Furien in Ferien - Karin Rick

  • Der Verlag über das Buch


    Partys, abenteuerlustige Engländerinnen, ruhige Stunden am Strand - es hätte ein wunderbarer Lesbos-Aufenthalt für Klara, Livia und Gini werden können. Doch dann überschattet eine Reihe brutaler Überfälle die heitere Urlaubsstimmung. Auf offener Straße werden einheimische Männer von einer "weißen Gestalt" angegriffen und mit dem griechischen Buchstaben Sigma gebrandmarkt. Die drei Frauen gehen, ebenso wie Yakis, der Ermittler aus Athen, der Sache auf den Grund. Dabei stoßen sie auf die intriganten Machenschaften des Bürgermeisters Theofilos, der es als seine persönliche Vendetta ansieht, Skala Eressos von "den Weibern zu säubern". Aber er hat nicht mit den drei Wienerinnen gerechnet!
    Ein spannender Showdown ist vorprogrammiert!
    Karin Ricks neuer Roman zieht die Leserinnen und Leser in ein turbulenten Abenteuer von Liebe und Verbrechen!


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    In der ersten Hälfte dieses Buches haben sie mich fast geschafft, die Frauen auf Lesbos. Ihr kennt sicher diese Rätsel: Klara ist die, die bei fast allen Überfällen Zeugin geworden ist, Livia ist Anfang 20, Sandy hat weißblondes Haar, Gini übernachtet am Strand – auf wen steht Maggie? Ich hatte keine Ahnung, wer wer war, und die meisten Figuren blieben zunächst so blass, dass es mir auch relativ egal war. So schön ein ganzer Urlaubsort voller Lesben sein mag, hier wuselten mir zu viele herum, und fast wären die Furien ganz unstandesgemäß in der Ecke gelandet. Aber weil das Buch so schön zum Thema "Lesbos" passt, mit dem ich mich gerade beschäftigte, hatte ich mir nun einmal vorgenommen, es zu rezensieren. Und dieser feste Vorsatz war mein Glück.


    Denn Karin Rick kann schreiben. Das zumindest merkte ich von Anfang an. Und in Kapitel 13 tat sie das zum ersten Mal so konsequent, dass es endlich auch mich packte. Zwei Frauen haben Sex am Strand der Lesben-Hochburg Skala Eressos – für weniger souveräne Schreiberinnen wäre dies die höchste Klischee-Alarmstufe gewesen. Aber Karin Rick meistert den Höhepunkt, und sie beweist ihr Potenzial auch in den anderen Kapiteln. Da finden sich immer wieder fließende Passagen, unverbrauchte Bilder, da zeigt sich ihre Erfahrung im Umgang mit der Sprache, als Schriftstellerin wie als Übersetzerin.


    Doch à propos Alarmstufe. Unsere Frauen scheinen sich zunächst erstaunlich wenig an dem zu stören, was um sie herum passiert. Mal ehrlich - was für ein Urlaub ist es, wenn schon am Flughafen der erste Überfall direkt neben einem geschieht, wenn immer wieder geheimnisvolle, brutale Angriffe stattfinden, wenn der Strand abgeriegelt, durch Polizisten überwacht und schließlich sogar mit einem Stacheldrahtverhau "geschützt" wird? Ist es einem dann wirklich noch wichtig, die verwirrenden und verwirrten Beziehungsgeflechte zwischen fast unbekannten Frauen zu beobachten und sich selbst hineinzuschlingen? Was gibt es noch zu überlegen, wenn man dann durch Zufall brisante Unterlagen in die Hand bekommt, von denen man nicht genau weiß, was sie bedeuten, außer dass sie möglichst schnell in die Hände der Staatsgewalt gelangen sollen?


    Sehr glaubwürdig erschien es mir nicht, wie Karin Rick ihre Figuren diese Fragen beantworten lässt. So wurde ich zwar etwas neugierig, ob und wie der Bürgermeister mit dem vielsagenden Namen Theofilos (zu deutsch etwa "Gottlieb") in das Geschehen verwickelt ist und was all das mit dem Tod seiner Tochter zu tun hat, aber rechte Spannung stellte sich trotz eigentlich dramatischer Ereignisse in den teilweise dunklen und engen Gassen der Trauminsel noch nicht ein. Da half es auch nicht, wenn die Autorin es mit Humor versucht und sich der "Wet T-Shirt Contest" entpuppt als... aber ich will ja nicht zu viel verraten.


    Zumal sich das Weiterlesen lohnt. In der zweiten Hälfte gewinnt die Geschichte an Tempo. Die sympathischste Figur des ganzen Buchs, nämlich der von den örtlichen Behörden misstrauisch beäugte staatliche Ermittler – ein Mann! – nimmt größeren Raum ein, und seine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bürgermeisters werden plausibler. Dass ihm ein paar Zufälle in die Hände spielen, wollen wir der Autorin verzeihen, denn auf einmal interessiert uns doch, was Gini dort im Internet-Café herausgefunden hat, welchen mysteriösen Ausflug Livia mit dem Sohn des Bürgermeisters unternimmt und ob Klara – aber damit hat der sympathische Mann dann zum Glück doch nichts zu tun – zu ihrer ersehnten Urlaubsromanze kommt.


    Es werden falsche Fährten gelegt, es werden Spuren aufgedeckt, die die Leserin selbst gleich ins nächste Internet-Café eilen lassen (gibt es das durch Zufall aufgetauchte Buch über die matriarchalische Auslegung der Göttermythen wirklich? und was steckt dahinter?), und der "spannende Showdown" lässt tatsächlich nicht lange auf sich warten.


    Für Lesbos-Kennerinnen mag es zudem reizvoll sein, die geschilderten Lokalitäten mit ihrer eigenen Erfahrung zu vergleichen. Zumal vor Jahren tatsächlich ein Vertreter der Amtsgewalt auf Lesbos versuchte, dem unmoralischen Treiben der so genannten "allein reisenden Frauen" einen Riegel vorzuschieben. Nicht-Kennerinnen, die sich Appetit auf Lesbos, auf Frauen, auf Bücher holen wollen, empfehle ich für die erste Hälfte des Buchs ein gutes Glas griechischen Wein, der beim Einstimmen und Durchhalten hilft - und für die zweite Hälfte starke Nerven für einen spannenden Frauenkrimi!

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)