Kurzbeschreibung
Judith End ist eine junge, alleinerziehende Mutter, mitten im Studium, als sie in ihrer Brust einen Knoten ertastet und ihre Welt aus den Fugen gerät. Eben noch war sie dabei, sich frisch zu verlieben, jetzt quält sie sich mit der Frage, bei wem ihre Tochter Paula aufwachsen soll, falls sie sterben sollte. Operation folgt auf Operation, Chemo- und Strahlentherapie schließen sich an. An den guten Tagen vor dem nächsten Infusionstermin versucht Judith mit Paula in den alten, unbeschwerten Alltag zurückzukehren. Und sie lernt trotzig auf ihr Examen und legt die Prüfungen ab. Am Schluss der Prozedur hat sie beides: Hoffnung, den Krebs überwunden zu haben, und ein Einserexamen. Judith End ist eine Autorin, deren Erzähltalent, deren Sinn für Dramatik, deren offene Nüchternheit und deren großes Maß an Selbstironie Leserinnen und Leser von der ersten Seite an in ihren Bann schlagen.
Über den Autor
Judith End, geboren 1981, studierte Medienkultur, Literatur und Soziologie in Hamburg und brachte 2002 ihre Tochter Paula zur Welt, die sie allein erzieht. In ihrer Magisterarbeit beschäftigt sie sich mit der »Vorstellung vom irdischen Paradies«, als sie im Herbst 2006 die Diagnose Brustkrebs erhält. Was dann geschieht, ist die Geschichte ihres Buches "Sterben kommt nicht in Frage, Mama!". Heute arbeitet Judith End als Lektorin in einem Hamburger Hörbuchverlag.
Meine Meinung.
Judith End wollte alles schreiben, nur keine Betroffenheitsliteratur.
Leider gelingt ihr das nicht konsequent und bis zum Schluß. Was allerdings keineswegs an ihrem lakonisch witzigen Schreibstil liegt, sondern schlichtweg an der Geschichte, die sie erzählt.
Ihrer Geschichte.
Diese Geschichte macht betroffen. Da kann die Autorin noch so taff, witzig, egoistisch, bisweilen sogar ein wenig gemein daher kommen. Wenn man die junge attraktive Frau vom Cover vor Augen hat und sich diese dann ohne Brust und mit Glatze vorstellt, dann kann man nicht anders, als betroffen werden.
Aber was ist so schlimm an ein bisschen Betroffenheit? Ein bisschen Mitgefühl? (Ich schreibe bewusst nicht das Wort Mitleid!!)
Eigentlich nichts. Es macht uns ein bisschen weicher, ein bisschen angreifbarer, ein bisschen verletzlicher.
Wer sich hier voyeuristisch am Leid einer anderen weiden möchte, der ist falsch aufgehoben. Denn Judith End leidet zwar, hier und da lässt sie sich sogar ein wenig tief in ihr Selbstmitleid sinken, aber sie zahlt es all den scheinheiligen „Wie geht’s“-Fragern durch bissige markige Sätze heim.
„Was nützt einem die Gesundheit, wenn man sonst ein Idiot ist?“ zitiert sie Adorno.
Und findet ein paar Seiten Trost in den Worten: „So lange ich lesen kann, bin ich lebendig!“
Normalerweise mache ich um besagte Betroffenheits-Tränendrüsen-Literatur einen großen Bogen und gerade diese Autobiographien zum Thema: Ich bin sterbenskrank, lassen mir gewöhnlich eine kalte Gänsehaut den Rücken runter laufen.
Aber hier schreibt eine junge Frau, die durchaus etwas von der Schreiberei versteht. Die sich ausdrücken kann, die ein gutes Gespür für den richtigen Moment und die passenden Worte hat.
Tagebuchliteratur habe ich irgendwo in einer nicht ganz so wohlwollenden Rezension gelesen.
Ja, es ist Tagebuchliteratur, denn es ist in Form eines Tagebuchs abgefasst, aber es ist so ein gutes Tagebuch, dass es schade gewesen wäre, wenn es ungelesen in einem Geheimfach des Schreibtisch versauert wäre. So manch anderem Buch würde ich dieses Schicksal dringen wünschen. Diesem nicht.
Schonungslos berichtet Judith End von ihrer Krankheit. Vom Kotzen, vom Angepiekst werden, was mit einem Pieksen eigentlich nichts zu tun hat, von Fremdkörpern in ihrem Körper, von Selbsthass, Eitelkeit einer Kranken, der fehlenden Brust, der Hilflosigkeit. Sie erzählt von den Problemen ihrer 4-jährigen Tochter begreiflich zu machen, warum Mami plötzlich ein „Glatzenmonster“ ist. Sie erträgt Vorurteile, gute Ratschläge von Menschen, die nie in ihrer Situation waren und auch manche saudämliche hilflose Äußerung ihrer Mitmenschen. Sie berichtet von gefühllosen Ärzten, von Machtlosigkeit, von verbissenem Lernen um ein Ziel zu haben, daß nicht Infusionstermin heißt und von einem Examen mit "Krebsbonus", von dem Problem nicht behindert genug für einen Rabatt zu sein und von Männern, die zu feige sind, mit einer Diagnose zu leben, vor der SIE nicht weglaufen kann.
Diese junge Frau, die genauso alt ist wie ich, geht ins Sanitätshaus Prothesen-Badeanzüge kaufen, erfindet einen neuen Kopftuchlook und will doch eigentlich nur das tun und genießen, was so viele andere ebenfalls tun: Leben!
Das Buch erscheint am 04.10.2010.
Ich habe es als Leseexemplar im Rahmen des Amazon-Vine-Programms erhalten.
Eine Rezensionssperrfrist liegt somit nach Angabe von Amazon nicht vor.