Das Leben ist eine Brücke. Wir sollen uns nicht darauf niederlassen, sondern sie überqueren. (Seite 525)
634 Seiten, 2 Landkarten, Glossar, Personenverzeichnis, Zeittafel, kartoniert
Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2006
ISBN-10: 3-499-23499-8
ISBN-13: 978-3-499-23499-6
Zum Inhalt (Eigene Angabe)
Eine Prophezeiung besagt, daß Peire einstens seinen älteren Bruder töten und der Bauernjunge Marti in Herrenkleidern herumlaufen werde. Als sich diese Voraussage erfüllt, wird Peire, Sohn des Grafen von Vallderonca, zur Strafe für Jahre in einer Klosterzelle eingemauert. Marti ist weiterhin als Diener auf der Burg und besucht Peire immer wieder heimlich.
Jahre später, Peire ist längt ein gefeierter Troubadour und Marti sein treu ergebener Diener, sterben innerhalb kurzer Zeit seine Frau und seine Tochter. Er macht sich schwere Vorwürfe, will von der Welt nichts mehr wissen, und zieht sich als Eremit für sieben Jahre in die Einsamkeit zurück. Marti soll in seinem Namen einen Greifvogel ins Land der Mauren zu einem alten Freund bringen. Er wird jedoch gefangen genommen und muß für einige Jahre dort bleiben, wo er zum Kämpfer ausgebildet wird und das Vertrauen des Amirs (lokalen Fürsten) gewinnt.
Die Welt hat sich in den sieben Jahren jedoch verändert, die (wie sie heute genannt werden) Katharer haben immer mehr Zulauf und es kommt zu den Albigenserkriegen, in die Peire wie auch Marti verwickelt werden.
Über die Autorin (Quelle: Verlagsangabe)
Maria Regina Kaiser, 1952 in Trier geboren, arbeitete und forschte von 1976 bis 1986 an der Universität Frankfurt am Main und ist seitdem als Autorin historischer Romane, Kriminalromane und Jugendbücher tätig. Sie lebt in der Nähe von Frankfurt a. M.
Meine Meinung
Das Ganze beginnt damit, daß der Buchrückentext weitgehend falsch ist bzw. nur auf einen kleinen Teilaspekt des Buches eingeht.
Es ist ein farbenprächtiges Panorama des späten 12. / frühen 13. Jahrhunderts, das die Autorin entwirft, doch es hat mich seltsam kalt gelassen. Sowohl, was die Handlung als auch vor allem, was die Protagonisten betrifft. Es entstand keine Nähe, keine Verbundenheit, bis zum Ende nicht. Einzig die letzten beiden Seiten haben so etwas wie eine Art „Beziehung“ zu zumindest zwei der Figuren hergestellt, was für mich aber eindeutig zu spät kam und zu wenig ist. Kein Mitfühlen, kein Mitleiden, obwohl prinzipiell mehr als genug Grund dazu vorhanden gewesen wäre. Tausende und Abertausende von Toten in den Schlachten - ich habe das einfach so ohne innere Anteilnahme zur Kenntnis genommen.

Von dem kürzlich ausgelesenen „Indalo“ war ich ja auch nicht so sehr begeistert, aber dort habe ich immerhin eine Beziehung zu den Hauptprotagonisten aufbauen können, hat mich deren Schicksal interessiert und ist mir (teilweise) nahe gegangen. Das kann ich von diesem Buch hier leider so gar nicht berichten.
Das Buch ist gut recherchiert und hat mir einiges an Wissensgewinn über die damalige Zeit und deren Ereignisse gebracht, und zwar auf jeden Fall besser, als das innerhalb eines reinen Sachbuchs möglich gewesen wäre. In manchen Dingen wurde auch altes Wissen, fast hätte ich geschrieben, farbenprächtig wieder aufgefrischt. Etwa dann, wenn über die Zustände der damaligen Kirche geschrieben wurde und mir das, was ich vor langer Zeit im Geschichtsunterricht gelernt habe, wieder einfiel. Nur daß hier dieses Buch eindeutig im Vorteil gegenüber dem Schulunterricht ist, weil es trockenes Wissen aus Schulzeiten mit prallem Leben anreichert. Nicht blutrünstig oder in Gewaltdarstellungen schwelgend, werden die Greuel des Krieges, und was es für die kleinen Leute bedeutet, deutlich angesprochen.
So verständlich aus diesen Schilderungen heraus die Gegenbewegungen, der Aufstand gegen die (kirchliche) Obrigkeit, das Entstehen der „Guten Menschen“ (wie sich die Katharer selbst bezeichenten) ist, so unverständlich (im Sinne von „für mich nicht nachvollziehbar“) bleiben für mich die Einstellungen der Guten Menschen mit ihrer völligen Ablehnung dieser Welt selbst.
Schwierig für mich waren die vielen Namen. Zwar gibt es im Anhang ein Verzeichnis der historischen Personen mit deren wichtigsten Daten, doch für einen Überblick über die unheimlich zahlreichen Figuren hier im Buch hat das nicht gereicht. Vor allem, wenn viele den gleichen Namen hatten und nur durch die Numerierung zu unterscheiden waren. Ein paar Mal habe ich auch wegen Zeitsprüngen gestutzt. Vor allem in der ersten Hälfte wird das Buch nicht linear, sondern zeitversetzt erzählt. Das hat etwas meinen Lesefluß gehemmt, weil ich mir immer wieder die Zeitabschnitte klar machen mußte. Gut sind die beiden Karten im Anhang, nur leider sind die Hauptorte des Buches (etwa die Burg Vallderonca) dort nicht eingezeichnet. So habe ich mich teilweise mit der geographischen Einordnung etwas schwer getan.
Etwas schade fand ich auch, daß am Ende nicht alles klar ist.
Das mag nun alles eher negativ klingen, dennoch habe ich das Lesen nicht bereut. Am Ende, über drei Jahrzehnte nach den ersten Zeilen des Buches, habe ich trotz der erwähnten Ferne und der eher fehlenden inneren Teilnahme am Schicksal der Protagonisten, einen Blick in eine lange entschwundene, in vieler Hinsicht düstere, Zeit getan. Und das ist doch auch etwas positives.
Darüber, daß der Satz, der mich mit am meisten beeindruckte, und den ich zu Beginn der Rezi zitiert habe, ausgerechnet von einem Moro (= Mauren) stammt, und auch meine punktemäßige Einschätzung des Buches, muß ich jetzt allerdings erst mal nachdenken.
Kurzfassung:
Ein „nüchtern farbenprächtiges“ Buch über die Zeit der Albigenserkriege, das mein Wissen über die damalige Zeit aufgefrischt bzw. bereichert hat, was sicherlich nicht das Schlechteste ist, was man über ein Buch sagen kann. Getreu dem, was der maurische Gelehrte Abu Bakr auf Seite 302f lehrt:
Wissen ermöglicht, das Erlaubte vom Verbotenen zu unterscheiden. Es erhellt den Weg zum Paradies. Es ist unser Freund in der Wüste, unsere Gesellschaft in der Einsamkeit, unser Gefährte, wenn wir allein sind, unser Freund in der Ferne. Es führt uns zum Glück und hilft uns im Elend. Es ist unser Schmuck unter Freunden und unsere Waffe gegen Feinde.
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