Christoph Hein - In seiner frühen Kindheit ein Garten

  • Taschenbuch: 270 Seiten
    Verlag: Suhrkamp Verlag;
    Auflage: 6 (22. Mai 2006)
    ISBN-10: 351845773X
    ISBN-13: 978-3518457733


    Kurzbeschreibung:
    In seinem vieldiskutierten Roman erzählt Christoph Hein von einem Vater, dessen Kind die Familie verriet, um sich in den Dienst der RAF zu stellen. Und er erzählt von einem wichtigen, oft verdrängten Stück bundesdeutscher Geschichte. Als der bundesweit gesuchte Terrorist Oliver Zurek bei einem Schußwechsel mit Beamten des Grenzschutzes von einer Kugel tödlich verletzt wird, kommt es zu einem politischen Skandal. Denn die offiziellen Mitteilungen über seinen Tod – es ist von Selbstmord die Rede – stimmen nicht mit den Zeugenaussagen überein. Olivers Vater, ein ehemaliger Gymnasialdirektor, mißtraut den Behörden und versucht, die Wahrheit über den Tod seines Sohnes zu erfahren.


    Zum Autor:
    Christoph Hein wurde 1944 in Heinzendorf in Schlesien geboren. Aufgewachsen in Leipzig und Westberlin, kehrte er 1960 in die DDR zurück und arbeitet von 1961 bis 1967 unter anderem als Journalist, Schauspieler und Regieassistent. Von 1967 bis 1971 studierte er Philosophie in Leipzig und Berlin (Humboldt Universität). Danach arbeitete er zunächst als Dramaturg, ab 1974 auch als Autor der Volksbühne Berlin. Seit 1979 ist er freier Schriftsteller und seit 1992 Mitherausgeber der Wochenzeitung "Freitag". Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet,


    Meine Meinung:


    Bad Kleinen, 1993. Hier wurde ein Treffen von RAF-Terroristen gestört und dabei sind ein Terrorist und ein Polizist getötet worden.


    Die Geschichte, die hier erzählt wird, lehnt sich an diesen Vorfall an.


    Doch die Perspektive ist eine andere: Erzählt wird aus der Sicht der Eltern, teilweise im Rückblick, teilweise in der laufenden Zeit.


    Olivers Vater, Richard Zurek, war Schuldirektor in der Kleinstadt, in der die Familie lebt. Ziemlich spießig, Vater, Mutter, drei Kinder. Doch Oliver ist anders. Er akzeptiert die Vorherrschaft des Staates nicht und versucht sich, dagegen aufzulehnen, als Mitglied einer Terrorgruppe.


    Als bekannt wird, dass Oliver auf dem Bahnhof von Kleinen erschossen wird, drehen sich die Gedanken der Eltern im Kreis: War es etwa Selbstmord? Oder noch schlimmer: War Oliver ein Mörder? Die Gefühle überschlagen sich, die Meldungen der Presse sind widersprüchlich.


    Die Eltern versuchen, die Wahrheit herauszufinden, und werden daran gehindert. Warum, wenn doch alles klar scheint? Warum tritt der Innenminister zurück? Ein Brief an ihn bringt keine Antwort.


    5 Jahre später haben die Zureks noch immer keine Ruhe gefunden. Sie können sich nicht mit den unklaren Aussagen des Staats und des Grenzschutzes abfinden. Ihr Anwalt rät von einer weiteren Klage ab. Der Staat ist mächtiger, sagt er.



    Mich hat dieser kurze Roman sehr beeindruckt, da er aus einem wahren Vorfall eine Geschichte gemacht hat, wie es hätte sein können, aus Sicht der Eltern. Was machen Eltern durch, deren Sohn gegen den Staat war. Was ist in der Erziehung falsch gelaufen? Wie kann man als Eltern eines Terroristen in der Öffentlichkeit weiterleben?


    Sehr spannend, diese Innenansichten.


    Von mir 10 Punkte

  • Titel: In seiner frühen Kindheit ein Garten
    Autor: Christoph Hein
    Verlag: Suhrkamp
    Erschienen als TB: Dezember 2008
    Seitenzahl: 270
    ISBN-10: 351845773X
    ISBN-13: 978-351845773
    Preis: 9.00 EUR


    Der Terrorist Oliver Zurek wird durch eine Kugel tödlich getroffen. Und zwar bei einem Schusswechsel mit Beamten des Grenzschutzes. Sein Vater, der pensionierte Schuldirektor Dr. Richard Jurek glaubt nicht daran, dass sein Sohn Selbstmord begangen hat – wie es in den offiziellen Verlautbarungen der Behörden heißt. Vielmehr ist er der Ansicht, dass sein Sohn gezielt von den Beamten erschossen wurde. Viele Zeugenaussagen widersprechen der offiziellen Lesart. Der Innenminister tritt zurück und der Generalbundesanwalt wird in den Ruhestand versetzt.
    Richard Jurek kämpft einen Kampf gegen Windmühlenflügel. Trotzdem will er die Wahrheit wissen. Doch gegen den gesamten Staatsapparat hat er keine Chance. Da er selbst Beamter ist und einen Diensteid geschworen hat, ist es ihm unbegreiflich, dass der Rechtsstaat, den er immer verteidigt hat und an den er geglaubt hat, sich so verhält. Er kann einfach nicht begreifen, dass der Diensteid offenbar nur für ihn von Bedeutung ist.
    Seine Briefe an den ehemaligen Innenminister und den ehemaligen Generalbundesanwalt werden nicht beantwortet.
    Jurek kämpft bis in die letzte Instanz – wird aber immer wieder neu ausgebremst. Doch dann gibt es eine letzte rechtliche Möglichkeit für ihn, doch noch der Wahrheit zum Sieg zu verhelfen – er verliert zwar auch diesen Prozeß, aber dann stellt er fest, dass das Gericht hier nicht anders entscheiden konnte – die Urteilsbegründung ihn dann aber doch als „Sieger“ dastehen lässt.


    Christoph Hein hat die Vorgänge von Bad Kleinem zum Anlass genommen dieses Buch zu schreiben. In einer knappen aber eindringlichen Sprache schildert die Geschichte eines Vaters, der sich auf Spurensuche begibt. Und wahrscheinlich war der Vater seinem toten Sohn nie so nah wie er es während dieser Spurensuche war.


    Dr. Richard Jurek muss erkennen, dass der Rechtssaat selbst oftmals gegen die rechtsstaatliche Ordnung verstößt und das ihn (den Staat) niemand zur Rechenschaft ziehen kann. Es ist auch ein Buch über die Ohnmacht des Einzelnen im Kampf gegen die staatliche Allmacht. Und Jurek erkennt auch, dass viele der Sprechblasen der Politiker über die Rechtsstaatlichkeit nichts anderes sind, als sinnleere Lippenbekenntnisse.


    Ein Buch das nachdenklich macht. Ein Buch das sicher auch den einen oder anderen Leser resigniert feststellen lässt, dass man sich am besten aus allem raushält, denn gegen „die da oben“ hat man eh keine Chance – ein Buch das aber auf der anderen Seite deutlich macht, dass der Rechtsstaat eben nicht nur einigen wenigen gehört, sondern dass er für alle da ist. Und auch staatliche Gewalt ist an die rechtsstaatlichen Regeln gebunden. Und staatliches Handeln muss insofern immer wieder kritisch hinterfragt werden.


    Ein wirklich lesenswertes Buch. Ein Buch das die Missstände deutlich benennt, ein notwendiges Buch, ein Buch das Rechtsbrüche als solche bezeichnet – egal von wem sie begangen werden. 8 Eulenpunkte für ein unbequemes Buch – ein Buch welchem man sehr viele Leser wünscht.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.