Illustrationen von Jörg Mühle
Die Geschichte fängt schön an, wie ein richtiges Märchen. Wir hören von der Hexe Karla. Sie ist eine Hexe, aber sie ist eine junge und hübsche Hexe. Sie ist auch eine sehr begabte Hexe und sehr gut singen kann sie obendrein. Wenn sie nicht zaubert oder singt, kocht sie, bäckt und strickt Socken. Rote.
Dann hören wir von Robert, dem Kohlenträger. Er lebt nicht im Wald, sondern in der Stadt. Robert ist unglücklich. Sein Beruf gefällt ihm nicht, denn seine Hände sind einfach nicht mehr sauber zu kriegen. Wer aber schwarze Hände hat, den mögen die Mädchen nicht. Also ist Robert einsam. Die einzige Freundin, die er hat, ist eine Kundin, Hermine Schlott. Sie ist eine alte Frau, und da alte Frauen immer Geschichten erzählen, erzählt sie Robert eines Tages vom Hexenwald. Ein Paar rote Socken schenkt sie ihm auch noch. Robert, der Geschichten sowieso liebt, mag die Geschichte vom Hexenwald ganz besonders. Das liegt natürlich daran, daß Frau Schlott die hübsche Hexe Karla erwähnt hat. Und so kommt es, wie es kommen muß. Robert macht sich auf in den Wald, trifft Karla und ... Eben. Das war’s dann.
Und dann sitzt man da und wundert sich. Das war’s?
Die Geschichte ist schön erzählt, es gibt Humorvolles und Trauriges, ein paar Weisheiten sind eingestreut. Die Figuren, die neben Karla und Robert auftreten, sind schön gezeichnet. Es gibt wirklich schöne Schilderungen von Wald und Wiesen, Bäumen und Blumen und überhaupt ist alles nett und nett märchenhaft. Nicht nur märchenhaft, sondern für einmal mit Biß, sind die Auftritte des Diers, ein Wesen, das auf den ersten Blick kuschelig wirkt, es aber beileibe nicht ist.
Interessant ist der verschachtelte Aufbau. Die Geschichte Karlas ist Prolog und Hermines Geschenk an Robert gleichermaßen, deswegen wird sie auch zweimal erzählt. Ähnlich fließt Hermines Geheimnis mit ein sowie noch ein Märchen im Märchen, sozusagen. Das ist vergnüglich, beim Lesen wie beim Vorlesen.
Nicht vergnüglich ist, daß die ganze Geschichte in platter Biederkeit versinkt. Eine Geschichte vom Glück lautet der Untertitel. Urteilt man nach dem, was einer hier vorgesetzt wird, gibt es zwei Arten von Glück. Das eine ist das Glück für Männer. Diese müssen nur aus dem Alltagstrott ausbrechen, dann finden sie eine wunderbare fürsorgliche Frau und einen neuen Arbeitgeber im Handumdrehen. Die Frauen dagegen finden Glück, wenn sie etwas aufgeben, das einen wesentlichen Teil ihrer Persönlichkeit ausmacht. Tun sie es nicht, droht ein Leben mit dem Dier.
Autsch.
Ein zweites ‚Autsch’ gibt es dafür, daß nirgendwo in diesem Buch darauf hingewiesen wird, daß es bereits 1993 unter dem gleichen Titel, aber mit den Illustrationen von Barbara Schumann erschienen ist.
Nicht empfehlenswert.