Wie kommt das Salz ins Meer - Brigitte Schwaiger

  • Kurzbeschreibung
    30 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung ist Brigitte Schwaigers Debütroman ein nach wie vor aktuelles Plädoyer wider die provinzielle Bürgerlichkeit. Das Buch zählt zu den unbestrittenen Klassikern der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, dessen Thematiken an Aktualität nichts eingebüßt haben. Die provinzielle Bürgerlichkeit ihres Elternhauses prägt das Leben der Ich-Erzählerin. Die frühe Heirat mit Rolf bringt keinen Ausweg sondern führt zu einer weiteren Einengung ihrer persönlichen Freiheit. Es folgen eine Affäre, Abtreibung, Depression und Scheidung. Die scheinbare Banalität der Themen bekommt durch den Scharfblick der Autorin etwas Exemplarisches. Es entwickelt sich eine Sozialkritik ohne erhobenen Zeigefinger, ein literarisches Meisterstück ohne prätentiöse Verbrämungen. Ein Buch zum Entdecken österreichischer Literatur und zum Wiederentdecken einer großen Autorin.




    Meine Meinung
    Lange hatte mir meine Mutter ans Herz gelegt, ich solle dieses Buch lesen, dass doch zu ihrer Zeit ein solcher Bestseller war. Lange habe ich ihre Empfehlung kaum wahrgenommen. Erst jetzt, nach dem plötzlichen Tod der Autorin, bin ich wieder auf dieses Buch aufmerksam geworden.
    Und endlich habe ich es gelesen und bin nun wirklich froh, es gelesen zu haben. Anfangs mag der Schreibstil wohl etwas verwirrend sein. Die Autorin hält sich bei ihren Sätzen recht kurz und oft stehen sie in keinem ersichtlichen Zusammenhang. Und dennoch legt Brigitte Schweiger eine ungeheure Wortgewandtheit an den Tag, vor allem, was die Beschreibung von Gefühlen angeht.
    Wenn man den Lebenslauf der Autorin kennt, merkt man, dass vieles an diesem Buch autobiografisch ist. Die Ich-Erzählerin ist kein einfacher Mensch. Sie macht sich das Leben nicht gerade leicht. Zum Teil wirkt sie äußerst naiv, beinahe kindlich. Sie stellt viele Fragen, ist sehr neugierig. Aber dumm ist sie nicht, das lässt die Autorin bei ihren Beschreibungen aus der Sicht er Ich-Erzählerin gar nicht erst zu.
    Insgesamt ist das Buch ein sehr kurzweiliges und unterhaltsames, wenngleich es alles andere als freudvoll ist. Die Stimmung ist größtenteils trostlos, wird aber zum Teil auf ironische Weise aufgelockert.


    Insgesamt ein sehr empfehlenswertes Buch, welchem ich durchaus 9, wenn nicht 10 von 10 Punkten geben würde.


    Ich denke, einige von euch kennen das Buch bereits, haben es vor langer Zeit gelesen, als es gerade so berühmt war. Schade, dass es erst durch den Tod der Autorin wieder ein bisschen Aufmerksamkeit bekommt. Vielleicht gibt es ja auch mal wieder eine Neuauflage. Diese hier, ist offenbar die einzige, die man direkt bei Amazon.de bestellen kann. Und das auch nur mit Wartefrist.

  • Das Buch scheint ein einziger Dialog - ohne ein einiziges Paar Gänsefüßchen :)


    Daran muss man sich erst gewöhnen, aber das geht recht schnell und durch diese Art zu schreiben scheint kein Wort zu viel. Alles kommt ganz direkt an.
    Manchmal fühlte ich mich etwas in Eile beim Lesen, was aber nicht unbedingt negativ war - eher ungewohnt - für einen Langsamleser wie mich.


    Obwohl ich nicht solch ein Leben führe wie die Hauptperson, viele Situationen so nicht kenne, konnte ich alles ganz intensiv nachempfinden und mir kam dennoch so vieles bekannt vor. Besonders die Großmutter und der Vater mit ihren Sprüchen kamen mir vor, als würde ich sie kennen.


    Ich fand das Buch sehr schön. Es ist intellegent und frisch geschrieben und ich empfand es als sehr eindrücklich und direkt.

  • Ich hatte mir dieses Buch aufgrund einer geradezu hymnischen Rezension gekauft, die ich gelesen hatte. Außerdem, so wurde mir bei der Informationssuche klar, handelt es sich wohl um ein ausgesprochen berühmtes, gar preisgekröntes Werk. Nun muss man bei weitem nicht jedes Buch gelesen haben, das jemals von einem Kritiker gelobt wurde. Doch die Thematik, eine junge Frau gefangen in einer unglücklichen Ehe, hatte mich dann doch überzeugt. Und die Tatsache, dass es sich um ein ziemlich autobiographisch geprägtes Werk handelt, wie man hört.


    Ob ich dieses Buch allerdings wirklich mag - das ist auch nach langsamem Lesen für mich sehr schwer zu beurteilen. Denn vom Schreibstil her passt es in so gar keine Schublade, es lässt sich weder leicht lesen, noch leicht erfassen. Man kann dieser Geschichte nicht einfach folgen wie einem Film, man wird nicht wirklich von der Autorin an die Hand genommen. Es ist eher so, als werde man von ihr in ihr eigenes Tagebuch hinein geschubst, und muss sich nun darin zurechtfinden.


    Wir haben zwar eine - grobe - Chronologie vor uns, die aber im Laufe des Lesens immer mal wieder durchbrochen wird. Das Buch beginnt mit der Hochzeit der Protagonistin, und endet mit der Scheidung. Doch was dazwischen liegt, bewegt sich gekonnt zwischen allen möglichen Ebenen, zwischen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, zwischen Gedanken und gesprochenen Worten, zwischen Träumen und Depressionen. Das ist sehr anspruchsvoll - ich fühlte mich teilweise sogar fast als Eindringling in diesem Buch, als Fremde in der hoch privaten Gedankenwelt einer völlig verschüchterten Frau, die niemals wirklich Gelegenheit dazu hatte, eigene Wünsche zu entwickeln.


    Es gibt auch etliche stilistische Hürden für den Leser. Es gibt keinerlei Struktur, keine Kapitel, und auch keine Kennzeichnung wörtlicher Rede. Es liest sich wie ein gigantischer Gedankenstrom, und zwar immer aus der Perspektive der jungen Frau - die übrigens, wenn ich mich nicht irre, im Roman (wenn es denn einer ist) keinen eigenen Namen bekommt. Diese innovative Technik hat natürlich auch den Vorteil, dass sehr viel genauer alles das unterstrichen wird, was die Frau an ihrer Umgebung anprangert: Engstirnigkeit, Bigotterie, Heuchelei, und etliches mehr.


    Ab und an hielt ich bei der Lektüre inne, weil mir ein Satz, ein Satzpaar, besonders ins Auge fiel. Denn bisweilen hat die Autorin die nahezu unheimliche Fähigkeit, eine gesellschaftliche , böse Wahrheit so pointiert zusammenzufassen, dass es fast schmerzt. Doch aufgrund dieser gelegentlichen "Perlen" allein kann ich nicht wirklich sagen, dass ein Lesefluss entstanden wäre, oder ein Lesesog. Es war eher ein Gefühl wie Atemnot, eine (zugegeben) genial geschilderte gesellschaftliche Enge, die mich ans Ende des recht kurzen Buches taumeln liess.


    Dies ist sicherlich kein Buch, das sich zum wohlfeilen Konsum eignet. Aber ganz bestimmt ist es ein Buch, über das sich trefflich diskutieren lässt.

  • Dieser Klassiker war bislang an mir spurlos vorübergegangen.
    Mein erstes Hineinlesen ins Buch war total "dahingehuddelt", weil ich vorher ein paar Seiten aus Brigitte Schwaigers Buch "Der Mann fürs Leben" gelesen hatte (seltsame Schreibe).
    Dass Schwaigers internationaler Debüterfolg von mir eine 2. Chance bekommen hat, ist purer Zufall. Und ich muss nun zu meiner Schande gestehen, dass mir fast eines der besten Bücher in meinem Leserinnendasein entgangen wäre.


    Ein schonungsloser Blick in das Schlafzimmer einer Frau, die einen "tollen Hecht" geheiratet hat. Besonders schockiert hat mich die lapidare Schilderung der vom Liebhaber selbst durchgeführten Abtreibung.


    Das zentrale Thema - deformierende Einengung der Ich-Erzählerin durch ihren Partner - hat mich an Sylvia Plaths "Glasglocke" und Marlen Haushofers "Die Mansarde" erinnert. Dennoch ein vollkommen anderer Akzent, weil sich die Ich-Erzählerin als "begnadet untalentiert" darstellt. Nach einem abgebrochenen (weil aufgezwungen) Medizinstudium war anscheinend ein katastrophaler Knick in der selbstverantworteten Ausbildungswahl eingetreten. Sogar der Lateinlehrer erlaubt sich später als die Ich-Erzählerin schon verheiratet ist, eine süffisante Anspielung, seine ehemalige Schülerin hätte in ihm bereits in ihrer Gymnasialzeit eine Vorahnung aufkommen lassen, dass ihr später einmal mit voraussagbarer Gewissheit keine akademische Laufbahn beschieden sei. Nach ihrer Scheidung vom promovierten Techniker (Maschinenbaustudium ?) findet die Ich-Erzählerin dann doch irgendeinen "vorzeigbaren" Frauenjob.
    Das Ende des Romans hat mich verblüfft: Ich hatte mit einem Selbstmord der Ich-Erzählerin gerechnet.
    Meine Bewertung: Kategorie 10 (eindeutig !!!)


    Besonders begeistert hat mich die handliche Taschenbuchausgabe (mit abgerundeten Ecken, was ich sooo sehr liebe)