Das Haus zur besonderen Verwendung von John Boyne

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  • Kurzbeschreibung
    "Ein aufwühlendes, atemberaubendes Epos über das Schicksal des letzten russischen Zaren und seiner Familie."
    The Times
    Der neue große Roman vom Autor des Weltbestsellers Der Junge im gestreiften Pyjama.
    Russland 1915: In einem kleinen Dorf verhindert der sechzehnjährige Bauernsohn Georgi mit Glück und Geistesgegenwart ein Attentat auf ein Mitglied der Zarenfamilie. Zar Nikolaus II. ruft Georgi daraufhin nach Sankt Petersburg, wo er ihn zum Leibwächter seines einzigen Sohnes ernennt, der nicht nur als Thronfolger in ständiger Lebensgefahr schwebt. Georgi weicht dem kleinen Zaren fortan nicht mehr von der Seite und findet in ihm einen Freund. In den prunkvollen Sälen des Winterpalais begegnet er auch der Zarentochter Anastasia. Sie verlieben sich, wohl wissend, dass diese Liebe nicht sein darf. Doch Georgi ist entschlossen, für Anastasia bis zum Äußersten zu gehen. Aber dann erhebt sich das Volk gegen den Zaren; das ganze Land taumelt dem Abgrund der Revolution entgegen. Anastasia und ihre Familie werden an einen geheimen Ort verschleppt ins "Haus zur besonderen Verwendung".
    Mit diesem außergewöhnlichen Roman hat John Boyne den Menschen, die eine der dramatischsten Epochen Russlands erlebt und erlitten haben, ein Denkmal gesetzt. Die Geschichte vom tapferen Georgi, seinem kleinen Schützling und seiner großen Liebe ist eine Geschichte, die man nie mehr vergisst.


    Fotos und Hintergründe: www.zurbesonderenverwendung.de


    Über den Autor
    Die Bücher von John Boyne, geboren 1971, wurden bisher in mehr als 40 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der internationale Durchbruch geland Boyne mit seinem Roman "Der Junge im gestreiften Pyjama", der in vielen Ländern auf den Bestsellerlisten stand, für das Kino verfilmt und von der Kritik als "ein kleines Wunder" (The Guardian) gefeiert wurde. John Boyne lebt in Dublin.
    www.johnboyne.com


    Meine Meinung:
    Ich habe das Buch bei vorablesen erhalten und war zunächst von der dort eingestelten Leseprobe zwar überzeugt aber nicht begeistert. Das Buch schaffte es dann jedoch aus dieser Überzeugung eine Begeisterung zu machen. Boyne schreibt gefühlvoll, echt und zu keinem Zeitpunkt langatmig oder gar belehrend. Er stellt seine Charaktere auf einfache Art als liebenswerte und interessante Menschen dar, nimmt Bezug auf die reale Geschichte und reißt politische Denkweisen und Meinungen an, ohne sie zu propagieren oder als unumstößlich richtig darzustellen.
    Er hinterfragt Geschehnisse durch die Erzählung seiner Geschichte. Er regt zum eigenständigen Nachdenken an und schafft es zu fesseln ohne dafür blutrünstige Bilder heranziehen zu müssen. Das Grauen steckt hier oft im Detail, in einem simplen Wort oder einem kleinen Nebensatz.
    Grundsätzlich bin ich absolut hingerissen und auch die Tatsache, daß man hier vom Ende weniger überrascht ist als bei "dem Jungen im gestreiften Pyjama", schafft es nicht daß ich eine schlechtere Wertung abgeben würde.
    Absolut gut, interessant und lesenswert. Allerdings würde ich es auch ganz klar als Literatur für Erwachsene bezeichnen.

  • "Das Haus zur besonderen Verwendung" des irischen Schriftstellers John Boyne (*1971) erzählt in zwei alternierenden Handlungssträngen die Lebensgeschichte des russischen Bauernsohns Georgi Daniilowitsch Jatschmenew.


    Im Jahr 1915 rettet der sechzehnjährige Georgi dem Vetter des Zaren Nikolaus II das Leben, indem er ein Attentat vereitelt. Zur Belohnung wird er in die Leibgarde des Zaren aufgenommen und als Begleiter, bzw. Beschützer des elfjährigen Zarewitsch Alexei eingeteilt. Georgi lernt auch die vier Töchter des Zaren kennen und verliebt sich in die jüngste, Anastasia. In Russland bahnt sich infolge der zunehmenden Unzufriedenheit des darbenden russischen Volkes ein gesellschaftlicher Wandel an, es kommt zur Revolution und Absetzung des Zaren durch die Bolschewiken. Die Zarenfamilie schwebt in höchster Gefahr.


    Der zweite Erzählstrang setzt im Jahre 1981 ein und bewegt sich durch gut sechs Jahrzehnte zurück bis ins Jahr 1919, als Georgi und seine ebenfalls aus Russland stammende Frau Soja heirateten.Der Leser gewinnt nach und nach das Bild eines unsteten Lebens, das das Ehepaar Jatschmenew über Paris schließlich nach London geführt hat, wo Georgi und Soja trotz einiger Schicksalsschläge ein weitgehend zufriedenstellendes Leben führen, auch wenn ihr Heimweh niemals ganz erlischt.


    Der Aufbau des Romans mit den zwei sich aus gegensätzlichen Richtungen aufeinanderzubewegenden Erzählungen ist genial und hält das Interesse des Lesers wach, da man unbedingt wissen möchte (oder auch bereits ahnt), wie die verschiedenen Lebensabschnitte des Protagonisten zusammenhängen.


    Die Charakterisierung der Figuren ist sehr gelungen: Sie werden facettenreich mit ihren guten und weniger guten Eigenschaften dargestellt. Der Leser kann sich gut einfühlen.


    Der Erzählstil ist ansprechend und flüssig zu lesen, an dieser Stelle gebührt nicht nur dem Autor, sondern auch dem Übersetzer Fritz Schneider ein Lob.


    "Das Haus zur besonderen Verwendung" ist ein anspruchsvoller historischer Roman der Extraklasse, den ich geschichtlich interessierten Lesern dringend empfehlen möchte.


    10 Punkte

  • :gruebel
    Hast du das tatsächlich als historischen Roman empfunden?
    Ich mein klar, der eine Erzählstrang spielt zur Zeit des Zaren, aber das Hautpaugenmerk liegt ja schon in der Gegenwart. :gruebel

  • Für mein persönliches Empfinden lag der Interessensschwerpunkt auf den Vorgängen in der Zarenzeit, der Buchtitel bezieht sich ja auch auf diese Zeit.
    Aus meiner Sicht würde ich das frühe 20.Jahrhundert als "historisch" bezeichnen. Hätte ich die Erstrezi geschrieben, so hätte ich das Buch wohl unter den historischen Romanen (Abteilung 19. und 20.Jhdt) eingeordnet.
    Eine Einordnung in der Rubrik Belletristik ist aber natürlich ebenso nachvollziehbar.


    Es wäre interessant, wie die anderen Leser das empfinden. ;-)

  • Ja, da bin ich auch gespannt.
    Darum hatte ich nachgefragt.
    Auf die Idee es bei historisch einzusortieren, bin ich irgendwie gar nicht gekommen... :gruebel

  • Ein Wunderschöner Roman, aus dem alten Russland zur Zarenzeit wie man es sich vielleicht vom Pomp heute noch vorstellen kann.


    Georgi vereitelt einen Anschlag auf den Vetter des Zaren durch Zufall. Und eben dieser Zufall verhilft ihm, das er zur Leibgarde des Zaren darf und nun mit der Familie lebt. Er verliebt sich in eine der Töchter und diese Liebe wird erwiedert.


    Doch was jetzt kommt ist wirklich vom Autor des Buches sehr gut gemacht, denn man liest immer wieder ein Kapitel aus der Zarenzeit wie es dort Georgi ergangen ist und was passierte. Dann kommt wieder ein Kapitel aus der neueren Zeit. Also von 1981 rückwärts wandernd so das man dann am Ende des Buches die ganze Lebensgeschichte von Georgi seiner Frau Soja und der ganzen Familie kennt. Es ist aber keineswegs langweilig oder nur an den Haaren herbeigezogen. Hier wurde bei einem Historischen Roman auch die Realität miteinbezogen und so geschickt verwebt, das man glauben könnte dies wäre wirklich so geschehen.


    Ich habe dieses Buch wirklich gerne gelesen, denn es war Spannend und aber auch gleichzeitig Romantisch und doch auch wieder an die Historie angelehnt, so das einfach alles gepasst hat und man Wissen wollte was passiert noch alles mit Georgi bis er alt und grau ist.

  • KLAPPENTEXT:
    Russland 1915: In einem kleinen Dorf verhindert der sechzehnjährige Bauernsohn Georgi mit Glück und Geistesgegenwart ein Attentat auf ein Mitglied der Zarenfamilie. Zar Nikolaus II. ruft Georgi daraufhin nach Sankt Petersburg, wo er ihn zum Leibwächter seines einzigen Sohnes ernennt, der nicht nur als Thronfolger in ständiger Lebensgefahr schwebt. Georgi weicht dem kleinen Zaren fortan nicht mehr von der Seite – und findet in ihm einen Freund. In den prunkvollen Sälen des Winterpalais begegnet er auch der Zarentochter Anastasia. Sie verlieben sich, wohl wissend, dass diese Liebe nicht sein darf. Doch Georgi ist entschlossen, für Anastasia bis zum Äußersten zu gehen. Aber dann erhebt sich das Volk gegen den Zaren; das ganze Land taumelt dem Abgrund der Revolution entgegen. Anastasia und ihre Familie werden an einen geheimen Ort verschleppt – ins »Haus zur besonderen Verwendung«.
    Mit diesem außergewöhnlichen Roman hat John Boyne den Menschen, die eine der dramatischsten Epochen Russlands erlebt und erlitten haben, ein Denkmal gesetzt. Die Geschichte vom tapferen Georgi, seinem kleinen Schützling und seiner großen Liebe ist eine Geschichte, die man nie mehr vergisst.


    ZUM AUTOR:
    John Boyne gelang der internationale Durchbruch mit seinem Roman "Der Junge im gestreiften Pyjama", der in vielen Ländern auf der Bestsellerliste stand und fürs Kino verfilmt wurde.


    EIGENE MEINUNG:
    Es gibt Bücher, die sieht man, und ist sofort von ihnen fasziniert. Dann beginnt man zu lesen und liebt dieses Buch, weil es etwas besonderes ist und einem immer im Herz und Gedächtnis bleiben wird.
    Genau so ging es mir mit dem "Haus zur besonderen Verwendung". Begeistert von dem wunderschönen Schutzumschlag, las ich den Klappentext und war neugierig darauf mal etwas über die russische Zarenfamilie zu lesen. Auch, wenn es teilweise fiktiv war, hat es mein Interesse geweckt, so dass ich mich auch im Internet über die Romanows informierte.


    Aus der Ich-Perspektive erzählt Boyne die Geschichte des jungen Bauernsohn Georgi so einfühlsam, mitreißend und lebendig, dass ich nie einen Gedanken daran verschwendet habe, es könne sich nicht um eine wahre Erzählung handeln.
    Berührend, ohne jeden Kitsch und Schnörkel erzählt er die Geschichte um Georgi und seine große Liebe wobei er auf unterschiedlichen Ebenen vorgeht. Er erzählt sowohl aus Georgis Jugendzeit an, als auch von ihm im Greisenalter rückwärts, so dass sich die Geschichte am entscheidensten Punkt in Georgis Leben trifft.
    Dabei geht es nicht nur um politische und geschichtliche Details, sondern vor allem auch um die innige Beziehung, die er zu seiner Liebsten hat, die Höhen und Tiefen, die sie in ihrem Leben durchgemacht haben, so dass Soja das Leben zwar nicht satt hat, aber auch nicht bös drum ist, wenn endlich alles vorbei ist.
    Boyne schafft es, den Leser tief im Herzen zu treffen, mit all dem, was die Protagonisten während zwei Kriegen durchmachen müssen, vor allem auch mit der Art und Weise, wie die beiden damit umgehen, wie sie alles gemeinsam meistern, wie Georgi an seiner Liebe zu seiner einzig wahren Liebe festhält, selbst in Momenten größter Sorge, Trauer und Niederlagen.
    Ein Buch, das mich von der ersten Seite an berührt hat, bei dem ich die letzten 100 Seiten gerade zu verschlungen habe, dass mich zu Tränen gerührt hat,dass ich nur ungern aus der Hand lege, weil ich wirklich traurig bin, dass es zu Ende ist und das noch lange in meinem Kopf und Herz sein muss. Ein Buch, das man lieben muss.
    John Boyne ist damit etwas großartiges gelungen und ich hoffe sehr, dass er sich mit seinem nächsten Roman nicht allzu lange Zeit lässt.

  • Ich hab mir das Buch auf Englisch gekauft, weil ich das Cover schön fand und dann den Untertitel "A Romanov Novel" gelesen habe. Da hatte ich gerade eine richtige Phase, was russische Geschichte angeht.
    Historisch kann man da so einiges anzweifeln, keine Frage. Aber das Buch ist wunderschön geschrieben, ehrlich und furchtbar traurig. Diese Geschichte hat meinen Sommer versüßt.

  • John Boynes neuer Roman Das Haus zur besonderen Verwendung fühlt sich an wie ein klebriges Bonbon, dessen unerträgliche Süße mir als Leserin Zahnschmerzen bereitet hat. Erzählt wird die Lebensgeschichte von Georgi, einem armen Bauernsohn aus Russland. Als Jugendlicher verschlägt es Georgi nach St. Petersburg, wo er Leibwächter des Zarewitsches wird und sich in die Zarentochter Anastasia verliebt. Diese erwidert seine Liebe, allerdings ist eine Verbindung zwischen dem ungleichen Paar undenkbar. Und bald werden die beiden auch noch in die Wirren der russischen Revolution gerissen.
    Klingt nach Disney? Aus Filmen wie "Anastasia" scheint Boyne sein historisches Wissen auch gezogen zu haben, historisch ist an diesem Roman wirklich gar nichts. Dazu ist das Geschichtsbild, das der Roman vermittelt, auch noch unerträglich naiv und sentimental. Die Geschichte des Revolution wird aus der Perspektive der Zarenfamilie erzählt. Seitenweise lässt sich der Erzähler Georgi darüber aus, wie ungerecht es doch sei, dass der Zar von seien Untertanen so gehasst wird, wo er sich doch unermütlich für sie einsetzt und so traurig über das Schicksal seiner gefallenen Soldaten ist. Der arme Zar! Das Leid der Bewohner, die von russischen Großgrundbesitzern ausgeraubt wurde oder von der zaristischen Geheimpolizei ins Gefängnis geworfen wurde? Wird mal nebenbei erwähnt, aber wirklich greifbar wird in diesem Roman nur die Leidensgeschichte der Zarenfamilie.
    Dazu fand ich das Buch nicht besonders gut geschrieben. Die Dialoge sind fürchterlich hölzern und es gibt unglaublich viele Redundanzen. Das Buch hätte ohne Sustanzverlust hundert Seiten kürzer sein können. Das Lektorat scheint sich beim Lesen gelegentlich im Tiefschlaf befunden zu haben, mich haben eine Fülle von Ungereimtheiten sehr gestört.
    Georgi erzählt in groben Zügen auch Geschichte seines späteren Lebens und seiner langjährigen Ehe mit seiner Frau Soja. Diese Abschnitte haben mir am besten gefallen, weil sie ein wirklich eindringliches Bild von einer jahrzehntelangen Liebe mit ihren Höhen und Tiefen zeichnet und auch die schwierige Situation von Migranten in einer fremden Gesellschaft beleuchtet. Vielleicht sollte John Boyne sich mal der Gegenwart widmen. Für historische Romane fehlt ihm einfach die historische Imagination!

  • :gruebel


    Es ist ein Roman, wer da historische Korrektheit verlangt, der wird wohl bei jedem historischen Roman enttäuscht sein und sollte lieber zu einem Sachbuch greifen.
    Auch zuckrig fand ich das Buch zu keinem Zeitpunkt, sondern ganz im Gegenteil, sehr dezent und leise.
    Clios Rezi mag ihre Meinung widerspiegeln, ich habe das Buch jedoch wirklich komplett anders wahrgenommen und empfinde es immer noch als absolut gutes Buch und eins meiner Highlights diesen Lesejahres.


    Wie man bei dem Stil und der Erzählweise auf zuckrig und Disney kommen kann, ist mir ein echtes Rätsel... :gruebel

  • Ich bin zufällig in unserer Bibliothek bei den Neuerscheinungen über diese Buch gestolpert. Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Eine wunderschöne, unaufgeregte Liebesgeschichte, die in Rückblicken erzählt wird. Ab und an habe ich einige Absätze nur quer gelesen, wenn mir zu viel geschwafelt wurde,war aber eher selten der Fall.


    Ein Buch das gut in diese dunkle Jahreszeit paßt. Lesen!


    Von mir 9 von 10 Punkten.

  • Ich kann mich bei den Rezensionen eigentlich nur Babyjane, Juliane und pepperann anschließen!


    "Das Haus zur besonderen Verwendung" habe ich innerhalb von 3 Tagen gelesen, und es ist trotz der immer im Vordergrund stehenden Liebesgeschichte zwischen Georgi und Soja, die sein Leben ist, niemals kitschig, niemals überfrachtet und niemals unrealistisch. Es ist sehr schnell klar, wie sich die groben Züge des Lebens der beiden entwickelt haben, und dennoch habe ich jede kleinste Episode verschlungen, die mir die Details der Liebes- und Lebensgeschichte der zwei nähergebracht hat.


    Für mich ist der Roman auch kein historischer - natürlich spielt sich die Hälfte des Buches in den letzten Jahren der Zarenzeit ab, dennoch habe ich es eher als die Lebensgeschichte der beiden gelesen.
    Die hierbei gewählte Form fand ich sehr toll: Georgi berichtet über die Gegenwart, gut ersichtlich aus den Kapiteln, die mit Jahreszahlen überschrieben sind. Seine Schilderungen aus der Vergangenheit sind mit Kapitelüberschriften versehen. Die beiden Erzählstränge gleichen sich immer mehr an, als seine Gegenwartsschilderungen zurück in die Vergangenheit reichen und seine Kindheitserinnerungen weitergeführt werden in seine Jugend und sein Erwachsenenalter. Durch die unterschiedlichen Titel habe ich mich immer sofort zurechtgefunden, musste nie überlegen, wo im Leben der beiden ich mich nun befinde oder "welcher Georgi" mir nun gerade berichtet. Der Wechsel zwischen den Erzählsträngen wird auch nicht überstrapaziert.


    Der Roman ist einfach nur bezaubernd - und auf den letzten 50 Seiten spannender als jeder Krimi, herzzerreißender als jede Sonntag-Abend-Schmonzette und dennoch (oder genau deswegen) eines der besten Bücher, das ich in letzter Zeit gelesen habe. Ob nun historisch verbürgt oder nicht, das Buch ist eine definitive Leseempfehlung!

  • Das Schicksal der jüngsten Tochter des letzten Zaren von Russland beschäftigt immer noch Historiker und Autoren - John Boyne erschafft mit seinem Liebes-Roman eine weitere phantasievolle Variante, was mit ihr hätte passiert sein können...


    Georgi ist ein Bauernsohn in einem elenden kleinen Dorf irgendwo in Russland. Sein Schicksal entscheidet sich an dem Tag, als er ein Attentat auf den Vetter der Zaren verhindert. Als Dank wird er zum Begleiter und Leibwächter des Zarewitsch Alexei, des Thronfolgers, ernannt und kommt an den Hof in Sankt Petersburg. Die Pracht und Fülle des dortigen Lebens überwältigt ihn anfänglich beinahe.


    Schon am Tag seiner Ankunft begegnet er auch den vier Töchtern des Zaren, von denen vor allem Großherzogin Anastasia, die Jüngste, ihm sofort ins Auge fällt - und umgekehrt! Die beiden beginnen eine völlig unstandesgemäße Beziehung, von der natürlich niemand wissen darf, denn eine Verbindung zwischen den beiden scheint völlig unmöglich.


    Aus Sicht von Georgi wird der Leser durch die turbulenten Jahre während des Zweiten Weltkriegs in Russland, den Beginn der Revolution und das Ende der Zarenherrschaft geführt, wobei der Autor sein Hauptaugenmerk aber deutlich mehr auf die privaten Geschehnisse legt und den großen Geschichtskontext nur beiläufig ab und zu einfließen lässt.


    In einem anderen Erzählstrang wird in Zeitsprüngen das Leben von Georgi und seiner Frau Soja im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts in Frankreich und England beschrieben. Dem Leser ist schnell klar, wer Soja ist, obwohl ich mich unwillkürlich immer wieder gefragt habe, ob das denn wirklich sein kann. Mit der endgültigen Aufklärung muss man dann auch bis zum Ende des Buches warten.


    Als historischen Roman kann man das Buch wahrscheinlich gar nicht bezeichnen, dazu ist es doch zu frei erzählt. Es ist eher eine Liebesgeschichte vor dem großen Rahmen der Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts und als solche gut und flüssig zu lesen.

  • Die Erlebnisse des Baunersohnes Georgi sind einfach unglaublich - und wie man aus heutiger Perspektive weiß, auch schlicht unmöglich. Nichtsdestotrotz wünscht man sich, daß die Geschichte wahr wäre und träumt sich ein wenig in Georgis Leben hinein. Da ist in seiner Jugend der Kontrast zwischen dem bettelarmen Volk auf der einen und der prunksüchtigen Aristokratie auf der anderen Seite, wo jeder Widerstand brutal im Keim erstickt wird. Durch Georgis Augen sieht man aber auch die Zarenfamilie, die als sehr sympathisch dargestellt wird.
    So flüssig der Autor auch oft erzählt, so langatmig wird es dafür an anderen Stellen. "Das Haus zur besonderen Verwednung" wirft kein neues Licht auf die Russische Revolution und die Ermordung der Zarenfamilie. Dafür ist es die Geschichte über eine Liebe, die ein ganzes Leben währt und die den Leser wünschen läßt, das Märchen hätte wahr sein können.
    Der Leser begleitet Georgi durch sein ganzes Leben: Rußland, das Exil in Paris, dann schließlich das Leben in London. In vielen Romanen fragt man sich am Ende, wie es denn nun mit den Charakteren weitergeht, wie ihr weiteres Leben aussieht. Das ist hier nicht so, denn Georgi erzählt selbst, wie es mit ihm nach der Oktoberrevolution weiterging und was ihm in all den Jahren widerfuhr. So kann man das Buch am Ende befriedigt und ein wenig wehmütig schließen.

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • In zwei Erzählsträngen erzählt Georgi, ein 15-jähriger Bauernsohn, der durch einen Zufall aus seinem Dorf in den Palast des Zaren geholt wird, seine Geschichte. Während der eine Erzählstrang die Ereignisse von seinen Weg zum Zarenpalast und seiner Liebe zur jüngsten Zarentochter Anastasia schildert, geht es in dem anderen Handlungsstrang um Georgis Leben nach der russischen Revolution 1917. Letzterer beginnt im Jahr 1981 und erzählt rückwärts verschiedene Episoden aus dem Leben von Georgi und seiner Frau Soja. Am Ende treffen sich beide Erzählstränge im schicksalhaften Jahr 1918 und bilden den dramatischen Höhepunkt der Geschichte, in dem alle bis dahin aufgetauchten offenen Fragen beantwortet werden. Durch diesen dramaturgischen Kniff, aber auch durch die schöne Sprache Boynes und sein Gespür für Emotionen, wird der Leser mitten hineingezogen in das Russland des Jahres 1915, erlebt aber gleichzeitig die authentisch erzählte Geschichte eines Paares, das im Laufe seiner jahrzehntelanger Ehe Höhen wie Tiefen erlebt. "Das Haus zur besonderen Verwendung" fesselt von der ersten bis zur letzten Seite und erzählt eine wunderschöne Geschichte, die zu Herzen geht, ohne kitschig zu wirken, die zum Nachdenken anregt und das Interesse an einer längst vergangenen Zeit und an den tragischen Ereignissen in jenem Juli 1918 neu entfachen.


    Von mir auch 10 Punkte :-]

  • So. Endlich durch.


    Diesen Roman empfand ich als eines derjenigen Bücher, die einen vielversprechenden Start hinlegen und dann schwächer und schwächer werden.


    Da ein anderer Roman das Autors mir sehr gut gefallen hat und mich die traurige Story um die letzte Zarenfamilien seit Jahrzehnten beschäftigt, kam ich am "Haus zur besonderen Verwendung" natürlich nicht vorbei. Den Einstieg fand ich gelungen und auch den Wechsel in die Zeit ca. 60 Jahre später interessant. Die Geschichte schien sehr vielversprechend: Exilrusse in London mit krebskranker Frau, die seine große geheimnisvolle Liebe ist. Seine Vergangenheit wird Stück um Stück aufgerollt, wobei die "Gegenwartshandlung" rückwärts läuft. Originell.


    Weniger originell dagegen fand ich die Idee, dass der arme Muschik Georgi sich Knall auf Fall in die jüngste Zarentochter verguckt. Der Autor hat zwar hübsch recherchiert und vermittelt das Leben der Zarenfamilie als auch deren Eigenheiten recht anschaulich, wenn er auch nicht über die gängigen Klischees (rigide Zarin, bemitleidenswerter Zar und - worst of all: dämonischer Rasputin) hinauskommt. Dass der Ich-Erzähler jedoch eine Beziehung mit der jüngsten Zarentochter anfängt, habe ich dem Autor nicht abgekauft, und bis zum Ende mit zunehmend schwindender Zuversicht gehofft, dass Soja bitte bitte nicht Anastasia sein möge. Da heute hieb- und stichfest belegt ist, dass kein Mitglied der Zarenfamilie den Keller des Ipatjew-Hauses im Juli 1918 lebendig verlassen hat, funktioniert die Geschichte einfach nicht. Die Szenen am Zarenhof empfand ich dementsprechend zäh und arg konstruiert.
    Gestört hat mich zudem, dass Anastasia als schönste, klügste, vernünftigste und beste der Zarentöchter dargestellt wird und damit der realen Anastasia so sehr ähnelt wie Cleopatra Johanna Spyris Heidi.
    Auch redet die Romanfigur schon als 15 Jährige wie eine welterfahrene abgeklärte Frau von mindestens 40 Jahren. Das passt einfach nicht.
    Die Anastasia-Darstellung und Romanze am Zarenhof (mit Weißen Nächten und allem Drumherum) stellt für mich - neben den generell etwas eindimensionalen Figuren - die maßgebliche Schwächen dar, durch die das Buch leider viel verliert, obwohl es an und für sich wundervoll geschrieben ist (Stil & Sprache 1a!) und besonders in den Teilen, die nach 1940 spielen, auch überzeugt, mit seinem melancholischen Grundton berührt und die Spannung hält.


    Wahrscheinlich ist der unvoreingenommene Leser ohne Kenntnis genauerer Hintergründe über die Zarenfamilie mit diesem Roman gut beraten. Persönlich hat es mich leider enttäuscht. Der Autor kann es besser, wie seine nachfolgenden Büchern belegen.


    Daher 6 von 10.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Ich habe das Buch letzte Woche als Taschenbuch gekauft. Mir gefiel das Cover und es regt an, es in der kalten Jahreszeit zu lesen. Die Rezis hier lese ich erst einmal nicht, denn ich hab es ja schon zuhause.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

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