Es ist das Ende von Siquilliya, wie wir es kennen. (Seite 213)
320 Seiten, 1 Landkarte, kartoniert
Originaltitel: A Sultan in Palermo
Aus dem Englischen von Ursula Pesch undKarin Schuler
Verlag: Heyne Verlag, München 2007
ISBN-10: 3-453-35025-1
ISBN-13: 978-3-453-35025-0
(Angaben für die lieferbare TB-Ausgabe, gelesen habe ich das HC)
Zum Inhalt (Quelle: Klappentext)
Sizilien 1153. Das muslimische Palermo kann sich an Größe und glanz mit Bagdad und Cordoba messen. Die Normannen halten die Insel besetzt, aber die arabische Sprache und Kultur beherrschen den Hof von König Rujari (Roger II.), dem Sultan von Palermo. Er umgibt sich mit muslimischen Intellektuellen, mit Konkubinen und einem Staat begabter Eunuchen.
Der Gelehrte Muhammad al-Idrisi hat im Auftrag von Rujari eine Geografie der Welt verfaßt. Als Idrisi nach Palermo zurückkehrt, findet er den Regenten krank und schwach vor. Mit dessen nahendem Tod neigt sich auch die Ära der Toleranz auf Sizilien dem Ende zu, in der Christen, Juden und Muslime friedlich zusammenlebten. Vom Sterbebett aus will der König seine Loyalität zur katholischen Kirche beweisen und dafür einen seiner truesten Weggefährten opfern. Die Muslime der Insel rüsten zum Aufstand. Idrisi wird in einen Strudel politischer Wirren gezogen, der sein ganzes Leben verändert.
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Über den Autor (Quelle: Büchereulen-Autorenporträt)
Tariq Ali wurde 1943 im pakistanischen Lahore geboren, wo er die Wirren im Kampf um die Entkolonialisierung und Spaltung Indiens am eigenen Leibe miterlebte. Als 20jähriger emigrierte er nach London, um Politik und Philosophie zu studieren und beteiligte sich dort aktiv an der Studentenbewegung. Er arbeitet heute als Historiker, Philosoph, Schriftsteller, Filmemacher und Journalist und veröffentlichte zahlreiche Bücher und Essays zu weltgeschichtlichen und politischen Themen, aber auch Bühnenstücke, Drehbücher und Romane.
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Meine Meinung
"Eine interessante, wenn auch teilweise etwas unpersönlich erzählte Geschichte (...)", so begann milla ihre Rezi zu „Im Schatten des Granatapfelbaums“. Wenn ich es recht bedenke, könnte ich das auch über dieses Buch sagen. Ich bin darauf gestoßen, als ich in der Stadtbücherei Romane (im weitesten Sinne) über den Islam in Europa gesucht habe; das ist eines der wenigen, welches die Suche ergab.
Es wird hier ein Kapitel europäischer Geschichte beleuchtet, von dem ich, so ungern ich es zugebe, noch nie etwas gehört habe. Ich wußte zwar, daß es einstens ein islamisches Spanien gab, nicht jedoch, daß das auch für Sizilien galt. Das Buch erstreckt sich über den Zeitraum von einigen Monaten, entscheidenden für die erzählte Geschichte. König Roger II., oder Rujari, wie er im Buch genannt wird, steht kurz vor seinem Tod und will die Herrschaft seiner Familie für die Zukunft sichern. Dazu braucht es den Pakt mit dem Adel und der Kirche; um diesen zu sichern, soll es ein „Blutopfer“ geben: einer seiner engsten Vertrauten wird unter falscher Anklage zum Tode verurteilt. Damit ist, wenn man so will, der Frieden zwischen den Religionen aufgekündigt. Mitten in diese Turbulenzen hinein gerät der Gelehrte al-Idrisi, enger Freund und Berater des Sultans. Dazu kommen etwas, hm, verworrene bis seltsame Familienverhältnisse.
Die historischen Ereignisse scheinen, wenn ich mir den Wikipedia-Artikel durchlese, weitgehend zutreffend geschildert zu sein. Allerdings muß man wissen, daß das Buch durchgehend aus Sicht der Moslems geschrieben ist. Diese sind immer gut, die Christen fast immer böse. Juden kommen kaum vor, und wenn, zählen sie auch zu den „Guten“. Diese offene Parteinahme war von dem Autor zwar zu erwarten, trübt aber ein bißchen den Lesegenuß. In den letzten gelesenen Büchern waren „gut“ und „böse“ nicht so absolut eindeutig verteilt, was mir realistischer erschien.
Gewöhnungsbedürftig war, daß durchgehend die arabischen Orts- und Personennamen Verwendung fanden. Zum Glück gibt es zu Beginn ein Glossar, in dem die uns geläufigen Namen und Begriffe aufgeführt sind. Hilfreich ist auch die Übersichtskarte zu Sizilien, auf der die für die Handlung wesentlichen Orte verzeichnet sind. Besonders gefallen haben mir die Kapitelüberschriften: in ein, zwei Sätzen wurde zusammengefaßt, was passieren wird. Diese Überschriften haben bisweilen mehr „Stimmung“ erzeugt als die nachfolgenden Kapitel.
Ferner blieb ich irgendwie auf Distanz zu den Protagonisten. Ich konnte mir die meisten zwar gut vorstellen, hatte auch einen Film
im Kopf, doch es hat mich wenig bis gar nicht emotional berüht.
(Achtung: massiver Spoiler, wer ziemlich weit hinten im Buch stirbt)
Ein Gesamturteil fällt mir etwas schwer. Einerseits eine interessante, durchaus fesselnde Geschichte, andererseits konnte ich so gar keine Beziehung zu den Handelnden aufbauen. Es war, als ob ich mir einen Film mit einer dramatischen bis tragischen Handlung ansehe, dabei in Ruhe Popcorn esse, Cola trinke, ab und zu Parallelen zu unserer heutigen Welt entdecke - und vom dargestellten Leid unberührt bleibe. Das ist mir eigentlich zu wenig. „Im Schatten des Granatapfelbaums“ habe ich mir kürzlich als Mängelexemplar gekauft. Ich bin gespannt, ob es mir damit genauso ergehen wird.
Bis dahin will ich den Gelehrten al-Idrisi in sein weiteres Leben entlassen:
Er würde Badgad besuchen, die Stadt, die immer die ihre bleiben würde. Die Stadt, die nie fallen würde. Die Stadt, die nie fallen würde.
Kurzfassung:
In eher nüchterner Form wird aus moslemischer Sicht der Beginn vom Ende des friedlichen Zusammenlebens auf Sizilien erzählt.
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