Verlag: Karl Blessing Verlag, 2010
Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
Originaltitel: Solo
Aus dem Englischen Übersetzt von Barbara Heller
Kurzbeschreibung
Trägt jeder Mensch ein verborgenes Wissen in sich, das der Welt von Nutzen sein könnte? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage blickt Ulrich auf sein Leben zurück, das beinahe das gesamte turbulente zwanzigste Jahrhundert umfasst. Er erinnert sich an seine Leidenschaft für die Chemie und die Musik, eine starke Freundschaft und eine große Liebe. Doch seine Talente konnte er nicht ausleben, sein bester Freund starb jung, seine Frau verließ ihn und ging mit dem gemeinsamen Sohn nach Amerika. Der erblindete, nun fast hundertjährige Ulrich bricht noch einmal aus und lässt seine trostlose Plattenbauwohnung in Sofia hinter sich – zumindest in seiner Fantasie: In einem Tagtraum überwindet er politische und private Zwänge und erfindet sich ein neues Leben, das nicht im Bulgarien des zwanzigsten, sondern im New York des einundzwanzigsten Jahrhunderts angesiedelt ist – ein schnelles, buntes Leben voller Möglichkeiten und kreativer Energie.
Rauschhaft erzählt Solo die zwei großen Lebensgeschichten eines Mannes und ergründet so den Nutzen einer jeden menschlichen Existenz. Ein episches Meisterwerk voller lebendiger Figuren und ihrer ungewöhnlichen Geschichten, voller wundersamer Mythen und historischer Begebenheiten.
Über den Autor
Rana Dasgupta wurde 1971 in Canterbury geboren und wuchs in Cambridge auf. Er studierte französische Literatur und Medienwissenschaften in England und den USA. Nach seinem Studium war er einige Jahre als PR-Manager tätig. Er hat in Frankreich und Malaysia gelebt, und heute arbeitet er als freier Autor in Delhi. Sein Debüt „Die geschenkte Nacht“ kam auf Anhieb in die Top Ten der indischen Bestsellerliste und wurde für den Hutch Crossword Book Award nominiert, den bedeutendsten indischen Literaturpreis.
Meine Meinung
Nach dem Erzählungsband Die geschenkte Nacht von Rana Dasgupta ist dies sein erster Roman.
Rana Dasgupta strukturiert seinen Roman ambitioniert und versucht, die Themen des Textes durch Musikalität und chemische Elemente zu harmonisieren. So wird der erste Teil des Buchs als 1. Satz „Leben“ bezeichnet, die Kapitel tragen als Überschrift chemische Elemente des Periodensystems wie Magnesium, Radium, Uran usw. Der zweite Teil heißt 2. Satz „Tagträume“ und ist ungewöhnlicherweise mit Kapitelüberschriften ausgestattet, die Walarten bezeichnen: Narwal, Beluga, Dugong u.a.
Diese Struktur ist ein origineller Ansatz, der Text selbst kann diesen Ansatz aber leider nicht durchgängig tragen.
Anfangs wird in Rückblenden vom Leben des blinden und fast 100jährigen Ulrich und dabei gleichzeitig auch über Bulgarien erzählt. Das erzeugt ein episches Lesegefühl.
Als Ulrichs Vater in den ersten Weltkrieg zieht und verletzt zurückkehrt, ist Ulrich noch ein Kind. Nach anfänglichem Interesse für Musik, beschäftigt er sich intensiv mit Wissenschaften, speziell Chemie. Ulrich studiert Chemie in Berlin und trifft dort sogar Albert Einstein. Als die Nationalsozialisten an die Macht kommen, kehrt er nach Bulgarien zurück.
Ulrich ist ein ruhiger, verschlossener Mensch, nach einer kurzen Liebesbeziehung und Ehe lebt er lange mit seiner Mutter zusammen. Nach dem zweiten Weltkrieg beginnt in Bulgarien die sozialistische Ära, die Ulrichs politisch engagierte Mutter sogleich vorübergehend in ein Konzentrationslager führt. Das sind keine glücklichen Jahre und 2 Jahre nach dem Tod seiner Mutter erblindet Ulrich bei einem Unfall.
Als alter Mann ergeht er sich in langen Tagträumen, die zum zweiten Teil des Romans überleiten. Ulrich kann in seinen Tagträumen wieder sehen, befindet sich in New York, trifft sogar seine längst tote Jugendfreundin wieder, es wird ihm bewusst, dass es sich nur um einen Traum handelt. Aber eigentlich handelt jetzt die Geschichte überwiegend von anderen Protagonisten.
Das ruiniert mir ein wenig das Buch. Im ersten Teil war Ulrichs Leben mit den Wendungen in Bulgarien über einen langen Zeitpunkt verknüpft. Das hatte mich trotz der verhaltenen Erzählweise mit sperrigen Charakteren durchaus interessiert, der zweite Teil kommt mir belanglos vor und konnte mich nicht wirklich fesseln.
Es gibt genug gute Passagen, dass es sich für mich gelohnt hat „Solo“ zu lesen, aber eine richtige Empfehlung kann ich nicht aussprechen. Es bleiben 6 von 10 Punkten und doch auch Bewunderung für einen Autor, der den Mut hat, eine ungewöhnliche Erzählstruktur zu riskieren. „Solo“ ist ein Buch, auf das sich der Leser einlassen muss!