Anja Jonuleit - Herbstvergessene

  • Zum Inhalt:


    Maja Sternberg hat zehn Jahre lang so gut wie keinen Kontakt zu ihrer sehr selbstbewussten, karriereorientierten Mutter Lilli gehabt, als sie sich nach einem überraschenden Anruf von ihr und der Bitte um ein Treffen auf den Weg nach Wien macht. Doch sie kommt zu spät: die Mutter ist tot, die Polizei geht von Selbstmord aus, was Maja nicht glauben kann und will. Von Schuldgefühlen geplagt beginnnt die konsternierte Tochter, den Nachlass zu regeln und stößt dabei auf überraschende Entdeckungen: Lilli scheint in einem sogenannten „Lebensborn“-Heim, einer Einrichtung der Nazis für ledige Mütter, auf die Welt gekommen zu sein, außerdem ähnelt das Kind auf einem Bild von der Großmutter aus dieser Zeit kein bisschen der späteren Lilli. Maja lässt nicht locker und taucht immer tiefer in die Familiengeschichte ein, lernt dabei Roman Sartorius kennen, zu dem sie sich trotz einer bestehenden Partnerschaft seltsam hingezogen fühlt und stößt schließlich auf ein Manuskript, das Unglaubliches enthüllt…


    Meine Meinung:


    Über weite Teile wechseln sich in diesem Buch je ein Kapitel aus der Sicht von Maja und ein Kapitel des Manuskriptes ab, das von der weit zurückliegenden Vergangenheit erzählt. Die Vergangenheitsteile erlebte ich als spannender und intensiver, wohingegen die Gegenwartselemente stark beginnen, in der zweiten Hälfte jedoch nachlassen und gegen Ende hin sehr konstruiert wirken. Gut gefallen hat mir, dass in Majas Erzählung konstant eine nachspürbare düstere Atmosphäre vorherrscht, geprägt von ihrem Seelenzustand nach dem Tod ihrer Mutter und von ihren Schuldgefühlen, als Tochter versagt zu haben. So erscheint die Ich-Erzählerin anfangs auch recht sympathisch mit ihrer Seelenpein und ihrem Willen, alles Verborgene in der Lebensgeschichte ihrer Großmutter ans Licht zu bringen sowie Gewissheit zu erlangen, ob Lilli nun Freitod begangen hat oder ob doch mehr dahintersteckt. Leider hat Maja dabei immer wieder ruckartige Eingebungen, an mehreren Stellen wird ihr „plötzlich etwas klar“ und „unmittelbar weiß sie etwas“, das finde ich stilistisch unsauber und abgesehen davon reichlich theatralisch.


    Ohne inhaltlich allzu viel verraten zu wollen, wirkt das beinahe krimiartige Ende auf mich ein wenig überkonstruiert und auch in seiner Ausprägung unglaubwürdig, wenn auch nicht völlig von der Hand zu weisen; insgesamt sind es wie anfangs erwähnt die Manuskriptteile, die mich mehr zu fesseln vermochten und die einfach stringenter sind.
    Vom Schreibstil her gibt es abgesehen von Majas erratisch auftretenden plötzlichen Erkenntnissen nichts zu bemängeln, über weite Teile lässt sich das Buch durchaus angenehm und flüssig lesen, wenn auch an manchen Stellen in der Gegenwart eine Langatmigkeit nicht ganz von der Hand zu weisen ist.


    Fazit: so ganz hält das „Herbstvergessene“ nicht, was die Leseprobe versprach, schlecht ist es aber auch nicht. Eine Familiengeschichte mit drei Frauengenerationen und einigen dunklen Geheimnissen, in der schlussendlich zwar nicht alles ganz logisch erscheint, man aber auch nicht das Gefühl hat, Lesezeit verschwendet zu haben.

  • Les ich jetzt und bin gespannt, die Leseprobe fand ich eigentlich sehr viel versprechend, allerdings finde ich das Cover einfach nur schrecklich!


    Edit:


    Zunächst möchte ich etwas zu der Aufmachung des Buches sagen, die einfach schrecklich hässlich ist. Läßt sich anders nicht sagen. Diese Herbstblätter und das alte Foto vorne drauf suggerieren aus meiner Sicht eine vollkommen andere Geschichte, als das was der Roman letztlich darstellt. Es wirkt ein bisschen billig und schönes Design sieht wahrlich anders aus.
    Gekauft hätte ich mir das Buch in dieser Aufmachung unter gar keinen Umständen.
    Es wirkt einfach langweilig und altbacken.
    Langweilig und altbacken ist allerdings dann auch der Text zu großen Teilen. Immer wieder wurde ich ungeduldig, weil ich die Schlüsse, die die Protagonistin noch ziehen muß, bereits viele Seiten vorher gezogen hatte und mich dann über die Naivität und Begriffstutzigkeit der Protagonisten ärgerte.
    Überhaupt war die Hauptperson nicht gerade ein Sympathiebolzen, was mich immer ein wenig stört. Ich hab es zu keinem Zeitpunkt geschafft zu dieser Frau eine Verbindung herzustellen, da sie für mich immer wieder dumm und nicht nachvollziehbar handelte. Sehr schade, da die Leseprobe zunächst wirklich sehr viel versprechend war.
    Die Geschichte an sich ist auch eine spannende, die auch Aspekte des 3. Reichs beleuchtet, die mir bisher weniger geläufig waren, leider schafft es die Autorin nicht die Spannung dieser wirklich guten Geschichte auch in ihrem Stil zu transportieren. Immer wieder zieht sie das Buch mit den Schilderungen von Banalitäten unnötig in die Länge. Ein sehr strikt kürzendes Lektorat, hätte dem Buch aus meiner Sicht sehr gut getan. Außerdem stört es mich immer ein wenig, wenn die Protagonisten in Büchern so wohlhabend sind, dass sie nicht der Arbeit nachgehen brauchen, mehrere Wohnungen unterhalten können, etc, obwohl sie der Beschreibung nach eigentlich eher der Mittelschicht zu zuordnen wären. Das erscheint mir dann immer ein wenig zurecht gestrickt.


    Fazit:
    Grundsätzlich eine sehr unterhaltsame und spannende Geschichte, die aber aufgrund der schrecklich dämlichen Protagonistin und der hier und dort auftauchenden Langeweile nicht ihr volles Potential ausschöpft. Schade, da hatte ich wesentlich mehr erwartet.

  • Als ich das Buch erhalten habe, kam mir auch zuerst der Gedanke, wie hässlich das Cover doch ist. Aber gut, danach kann man ja nicht gehen.


    Mir hat die Leseprobe auch sehr zugesagt und doch konnte ich anhand derer nicht absehen, welche Richtung die Geschichte nimmt. Die Geschichte um Maja fand ich weniger interessant, sondern mich hat das Manuskript gefesselt. Ich war mehrere Male total versucht, die Seiten der Gegenwart einfach zu überblättern und nur die Geschichte von Lilli zu lesen. Die traurige Geschichte!


    Auch für mich war vieles schon vorhersehbar und ich weiß nicht, ob ich im wahren Leben auch auf die Schlüsse gekommen wäre oder ob das beim Krimi-Lesen einfach anders ist. Jedenfalls dachte ich auch immer wieder, dass Maja doch recht naiv ist.


    Der Titel hat mich etwas verwirrt. Mir sagte "Herbstvergessene" nichts, bis es von der Autorin aufgeklärt wurde. Wollte aber auch nicht nachschauen, von daher kam das Ende des Manuskriptes doch sehr überraschend für mich :)


    Alles in allem fand ich die Geschichte aber schon spannend und unterhaltsam.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Das Buch „Herbstvergessene“ von Anja Jonuleit ist eine Mischung aus Frauenroman, Krimi und Familiengeschichte, verbunden mit tatsächlichen, geschichtlichen Begebenheiten.
    Maja, die jahrelang keinen Kontakt zu ihrer Mutter Lilli hatte, erhält eines Tages einen Anruf von Lilli. Sie möchte ihrer Tochter etwas Wichtiges mitteilen und bittet sie, zu ihr nach Wien zu kommen. Als Maja in Wien eintrifft, ist Lilli tot. Sie habe Selbstmord begangen, so heißt es, aber Maja zweifelt daran und begibt sich auf Spurensuche, die sie bis zum Leben ihrer Großmutter Charlotte in die Zeit des 2.Weltkrieges zurückführt. Dort scheint der Grund für ein lang gehütetes Familiengeheimnis zu liegen.
    Die Handlung spielt in der Ich-Form sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit, Die beiden Stränge werden durch verschiedene Schriftformen deutlich voneinander abgegrenzt und im Verlauf zusammengeführt. In der Gegenwart unternimmt Maja Nachforschungen nach den möglichen Ursachen von Lilli’s Tod, in der Vergangenheit berichtet Maja’s Großmutter von ihren Erlebnissen in einem Lebensborn-Heim der Nationalsozialisten. Durch diese Erzählform kommt Abwechslung in das Geschehen und nach und nach baut sich eine gewisse Spannung auf, bis es am Ende für fast alle Rätsel eine plausible Erklärung gibt.
    Die Erzählung lässt sich einfach lesen, holpert allerdings an manchen Stellen erheblich. Der Leser ist Maja in ihren Gedanken und ihrem Tun immer ein Stück weit voraus und möchte ihr beinahe auf die Sprünge helfen, verhält sie sich doch teilweise recht ungeschickt und naiv. Dahingegen sind die Abschnitte, die sich mit Charlotte und der Vergangenheit beschäftigen, einem schrecklichen Kapitel deutscher Geschichte, sehr interessant und informativ. Leider verliert sich Anja Jonuleit hier und da in zu detaillierte und schlichtweg überflüssige Beschreibungen, so dass es in der Handlung besonders in der Gegenwart nur schwerfällig vorangeht. Mit dem Schluss des Romans hat sich die Autorin meiner Meinung nach wenig Mühe gegeben, er wirkt zusammengeschustert und grenzt an Trivialliteratur.
    Bei „Herbstvergessene“ handelt es sich um die Geschichte dreier Frauen, die zwar stark sind, aber noch stärker sein könnten. Da Vergangenheitsbewältigung fast jeden betreffen kann und historische Ereignisse nicht vergessen werden sollten, ist die Thematik zeitnah und greifbar. Daher ist das Buch trotz einiger Schwächen und Ungereimtheiten durchaus lesenswert und unterhaltsam.

  • Zitat

    Original von Vandam
    Meine Buchvorstellung folgt in Kürze.


    Sacht mal, ist eigentlich im Roman angesprochen worden, wer Majas Vater ist? Mir ist das spontan nicht erinnerlich.


    Nein.

  • Hier ist wieder mal eine illustrierte Buchvorstellung. Die Information im Spoilerbereich kann man mitlesen, muss man aber nicht. ;-) Sie enthält keinen Geheimnisverrat, sondern nur weitere Informationen über die Personen und den Handlungsverlauf.


    ***


    Anja Jonuleit: Herbstvergessene – Roman, München 2010, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-24788-7, Softcover/Klappenbroschur, 428 Seiten, Format: 13,5 x 21 x 3,3 cm, EUR 13,90 (D), EUR 14,30 (A)


    „Ich hatte eine Mutter, der es schlicht zu langweilig war, sich um ein Kind zu kümmern. Da gab es nichts, wo sie glänzen konnte, keine Bühnen, auf den sie sich präsentieren konnte. Wissen Sie, dass sie meinen Geburtstag meistens einfach vergessen hat?“ (Seite 332)


    Die Raumausstatterin Maja Sternberg, 41, hat aus gutem Grund ein überaus distanziertes Verhältnis zu ihrer Mutter, der erfolgreichen Konferenzdolmetscherin Lilli. Seit 10 Jahren haben sie sich nicht mehr gesehen, abgesehen von einer kurzen Zwangsbegegnung auf einer Beerdigung. In all den Jahren haben sie lediglich Weihnachtskarten ausgetauscht.


    Aufgewachsen ist Maja in verschiedenen Internaten und bei ihrer Großmutter Charlotte. Seit deren Tod ist das Thema „Familie“ für sie erledigt. Umso überraschter ist sie, als Lilli eines Tages bei ihr anruft und sagt: „Es gibt da etwas, was ich dir sagen muss ... und zeigen.“ (Seite 15)


    Maja verabredet sich mit ihrer Mutter für die folgende Woche. Doch als sie in Wien eintrifft, steht sie vor verschlossener Tür. Den Grund dafür erfährt sie von der Nachbarin Erna Buchholz: Lilli Sternberg ist tot. Sie ist vom Balkon gesprungen – Selbstmord aus Angst vor Schmerzen und Siechtum. Die Kettenraucherin Lilli litt an Lungenkrebs.


    Maja ist wie vom Donner gerührt. Selbstmord? Das passt so gar nicht zu ihrer Mutter. Und selbst wenn sie diese Absicht gehabt hätte ... hätte sie nicht noch die paar Stunden gewartet und erst das Treffen mit ihrer Tochter hinter sich gebracht, wenn sie sie schon eigens nach Wien bestellt hat? Ob Lilli ermordet wurde? Ein Unfall kann es nicht gewesen sein, versehentlich kann man nicht über diese Balkonbrüstung fallen. Und was war es eigentlich, das Lilli ihrer Tochter so dringend mitteilen wollte?


    Maja bleibt erst einmal in Wien. Die Beerdigung muss organisiert und die Wohnung aufgelöst werden. Vielleicht ergibt ja die Durchsicht des Nachlasses Hinweise darauf, was ihre Mutter in jüngster Zeit bewegt hat. Doch alles, worauf Maja stößt, ist eine Fülle von Rätseln und Ungereimtheiten. Eine Bekannte ihrer Mutter lässt ihr einen Umschlag zukommen, den diese ihr kurz vor ihrem Tod zur Aufbewahrung gegeben hat. Inhalt: Ein Schlüssel und ein Foto von Oma Charlotte mit einem Baby auf dem Arm. Das Bild trägt auf der Rückseite den Vermerk: „Wir beide in Hohehorst, März 1944“.


    Hohehorst? Und wer bitte ist das Kind? Lilli kann es nicht sein, denn die war ein heller, blonder Typ, und das Kind auf dem Foto ist zweifellos dunkelhaarig. Um ein älteres Kind Charlottes kann es sich auch nicht handeln, denn das Baby auf dem Foto ist maximal vier Monate älter als Lilli. Das passt zeitlich nicht.


    Lillis Geburtsurkunde, die Maja im Nachlass findet, trägt zusätzlich zur Verwirrung bei.


    So nach und nach dämmert es Maja, dass sie von ihrer Familiengeschichte rein gar nichts weiß. Hohehorst, das hat sie inzwischen herausgefunden, war ein Lebensborn-Entbindungsheim. Mit Sicherheit könnten die Lebenserinnerungen von Oma Charlotte Licht ins Dunkel bringen. Dass sie welche geschrieben hat, erfährt Maja zufällig am Telefon. Ein Verlag hat die ersten 50 Seiten davon zugeschickt bekommen und interessiert sich nun auch für den Rest. Nur hat Maja keine Ahnung, wo sich das Manuskript befindet. Und da der Verlag unwillig oder unfähig ist, ihr eine Kopie des Teils zuzuschicken, den er bereits vorliegen hat, ist auch von dieser Seite keine Aufklärung zu erwarten. Lillis Anwälte erweisen sich als ebenso unkooperativ und nutzlos.


    Erst als Maja in Lillis Unterlagen einen Zeitungsausschnitt über einen 1950 verschwundenen Husumer Arzt findet, kommt ein wenig Bewegung in die Sache. Sie macht Roman Sartorius, den Sohn des Arztes, ausfindig. Vielleicht kann er ihr ja sagen, in welcher Beziehung sein Vater zu ihrer Mutter stand. Sie erfährt, dass Dr. Heinrich Sartorius von 1941 bis Kriegsende Belegarzt im Lebensborn-Heim Hohehorst war. Er muss also Großmutter Charlotte gekannt haben! Und sicher hat er auch gewusst, was es mit dem dunkelhaarigen und dem blonden Kind auf sich hat.


    In Hohehorst muss Maja also ansetzen, wenn sie etwas über ihre Familiengeschichte erfahren will. Und Charlottes Manuskript muss sie finden. Das könnte das gewesen sein, was Lilli ihr kurz vor ihrem Tod noch hatte zeigen wollen. Aber das Rätsel ihrer Abstammung klärt noch immer nicht die Umstände, unter denen Lilli Sternberg zu Tode kam. Oder doch? Hängt beides zusammen?


    Maja lässt nicht locker. Sie reist, sucht, recherchiert und befragt alle möglichen Zeitzeugen und Weggefährten ihrer Mutter und ihrer Großmutter. Doch wer die falschen Fragen stellt, bekommt auch nicht die richtigen Antworten. Nichts, was sie im Laufe ihrer Ermittlungen erfährt, passt zu dem Bild, das sie von ihrer Großmutter hatte. Erst ein unbedacht dahingesagter Satz einer Wiener Bekannten ihrer Mutter bringt Maja auf die richtige Spur ...


    Die Wahrheit ist ebenso simpel wie ungeheuerlich – und es gibt Leute, die würden alles tun, damit diese Wahrheit nicht ans Licht kommt.


    Parallel zur Geschichte von Maja Sternbergs Spurensuche erhält der Leser Einblick in das verschollene Manuskript von Majas Großmutter. Wir erfahren die tragische Geschichte ihrer großen Liebe zu Paul, einem verheirateten Mann jüdischer Abstammung. Wir erleben mit, wie sie von ihrer Heimatstadt Königsberg ins Lebensbornheim Hohehorst bei Bremen kommt und wie sie schließlich nach traumatischen Erlebnissen allein mit Kind in Lindau am Bodensee landet. Dabei sind wir nicht wirklich klüger als Maja, die sich von diesem Manuskript Klarheit über ihre Familiengeschichte erhofft. Denn wir sitzen, ohne es zu bemerken, demselben Irrtum auf wie Maja Sternberg.


    Erst ganz zum Schluss fallen die Puzzleteilchen an ihre Plätze und ergeben ein vollständiges Bild der Ereignisse während der Kriegs- und Nachkriegszeit. Und dieses Bild ist für keinen der Beteiligten schmeichelhaft. Nun erfahren wir auch, was es mit dem Titel des Buchs auf sich hat, HERBSTVERGESSENE ... ein weiteres gruseliges Kapitel aus dem großen Buch der Familiengeheimnisse.


    Die egozentrische Lilli und die eigenbrötlerische Maja machen es einem nicht leicht, sie zu mögen. Sympathisch an Maja ist allerdings ihre Ehrlichkeit. Sie macht sich keine Illusionen über ihre Macken und Eigenheiten. Und auch nicht über ihre Beziehungen zu Männern im Allgemeinen und die zu ihrem Lebensgefährten im Besonderen. Ob man die Hauptpersonen nun ins Herz schließt oder nicht – auf jeden Fall will man eine Erklärung für all die Widersprüche in Charlottes und Lillis Biographie haben. Und so verfolgt man mit Spannung Majas Recherchen und Oma Charlottes Erinnerungen. Bis sich alles zu einem Gesamtbild fügt.


    Der hollywoodreife Showdown am Ende hätte nicht unbedingt sein müssen, aber just dieser Handlungsstrang hat die Geschichte ins Rollen gebracht, und auf diese Weise findet er eben seinen übermäßig dramatischen Abschluss. Eigentlich schade – und unnötig. Die Geschichte von Charlotte, Lilli und Maja wäre auch ohne diese aufgesetzte Action spannend und interessant genug gewesen.


    Für alle, die in Sachen Lebensborn-Heime ähnlich unbewandert sind wie die Heldin: Das Lebensborn-Heim Hohehorst, Heim Friesland, gab es wirklich. Die Gebäude stehen noch und dienen heute als Therapiezentrum für Drogenabhängige. Hier ein paar Aufnahmen aus dem Jahr 2010:



    Herrenhaus Hohehorst, Schwanewede



    Zufahrt mit Torhäusern.



    Laternenaufsätze der Torpfeiler.


    Foto: Quarz. Die Bild-Dateien wurden unter der Lizenz „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen Deutschland“ in Version 3.0 (abgekürzt „CC-by-sa 3.0/de“) veröffentlicht.


    Die Autorin
    Anja Jonuleit, 1965 in Bonn geboren, ist Übersetzerin und Dolmetscherin. Sie lebte und arbeitete in New York, Bonn, Rom, Damaskus und München. 1994 kehrte sie mit ihrer Familie an den Bodensee zurück. Sie ist Mutter von vier Kindern. Ihren ersten Roman DAS WASSER SO KALT veröffentlichte sie 2007. HERBSTVERGESSENE ist ihr zweiter Roman.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Inhalt: Maja und ihre Mutter Lilly haben bis auf ein paar ausgetauschte Postkarten keinen Kontakt mehr, da Majas Mutter andere Erwartungen an den Beruf ihrer Tochter hatte. Lilly meldet sich nach Ewigkeiten wieder bei Maja und will sich aussprechen. Leider kommt es nicht mehr dazu, denn Lilly stirbt in der Zwischenzeit. Die Polizei ist der Meinung, dass Lilly Selbstmord begangen hat, aber Maja und eine Nachbarin ihrer Mutter glauben nicht an diese Theorie und Maja beginnt auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen und enthüllt das große Familiengeheimnis.


    Meine Meinung: Eine wirklich sehr schön geschriebene Geschichte.Es kommt doch zu manch überraschender Enthüllung und man ist dadurch gefesselt von der Handlung. Maja wächst einem sofort ans Herz, sie wird sehr sympathisch dargestellt, handelt aber in manchen Dingen recht naiv und ihre Handlungen sind nicht immer nachvollziehbar. Ich bin mir allerdings nicht sicher wo ich diese Geschichte einzuordnen habe: Eine tragische Familiengeschichte mit Krimi-Ambitionen?


    Sehr gut gefallen hat mir, dass die Geschichte ganz ohne Kitsch auskommt und sie übt auch ohne Gefühlsduselei eine magische Anziehungskraft auf den Leser aus.


    Der Schluss ist meiner Meinung nach etwas zu hollywoodmässig geraten und es ist schon erstaunlich an welchen Stellen glücklicherweise Bäume wachsen


    Fazit: ein sehr schöner Roman, der zu Herzen geht ohne kitschig zu wirken und auch durch eine gewisse Spannung durchaus zu unterhalten weiß

  • "Herbstzeitlose" war für mich ein Buch, welches mich ziemlich schnell in seinen Bann gezogen hat.
    Mich hat auch das Cover nicht abgeschreckt ;-) ( na ja, die Blätter hätten nicht sein müssen :grin ) - aber das Bild der Frau mit dem Baby finde ich richtig gut. Es passt mMn gut zum Inhalt ( zumindes zu dem Teil aus der Vergangenheit ).
    Auch sonst hat mir die Geschichte gut gefallen, ich hatte keine Probleme mit Maja, ich fand sie sogar richtig "normal" ( und zum Glück keine Art Superwoman ) und ich konnte die meisten ihrer Handlungen nachvollziehen.
    Der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit war gelungen und ich war immer wieder neugierig, wie es nun weitergeht.
    Natürlich war manches vorhersehbar und natürlich war das Ende überzogen - dafür gibt es von mir auch Punktabzug.


    Aber ansonsten - gute, kurzweilige Unterhaltung mit einem überaus interessanten Thema aus der Vergangenheit ( ich hatte nicht viel Ahnung über diese Heime ).


    Von daher gebe ich gerne gute 8 von 10 Punkten.

  • Als Maja Sternberg überraschend einen Anruf von ihrer Mutter erhält, mit der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hat, weiß sie noch nicht, welche Ereignisse demnächst in Gang gesetzt werden. Als sie eine Woche später bei ihrer Mutter in Wien vor der Tür steht, erfährt sie, dass es zu spät ist - ihre Mutter hat sich laut Angaben der Polizei umgebracht, sie sei vom Balkon gesprungen.


    Maja ist fassungslos und kann diese Aussage so nicht akzeptieren. Anstatt schnellstmöglich zu ihrem Lebensgefährten Wolf nach Deutschland zurückzukehren, fängt sie an, in den Unterlagen ihrer Mutter nach einer möglichen Erklärung zu suchen. Dabei stößt sie auf eine Geburtsurkunde, die nicht zu dem passt, was sie von ihrer Mutter und ihrer geliebten Großmutter zu wissen glaubte.


    Das Buch wird aus 2 verschiedenen Perspektiven erzählt, einmal Maja in der Gegenwart auf der Suche nach der Wahrheit und dazwischen immer wieder Ausschnitte aus dem Tagebuch ihrer Großmutter. Nach und nach setzen sich die beiden Geschichten zusammen und erzählen eine spannende Familiengeschichte vor dem Hintergrund eines bestimmten Stücks deutscher Geschichte während des 2. Weltkriegs.


    Auch wenn ich das Ende nicht wirklich überzeugend fand, hat mir das Buch sehr gut gefallen. Ich fand die Verknüpfung zwischen historischem Hintergrund und spannendem Krimi absolut fesselnd!

  • Reise in die Vergangenheit


    Seit 10 Jahren hat die 40-jährige Maja zu ihrer Mutter Lilli kaum noch Kontakt. Als Lilli eines Tages telefonisch um Majas Besuch bittet, weil sie mit ihr reden und ihr etwas zeigen muss, kommt diese, so schnell es ihre Arbeit zulässt, was leider erst nach einer Woche ist. Inzwischen ist Lilli tot. Die Polizei vermutet Selbstmord, doch Maja kann sich das nicht vorstellen, es passt so überhaupt nicht zu ihrer resoluten Mutter. Allerdings scheint Maja ihre Mutter nicht so gut zu kennen wie sie glaubt. So wusste sie z.B. auch von deren Krebserkrankung nichts. Und was ist es, das die Mutter mit Maja besprechen bzw. ihr zeigen wollte? Bei der Sichtung von Lillis Nachlass stößt Maja nach und nach auf ein schreckliches Geheimnis in der Familiengeschichte. Ihre Recherchen führen sie nach Hohehorst, einem SS-Entbindungsheim für ledige Mütter. Maja hat nicht nur mit Schuldgefühlen wegen ihrer Mutter zu kämpfen, sondern auch noch Probleme mit ihrem Lebensgefährten Wolf. Während ihrer Nachforschungen verliebt sie sich und scheinbar wird sie von aller Welt belogen, so dass weder sie noch der Leser weiß, wem man vertrauen kann und wer ein falsches Spiel spielt.


    Majas Geschichte wird immer wieder unterbrochen durch Ausschnitte aus einem autobiographischen Manuskript ihrer Großmutter Charlotte. Durch diese Rückblicke erhält der Leser Einblick in die Vergangenheit der Großmutter. Obwohl diese Abschnitte keine Überschrift haben und beide Stränge als Ich-Erzählung geschrieben sind, erkennt man anhand der unterschiedlichen Schriftarten und Sprachstile leicht, in welcher Zeit man sich beim Lesen gerade befindet. Majas Stil ist flotter, moderner, der der Großmutter etwas „angestaubt“. Majas Erzählung in der Gegenwart und die Geschichte der Großmutter greifen wie Zahnräder ineinander. Man erfährt zum Teil etwas, das Maja gerade herausgefunden hat, anschließend aus Charlottes Sicht. So wird Steinchen für Steinchen ein Mosaik zusammengesetzt und Majas Leben auf den Kopf gestellt.


    Mir hat das Buch immer besser gefallen, je weiter ich gelesen habe. Das Schicksal von Majas Großmutter während des 2. Weltkrieges und danach hat mich stark berührt. Es waren einige spannende Passagen darin, und am Schluss entwickelte sich das Buch sogar noch in Richtung Thriller. Die vielen Zufälle beim Show-down waren zwar schon etwas unwahrscheinlich, aber haben dem Buch in meinen Augen nicht geschadet.