Gedankenaustausch und persönliche Erfahrungen mit "Ausländern"

  • Mich würde eure Erfahrungen mit Ausländern interessieren.
    Der Beitrag über Sarrazins neues Buch, das ich weder gelesen habe, noch habe ich bis vorgestern etwas über die Person Sarrazin gewußt, hat mich zu diesem Thema angeregt.


    Und ehrlich gesagt hatte ich schon die ersten Schwierigkeiten den Thementitel zu wählen. Denn Ausländer sind auch Holländer, Schweizer, Franzosen, Dänen, Schweden, Amerikaner, Engländer usw.
    Aber diese hat man selten im Sinn, wenn man in Deutschland von "Ausländern" spricht. Der Ausdruck Migranten wäre ebenso unpassend gewesen wie Ausländer, weil auch Holländer, Schweizer usw. (s. o.) sich als Migranten bezeichnen können.


    Ich denke, fast jeder Deutsche assoziiert mit dem Wort Ausländer eine bestimmte Gruppe von Ausländern.
    Aber was macht diese Gruppe aus?
    Die Sprachbarriere? Ein andere Religion? Oder den Unwillen zur Integration?
    Oder etwas anderes?


    Ich habe gute und weniger gute (schlechte wäre hier sehr übertrieben) persönliche Erfahrungen mit Ausländern gemacht, und dazu werde ich später auch noch ein paar Beispiele nennen, aber trotz allem bin ich der Meinung, dass z. B. die Einwanderungspolitik verschärft werden sollte.
    Denn ich fände es für mich auch selbstverständlich, dass, wenn ich in ein anderes Land auswandern würde, mir dort vorher eine Arbeitsstelle besorgen und die Landessprache sprechen müsste. Und mich selbst um eine Unterkunft und das nötige Mobilar bemühen würde.


    Und damit komme ich auch schon zu meiner ersten Begegnung mit den sogenannten Ausländern:


    Ich habe kurze Zeit Arbeitlosengeld 2 beziehen müssen und hatte deshalb einen Termin in einem JobCenter.
    Während ich noch draussen im Wartebereich saß, flog plötzlich eine Bürotür auf und ein wutschnaubender Jugendlicher kam heraus.
    "Scheiß Deutschland! Vor drei Jahren hat man noch eine Wohnung eingerichtet bekommen und nun gibts nichts mehr", und schaute mich dabei beifallheischend an.
    Aber ich dachte nur: "Gut so! Ich bin Deutsche und habe niemals von diesem Staat eine Wohnung eingerichtet bekommen. Meine erste Wohnung bestand aus den Möbeln der Oma meines Freundes. Die waren zwar nicht schön, aber zweckmäßig. Und das waren Möbel, die man auf jedem zweiten Sperrmüllhaufen finden kann. Warum also soll er neue Möbel bekommen, wenn ich die auch nicht hatte, obwohl ich damals mein eigenes Geld verdient habe?"
    Mein Mitleid mit diesem "armen" Ausländer hielt sich daher nur in Grenzen ;-).


    Und damit das jetzt nicht so negativ stehen bleibt:
    Meine bisher liebste Arbeitskollegin war eine Ausländerin (zudem eine Muslimin), und auch wenn ich ihre privaten religiösen Ansichten nicht teilen konnte und wollte, so habe ich sie doch als sehr netten Menschen kennen gelernt und sehr gern mit ihr zusammengearbeitet.


    Und nun meine Frage: Sollten wir wirklich kritischer mit der Ausländer- und Integrationsfrage umgehen oder ist das alles nur politische Meinungsmache?

  • Hallo, Charlotte.


    Das Kernproblem besteht darin, dass Leute - wie Du das auch dokumentierst - zu Verallgemeinerungen neigen. Unterstützend kommt hinzu, dass Gruppendenken stark verinnerlicht wird. Es ist offenbar irgendwie hilfreich, Menschen in Gruppen zu kategorisieren, in Gläubige und Ungläubige, in Leser und Nichtleser, in Deutsche und Nichtdeutsche, in Einheimische und Migranten, in Frauen und Männer, in Arschlöcher und solche ohne diese Öffnung. Die Frage ist eigentlich nicht, was diese vermeintlich existenten Gruppen tun, sondern eher diejenige, warum man so vorgeht, was man damit bezwecken will - und ob es irgendeinen Nutzen hat, sich so zu verhalten.


    Mein Land, das ist dort, wo ich wohne, und meine Mitbürger, das sind meine Nachbarn. Ich weiß nicht mehr, wer das gesagt hat, aber es ist eine schlichte und leicht zu verstehende Wahrheit. Man erfährt, was sie bedeutet, wenn man auswandert oder sich auch nur vorübergehend in einem anderen Land aufhält.


    Es mag so sein, dass Leute, die nicht hier geboren wurden, das Sozialsystem intensiver ausnutzen - meinetwegen sogar missbrauchen - als die anderen. Es mag auch stimmen, dass in den Knästen viele Muslime sitzen oder der Drogenmarkt von Leuten beherrscht wird, die aus "südlichen Ländern" stammen. Verblüffenderweise verhält es sich in den Ländern, aus denen diese Menschen stammen, völlig anders. Es mag auch sein, dass sich in Deutschland ghettoähnliche Regionen ausgebildet haben, in denen der Anteil Eingeborener unterdurchschnittlich klein ist. So what? Das sind alles Menschen, Leute, Nachbarn, Mitbürger. Möchtest Du, dass Dir jemand erklärt, wie Du Deine Religion, Dein Verständnis von Kultur und Sozialverhalten auszuleben hast? Doch wohl eher nicht. Warum aber hast Du mehr Rechte (oder forderst diese ein), warum verstehst Du Dich als einer anderen Gruppe, irgendwie stärkeren, auf jeden Fall bestimmenden zugehörend als jene, die Du exemplarisch betrachtest? Nach meiner Auffassung ist diese Sichtweise unsinnig.


    Leute, die zwischen Einheimischen und Migranten (oder wie man Nicht-Eingeborene auch immer nennen mag) unterscheiden, bezwecken damit etwas. Sie versuchen, ein Einzelproblem auf eine Gruppe umzulegen, und die Idee dahinter ist immer diejenige, diese Gruppe auszugrenzen. Idiotischerweise, denn diese Gruppe existiert erstens so nicht - und zweitens gehört sie dazu. Wir, das sind wir alle. Vermutlich sind Deine Eltern irgendwann nach dem Zweiten Weltkrieg oder währenddessen in die Region vertrieben worden oder geflüchtet, in der Du jetzt lebst. Das gilt für viele, die sich vollmundig als "Deutsche" bezeichnen und alle anderen lediglich für ein Problem halten. "Deutsche", das sind aber nur Leute, die entweder sehr zufällig hier geboren wurden oder irgendwann einen deutschen Pass bekommen haben. Und diese Deutschen, mit welchem Hintergrund auch immer, die sind Wissenschaftler, Künstler, Philosophen, aber auch Verbrecher, Extremisten und Vollidioten, meistens jedoch einfach nur Leute. Das gilt auch für alle anderen Gruppen, die man so betrachtet, ganz egal, wie man sie nennt oder warum man sie gerade als Gruppe zu betrachten versucht.


    Es stimmt, dass Menschen, die bestimmte Eigenschaften teilen (z.B. eine religiöse Zugehörigkeit oder eine Herkunft), über- oder unterdurchschnittlich oft irgendwas tun, meinetwegen auch Straftaten begehen, vielleicht aber auch eine sehr feingeistige Tätigkeit praktizieren oder weiß der Geier was. Das aber ist reine Statistik. Selbst 99 Prozent von irgendwas sind niemals alle. Und diese hundert Prozent, zu denen das eine fehlt, sind Menschen, und zwar wie Du und ich und alle anderen auch.


    Wer über "Ausländerprobleme" redet, sollte sich fragen lassen, mit welchem Recht er das tut. Alle Menschen sind Ausländer. Aber alle Menschen sind auch und vor allem Menschen. Das Problem ist nicht die vermeintliche Unterschiedlichkeit, die ohnehin nur Teilaspekte betreffend existiert, sondern der Ansatz, nach solchen Unterschieden zu suchen.

  • ...ich sehe das ganze Thema als höchst irrelevant und frage mich, was diese Diskussion soll?


    Als ehemaliger Ausländer, der von 69 bis 2000 überwiegend in Asien gelebt und gearbeitet hat (auch in muslimischen Ländern wie Indonesien-Malaysia) hatte ich nie Probleme, da ich mich den Landesgepflogenheiten weitestgehend angepasst habe. Gewohnt habe ich unter Einheimischen.


    Zurück in Deutschland ist mir aufgefallen, dass hier, gerade im ländlichen Bereich, ein unterschwelliger Rassenhass herrscht. Ist das typisch Deutsch?
    Nein. Nur extrem ausgeprägt.
    In Indonesien sind es die Chinesen, die keiner leiden kann, obwohl sie Staatsbürger sind und höhere Steuern zahlen, als Muslime. Aber der Umgang miteinander ist wohlwollend bis freundlich.


    In Deutschland wurde der Fehler gemacht, dass nicht auf das Beherrschen der Sprache geachtet wurde. Und das ist nunmal die Grundvoraussetzung für eine Integration...so what?


    euer hef

  • Man schimpft schnell über "Ausländer" und ich setze diesen Begriff absichtlich unter Anführungszeichen, weil ich mich frage, wer wirklich da hineingehört.
    Sind es die Menschen, die hier bei uns (Österreich) leben und sich angleichen, die deutsche Sprache sprechen und sich an unsere Gepflogenheiten richten? NEIN. Ich glaube, man sollte da auf jeden Fall zuerst sich anschauen, wie sich "Ausländer" verhalten.
    Ich habe eine sehr gute Freundin und die heißt Reyhan: ihre Eltern sind in der Türkei geboren und sind dann nach Österreich ausgewandert. Sie ist hier zur Schule gegangen, hat einen Mann geheiratet, der auch Türke ist und die beiden haben 2 Kinder. Sie selber ißt kein Schweinefleisch (es schmeckt ihr nicht - so wie ich keinen Spinat mag) und ihre Familie ist gerne Schweinebraten. Ich unterhalte mich gerne mit ihr und ihrem Mann über Religion, obwohl sie beide keine Katholiken sind, und auch über andere Themen.
    Was ich so interessant finde, ist einfach die Akzeptanz zwischen den Völkern. Und das ist wichtig. Die anderen so zu belassen wie sie sind und auch mich so argumentieren zu lassen wie ich bin.
    Da gehören immer zwei Seiten dazu.
    Ich habe wirklich sehr gute Bekannte in Belgien, Deutschland, Kroatien, Schweden, Tschechien und Ungarn und freue mich immer, wenn ich mit ihnen in Kontakt bin. :knuddel

  • Hallo,


    der Begriff "Ausländer" scheint mir einfach zu breit gefächert, um ein klares Bild zu ermöglichen. Es schieben sich andere Faktoren, wie z.B. die genaue Herkunft, die soziale Schicht und die individuelle Persönlichkeit dazwischen.


    Streng genommen bin auch auch Ausländerkind. Meine Eltern kamen 1968 aus Prag nach München und leben seitdem hier. Zunächst sprachen sie nur sehr stark akzentbehaftetes Deutsch. Als sie 1970 eine Wohnung suchten, waren all diese Wohnungen bereits vergeben. Sie baten eine deutsche Verwandte, an ihrer Stelle anzurufen. Die erklärte, dass hier eine aus Tschechien stammende Familie, Eltern beide Akademiker mit festen Jobs, eine neue Bleibe suchte. Und auf wundersame Weise waren die Wohnungen wieder frei geworden. :lache


    Mich nervte es immer, wenn ich gelobt wurde, wie gut mein Deutsch ist, oder wenn mich jemand fragte, wo ich mich zuhause fühlte. Ich hatte fast mein ganzes Leben in diesem Land verbracht. Welche Sprache sollte ich denn besser sprechen oder wo zuhause sein wenn nicht hier?


    Während meines Studiums arbeitete ich eine Weile als Hausaufgabenbetreuerin an einem Gymnasium. Da merkte ich zum ersten Mal, dass es in Deutschland geborene Kinder ausländischer Herkunft gab, die nicht gut genug deutsch konnten, um dem Unterricht zu folgen. Das hat mich schockiert und ich hätte die Eltern erwürgen können.


    Aber seien wir mal ehrlich: gibt es nicht auch genug deutsche Eltern, die kein Interesse daran haben, ihre Kinder schulisch zu fördern? Und wird soziale Unterstützung nicht auch von Deutschen ausgenützt? In diesem Fall wären einfach strengere Kontrollen notwendig (was aber wieder mehr Geld kosten würde.)


    Hier tun sich zu viele Aspekte auf. Man müsste genauer definieren, um welche Art von "Ausländern" es geht. Die nicht angepasste, muslimische Subkultur? Die gibt es ja, aber ist es wirklich die Mehrheit der Muslime in diesem Land? Da habe ich meine Zweifel.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Vielleicht sollte man in erster Linie auf den Menschen schauen und nicht auf die Herkunft. :-)


    Es ist Unsinn in jedem Muslim einen islamistischen Terroristen zu sehen. Man schliesst ja auch nicht von diesem durchgeknallten Koran-Verbrenner in den USA auf die gesamten Christenmenschen.


    Und wir würden besser und friedlicher zusammenleben, wenn man in den Ausländer zuerst den Menschen sehen würde.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • kann meinen vorrednern nur zustimmen...


    was sind "ausländer"? bin ich halbdeutsch, weil mein papa in italien geboren wurde? und in meinem bekanntenkreis gibt es auch muslime, und die studieren bzw. ihre Eltern arbeiten. ich hasse verallgemeinerungen, wie herr sarrazin das so schön macht...

    ohne träume ist das leben so langweilig wie 7 koffer voller weißbrot (janosch - oh wie schön ist panama)

  • Komme nur zum ersten Beitrag und bin GENERVT!

    Zitat

    Original von Charlotte ...Gedanken


    Pardon. Schon das Wort

    Zitat

    Gedanken

    ist hier falsch gesetzt: Leider fehlen sie Dir. Zumindest eigene.


    Zitat

    Original von Charlotte
    ... Ausländer- und Integrationsfrage ...


    Das eine hat mit dem anderen N I X zu tun, insofern gibt es diese Frage nicht. Der dünne Mörtel eigener Gedanken fehlt auch hier zur Gänze. Und selbstverständlich sind Chinesen, Schweizer und Österreicher in Deutschland Ausländer. Genau wie Deutsche auf Malle :wow


    So, jetzt lese ich mal weiter, was der geschätze Tom schreibt.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Vielleicht sollte man in erster Linie auf den Menschen schauen und nicht auf die Herkunft. :-)


    Es ist Unsinn in jedem Muslim einen islamistischen Terroristen zu sehen. Man schliesst ja auch nicht von diesem durchgeknallten Koran-Verbrenner in den USA auf die gesamten Christenmenschen.


    Und wir würden besser und friedlicher zusammenleben, wenn man in den Ausländer zuerst den Menschen sehen würde.


    Und was hat das mit der Eingangsfrage zu tun?

  • Zitat

    Original von Humpenflug
    Komme nur zum ersten Beitrag und bin GENERVT!


    Wovon? Davon das du ihn nicht gelesen, oder davon dass du ihn nicht verstanden hast?


    Charlotte problematisiert sehr genau das was in dieser Gesellschaft stattfindet, der Österreicher wird natürlich als Ausländer wahrgenommen, aber niemand würde ihn mit dem Begriff Ausländerproblematik in Zusammenhang bringen, (Anders als die Spanier den Deutschen auf Malle, wie uns Tom Liehr gerade so eindrucksvoll und humorvoll vor Augen geführt hat.)


    Meine erlebte Realität ist längst, dass Menschen, die zwar einen Deutschen Pass besitzen, aber nicht in Deutschland geboren sind und keine deutschen Elterntele haben über "die Ausländer" schimpfen, ihre Kinder nicht auf Schulen geben, wo "die" so viele Kinder unterbringen, Das Wort "Du dreckiger Asylbewerber" habe ich in letzter Zeit nur von einem Ex- Libanesen gegenüber dem Liebhaber seiner Frau, einem albanischen Asylbewerber, gegenüber gehört.


    Zur Eingangsfrage, hat sich hier noch keiner anders als mit politischer Meinungsmache geäussert (mich eingeschlossen).


    Mich wundert der Beißreflex den manche Menschen bei diesem Thema haben, ebenso wie der Wegschureflex. Wegsehen ist keine Form der Toleranz, sondern eine Form der Intoleranz, weil Toleranz eine Form von Respekt darstellt und wer Probleme einfach liegen lässt, der "erträgt, erduldet" nicht, der hat auch keinen Respekt.



    Zur Erinnerung:Sollten wir wirklich kritischer mit der Ausländer- und Integrationsfrage umgehen oder ist das alles nur politische Meinungsmache?
    Das war die Eingangsfrage

  • Zitat

    Original von beowulf


    Und was hat das mit der Eingangsfrage zu tun?


    Sehr viel! Lies dir meinen Beitrag vielleicht noch einmal durch, dann wird sich deine Frage auch beantworten. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Charlotte problematisiert sehr genau das was in dieser Gesellschaft stattfindet


    Tut es das wirklich? Fraglos gibt es Problemfelder (Schulen, Kriminalität, Ghettobildung, vermeintlich überkommenes Sozialverhalten), aber nach meinem Eindruck haben die meisten, die sich sehr lautstark zu Wort melden, höchstens "Ausländererfahrungen" in der Qualität, wie sie hier auch geschildert wurden. Sie sitzen in ihren Reihenhäuschen in den Suburbs, glotzen auf Superblödrtl "Frauentausch" und suchen nach Feindbildern, um sich ihr beschissenes kleines Leben schönzureden. Weil "Frauentausch" ja sicher nicht mehr gesendet würde, wenn die Mehrheit der Gesellschaft plötzlich muslimisch wäre. (Insofern kann man sich das eigentlich nur wünschen. ;-)) Die "Mehrheit der Gesellschaft" plappert über Dinge, von denen sie nicht die allergeringste Ahnung hat. Fraglos hat sie das Recht dazu, aber hinhören muss man ja trotzdem nicht. In vielen Fällen sollte man es m.E. auch nicht tun. Die gesamte "Integrationsdebatte" (Was ist das eigentlich, Integration?) gehört zu einem dieser Fälle. Übrigens betrifft diese großmäulige Ahnungslosigkeit auch viele Mandatsträger.


  • Pardon nochmals. Charlotte hat keinen Gedanken, du auch nicht, und Integration hat definitiv N I X mit der Staatsangehörigkeit zu tun, selbst wenn du bibelmäßig daran glaubst, dass genau das ein Gedanke sei.


    Das Wort "definitiv" bitte wörtlich verstehen und nicht "erfühlen", was zwischen den Zeilen an Misstrauen, ja Fremdenfeindlichkeit, Ressantiments, Gurkensalat und Bierdeckelweisheiten herauslesbar wäre, hätte man nur genügend Empathie.


    Charlotte , nix für ungut, aber einer (wo auch immer herstammend), der den deutschen Staat an den Klöten packt und mit den eigenen Gesetzen dieses Staates jongliert, alles nutzt was geht, scheint mir relativ schnell begriffen zu haben, was Integration ist. Integration - mit dem Malle-Beispiel nochmal zu kommen - ist eben gerade nicht, am Buffett hinten anzustehen*, sondern morgens um 5 Uhr die Sonnenliegen am Pool mit dem Handtuch** zu reservieren und diese Reservierung als heiliges Gesetz zu fressen (was Österreicher zum Bleistift nie tun - also auf deutsch besetzten Gebieten Malles nicht integriert sind! - siehste, das wäre z.B. ein "eigener Gedanke")


    *auf deutschem Boden in Malle, dem Touristenhotel, wird am Buffett gefälligst gedrängelt - wie bei Franzosen und Engländern auch (eigene wiss. Untersuchungen)
    ** nach Tom-Empfehlung freilich 4 Uhr und ein aufgeklapptes Buch dazu

    Zitat

    Original von Tom..."Ausländererfahrungen" in der Qualität, wie sie hier auch geschildert wurden. Sie sitzen in ihren Reihenhäuschen in den Suburbs, glotzen auf Superblödrtl "Frauentausch" und suchen nach Feindbildern...

    Saggamal, was hastn du gegen uns Reihenhausheinis mit Benz, Gartenhaus, Zweitwagen und Sesselfurzerweltoffenheit?

  • Zitat

    Saggamal, was hastn du gegen uns Reihenhausheinis mit Benz, Gartenhaus, Zweitwagen und Sesselfurzerweltoffenheit?


    Es sprach der Patriarch. Amen. Vielleicht sollte man (respektive Humpenflug) zunächst zur Familienarbeit übergehen, bevor man sich den großen Problemen wie Integration widmet.
    Im übrigen würde es Deine Frau bestimmt begrüßen, wenn sie ihren eigenen Wagen und nicht Deinen Zweitwagen fährt ;-).

  • Mangelnder Integrationswille auf die Religion zu schieben, halte ich für sehr kurzsichtig. Vielmehr wurden gerade Türken zumindest bei uns auf dem Dorf als eindeutig minderwertig betrachtet:


    - "unsere" Türken wohnten allesamt in den letzten Bruchbuden des Dorfes. Ich dachte immer, die hätten halt wenig Geld und würden deshalb so leben. Bis ich mal mitgekriegt habe, dass sie die Hütten für eine ganz unverschämte Miete gemietet hatten: es waren einfach die einzigen Wohnungen, die sie gekriegt haben.


    - ich habe den Kindern einer türkischen Familie Nachhilfe gegeben. Sevinc (die Älteste) war wirklich nicht sonderlich clever, ihre Schwestern aber ausgesprochen pfiffig, mit Schwierigkeiten in Deutsch, dafür keinerlei Problemen in Mathe. Trotzdem wurden sie, ihrer großen Schwester folgend, alle beide auf die Sonderschule geschickt, was kann man von Türken auch erwarten?


    - Ich habe in meiner Jugend auf einer Hühnerfarm gejobbt, mit ausschließlich türkischen (erwachsenen) Kolleginnen. Irgendwann habe ich dann mal festgestellt, dass die noch weniger als ich mit meinen Hungerlohn verdienten


    Die Allermeisten haben sich in diese Rolle am Ende der Hackordnung gefügt, ich kenne nur zwei Jungs, die durch Machogehabe und Männlichkeitsgedöns dagegen rebellierten. Der eine hat sich mit seinem aufgemotzten Manta totgefahren, der andere landete wegen Körperverletzung im Knast.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Saggamal, was hastn du gegen uns Reihenhausheinis mit Benz, Gartenhaus, Zweitwagen und Sesselfurzerweltoffenheit?


    Nix.


    Ich find's amüsant (manchmal aber auch erschreckend), den großspurigen und kenntnisarmen Verallgemeinerungen zu lauschen. Was nicht heißt, dass ich selbst mehr Kenntnisse hätte. Es ist eben so, wie es immer und überall ist: Irgendwer diagnostiziert ein "Problem" und erklärt gleich mit, wen man als Problemverursacher fortan zu hassen hat. Und das tun dann alle (meistens eher im kleinen Kreis, manchmal aber auch öffentlich) auf sehr energische Weise, meiner Beobachtung nach vor allem die Reihenhausheinis mit ihrer Sesselfurzerweltoffenheit, aber sie sind nicht alleine.


    Mir wäre ganz persönlich schon sehr geholfen, wenn irgendwer mal erklären könnte, was mit "Integration" eigentlich gemeint ist. Ich verstehe darunter ja etwas wie "zu einem Bestandteil werden", wobei (und das sehen viele offenbar anders) der neue Bestandteil zugleich das dann neue Bild dessen mitbestimmt, wovon er Bestandteil geworden ist. Augenscheinlich aber missverstehen viele diesen Begriff eher als "Assimilation": Die, die neu hinzukommen, sollten gefälligst - exakt - so werden wie diejenigen, die vorher schon da waren: Erst ein (ehemaliger) Türke, den man beim Kennenlernen für einen Deutschen hält, ist wirklich integriert. Argumentiert wird meistens damit, dass man sich in fernen Ländern ja auch den dortigen Gepflogenheiten anzupassen hätte (was aber erstaunlicherweise kaum jemand tut, es sei denn, er ist dazu gezwungen). Meiner Auffassung nach bringt "Integration" automatisch eine Veränderung mit sich, aber dazu sind nur wenige bereit. Sie kriseln, wenn irgendwo eine Moschee gebaut wird, aber dass ihre bescheuerten und völlig überflüssigen Kirchenglocken rund um die Uhr scheppern, das müssen alle hinnehmen, auch die "Integrierten". Sie beklagen Kopftücher und rennen mit Kruzifixen um den Hals herum. Sie mokieren sich über falsche Aussprache und bauen selbst Sätze mit "als wie" oder hängen "no?" oder noch Lustigeres an jeden eigenen. Sie schreien, wenn irgendwo noch eine Dönerbude eröffnet, stinken nach der Mittagspause aber nach Frittenfett oder BigMac (<- "integrierte" Gastronomiekultur!). Sie fürchten den Verlust der "kulturellen Integrität" und zerbröseln ihre Hirne mit Unterschichtfernsehen. Sie regen sich über den Missbrauch des Sozialstaats auf, betrügen aber selbst bei Steuererklärungen und Haftpflichtversicherungen. Sie meinen, das Verbrechen käme aus dem Ausland, verdreschen aber ihre Frauen und Kinder und klauen samstags bei REWE.


    Integration wäre für mich, wenn diese Deppen einfach mal die Fresse halten würden. ;-)


    (Edit: Ich weiß, dass ich in diesem Text umgekehrt verallgemeinere, aber das ist hier ein Stilmittel. ;-))

  • Eine gewisse Integration nach Emigration ist meines Erachtens auch im Interesse der Emigranten. Ich komm ja auch aus so einer Multikultisippschaft, die quer über den Globus verteilt ist.


    Jeder hat zugeschaut, dass er halbwegs die Sprache seiner neuen Heimat erlernt und dass die Kinder sie auch lernen. (Die können das schneller als die alten.) Dann hat man die Kiddies in die Schule geschickt und sie angehalten, ordentlich aufzupassen und einen möglichst lukrativen Beruf zu ergreifen. Denn wie fast alle Eltern, egal wo auf der Welt, wollten auch die Eltern in unserer Familie, "dass es den Kindern mal besser geht" als ihnen selbst.


    Wenn man sich anpasst, um im neuen Land irgendwie mitwursteln zu können, verändert man sich schon ein wenig. Man wird ein bisschen Ami, ein bisschen Aussie, ein bisschen deutsch ... oder wo auch immer die Mischpoche gelandet ist. Ein wenig von der ursprünglichen kulturellen Identität geht dabei vermutlich geflöten. Wo ein paar neue Verhaltensweisen dazukommen, mussten alte Muster weichen.


    Aber wenn ich in ein anderes Land gehe, kann ich eigentlich nicht ganz der Alte bleiben. Es sei denn, ich bewege mich in einer Parallelgesellschaft. Was mich nicht weiterbringt. Dann hätte ich gleich zu Hause bleiben können. Denk ich jetzt mal.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • "Nix.


    ... meiner Beobachtung nach vor allem die Reihenhausheinis mit ihrer Sesselfurzerweltoffenheit..." :lache Klasse!


    Ich als Diplom-Soziologe könnte es nochmal verraten. Mein Mallebeispiel ist föllich korrekt, nö:
    Im Kern ist integriert (in seiner Reihenhausclique, seiner Trinkbruderschaft oder im Staate X), wer die jeweils geltenden Normen assimiliert,also in und auswendig kennt, sanktioniert, positiv anwendet und auch anwenden kann (wer in seinem Club Porsche fahren sollte, sollte sich einen leisten können), also nicht dagegen verstößt. Fertig.


    Porscheclub (könnte auch Entenclub sein):
    Keine Nationalität, keine Sprache notwendig, solange das Mitglied des Porscheclubs nur Porsche fährt und -sagen wir mal- die Norm erfüllt "pro Minute zu spät kommens eine Pulle Schampes inne Kasse". Es können auch kompliziertere Normen sein. Wichtig ist auch, dass er an Sanktionen teilnimmt: Wer den Schampes nicht rausrückt, dem wird ins Verdeck gepinkelt.
    Weitere Norm kann eine Mütze sein, ein Tischört, uniformierendes, der Zustand des Hobels (Vogelkacke is sowas von geht gar nich, ey, und Vorjahresmodell - gerade mal noch), bestimmte Großzügigkeitsgesten bei der Hotelwahl (beim Clubausflug) und Einladungen. Ein bestimmtes Mindestbenehmen usw. Alles Normen, die auch ohne Sprache zu kapieren sind.
    WENN sich jetzt im Porscheclub ein Parallelclub entwickelt, der nicht nur die Marke Porsche und das Schampessüffeln ablehnt, sondern sich auch noch gegen die Norm, ins Verdeck zu pinkeln sträubt und Vogelkacke auf der Motorhaube (Enten-Scharia) für gut hält, hammern Problem, nen Konflikt. Konkurrierende Normen (Porschenorm vs. Enten-Scharia), gegensätzliche Bestimmungen, sind im gleichen Verein nicht vereinbar, weshalb er ja Verein heißt. Solange sich die Haupt- und Untergruppe aus dem Weg gehen ... Aber im Prinzip muss der Zoff ausgetragen werden. Es kann nur ein Normenkatalog gelten und der muss durchgesetzt werden.

  • In Kleinigkeiten wird sich so ein Normenkatalog mit der Zeit auch wandeln und anpassen. Aber ich glaube nicht, dass eine Mehrheit ihre Normen nach den Vorstellungen einer Minderheit ausrichtet, es sei denn, es brächte dieser Mehrheit einen deutlichen Vorteil. Oder sie wird dazu gezwungen.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Vandam ()