Ahbes Familie – Jeon Sang-guk

  • Verlag: Peperkorn, 2008
    Gebundene Ausgabe: 240 Seiten


    Aus dem Koreanischen von KIM Sun-Hi und Edeltrud KIM


    Kurzbeschreibung:
    Eine koreanische Familie läßt ihren geistig behinderter Sohn zurück, als sie sich zur Auswanderung nach Amerika entschließt. Jahre später liest einer seiner jüngeren Brüder in den Tagebüchern seiner Mutter, die nicht nur diese Schuld nicht verwinden konnte, die lange verdrängte Vorgeschichte. Er kehrt als amerikanischer Soldat nach Korea zurück und forscht nach dem Schicksal des Bruders.


    Über den Autor
    Jeon Sang-Guk wurde am 24. März 1940 in Hongchon (Hongcheon) in der Provinz Kangwon (Gangwon) geboren.
    Sein Interesse für Literatur und sein Wunsch zu schreiben wurden früh von seinen Lehrern geweckt. Er wollte daher Koreanistik studieren und ging dazu 1960 an die Kyunghee Universität in Seoul, vor allem weil dort der von ihm verehrte Schriftsteller Hwang Sun-Won (1915-2000) Professor war. Nach dem vierjährigen Studium hat er viele Jahre als Koreanischlehrer an Oberschulen gewirkt, ehe er an einer Universität ein Aufbaustudium absolvierte. Seine Magisterarbeit schrieb er über den Autor Kim Yu-Jeong (1908-1937), der zu den Pionieren der modernen koreanischen Erzählliteratur gehört.
    Von 1985 bis zu seiner Emeritierung im Sommer 2005 war Jeon Sang-Guk dann Professor für Koreanistik an der Staatlichen Kangwon-Universität in der Provinzhauptstadt Chunchon, wo er auch weiterhin lebt.


    Meine Meinung
    Ahbes Familie ist ein komplexer Kurzroman von 1979, dessen Handlung in mehreren Schichten erzählt wird. Einmal vom Sohn der Familie, Kim Chinho, der als Soldat aus Amerika nach Korea zurückkehrt um herauszufinden, was aus seinem behinderten Bruder, den die Familie bei der Auswanderung zurückgelassen hatte, geworden ist. Dann folgen Aufzeichnungen der Mutter, die 1950, zwei Monate vor dem Koreakrieg, geheiratet hatte. Ihr Mann muss in den Krieg aus dem er nie zurückkehrt. Sie bleibt schwanger zurück und als sie von Soldaten vergewaltigt und misshandelt wird, kommt ihr Sohn Ahbe geistig und körperlich schwer behindert zur Welt. Später heiratet sie erneut und gründet eine Familie. Anfangs liebt ihr Mann seinen Stiefsohn Ahbe. In Rückblenden werden auch seine Gefühle behandelt. Aber als sie auswanderten, war für Ahbe keine Chance. Damit dass sie ihren behinderten Sohn im Stich gelassen hat, wird die Mutter nicht fertig. Am Ende schließt sich die Klammer, indem gezeigt wird, wie Kim nach dem Verbleib seines Bruders forscht.


    Das ist eine ziemlich bittere, aber interessante Geschichte. Die komplizierte Erzählstruktur funktioniert, da sich die einzelnen Teile gegenseitig bereichern.
    Behinderung, Gewalt und traumatische Kriegserlebnisse sowie die Teilung des Landes sind ebenso Thema wie die Suche des Protagonisten nach seiner eigenen Individualität.
    Ahbes Familie ist somit eine Familiengeschichte der anderen Art!


    Es sind dieser Ausgabe noch 3 Kurzgeschichten beigefügt. Während mir die Geschichten „Unsere Flügel“ und „Planetarien“ nicht viel sagten, gefiel mir die fast klassische Schülergeschichte „Die Tränen eines Idols“ noch ganz gut.


    Ein erhellendes Nachwort der Übersetzerinnen schließt dieses Erzählungsband.