Der Minnesänger
Autor: Tim Pieper
Verlag: Heyne
Taschenbuch - 477 Seiten
Kurzbeschreibung von Amazon
Eine Liebe größer als der Tod Es ist ein Privileg, als Sohn eines unfreien Lehnsherrn in einem Kloster ausgebildet zu werden. Hartmann von Aue weiß das zu schätzen. Als sich der junge Mann in die Nachbarstochter Judith verliebt, lernt er das Harfespielen nur, um seiner Angebeteten ein Lied zu singen. Bis der Minnesänger sie wiedersieht, vergehen Jahre voller Sehnsucht und Gefahren. Jahre, die den Ritter auf den Kreuzzug führen und die zu Unrecht des Giftmordes beschuldigte Heilerin in den Kerker. Wird er ihr je von seiner Liebe singen können? Ein faszinierendes Leben: der Dichter und die Heilerin.
Über den Autor von www.timpieper.net
Tim Pieper, geboren 1970 in Stade, studierte nach einer Weltreise Neuere und Ältere deutsche Literatur und Recht. Sein Hauptinteressengebiet ist die deutsche Geschichte. "Der Minnesänger" ist sein Debütroman. Seit 2010 ist er Mitglied bei "Quo Vadis" (Autorenkreis historischer Roman). Tim Pieper lebt in Berlin, wo er an seinem zweiten historischen Roman arbeitet.
Meine Meinung
Tim Pieper rekonstruiert in „Der Minnesänger“ das Leben des Dichters und Schriftstellers Hartmann von Aue, wie es gewesen sein könnte. Leider fehlt ein Nachwort, das darüber informiert, was im Roman auf überlieferten Informationen beruht, und was hinzugedichtet wurde, jedoch finden sich diese Angaben zum Teil auf der Homepage des Autors. So etwas finde ich bei historischen Romanen immer sehr wichtig.
Das Buch verfügt über ein Glossar der vorkommenden historischen und lateinischen Begriffe, sowie über Quellenangaben der Dichtertexte.
Als absolut makellos muss ich den Schreibstil des Autors bezeichnen. In flüssiger, allzeit verständlicher Sprache führt er durch die Geschichte, ein Stocken im Sprachfluss habe ich nicht einmal erlebt. Die Seiten fliegen nur so dahin, weil der Autor es dem Leser im Roman so richtig „gemütlich“ macht. Einzig die Verse und Reime wirken leider etwas gequetscht, weil die Absätze mit Querstrichen markiert wurden. Vermutlich musste der Verlag Platz sparen.
Zum Inhalt möchte ich kaum Worte verlieren. Es ist die Lebens- und Liebesgeschichte des Dichters sowie seiner großen Liebe Judith. Die Liebe ist hier an jeder Stelle treibende Kraft, und auch wenn das Paar über weiteste Teile getrennt ist und es Nebenhandlungen gibt, würde ich das Buch in erster Linie als Liebesroman bezeichnen. Die Handlung ist oft vorhersehbar, trotzdem kam bei mir keine Langeweile auf, da das interessant gestaltete Umfeld der Figuren viel wieder rausriss.
Die historische Recherche erschien mir solide, bis auf eine Unsicherheit meinerseits (eine Bauerstochter im 12. Jhd. besitzt und trägt bunt gefärbte und bestickte Seidenstoffe?) habe ich dem Autor alles gerne geglaubt.
Gut, an manchen Stellen wurde es ein wenig übernatürlich - das hätte nicht sein gemusst, war aber zu verschmerzen.
Leider sind es diese Hauptfiguren, die ich als große Schwäche des Romans bezeichnen muss. Es fällt mir etwas schwer zu sagen, aber eine derartig aufdringliche Schwarzweißzeichnung habe ich wirklich schon lange nicht mehr erlebt. Die Guten sind grundgut, schön, gepflegt und auf 475 von 477 Seiten frei von Fehlern oder fehlbaren Gedanken. IdR können sie alles was sie anfassen sofort und grundsätzlich besser als die anderen. Wenn sie sich durch eigene Entscheidungen in Schwierigkeiten bringen, dann nur, weil sie ihrer Zeit weit voraus sind.
Die Bösen dagegen sind hässlich, ungepflegt, haben Läuse im Schritt, treten Hundebabys und lassen an Motivation für ihre bösartigen Handlungen völlig vermissen.
Gerade Antagonist August konnte ich irgendwann einfach nicht mehr ernst nehmen, seine Figur nahm Ausmaße an, die nur noch satirisch wirkte. Wenn das gewollt war, war es lustig.
Aber auch andere Figuren, Judith z.B., waren mir zu klischeehaft und in ihren Handlungen nicht immer nachvollziehbar.
Am betsen gefiel mir noch der geldgeile Pfaffe Lampert, als dieser ins Spiel kam, blitzte der Humor des Autors richtig auf.
Für mich sind die Figuren das Wichtigste in einem Roman, sobald diese für mich nicht lebendig werden, sondern eher Schablonen bleiben, fällt es mir schwer, wirklich mit ihnen mitzufiebern. Das Mitfühlen blieb für mich völlig aus, denn die Protagonisten wurden nicht "echt", sie berührten mich nicht, bzw. nur an ganz wenigen Punkten. Teilweise waren die Nebenfiguren besser gezeichnet als die Helden des Buches.
Zusammenfassend: Ein netter Schmöker ohne viel Tiefe, jedoch äußerst unterhaltsam, dem es für mich leider an vielschichtigen, glaubwürdigen Hauptfiguren mangelt. Wer jedoch ein solides Schwarz-Gegen-Weiß mag, und Liebesromanen nicht ganz abgeneigt ist, der wird dieses Buch sicher sehr mögen oder gar lieben.
6-7 von 10 Punkten.