Gedankenaustausch und persönliche Erfahrungen mit "Ausländern"

  • Zitat

    Original von Oryx
    Xenophobie ist etwas ganz natürliches und findet in jedem Land der Welt statt, es basiert noch aus dem Clandenken und der Zeit als jeder Fremde potentiell ein Feind war.


    Macht es das in irgendeiner Weise besser? Für mich zeigt es, wie zurückgeblieben wir angeblich so weit entwickelten Menschen offenbar immer noch sind.


    Zitat

    Was man tun kann, ist sich den lokalen Gegebenheiten anpassen.
    When in Rome do as the Romans do - funktioniert immer.


    Funktioniert meiner Meinung nach nur sehr begrenzt. Du kannst alles tun wie die anderen, Du wirst trotzdem als Ausländer erkannt und man wird es einfach entsprechend auslegen. Ein Beispiel, daß ich am 06.Dezember erlebt habe: Hier in Bremen gibt es die Tradition des "Nikolauslaufens" - Kinder klappern die Geschäfte ab, sagen ein Gedicht auf und bekommen dann eine Apfelsine, Schokolade oder ähnliches. Als zwei dunkelhäutige (türkisch?) Mädchen ein Gedicht aufsagten und ihre Apfelsine in Empfang nahmen, hörte ich hinter mir eine Frau sagen: "Wenn 's was umsonst gibt, sind sie da". Kurz: Sie haben die regionale Tradition mitgemacht, haben dafür ein Gedicht gelernt, ich weiß nicht, welche Religion sie hatten, vielleicht waren sie ja im Gegensatz zu vielen einheimischen Kindern christlich getauft - trotzdem war es natürlich wieder falsch.


    Ich hab mich dann umgedreht und gesagt: "Das nennt man gelungene Integration".

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von Oryx
    Bei Spaniern ganz sicher (Aviation, Automotive, Schiffsbau, Baugewerbe), bei Portugiesen und Griechen gibt es auch genügend spezialisierte Maschinenbauingenieure, aber viele gehen lieber in angelsächsische Länder.


    Das ist wohl hauptsächlich ein Sprachproblem, schließlich können die meisten europäischen Akademiker irgendwie englisch radebrechen, aber selten deutsch.


    Dass deutsche Firmen (zumindest des Mittelstands) nicht massiv um qualifizierte portugiesische oder griechische Fachkräfte werben, liegt m.E. daran, dass Ausländer zunächst als Fabrikarbeiter nach D kamen, später dann evt. Restaurants eröffneten oder, wie in den 90ern viele Iren und Portugiesen, auf dem Bau schufteten. Dass der neue Kollege Aristides nicht der Arbeiter an Maschine xy, sondern der Chef ist, ist für viele Deutsche einfach schwer vorstellbar. So fiel unser Vermieter aus allen Wolken, als er erfuhr, dass unsere marokkanische Untermieterin nicht etwa Gemüseverkäuferin, sondern promovierte Biologin ist.


    Und die Ämter machen die Sache auch nicht leichter. Schon alleine der Name ist eigentlich eine Zumutung (welche japanische Studentin ohne Deutschkenntnisse kann sich schon zur "Ausländerbehörde" durchfragen?) und wenn ich sehe, welche Rennerei da sogar Ungarn, also EU-Mitglieder, haben, wundert es mich nicht, dass man sich das erstmal nicht antun will.


    Der finanzielle Aspekt würde, zumindest für mich, da eine untergeordnete Rolle spielen.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • LeSeebär : Besser macht es das nicht, aber es steckt nunmal in jedem drin. Selbst Tiere suchen sich phänotypisch ähnliche Partner und sehen z.B. Rüden einer anderen Rasse als Rivalen an.


    Mich hat man zu meiner Studienzeit in München zwar auch als Ausländer erkannt, aber ich hatte einen recht grossen einheimischen Bekanntenkreis, in Mexico ist das genauso. Natürlich schauen die Leute blöd, weil sie oft nicht wissen, wo Namibia liegt (dank Fussball World Cup in RSA ist das nun leichter), es gibt noch nicht einmal eine konsularische Vertretung und ich muss mich an die frz. Botschaft halten (doppelte Staatsbürgerschaft ist in der Hinsicht echt ein Vorteil). Dann kommt eben sowas wie: Du siehst aber gar nicht afrikanisch aus. Charlize Theron auch nicht, ist inzwischen meine Standardantwort geworden.
    Und wir reden hier von einem Einwanderungsland, wo gerade mal 4 Millionen tatsächlich indigene Bevölkerung sind.


    @Draper Doyle: Möglich, dass es da Image- und Sprachprobleme gibt. Wenn man aber den deutschen Medien (SpOn) glaubt, will die deutsche Industrie Visa für fremde Facharbeiter durchdrücken. Wieso aber nicht erstmal in der EU suchen?
    Es geht eben doch auch ums Geld.

  • Zitat

    Original von Oryx
    @Draper Doyle: Möglich, dass es da Image- und Sprachprobleme gibt. Wenn man aber den deutschen Medien (SpOn) glaubt, will die deutsche Industrie Visa für fremde Facharbeiter durchdrücken. Wieso aber nicht erstmal in der EU suchen?
    Es geht eben doch auch ums Geld.


    Ich glaube nicht, dass die deutsche Industrie glaubt, dass sie indische Ingenieure zu Dumpingpreisen anheuern kann. Vielmehr ist in Asien das Reservoir viel größer an Leuten, die eine richtig gute Ausbildung haben. Schon die Menge an Indern, die an nicht sonderlich renommierten, aber dennoch durchaus guten Hochschulen studiert haben, sind Legion.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • als sie löst!


    Allerdings sollen in München mehr Türken als in Berlin leben und da klappt es anscheinend etwas besser als in Berlin!

    Ich interessiere mich deshalb so sehr für dir Zukunft,weil ich den Rest meines Lebens in ihr verbringe. (Lansky ist ein Fan von Wikileaks)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Lansky ()

  • Zitat

    Original von Lansky
    Zuwanderung aus fremden Zivilisationen bringt mehr Probleme als sie löst!


    Und woran machst Du das fest? Was heißt in diesem Zusammenhang überhaupt "fremde Zivilisationen"? Vor hundert Jahren galten die Franzosen noch als einer der größten Feinde der Deutschen - heute hingegen zählt man sogar die USA und Deutschland zu einer Zivilisation, wo es bei gegenseitiger Zuwanderung kaum Probleme gibt.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Hm, ich finde Vietnamesen ziemlich fremd und dennoch bringen die keinerlei Probleme :gruebel
    Die haben zwar, man verzeihe mir den vollkommen unzulässigen Vergleich, mit Konfuzius ihren eigenen Calvin mitgebracht, aber ansonsten...

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    Und woran machst Du das fest? Was heißt in diesem Zusammenhang überhaupt "fremde Zivilisationen"? Vor hundert Jahren galten die Franzosen noch als einer der größten Feinde der Deutschen - heute hingegen zählt man sogar die USA und Deutschland zu einer Zivilisation, wo es bei gegenseitiger Zuwanderung kaum Probleme gibt.


    Habe ich bei Helmut Schmidt geklaut!!

    Ich interessiere mich deshalb so sehr für dir Zukunft,weil ich den Rest meines Lebens in ihr verbringe. (Lansky ist ein Fan von Wikileaks)

  • Zitat

    Original von Lansky


    Habe ich bei Helmut Schmidt geklaut!!


    Also von einem, der sich um die Integration einen Dreck gekümmert hat und damit die heutigen Probleme mit ermöglichte - Superquelle. Demnächst wird Kohl fordern, härter gegen die Steuersünder vorzugehen. :rofl

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • LeSeebär : Naja, der allgemeine Gastarbeiter-Anwerbestopp wurde 1973 aufgrund der Ölkrise erlassen; davor war ein Rotationsprinzip erarbeitet worden, welches den Familiennachzug nicht erlaubte.
    Schmidt wurde erst danach Kanzler und sagte schon 1979, dass D kein Einanderungsland sei. Ich würde mal unter Kühn-Memorandum, Rückkehrförderung und Begrenzungspolitik nachschlagen.


    @DD: Ich habe mit den wenigsten Menschen Probleme, wenn ich mich an die Umgebung anpasse und nicht negativ auffalle. Die Vietnamesen, Koreaner, Japaner, etc. tun dies üblicherweise.

  • Zitat

    Original von Oryx
    LeSeebär : Naja, der allgemeine Gastarbeiter-Anwerbestopp wurde 1973 aufgrund der Ölkrise erlassen; davor war ein Rotationsprinzip erarbeitet worden, welches den Familiennachzug nicht erlaubte.
    Schmidt wurde erst danach Kanzler und sagte schon 1979, dass D kein Einanderungsland sei. Ich würde mal unter Kühn-Memorandum, Rückkehrförderung und Begrenzungspolitik nachschlagen.


    Ist mir alles bekannt, aber...


    erstens: was hat das Ende des Anwerbestopps mit mangelnder Integrationspolitik zu tun - die bereits anwesenden Ausländer wurden ja nicht plötzlich alle ausgewiesen und


    zweitens: gerade das Kühn-Memorandum hat doch klar herausgearbeitet, daß die Regierung (zu dem Zeitpunkt seit 5 Jahren unter Führung von Schmidt) nichts für die Integrationspolitik geleistet hat, sondern immer noch daran glaubte, die Ausländer nach getaner Arbeit wieder abschieben zu können (was Schmidt ja auch verstärkt versucht hat und sich noch heute damit brüstet, daß die Zahl der Ausländer in seiner Kanzlerschaft nicht gestiegen sei...).

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Die politische Situation war vor 30 Jahren eine andere. Natürlich wurden Menschen, deren begrenztes Arbeitsvisum abgelaufen war u.a. mit finanziellen Anreizen in ihr Heimatland zurückgeführt. Andere holten ihre Familie nach (hauptsächlich aus der Türkei) nach oder heirateten Deutsche und blieben. Die Politik wollte und konnte zunächst nicht voraussehen, dass die Menschen nach 3jährigem Aufenthalt nicht mehr nach Hause gehen wollten, zumal die wirtschaftliche und weltpolitische Situation in D nicht mehr so rosig war. (Ölkrise, RAF, NATO-Doppelbeschluss, Kalter Krieg)
    Die grosse Zuwanderung begann erst unter Kohl.


    Probleme gibt es, nach allem was ich gelesen habe, hauptsächlich mit der Integration der türkischen Einwanderer, da diese ungern in der einheimischen Bevölkerung aufgehen wollen.
    Ähnliches gilt auch für Frankreich und Spanien mit den algerischen bzw. marrokanischen Zuwanderern.
    Ich habe in München Pass-Spanier bzw. -Portugiesen kennengelernt, die kaum mehr ihre Muttersprache sprachen, sich als Deutsche fühlten und selbstverständlich mit einer Deutschen verheiratet waren. Gleiches auch in Paris.

  • Zitat

    Original von Oryx
    Die Politik wollte und konnte zunächst nicht voraussehen, dass die Menschen nach 3jährigem Aufenthalt nicht mehr nach Hause gehen wollten, zumal die wirtschaftliche und weltpolitische Situation in D nicht mehr so rosig war.


    Beim nicht voraussehen wollen bin ich ganz Deiner Meinung, aber was das nicht voraussehen "können" betrifft, empfehle ich noch einmal einen Blick in das Kühn-Memorandum, in dem sehr deutlich herausgearbeitet wurde, daß wir bereits ein De-Facto-Einwanderungsland sind - vor über 30 Jahren und zur Zeit des Kanzlers Schmidt.


    Zitat

    Probleme gibt es, nach allem was ich gelesen habe, hauptsächlich mit der Integration der türkischen Einwanderer, da diese ungern in der einheimischen Bevölkerung aufgehen wollen.


    Ist mir schon wieder zu viel Verallgemeinerung - ich kenne türkische Einwanderer, die sehr gut deutsch sprechen. Und wenn wir hier so viele spanische Einwanderer hätten wie türkische, dann blieben die wohl auch verstärkt unter sich - genauso wie die Deutschen am Ballermann praktisch keinerlei Kontakt zu den Einheimischen haben... aber das ist ein anderes Thema.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Man kann Touristen nicht mit Einwanderern vergleichen.
    Ich durfte beispielsweise 10 Jahre jedes Jahr lang meine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung neu beantragen (nicht nur einfach verlängern) bis ich nun die "blue card" in Händen halten konnte.
    Ohne Sprachkenntnisse und Titel bzw. Arbeitserfahrung mit Siegel bekommt man die nicht.


    Aber ja, ab einer gewissen Anzahl tendieren die Menschen unter ihresgleichen zu leben, gerade weil es eine minimale Umstellung für sie bedeutet, aber gerade Spanier gehen in der einheimischen Bevölkerung auf, weil sie meist einheimische Partner bevorzugen und nicht einen ihrer Staatsangehörigkeit.


    Während meiner Studienzeit in München hatte ich keinen Kontakt zu Türken (ausser eben in der Gastronomie), dafür aber mit Taiwanesen, Italienern, Griechen, Ukrainer-Österreichern, Halbpersern, Kenianern, US-Amerikanern, Argentiniern, Serben und Peruanern.
    Es waren keine in meinen Studiengängen.