Pferd sieht. Das kleine Zebra staunt und fängt prompt an, Fragen zu stellen. Wieso ist das Pferd kein Zebra? Wieso ist ein Zebra kein Pferd? Und schließlich: warum bin ich ein Zebra?
    Von da an wird die Welt des kleinen Zebras immer unruhiger. Ist man ein Zebra, weil man Streifen hat? Welche Streifen zählen, die schwarzen oder weißen? Wie sieht ein Zebra ohne Streifen aus?
    Wer einmal anfängt, Fragen zu stellen, für den gibt es bald kein Halten mehr. Das kleine Zebra muß einfach alles ausprobieren, was sich mit Schwarz und weiß und Zebras machen läßt. Es will es aber nicht nur durchdenken, es möchte das alles erleben. Daher lernt es wünschen. Mit seinen Wünschen verändert es sich. Was für eine Erfahrung für ein so kleines Zebra! Und gut, daß man auch zurück-wünschen kann.


    Die Geschichte des kleinen Zebras ist ein ausgesprochen schönes Bilderbuch, allerdings sind seine Stärke eindeutig die großflächigen und überwältigend bunten Illustrationen von Jürg Obrist. Die Figuren sind witzig bis ins Skurrile, hin und wieder ein wenig unheimlich. Die jeweilige Gefühlslage des neugierigen Protagonisten ist überzeugend eingefangen. Das Buch ist zum genußvollen Anschauen gemacht, und zwar wieder und wieder und es macht beim siebten Mal garantiert noch genausoviel Spaß wie beim allerersten.


    Etwas schwieriger ist mit dem Text von Huwyler. Er ist kurz gehalten, treffend formuliert. Er enthält Wunderbares und Wunderliches und zudem so manche wichtige Erkenntnis, eben das, was man verlangen kann, wenn es darum geht, jemandem das Nachdenken schmackhaft zu machen. Leider ist das Ende nicht befriedigend, das Ganze läuft ins Leere und verpufft angesichts der Größe des eigentlichen Unternehmens. Denn am Ende fragt man sich:
    Wenn man nach vielem Nachdenken geradewegs wieder dort landet, wo man angefangen hat, und unverändert, warum soll man dann überhaupt nachdenken?
    Nicht gerade die ideale Botschaft für Kinder heutzutage.


    Schön zum Anschauen, nicht so schön zum Mitdenken.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus