Gedankenaustausch und persönliche Erfahrungen mit "Ausländern"

  • Hm, ich habe jetzt wirklich einige Zeit überlegt, ob ich mich ins Thema einmische, zumal es sozusagen "gefährliches Pflaster" ist. Nicht nur, dass das Thema an sich schon Spinnweben ansetzt und nun wieder aufgebauscht wurde, es ist auch ein Gebiet, in dem viele - teilweise sehr festgefahrene- Meinungen aufeinanderprallen.


    Wie auch von anderen schon festgestellt wurde, muss ja auch ein ganzer Katalog anderer Spekulationen miteinbezogen werden, wenn man sich schon ein Urteil über Menschen erlauben möchte, die man an sich gar nicht kennt, schon gar nicht den Einzelnen, man vielleicht einem oder zwei von besagter Gruppe persönlich begegnet ist, ansonsten aber nur mit Fremdmeinungen konfrontiert wurde, die leider oftmals nur darauf zielt, einen Sündenbock zu finden.


    In meinen Augen ist es auch gar keine Frage der Nationalität oder Religion, dass genannte Probleme bestehen, eher sogar Zeitverschwendung, sich darauf zu berufen. Sie bestehen und das ist das eigentliche Problem und es sollte die Ursache erforscht werden und nicht, ob man es einer bestimmten Herkunft zuschieben kann.
    Im Prinzip müsste man - sofern es überhaupt erwünscht ist, sich näher mit den Vorwürfen, die untrüglich gemacht wurden, zu befassen - feststellen, woher diese Behauptungen überhaupt kommen. Statistiken? (welcher Politiker war es --> "Ich glaube nur an Statistiken, die ich selbst gefälscht habe"). Fernsehen? :keks Persönliche Erfahrung? Wenn ja, mit wie vielen?


    Natürlich gibt es unumstößliche Tatsachen, aber manchmal wird man zugeben müssen, dass das gefestigte, eigene Vorurteil zum Teil ziemlich schnell zerrüttet werden kann, wenn man bereit ist, alles auch mal aus einer anderen Sichtweise zu sehen.


    Dass man sich - zumindest so, dass man überlebensfähig ist - an das Land, in dem man sich befindet so gut wie möglich/nötig anpassen muss, dürfte klar sein. Aber kann man verlangen, dass diese Anpassung weit in die Religion von zum Teil tiefgläubigen Menschen (in einem Land, in dem Religionsfreiheit herrscht!) reicht? (nur ein Gedankenansatz)


    Dann wäre noch die Frage zur Kriminalität und den "Schmarotzern".
    Dazu Gegenfrage: Tatsächlich? Ausländer (übrigens ist der Ausdruck durchaus gerechtfertigt. Der Begriff ist nur emotional-negativ geprägt. Oder sind wir nicht AUCH Ausländer, wenn wir uns in einem anderen als unserem Heimatland befinden?) sollen hierbei auffallend oft in den Statistiken führen?
    Wie kann es dann sein, dass sich dann gerade in den von den "Deutschen" unbeliebten Berufen besagte Ausländer finden? Vielleicht, weil sie sich NICHT zu schade für etwas sind, das Geld einbringt?
    Natürlich gibt es auch jene, die Sozialleistungen ausnutzen wo es nur geht, aber die findet man GERADE bei den "Deutschen" auch.
    Zum Thema der Kriminalität: Diese ist immer ein Spiegelbild der Gesellschaft und hat ÜBERHAUPT nichts mit der Nationalität zu tun. Hier spielen eher Erziehung und die Medien eine Rolle. Wer findet den Fehler: "15-Jähriger verprügelt 13-Jährigen". "15-Jähriger Türke verprügelt 13-Jährigen".


    Und zum Thema der Sprache finde ich Kritik allerdings angebracht. Aber auch hier gibt es Solche und Solche (wie immer). Dass sie unter sich in ihrer Muttersprache reden ist völlig klar, nachvollziehbar und kein Problem. Wer würde das nicht machen? Ein "Grundwortschatz" sollte allerdings bestehen (was er meist auch tut). Allerdings sollte man auch hier hinterfragen ob das "Verweigern" und das nicht vorhandene Erlernen der Sprache nicht Provokation ist, die durch durchaus vielerorts entgegengebrachte Feindseligkeit (z.T. vielleicht auch unbewusst)entstand . Aktion - Reaktion.


    Und zur politischen Meinungsmache: Steinigt mich, aber kommt es nicht gerade Recht, dass u. A. das Feindbild Muslime in der Bevölkerung gefestigt wird in Zeiten, in welchen man sein "Überwachungskonzept zur Sicherheit vor "Terroranschlägen"" festigen möchte? Klingt für den ein oder anderen vielleicht weit her geholt, aber im Eingangsposting wurde ja nach "Gedanken" gefragt ;-)



    lg

    "So bin wir, äh, sind ich, äh - ach ihr wisst schon! - nunmal"

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Nujirah ()

  • Zitat

    Original von Nujirah
    (welcher Politiker war es --> "Ich glaube nur an Statistiken, die ich selbst gefälscht habe").


    Ein gewisser Josef Goebbels hat es in der Propaganda Churchill untergeschoben, so hartnäckig, dass die Mehrheit der Verwender heute noch meint es sei von diesem (gemeint ist Sir Winston Churchill, damit es nicht zu Forenmißverständnissen kommt :grin)

  • Zitat

    Original von beowulf


    Ein gewisser Josef Goebbels hat es in der Propaganda Churchill untergeschoben, so hartnäckig, dass die Mehrheit der Verwender heute noch meint es sei von diesem (gemeint ist Sir Winston Churchill, damit es nicht zu Forenmißverständnissen kommt :grin)


    Jetzt muss ich mich mal doch einmischen, weil Beo damit nicht aufhören kann. :grin
    Ich hatte das neulich noch gegoogelt, leider hab ich jetzt die Quelle nicht mehr und ich habe auch nicht zu Ende gegoogelt, so dass ich es nicht nachweisen kann (naja, ob das Beo kann.... ;-)), aber ich habe es nach meinen Recherchen so verstanden, dass Churchill mal sagte "Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" und Goebbels daraus "Ich glaube nur der Statistik, die ich auch selbst gefälscht habe" gemacht hat. Das mag klingen, als wäre es das gleiche, ist es aber nicht wirklich. Und ich glaube kaum, dass überhaupt einer von uns nachweisen kann, wer es denn wirklich als erster gesagt hat und ob das Goebbels Churchill nur "untergejubelt" hat.


    Nur so am Rande....ich vermisse hier Themen, die im Thread-Titel stehen. Eben die persönlichen Erfahrungen, egal, wie wenig repräsentativ die auch sind.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


    *Bestellungen bei Amazon bitte über Forumlinks (s. Eulen-Startseite) tätigen, um so das Forum zu unterstützen.*

  • Es ist ganz einfach so, dass du jeden englischen Historiiker fragen kannst- keiner kennt das Zitat. Es ist nur in Deutschland bekannt.
    Zu Erfahrungen: 1980 habe ich gemeinsam mit einer Bekannten eine Wohnung für diese in Rom gesucht- keine Chance. Überall hieß es "wir vermieten nicht an Ausländer".


    Als Anwalt habe ich viel mit Jugendkriminalität zu tun. In Leipzig fast nur Deutsche. Da wo es um Gewalt geht steht meistens ein Grund dahinter- Verunsicherung, Das Ego muß aufgepumpt werden gegen Zukunftsängste und Perspektivlosigkeit. Da gibt es keinen Unterschied zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Mag sein, dass jugendliche Ausländer noch viel verunsicherter sind als Deutsche, wenn die Unsicherheit der Kultur dazukommt, welches sind meine Wurzeln, beide Länder wollen mich nicht, aber generell verschwindet die Gewaltbereitschaft, wenn Selbstsicherheit und Zukunftsperspektive geschaffen werden.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Es ist ganz einfach so, dass du jeden englischen Historiiker fragen kannst- keiner kennt das Zitat. Es ist nur in Deutschland bekannt.


    Ok...irgendwie reicht mir das dennoch nicht als Argument :grin Und selbst wenn es von Goebbels stammt, ändert es nichts an der Tatsache, dass die Aussage, unabhängig von dem, wie er sie verwendet hat, gar nicht mal so falsch ist. (Ich bin schon still...sonst find ich mich noch in der falschen Ecke wieder. :lache)


    So...zurück zum Thema :-)

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


    *Bestellungen bei Amazon bitte über Forumlinks (s. Eulen-Startseite) tätigen, um so das Forum zu unterstützen.*

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Das statistische Landesamt Baden Württemberg ist der Frage nachgegangen - und hat offenbar auch keinen Urheber gefunden :lache


    http://www.statistik.baden-wuerttemberg.de/Veroeffentl/Monatshefte/essay.asp?xYear=2004&xMonth=11&eNr=11


    Irgendwie leicht ironisch, dass sowas ausgerechnet vom statistischen Bundesamt dann kommt. Wer weiß, ob die nicht auch was gefälscht haben. :chen

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


    *Bestellungen bei Amazon bitte über Forumlinks (s. Eulen-Startseite) tätigen, um so das Forum zu unterstützen.*

  • Zitat

    Original von Gummibärchen


    Ok...irgendwie reicht mir das dennoch nicht als Argument :grin Und selbst wenn es von Goebbels stammt, ändert es nichts an der Tatsache, dass die Aussage, unabhängig von dem, wie er sie verwendet hat, gar nicht mal so falsch ist. (Ich bin schon still...sonst find ich mich noch in der falschen Ecke wieder. :lache)


    So...zurück zum Thema :-)


    Wie wahr! Das Zitat an sich ist aktuell, um nicht zu sagen - zeitlos. Heißt: Die Aussage an sich ist sowas von auf jeden Machthaber zutreffend. Ich fürchte, ich würde in genanntes Eck geschoben werden, wenn ich das jetzt näher erläutern würde ^^ Aber man muss ja nicht gleich ein kleiner Verschwörungstheoretiker sein, um berechtigter Weise so manche Dinge skeptisch zu betrachten und anzuzweifeln ;)



    Achja, weil der Ruf nach persönlichen Erfahrungen kam - ich hatte bisher und habe auch immer noch oft mit "Ausländern" zu tun, wobei ich sagen muss, dass der Großteil "eingedeutscht" wurde. Furchtbares Wort, ich weiß. Aber ich glaube so lässt sich am besten ausdrücken, wie ich es meine, obwohl es politisch und ethisch vllt die falsche Wortwahl sein mag ;)


    Und die Einstellung "Deutschland soll was für mich tun, ich bin hier eingewandert, mir steht mehr zu" hab ich bisher nur einmal erlebt, bei einer Rumänin.


    Früher hatte ich viel mit Russen und Leuten aus Rumänien und Tschechien zu tun und insbesondere den Russen sagt man ja eine angeblich hohe Gewaltbereitschaft zu und selbst ich wurde teilweise schief angesehen, nur weil ich mit den Leuten zu tun hatte.
    Ich konnte aber keine höhere Gewaltbereitschaft feststellen als bei allen anderen auch - HOCH bei jungen Menschen, insbesondere in Verbindung mit Alkohol.
    Zudem musste ich häufig feststellen, dass sie vor Ausschreitungen oft provoziert wurden - weil sie Ausländer sind. Wie gesagt - insbesondere in Verbindung mit Alkohol. Die üblichen sinnlos Aussagen wie "Geht zurück wo ihr herkommt" "Ihr nehmt uns die Arbeitsplätze weg" kamen hierbei auch von Menschen, die nüchtern keineswegs einer rechtsradikalen Gesinnung folgten. Wie lange würde sich ein jeder von euch solche Beleidigungen anhören, bis man sich wehrt. Und man bedenke: In einem Alter, in dem man meist noch nicht gelernt hat, sich zu beherrschen oder über dumme Äußerung einfach nur zu lächeln.


    Ein solches Aufeinandertreffen blieb mir besonders im Gedächtnis, weil sich aus dem "Ihr nehmt uns die Arbeitsplätze weg" eine Diskussion entwickelte, zwischen einem Deutschen und einem Russen mit lustigem Ergebnis. Beide etwa im Alter von 17. Der Russe hatte eine Ausbildung, der Deutsche fand keine Ausbildungsstelle. Das Endergebnis war: Der Deutsche hatte Hauptschulabschluss, nicht mal Quali, der Russe einen Realschulabschluss, wenn auch einen eher mittelmäßigen. Aber sogar DAS fasste der Deutsche als Beleidigung auf... naja.


    Mittlerweile habe ich viel beruflich mit ausländischen Kunden und Kollegen zu tun. Aber auch als ich zu Beginn meiner Ausbildung in einer WG lebte (eine Russin, ein Türke, ja sogar ein Chinese ^^) konnte ich keines der, in der Gesellschaft herrschenden, Vorurteile bestätigt finden, zumindest nicht in der Ausprägung, die immer behauptet wird. Teilweise begegneten sie mir mit Frustration darüber, teilweise machten sie sich darüber lustig, ja sogar untereinander über die gegenseitigen Vorurteile.
    So wurde mir von der Russin (die auch einen türkischen Freund hatte) als Scherz erzählt, dass es gar nicht so einfach sei, einen Türken als Freund zu haben - wenn man seine Familie einlädt sei das Haus voll usw.


    Und auch auf Arbeit herrscht ein Multikulti - Verhältnis. Natürlich sind gewisse Gruppierungen zu beobachten - die Rumänen mit ihren Landsleuten, die Russen, die Kroaten - ist ja auch okay, immerhin ist es ein Stück Zuhause in einem fremden Land.
    Meine Erfahrung ist aber auch, dass die Wenigsten so sind, wie sie dargestellt werden und sie sich sogar freuen, wenn man Interesse an ihrer Religion zeigt, sie erklären dann warum und wieso.
    Mag sein, dass ich einfach das Glück hatte, viel positive Erfahrungen mit "Ausländern" zu machen, die sich interessiert zeigen, nachfragen, ob sie etwas falsch ausgesprochen oder aufgeschrieben haben und mir ist auch klar, dass es auch andere gibt. Das sind aber meistens Radikale, die man aber auch in jeder Nation finden kann. Trotzdem eine Minderheit - nur lächzt die Menge nach Sensationen...


    Auch sehr schön war das Erlebnis mit einem russischen Jungen, dem ich Nachhilfe in Deutsch und Englisch gab, Englisch ging ja noch so, aber in Deutsch schrieb er immer seine 4er und 5er. Und es lag NICHT an besonders herausragenden didaktischen Fähigkeiten (die belaufen sich eher gegenteilig :grin ) meinerseits, dass er schließlich die Abschlussprüfung mit einer 3 schaffte, sondern einfach daran, dass er nur eine andere Art zu Verstehen hatte, besonders da Deutsch als Fremdsprache eine der schwierigsten ist und schwache Schüler anscheinend recht schnell aufgegeben werden in der Schule (und auch das ist bereits ein alter Hut, man bedenke auch hochbegabte Kinder, die in den Schulen untergehen und auch sonstige Schüler, die quasi als unintelligent abgestempelt werden). Ich will damit eigentlich nur sagen, dass die Sache der Sprache nicht immer nur auf Desintresse begründet werden darf. Manchmal sind sie auch einfach nur überfordert.


    Wie bereits erwähnt - mir ist klar, dass es auch andere gibt, aber gerade meine eher positiven Erfahrungen lassen mich diese ganzen Vorurteile stark anzweifeln, zumal ich keine großen Unterschiede bei den Menschen sehe, obwohl ich natürlich ihre ursprüngliche Kultur und Religion nicht außer Acht lasse. Aber ich finde das gehört einfach zum allgemeinen Respekt anderen gegenüber, der mir dadurch auch von anderen entgegengebracht wird. Wenn nicht, dann habe ich auch nicht mehr weiter mit jenen zu tun - dann ist es mir aber auch egal, welcher Nationalität derjenige zugehört.

    "So bin wir, äh, sind ich, äh - ach ihr wisst schon! - nunmal"

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Nujirah ()

  • Zitat

    Original von Nujirah
    Und die Einstellung "Deutschland soll was für mich tun, ich bin hier eingewandert, mir steht mehr zu" hab ich bisher nur einmal erlebt, bei einer Rumänin.


    Also, sowas hab ich noch nie gehört und finde das schon recht komische Formulierung. Warum soll der Staat, in der ich eingewandert bin, einfach so etwas für mich tun? Muss ich nicht verstehen.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


    *Bestellungen bei Amazon bitte über Forumlinks (s. Eulen-Startseite) tätigen, um so das Forum zu unterstützen.*

  • Zitat

    Original von Gummibärchen


    Also, sowas hab ich noch nie gehört und finde das schon recht komische Formulierung. Warum soll der Staat, in der ich eingewandert bin, einfach so etwas für mich tun? Muss ich nicht verstehen.


    eh, es war eigentlich die Zusammenfassung ihrer Aussagen, so betrachtet also wirklich komisch formuliert, sry ;-)


    Im Endeffekt erwartete die Dame, dass sie quasi wenig arbeiten müsse und sie aber viel Geld abkassieren könne, wohl durch viele anderweitige Gerüchte (auf Sozialleistungen bezogen), die sich - Überraschung ^^ - als falsch erwiesen.
    Allerdings fiel ein ähnlicher Satz bezgl. "Eingewandert - Staat soll was für mich tun" tatsächlich. :gruebel


    Ich glaube sie hatte sich einfach ein arbeitsarmes, schönes Leben vorgestellt - sie als Person! Damit möchte ich keinesfalls alle Rumänen in diese Aussage miteinbeziehen ;-)

  • Ich habe mal während eines Sozialpraktikums im Kindergarten die Bekanntschaft mit türkischen Kindern und ihren Müttern gemacht, und ich muss sagen, dass ich diese Mütter als viel engagierter erlebt habe, als die deutschen.


    Mittwochs gab es zum Beispiel immer ein Frühstück, wo auch einiges vorbereitet werden musste, und es waren immer dieselben sechs türkischen Mütter, die das Event organisiert haben. Ähnlich war es beim Laterne basteln. Die deutschen Mütter waren zum Großteil sehr schnell wieder weg und kamen nur zum Abholen in den Kindergarten.


    Da viele dieser Mütter aber kein gutes Deutsch sprachen, wurde die türkische Sprache in den Kindergarten integriert: Ein Märchen wurde zum Beispiel erst auf Türkisch und dann auf Deutsch erzählt. Dass die Mütter mit ihren Kindern kein Deutsch sprechen, halte ich eigentlich für nicht so dramatisch. Wenn sie Deutsch nicht gut sprechen, sollten sie dem Kind lieber erstmal die Muttersprache beibringen und nebenher für viel Kontakt zu deutschsprachigen Kindern sorgen. Wenn ich meinem Kind mein Schulfranzösisch als Muttersprache beibringen wollte, würde dieses Kind wohl auch Probleme bekommen. Das Modell zu Hause die Muttersprache der Eltern und in der Öffentlichkeit die jeweilige Landessprache zu sprechen, ist eigentlich ein relativ weit verbreitetes Mittel der bilingualen Erziehung. Ich würde deshalb nicht unterstellen, dass diese Leute sich abkapseln wollen.

    Mir fällt leider kein guter Spruch für eine Signatur ein, aber wenn ich keine habe, stehen die Verlinkungen zu Amazon immer zu dicht unter der letzten Zeile meines Beitrages :rofl.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Eddie Poe ()

  • Zitat

    Original von Eddie Poe



    Da viele dieser Mütter aber kein gutes Deutsch sprachen, wurde die türkische Sprache in den Kindergarten integriert: Ein Märchen wurde zum Beispiel erst auf Türkisch und dann auf Deutsch erzählt. Dass die Mütter mit ihren Kindern kein Deutsch sprechen, halte ich eigentlich für nicht so dramatisch. Wenn sie Deutsch nicht gut sprechen, sollten sie dem Kind lieber erstmal die Muttersprache beibringen und nebenher für viel Kontakt zu deutschsprachigen Kindern sorgen. Wenn ich meinem Kind mein Schulfranzösisch als Muttersprache beibringen wollte, würde dieses Kind wohl auch Probleme bekommen. Das Modell zu Hause die Muttersprache der Eltern und in der Öffentlichkeit die jeweilige Landessprache zu sprechen, ist eigentlich ein relativ weit verbreitetes Mittel der bilingualen Erziehung. Ich würde deshalb nicht unterstellen, dass diese Leute sich abkapseln wollen.


    So einfach ist das nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Kinder ohne ausreichende Deutschkenntisse in die Schule kommen, im textlastigen Sachkundeunterricht und Deutsch noch in der 4. Klasse schwächeln. Der Weg in die Hauptschule ist so vorprogrammiert, zudem schwächen solche Schüler die ganze Klasse.

  • ja, Eddie, wir haben recht viele Freunde, die jetzt im Ausland leben, aber keinem würde einfallen, zu Hause was anderes als Deutsch zu sprechen. Überall wird das Hohe Lied der Bilingualität gesungen, aber für deutsch-türkisch scheint das nicht so recht zu gelten. Und auch gibt es Stimmen aus der hochgelobten vietnamesischen Gemeinde, wo junge Erwachsene nun bedauern, dass sie wegen der ausgeprägten Assimilationsbereitschaft ihrer Eltern so schlecht vietnamesisch sprechen, dass sie sich mit ihrer Verwandtschaft in Vietnam kaum noch unterhalten können. Soll das der Sinn der Übung sein?

    Kurios: Kürzlich kam, ich glaube es war 37° im ZDF, eine Reportage über überambitionierte Eltern. Da war in Berlin ein (deutscher!) Vater, der mit seinen beiden Kindern seit ihrer Geburt ausschließlich englisch sprach, weil er glaubte, dadurch in irgendeiner Weise Bilingualität simulieren zu können. Dummerweise weigerten sich die Blagen selbst im (arschteuren) internationalen Kindergarten, englisch zu sprechen und sind dann auch mit Pauken und Trompeten durch die Aufnahmeprüfung zur International School durchgefallen.


    edit meint wölfchen: die Kinder unserer Freunde in Frankreich kamen ohne irgendwelche Französischkenntnisse in die dortige Schule (allerdings mit 3 in die Ecole maternelle). Ich will nicht behaupten, dass dies nicht hart war für diese Kinder, aber beide können jetzt, 12 und 13, ganz locker dem Unterrichtsstoff folgen.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von DraperDoyle ()

  • So wie Eddie das schildert, funktioniert das auch wunderbar. Problematisch wird es, wenn die Kids wirklich nur türkisch sprechen und dann deutsch in der Schule sprechen sollen und es nicht können. Aber es gibt Lösungsmöglichkeiten, dies zu verhindern und dennoch zuhause in der Muttersprache zu sprechen. Ich finde, dass Eddie ja wunderbar aufzeigt, wie das funktionieren soll.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


    *Bestellungen bei Amazon bitte über Forumlinks (s. Eulen-Startseite) tätigen, um so das Forum zu unterstützen.*

  • Zitat

    Original von Gummibärchen
    So wie Eddie das schildert, funktioniert das auch wunderbar. Problematisch wird es, wenn die Kids wirklich nur türkisch sprechen und dann deutsch in der Schule sprechen sollen und es nicht können.


    Naja, wie ich oben schrieb, die Kinder unserer Freunde kamen alle ohne jegliche Sprachkenntnisse in die Schule, sei es in der Dorfschule in der Bretagne, der Schule in Jordanien oder in Nordirland. Alle haben in kürzester Zeit die jeweilige Landessprache so gut beherrscht, dass sie ganz normale schulische Laufbahnen eingeschlagen haben. Warum funktioniert das in Deutschland nicht? Liegt das an der Integrationsresistenz der Elternhäuser oder vielleicht doch ein wenig am Schulsystem?

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    Naja, wie ich oben schrieb, die Kinder unserer Freunde kamen alle ohne jegliche Sprachkenntnisse in die Schule, sei es in der Dorfschule in der Bretagne, der Schule in Jordanien oder in Nordirland. Alle haben in kürzester Zeit die jeweilige Landessprache so gut beherrscht, dass sie ganz normale schulische Laufbahnen eingeschlagen haben. Warum funktioniert das in Deutschland nicht? Liegt das an der Integrationsresistenz der Elternhäuser oder vielleicht doch ein wenig am Schulsystem?


    Ich könnte mir vorstellen, dass sehr viele Kinder einfach nicht genug Kontakt zu deutschsprachigen Kindern haben. Oft haben Kindergärten in den sogenannten Ballungszentren einen sehr hohen Ausländeranteil, und wenn die deutschen Kinder eine starke Minderheit darstellen, kann das Modell auch nicht funktionieren. Dazu kommt, dass der Kindergarten freiwillig ist, und da viele (deutsche und ausländische) Mütter längere Zeit zu Hause bleiben, halten sie es eventuell nicht für nötig, dass das Kind den Kindergarten besucht. Die ausländischen Kinder kriegen dann nicht genug deutschsprachigen Input und lernen nur ihre Muttersprache. Und wenn die Mütter zu Hause bleiben, haben die Kinder möglicherweise auch keinen Anspruch auf einen Krippenplatz und kommen, wenn überhaupt, erst mit drei oder vier Jahren in den Kindergarten.


    Aber trotz dieser Probleme glaube ich nicht, dass eine Mutter, die so schlecht Deutsch spricht, dass sie die einfachsten Dinge umständlich umschreiben muss und eventuell selbst über- oder untergeneralisiert, dem Kind die Fremdsprache als Erstsprache vermitteln kann. Dann sollte sie dem Kind lieber ihre Muttersprache so gut beibringen, dass es später eine gute Basis für das Erlernen weiterer Fremdsprachen hat.

    Mir fällt leider kein guter Spruch für eine Signatur ein, aber wenn ich keine habe, stehen die Verlinkungen zu Amazon immer zu dicht unter der letzten Zeile meines Beitrages :rofl.

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Eddie Poe ()

  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    Naja, wie ich oben schrieb, die Kinder unserer Freunde kamen alle ohne jegliche Sprachkenntnisse in die Schule, sei es in der Dorfschule in der Bretagne, der Schule in Jordanien oder in Nordirland. Alle haben in kürzester Zeit die jeweilige Landessprache so gut beherrscht, dass sie ganz normale schulische Laufbahnen eingeschlagen haben. Warum funktioniert das in Deutschland nicht? Liegt das an der Integrationsresistenz der Elternhäuser oder vielleicht doch ein wenig am Schulsystem?


    Das kann ich dir leider nicht beantworten, Draper. Vielleicht ein wenig an Beidem, wobei das sicher von Fall zu Fall unterschiedlich ist und ich das ungern pauschalisieren würde. Kinder lernern ja schnell, darum ist es sicher nicht schwer, Deutsch gut zu lernen, wenn man es "erst" in der Grundschule anfängt. Ich weiß ja nicht, wie das genau bei deinen Freunden lief, sprich, ob die Kinder nur in der Schule die Landessprache sprachen oder auch außerhalb viel. Wenn ein türkisches Kind ohne jegliche Deutschkenntnisse in die Schule kommt und nur dort Deutsch hört, ist es sicher nicht einfach. Aber ich möchte mir da jetzt nicht anmaßen, woran das liegt, dazu fehlen mir dann doch die Erfahrungswerte. Und es ist auch schon sehr spät. :grin


    Edit: Ja, wieder mal Eddie, die das sagt, was ich denke, aber zurzeit nicht in Worte fassen kann. :lache

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


    *Bestellungen bei Amazon bitte über Forumlinks (s. Eulen-Startseite) tätigen, um so das Forum zu unterstützen.*

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Gummibärchen ()

  • Nun ja, alle drei Beispiele gehen, wie dort üblich, in Ganztagsschulen. Aber es stimmt wohl, dass sie auch alle nicht in deutschen "Communitys" (das klingt doch viel besser als Ghetto :grin) aufwachsen. Und ihre Eltern beherrschen die Landessprache so gut, dass die Kids sie nicht durch einen Wechsel ins Französische, Englische oder Arabische ausbooten könnten

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von Oryx
    Ich vermute, dass es ein sozioökonomisches Problem ist.
    Wer wenig Anerkennung geniesst und dazu noch fremd ist, der bleibt dann lieber unter sich, wo er sich sicher fühlt.


    Wenn man in einem fremden Land nicht anerkannt und akzeptiert wird, kommt die Ablehnung vermutlich sogar von beiden Seiten (oft jedenfalls).


    Bei sehr vielen in Deutschland lebenden Türken handelt es sich aber tragischerweise gar nicht um ein fremdes Land. Die sind hier geboren, könnten sich vermutlich gar nicht vorstellen, plötzlich in der Türkei zu leben und erfahren von vielen deutschstämmigen Deutschen trotzdem nur Ablehnung. Dazu kommt, dass sie in der Türkei vermutlich auch nicht als vollwertige Türken akzeptiert würden.

    Mir fällt leider kein guter Spruch für eine Signatur ein, aber wenn ich keine habe, stehen die Verlinkungen zu Amazon immer zu dicht unter der letzten Zeile meines Beitrages :rofl.