Nachtschattenhaus von Marco Vichi

  • Es lachte mich im Supermarkt ( :rolleyes) an, die erste Seite gefiel und so konnte ich nicht widerstehen. Ich hoffe, ich werde es nicht bald fürchterlich bereuen ... :lache


    Den Autor, ein Italiener, kannte ich bisher nicht, laut Angaben im Buch hat er noch mindestens drei weitere Romane geschrieben, die mir alle auch nichts sagen. Beste Voraussetzungen also für die Sommerlektüre :chen


    Klappentext:
    Egentlich hatte Emilio Bettazzi sich von der Einsamkeit in den toskanischen Wäldern Ruhe erhofft. Doch schon in den ersten Tagen wird er Zeuge mysteriöser Vorkommnisse: Aus einer verlassenen alten Villa dringen allnächtlich qualvolle Laute, er findet grausam zugerichtete Tierkadaver, unheimliche Schatten huschen über Felder. Die Bewohner des nahegelegenen Dorfes scheinen mehr zu wissen als sie vorgeben. Und so kommt Bettazzi einer Bluttat auf die Spur, deren Ursachen weit in die Vergangenheit reichen ...


    Hab's schon angelesen und werde nachher noch meine ersten Eindrücke posten. Ich sag nur so viel: :wow

  • Hier mein erster, durchaus wohlwollender Eindruck.
    Zu meiner Verteidigung: ich habe durchaus versucht, mich kurz zu fassen. Ging aber nicht so richtig:chen


    Die Geschichte beginnt in einem Krankenhauszimmer, Patient Franco erszählt dem noch namenlosen Ich-Erzähler von dem einsamen Bauernhaus, das er einige Tage vorher vom Krankenbett aus gemietet hätte. Kaution und drei Monatsmieten (September bis November) wären auch schon bezahlt.


    Leider kommt Franco nicht mehr dazu, das Haus zu beziehen. Spontan beschließt sein noch immer namenloser Freund an Francos Stelle die bereits bezahlten drei Monate dort zu verbringen. Obwohl er ein ausgemachter Stadtmensch ist. Aber: der gute Namenlose ist von Beruf Autor, hat bereits einen Vertrag und Vorschuß für das achte Buch kassiert, allein: begonnen hat er noch nicht ... :gruebel ... und so denkt er sich halt, auf dem Land ließe sich bestimmt ein guter Einstieg für's Buch finden und außerdem hat er grad auch keine Freundin (*Achtung, das wird noch wichtig*), mit anderen Worten - es hält ihn nichts in Florenz.


    Es folgen Fahrt und Ankunft im Bauernhaus (sehr malerisch, würd' ich auch drin wohnen wollen *neid*), man bewundert ausgiebigst die schöne Gegend und schmiedet Pläne für die Zukunft:


    Zitat

    "Wie in gewissen Romanen würde ich mich vielleicht sogar mit einer Bauerstochter, die nicht einmal ahnte, wie schön sie war, wild auf einer Wiese vergnügen. Darauf hoffte ich tatsächlich und versuchte, mir die Szene schon einmal auszumalen."


    :chen Okaaaay, so ein Buch ist das also *hust*. Gut. Danke für diesen interessanten Einblick in die - äh - Rechercheplanung.


    Nachdem Gegend und Haus genug bewundert sind, macht man sich auf, das nächste Dorf und den dortigen Dorfladen zu erkunden.
    Im Laden trifft sich die halbe (sprich: weibliche) Dorfbevölkerung zum Schwätzchen, der Neue wird beäugt und weitesgehend igoriert. Der guckt sich um, entdeckt eine Mutter mit ihrer Tochter an der Hand und verliert sich in eingehender Betrachtung der letzteren. Haben wir sie so schnell gefunden, die Bauerstochter?


    Zitat

    "Groß gewachsen, eine gute Figur. Ich schätzte sie auf etwa sechzehn. Glattes schwarzes Haar, sanfte Züge, mandelförmige Augen. Der kurze Rock brachte ansehnliche Beine zum Vorschein, die in zierlichen Mädchenschuhen endeten."


    :heisseliebe Klingt doch gut, gelle?


    Oder?


    Gottseidank sieht das geschulte Autorenauge des Namenlosen nicht nur auf die Beine der Frauen, nein, dann und wann riskiert er auch einen Blick in obere Regionen.


    Zitat

    "... Ihr Blick jedoch war erloschen. Äußerst bedauerlich. Geistig gesund wäre sie ein bildhübsches Mädchen gewesen."


    :nerv


    Unser namenloser Frauenkenner fährt dann noch los Brennholz zu kaufen, führt eine ominöse Plauderei mit dem Holzverkäufer, die ihn schwer beunruhigt (wir reden hier über einen Vierzeiler ...) und fährt wieder nach Hause.
    Die nächste Zeit verbringt er mit spazierengehen, essen, spazierengehen, Solitäre am Laptop spielen, spazierengehen, essen, spazierengehen usw.


    Ich finde so Einblicke in das Leben eines erfolgreichen Schriftstellers unheimlich faszinierend - ihr nicht auch?


    Auf einem dieser Spaziergänge stößt er im Wald auf eine offenbar verlassene Villa. Als er nach einiger Zeit mal wieder dorthin spaziert (er geht ja dann und wann schon mal spazieren, ich weiß gar nicht, ob ich das schon erwähnt habe) hört er zunächst ein unheimliches Keuche, dann streitende Stimmen eines Mannes und einer Frau.
    Neugierig geworden, versucht er im Dorf herauszufinden, wer denn dort wohl wohnt. Hinter verschlossenen Fenstern. In einem halbverfallenen Haus.
    Die Antwort der befragten Nachbarn kommt denn auch ziemlich überraschend: Niemand wohne dort mehr. Aber, soviel kann unser namenloser Autor doch aus den verstockten Dorfbewohnern herauspressen, vor laaaaaaanger Zeit hat's da mal was ganz Schlimmes gegeben. Vor 36 Jahren, um genau zu sein. Also, 1970.
    Wow. DAS ist mal lange her!
    Also gut, die gemeinen Dorfbewohner sind wenig hilfreich, da muss man ran an die Dorfprominenz. Im Gespräch mit dem Dorfpfarrer will unser schreibender Ich-Erzähler das Geheimnis ans Licht führen. Der erweist sich jedoch als harte Nuss, doch immerhin erfahren wir nun endlich den Namen unseres Helden:


    Zitat

    "Ich heiße Emilio Bettazzi und bin Schriftsteller ..."
    "Kommen Sie zum Punkt, ich habe wenig Zeit."


    Ein noralgischer Punkt - doch als erfolgreicher Schriftsteller wird Bettazzi den Pfarrer doch zu nehmen wissen?
    Ne, leider nicht. Stammelnd fragt er Don Staccioni nach den "Schlimmen Ereignissen" in der Villa und handelt sich eine ziemlich direkte Abfuhr ein.


    Einen letzten Versuch startet er noch bei der Haushälterin des Priesters:


    Zitat

    "Entschuldigen Sie, können Sie mir sagen, was dort oben in der Villa mit der Sonnenuhr geschehen ist?"
    "Herrje ..."
    "Etwas Schlimmes?"
    "Mir tun die Füße weh", gab sie zurück.


    Bei soviel Feingefühl in der Gesprächsführung frage mich ernsthaft, warum unser namenloser Schriftsteller nur erfolglos bleibt? :bonk


    Er läßt also Villa Villa sein und widmet sich stattdessen den Spaziergängen.
    Die unternahm er nämlich immer häufiger, um die Gegend zu erkunden.
    Eines Abends hatte er keine Lust zu Hause zu bleiben und stieg zur Abwechslung mal in sein Auto. Um ein wenig die Gegend zu erkunden.
    (Wie oft kann man eigentlich ein und dieselbe Gegend erkunden?!?)
    Er trifft auf eine junge Frau mit Autopanne. Ganz Gentleman hält er und bietet seine Hilfe an. Es entspinnt sich ein netter kleiner Dialog zwischen den beiden:



    :wow Damit ist dann wohl auch klar, woher Bettazzis Schwächen in der Gesprächsführung kommen :rolleyes



    Ich glaube, damit wäre alles Wichtige zu meiner aktuellen Lektüre gesagt. Ich muss jetzt unbedingt herausfinden, ob in der Ärztin nicht vielleicht noch eine gut getarnte Bauerstochter steckt...:chen

  • Eigentlich wollte ich ja nicht mehr so viel erzählen, aber es ist einfach zu schön, ich kann euch das einfach nicht vorenthalten :lache (Ihr wisst schon, geteiltes Leid ...)



    Die Ärztin stellt sich als Camilla vor und läßt sich von Emilio zur Patientin karren. Die beiden plaudern auf gleichbleibend grausigem Niveau miteinander und man spürt die gleiche Wellenlänge ... :rolleyes


    Die Patientin entpuppt sich als alte Dame, die in einer Villa wohnt und unseren Helden solange im Wohnzimmer warten läßt, während sie mit Frau Doktor von dannen humpelt. Emilio gibt sich tiefgründigen Gedanken hin...


    Zitat

    "Das Schicksal war doch immer für eine Überraschung gut. Ich hatte auf eine Bauerstochter gewartet, und nun war mir eine Ärztin über den Weg gelaufen."


    :rofl Ich hatte es geahnt.


    Während Emilio so vor sich hinsinniert, geht plötzlich die Tür auf und eine Frau mit Kopftuch und bandagierten, blutbefleckten Armen kommt ins Zimmer, schlurft zum Sessel und setzt sich hin. Emilios Begrüßungsgestammel ignoriert sie. Stattdessen murmelt sie geheimnisvoll vor sich hin.


    Zitat

    "Es war nicht Buch*..." flüsterte sie.
    Sie sprach nicht zu mir, sah mich nicht eimal an.
    "Was haben Sie gesagt?"
    "...es war der Werwolf ..."


    Yippieyeah, ein Werwolf! Nach dem ganzen Vampirhype habe ich doch zielgerichtet nach einem Werwolf-Buch gegriffen. :freude:anbet Ob das allerdings soviel besser wird, wage ich doch ernsthaft zu bezweifeln :chen
    Die geistesgestörten Frauen scheinen in dieser Gegend auch eher überrepräsentiert zu sein. Ob da ein Zusammenhang besteht? :gruebel


    *gemeint ist hier ein Name

  • @sapperlot:


    Dankeschön *knicks*


    Ich habe natürlich keine Mühen gescheut und fleissig weiter gelesen. Und was soll ich sagen? Es wird immer besser. :chen Ab jetzt wird denn auch fröhlich und offen gespoilert



    Emilio fährt Camilla nach Hause, man plaudert neckisch miteinander. Emilio erkundigt sich nach der Frau mit den bandagierten Armen. Camilla klärt ihn im professionellem Stile der Ärztin, die sie ja nun mal ist, auf:


    Zitat

    "Das war Rachele, die Enkelin der Signora. Sie ist leicht geistesgestört."


    Diesen Eindruck hatte Emilio erstaunlicherweise auch, und weil man gerade so schön plaudert, wird denn auch schnell die ganze Krankengeschichte der armen Rachele angerissen: Camilla weiß leider nicht, ob sie seit ihrer Geburt geistig behindert ist, die Großmutter behauptet dies jedoch. Die Arme sind angeblich bandagiert, weil Rachele zu heftig mit dem Kater spiele, aber sie, Camilla, vermutet ja, das Mädel würde versuchen, sich umzubringen, gelle. Und weil wir ja jetzt schon sooo viel miteinander geplaudert haben, und die Schweigepflicht ja sowieso nur was für Weicheicher ist, können die beiden sich ja jetzt auch duzen. Und gleich weiterplaudern. Denn: Die Oma von Rachele ist rein zufälligerweise die Besitzerin der halbverfallenen Villa...
    Wir erinnern uns - da war doch diese mysteriöse schlimme Sache ... Ob Camilla etwa?
    Ja, sie weiß alles - und sie erzählt noch mehr!


    Juche, so stelle ich mir die ideale Hausärztin vor: sensibel in der Wortwahl und immer um das Privatleben ihrer Patienten bemüht ... :lache


    Aber lenken wir nicht vom Thema ab.
    Seid ihr bereit für "Das Schlimme"?


    Okay. Ist aber nichts für Zartbesaitete. :wow


    Also, Signora Rondanini, das ist die Oma von Rachele, hat vor 36 Jahren zusammen mit ihrer Schwiegertochter, ihrem Sohn und der kleinen Rachele in der Villa gewohnt. Sohn Rondanini besaß einen großen Wolfshund, der ihm im Wald zugelaufen war. Das Tier war immer brav, bis es eines Tages durchdrehte und die schwangere Schwiegertochter von Signora Rondanini zerfleischte. Während Rachele mit Oropax in den Öhrchen selig vor sich hinschlummerte. Die Ohrstöpsel sind übrigens nicht von mir, die stehen wirklich im Buch :rofl
    Signora Rondanini schaffte es zwar, den Wolfshund zu erschießen, doch für ihre Schwiegertochter und das Ungeborene kam jede Hilfe zu spät.
    Einige Wochen später hat sich der Sohn dann im Schlafzimmer erhängt.


    Nettes Gesprächsthema, um ein erstes Date klarzumachen, so meint zumindest Emilio, und so schwatzt er der übermüdeten Camilla noch schnell seine Handynummer auf, bevor er seinen Wagen wendet und nach Hause fährt. Da auch Camilla eher einsam wohnt, hat er einiges an Waldstrecke zu bewältigen. Aus den Augenwinkeln sieht er eine Gestalt im Dunkeln vorbeihuschen, und da bleibt ihm doch fast das Herz stehen vor Schreck!


    Zitat

    "Damit ich genauer hinsehen konnte, fuhr ich langsamer, und glaubte für einen Augenblick, eine menschliche Gestalt mit einer wirren Mähne auf dem Kopf zu erkennen. Dann verschwand der Schatten in der Dunkelheit. Der Wolfsmensch, dachte ich, Racheles Worte noch im Hinterkopf."


    Öhm. Ja, klar, wär' auch mein erster Gedanke gewesen :rolleyes

  • Die Lektüre hat sich etwas gezogen, weil ich dann leider doch erst den neuen Roman von Patrick Dunne lesen musste. Aber nun geht's weiter.


    Nach der Fülle der Schrecken dieses Abends eilt unser Held nach Hause und setzt sich erst mal an den Computer. Denn er ist ja erfolgreicher Autor und sollte nun mal endlich mit seinem achten Buch anfangen. Allein,


    Zitat


    „Noch immer wollte der Roman nicht aus seinem Schlupfloch heraus. Erzwingen konnte ich es nicht.“


    DAS gefällt mir. Der Autor quasi als Medium seiner Romane :lache In naher Zukunft dürfen wir noch weitere Details aus dem anstrengenden Alltag eines erfolgreichen Autors erfahren. Doch zunächst zurück zur eigentlichen Handlung.


    Ühm. Grübel. Ähm...


    ...wir erinnern uns an das nächtliche Untier, welches Emilio aus dem fahrenden Auto sah und natürlich dank des geschärften, nachtsichtigen Autorenblickes sofort als menschlichen Unhold ausmachen konnte? Das ist unglaublich wichtig, denn am nächsten Tag erfährt unser Held beim Einkauf von zahlreichen totgebissenen Kaninchen und Hühnern. Die wurden regelrecht zerfetzt und es kann natürlich kein Marder gewesen sein, denn der würde ja nur ein Huhn schnappen und dann verschwinden *hust*:rolleyes . Emilio zieht messerscharf die Verbindung zwischen nächtlicher Gestalt und toten Viechern, schweigt aber zunächst. Stattdessen wandert er mal wieder zur Villa im Wald, wird vom Hausmeister vertrieben und kehrt ruhelos nach Haus zurück. Dort kifft er erst mal eine Runde und dann setzt er sich an den Computer. Der Roman rührt sich immer noch nicht, also tippselt er erst mal die Geschichte der Rondaninis auf.


    Zitat


    „Ich ergänzte einige Details und dichtete noch ein wenig hinzu, bis schließlich eine Art Kurzgeschichte herauskam. Ich las sie noch einmal durch. Sie war recht ergreifend, und vor allem kam es mir vor, als hätte jemand anders sie geschrieben. Aber das passierte mir beinahe jedes Mal.“


    Da gibt’s nur eins: Weniger Kiffen beim Schreiben, dann merkt man auch noch, was man da gerade verzapft. Unser Held benennt das Ganze „Hügel des Grauens“ und ich komme langsam zu dem Schluss, dass das auch ein passender Titel für den vorliegenden Roman wäre.


    Einige Tage später taucht ein Carabiniere namens Pantano bei unserem Helden auf und bittet ihn mal eben, mit in die alte Villa zu kommen. Weil, auf dem Land, da machen Gerüchte schnell die Runde und werden aufgebauscht, und das kann ja nicht gut sein. Das will man lieber gleich klären. Und da unser Held Emilio ja vor – äh - etlichen Tagen geheimnisvolle Stimmen in der Villa gehört haben will, ist es besser, man geht der Sache jetzt, nach etlichen Tagen, mal gründlichst auf den Grund. Oder so. :gruebel


    Auf dem Weg wird dann noch mal die Geschichte der Rondaninis durchgekaut :uebel und ein zerfleischter deutscher Student erwähnt, den man vor Jahren im Wald fand, und dessen Tod schon einmal eine Werwolf-Hysterie startete.


    Während Pantano den Schlüssel bei der alten Rondanini abholt, plaudert Emilio ein weiteres Mal mit der geistesgestörten Enkeltochter Rachele, die erzählt, dass der Werwolf ihr Freund sei und ihr Geschenke mitbringe. Tote Tiere und andere Aufmerksamkeiten. Ja, da schlägt jedes Frauenherz höher. :wow


    Man untersucht die Villa gemeinsam, u.a. auch das besagte Schlafzimmer, in dem die Schwiegertochter vom Hund Buch zerfleischt wurde, und siehe da – die Blutflecken sind noch immer gut sichtbar. Nach über 30 Jahren.:pille


    Ansonsten finden sich allerdings keinerlei Spuren oder Stimmen. Welch Überraschung. Kaum draußen, wird Pantano zu einem weiteren Hühnermassaker gerufen und bittet Emilio, die Schlüssel zurückzubringen. Der fährt aber erst mal in die nächste Stadt, um die Schlüssel nachmachen zu lassen. Kann ja nicht angehen, dass keiner ihn ernst nimmt! Wenn Emilio Bettazzi Stimmen hört, dann liegt das keinesfalls am übermäßigen Kiffen! Und auf keinen Fall steckt dann da was Banales dahinter, neihein, es ist vielmehr ein Rätsel, das es zu knacken gilt! Jawoll!

  • Bisher hab‘ ich mir nicht gerade die Fingernägel vor Spannung abgekaut und leider plätschert die Geschichte auch weiterhin so vor sich her. Mal schau'n, was noch kommt...


    Emilio untersucht noch einmal heimlich das Schlafzimmer in der alten Villa und findet einen blutigen Kinderhandabdruck an der Wand. Messerscharf kombiniert er, dass Rachele als 5jähriges Mädchen den grausamen Tod der Mutter mit angesehen haben muss. Ja ne, da wäre ich jetzt irgendwie so gar nicht drauf gekommen. :rolleyes Die toten Hühner gehen unserem Helden ebenfalls nahe und so schlussfolgert er fröhlich vor sich hin:

    Zitat

    Ein Fall aus dem Psychologie-Lehrbuch für Anfänger: Da das Unbewusste sein typisch perverses Spiel trieb, verlangte es Racheles kranken Verstand danach, wieder und wiederdie zerstörerischen Gefühle jener grauenvollen Augenblicke zu durchleben, und weil sie keine andere Möglichkeit hatte, trieb sie sich nachts in den Feldern herum und biss Hühner und Kaninchen zu Tode. Das passte haargenau.

    :gruebel Äh, ja, genau. Darauf erst mal einen Joint! :help Damit aber nicht genug, Emilio beschließt, die alte Rondanini mit seinem Wissen zu konfrontieren, damit der armen Rachele geholfen werden kann. Therapie ist ja erst jetzt möglich, da der Trauma-Auslöser bekannt ist. Dank seiner Erkenntnis, wohlgemerkt. *seufz*:rolleyes Doch welch Überraschung! Die Oma ist nicht besonders angetan und Rachele flippt bei dem einfühlsamen Gespräch, welches Emilio mit ihr führt, völlig aus, knurrt und heult und beißt sich in die bandagierten Arme. :yikes Ich persönlich kann es ihr irgendwie nachempfinden ...Unser Held wird von Oma Rondanini unfreundlich heraus komplimentiert, erhält dafür aber endlich das ersehnte erste Date mit Ärztin Camilla. Die ruft ihn nämlich tatsächlich an. Man plaudert beim Essen (Nudeln) über die Werwölfe, tote Kaninchen, zerfleischte Schwangere und andere heitere Dinge, bis die beiden spontan beschließen, die Villa noch einmal gemeinsam zu erkunden. Hausfriedensbruch macht zusammen gleich noch mehr Spaß! Dabei stellt Emilio fest, dass ja zwar blutige Fußabdrücke zu finden sind, aber mitnichten Pfotenabdrücke! Ergo: Der Hund war’s nicht, es war der Werwolf. Rachele hatte Recht! *Trommelwirbel*

  • Diese dramatische und völlig überraschende Wendung reißt uns natürlich erst mal richtig vom Hocker …:rolleyes


    Emilios kriminalistischer Instinkt treibt ihn sofort wieder zu weiteren Höchstleistungen der logischen Deduktion an:


    Zitat


    „Wenn Buch tatsächlich nichts damit zu tun hatte, steckte etwas noch viel Grauenvolleres hinter der Familientragödie der Rondaninis. Womöglich war die arme Frau vorsätzlich ermordet worden oder einem Anfall von Suizidwahn erlegen.“


    Und hat was – sich selbst den Fötus aus dem Leib gebissen? :bonk
    Aber immerhin – einen lichten Augenblick hat Emilio dann doch noch:


    Zitat

    „Langsam drängte sich mir der Gedanke auf, dass Geistesstörungen eine regionale Spezialität waren.“


    Dieser Gedanke ist mir auch schon gekommen … :chen
    Emilio lässt – trotz Gewissensbissen – nicht locker und nervt schon wieder die arme alte Rondanini mit seinen geschickt verhüllten Verdächtigungen:


    Emilio: „Kann es sein, dass Ihre durchgeknallte Enkeltochter des Nachts durch die Gegend schleicht und deutsche Touristen und Kaninchen abschlachtet?“
    Alte: *wutschnaub* „Verschwinden Sie!“


    Kaum ist Oma Rondanini verschwunden, taucht Enkeltochter Rachele auf und beichtet Emilio, dass sie auch ein Werwolf sei. Obwohl Emilio dies als eine Bestätigung seiner Annahme auffasst, bekommt er plötzlich aus heiterem Himmel Zweifel, ob Rachele tatsächlich die Hühnermörderin sein kann. Den ganzen restlichen Tag quält er sich mit einem unbestimmten Gefühl herum, dass ihm etwas Wesentliches entgangen ist, und so dreht er sich zu Hause erst mal einen Joint. Klar, was könnte es auch Besseres geben, um ein verquarztes Gehirn wieder auf Kurs zu bringen als ein bisschen zu kiffen. :pille
    Und siehe da, die Erkenntnis fällt im quasi vom Himmel herab: Rachele kann ja gar nicht die Gestalt sein, die Emilio nachts im Olivenhain laufen sah, denn das war ja mind. 15km von der Villa der Rondaninis entfernt, das hätte Rachele ja niemals geschafft. Außerdem muss die Gestalt ja mindestens 2 Meter groß gewesen sein. Die Erkenntnis, warum denn diese Gestalt nun eigentlich der Hühnermörder sein muss, fällt leider nicht mit herab. Vermutlich reicht es in der Toskana aus, nachts durch Olivenhaine zu rennen. Wer so was tut, der beißt auch Hühner tot, ganz klar! :rofl
    Vielleicht war es aber auch doch Rachele…
    Echt mysteriöse Gegend – jetzt hat Emilio doch glatt drei echte Rätsel zu knacken!


    1. Wer ist die nächtliche Kreatur?
    2. Beißt Rachele tatsächlich nachts Hühner tot?
    3. Woher kommen die Stimmen in der verlassenen Villa?


    Alles unglaublich drängende, weil so geheimnisvolle Fragen… und so düster und mysteriös :schnarch


    Der Ehrgeiz hat Emilio gepackt und so bestellt er sich mal eben im Internet ein paar Wanzen, um die Villa abzuhören. Denn wenn dort einmal Stimmen zu hören waren, dann müssen die ja auch noch mal in der Villa auftauchen, kann ja nicht angehen, dass das ein einmaliges Ereignis war. Wäre dann doch kein echtes Rätsel!


    Danach bittet er den Carabiniere Pantano, den Polizeibericht von 1970 lesen zu dürfen, stößt aber auf Widerstand. Dennoch versucht er, mithilfe seiner bewährten, verschleierten Gesprächstaktik noch einige Informationen gewinnen zu können:


    Zitat

    „Sie wissen nicht zufällig etwas über einen Riesen, der nachts knurrend durch die Gegend läuft?“
    „Was, zum Henker, meinen Sie damit?“
    „Ich meine damit, dass ich nachts einen Riesen über die Felder habe laufen sehen … Er könnte der Hühnermörder sein.“
    „Ich kann Ihnen sagen, was Sie gesehen haben: einen Wilderer auf der Jagd nach Wildschweinen nämlich.“


    Erstaunlich, dass Pantano sich überhaupt die Mühe macht, auf einen derartigen Schwachsinn zu antworten. Ich an seiner Stelle hätte Mühe gehabt, nicht loszulachen. Ich glaube, ich mag diesen Carabiniere (Obwohl die bei Donna Leon ja immer so furchtbar schlecht wegkommen.)
    Doch Held Emilio ist sich für keine Frage zu blöd. Weswegen das Gespräch noch weiter geht.


    Zitat

    „Nur eine Sache noch. Hatten Sie wirklich nie mit Werwölfen zu tun?“ „Doch natürlich, selbst meine Oma ist ein Werwolf … und mein Papagei auch“, erwiderte Pantano, ohne zu lachen.


    Definitiv ja. Ich mag Pantano.Held Emilio hingegen kommt nicht besonders sympathisch rüber. Wenn er nicht gerade selten dämlich in der Gegend herumfragt, kifft er, wartet auf die Erleuchtung, die ihm seinen nächsten Roman bringt oder philosophiert sich irgendwelchen Schwachsinn über Ärztin Camilla zurecht (ich war so gnädig, euch in dieser Hinsicht zu schonen. Ich sag nur: auaauaauaauaaauaauaautsch.)

  • Bei Ärztin Camilla, die sich den *hust* Verführungskünsten unseres Helden bisher stets widersetzt hat („Ich vögel nie beim ersten Date!“) erlahmen anscheinend die Kräfte. Emilio will sich ihre Digitalkamera leihen, um den Riesen möglichst auf frischer Tat zu fotografieren. Und nebenbei nutzt er natürlich die Gelegenheit, Camilla endlich ins Bett zu bekommen. Und siehe da, sie geht darauf ein:


    Zitat

    „Dreh uns einen Joint, ich warte oben auf dich“, sagte sie und stand auf.


    Das wiederum finde ich nun wieder ganz passend. :rofl Das hat was von „nun gut, bringen wir es endlich hinter uns und versuchen wir, möglichst wenig davon bei klarem Verstand erleben zu müssen. Obwohl ich nicht denke, dass der Autor das so gedacht hat … :chen


    Camilla verabschiedet sich für ein paar Tage und Emilio begibt sich auf Riesenjagd. Natürlich gut gerüstet.


    Zitat

    „Nach dem Abendessen packte ich eine Flasche Wasser, den Fotoapparat und die Taschenlampe in einen Rucksack. Ich stieg ins Auto und nahm die Provinzstraße in Richtung Fontenera. Die Wolkendecke war aufgerissen und es wehte ein erstaunlich warmer Wind. Ich hatte einen leichten Joint vorbereitet, den ich nun anzündete.“


    :rolleyes Joh, das denke ich auch – der Joint hilft ihm bestimmt, Riesen und Werwölfe zu sehen. Fragt sich nur, ob die Kamera ihm da folgen wird. :pille


    Die nächsten Nächte verbringt Emilio so mit sinnlosem Herumgefahre, bis eines Tages endlich das Paket mit den Abhörwanzen kommt. Sofort macht er sich auf, die Dinger in der Villa an geeigneter Stelle unterzubringen. Auf dem Rückweg kommt er an einer Menschenansammlung vorbei und hält an. Eine junge Frau ist ermordet worden – zerfleischt, um genauer zu sein, und da Emilio Camilla bisher nicht erreichen konnte, ist ihm gleich ein wenig unwohler. Der Jäger, dessen Hund das Mädchen fand, kann ihn jedoch beruhigen. Die Leiche ist blond, Camilla jedoch schwarzhaarig. Die Erleichterung wirft sofort den Motor Emilios kriminalistischen Instinktes wieder an – DAS war natürlich kein großer Hund, nein, der Mörder konnte nur der geheimnisvolle Riese sein! Ganz klar! :pille


    Jetzt war es doppelt so wichtig, dass er diese Kreatur fotografierte, denn nur ein Foto wäre ein Beweis. Wovon auch immer... :rolleyes



    Irgendwie kommt das Ganze nicht so richtig in Schwung. Und Werwölfe gab's bisher auch keine! :fetch

  • Am nächsten Morgen wird Emilio von den Stimmen geweckt, die seine Wanzen in der Villa aufgefangen haben – ein Mann und eine junge Frau. Er macht sich sofort mit Kamera bewaffnet auf den Weg und sieht auch noch einen gut gekleideten Mann mit einem Mädchen die Villa verlassen. Der Mann fährt im Auto davon und das Mädchen macht sich zu Fuß auf den Weg. Obwohl sich Emilio die Finger wund knipst, kann er das Gesicht des Mannes nicht einfangen (an das Autokennzeichen denkt er leider zu spät), doch das Mädchen kennt er – es ist das hübsche, „geistig behinderte“ Mädchen, das er schon oft im Dorfladen gesehen hat. Aus dem Mädchen ist jedoch nichts herauszubekommen und so lässt Emilio sie von dannen ziehen.


    Abends setzt Emilio sich mal wieder mit Joint :rolleyes im Mund ins Auto, bereit, den Riesen zu stellen. Er schlägt sich die Nacht um die Ohren und ist schon auf dem Heimweg, als er eine Gestalt an der Straße längs laufen sieht: der Riese! Sofort macht sich Emilio an die Verfolgung quer durch den nächtlichen Wald, natürlich zu Fuß.


    Zitat

    „Plötzlich hörte ich Geräusche, irgendetwas Schweres streifte raschelnd durch das Gebüsch. Ich kauerte regungslos am Boden. Ungleichmäßig kamen die Geräusche näher, begleitet von dumpfem Gebrumm. Gut möglich, dass meine Haare auf einem Schlag ergraut waren. Jeden Augenblick rechnete ich mit dem Gebrüll des Wolfsmenschen … Nun würde ich sterben, ohne mit Camilla geschlafen zu haben, ich war wirklich ein Vollidiot!“


    Kurz wagte ich zu hoffen: Der Werwolf?!? Doch mitnichten, lediglich ein schnödes Wildschwein, dass sich dann auch gleich wieder davon macht, nachdem es einen kurzen Blick auf unseren Vollidioten Helden werfen konnte. Ich kann es dem armen Tier nicht verdenken.


    Dafür steht allerdings auch der Riese urplötzlich in der Landschaft, wird flugs abfotografiert und dann rast Emilio holterdipolter schnell wieder nach Haus.


    Zitat


    „Kaum war ich zu Hause, drehte ich mir einen Joint. Den hatte ich mir verdient. Dann setzte ich mich an den Computer und schob die Speicherkarte der Kamera hinein. Ich lud die Fotos herunter. Ich hatte ihn voll getroffen. Er hatte einen riesigen Kopf, sein Blick war animalisch. Furcht erregend sah er aus. Vielleicht war er allein im Wald aufgewachsen, eine Art Kasper Hauser. Ein interessanter Fall für die Forschung. Vor allem aber musste er so bald wie möglich aufgehalten werden. Schließlich hatte er eine Frau getötet.“


    :bonk Besser kann man nicht formulieren, was zu viel Hasch mit dem Denkvermögen anstellt, denke ich. Chapeau!
    Ganz ehrlich, diese ewigen Joints nerven tierisch. :rolleyes


    Am nächsten Morgen düst Emilio mit seinem Laptop zu Pantano, um ihm den Frauenmörder zu präsentieren. Der Polizist ist reichlich genervt von Emilio (wen wundert’s), lässt sich aber dazu überreden, ihn doch zu empfangen.
    Emilio präsentiert sein Foto.


    Zitat


    „Das ist Angelino“, sagte er und sah mich an, wie man einen Trottel ansieht.“


    Hach, ich mag Pantano! Angelino ist ein Findelkind, absolut harmlos, und lebt – wo sonst – bei den Nonnen im Kloster.


    BINGO!!! :chen Noch ein Geistesgestörter, aber immerhin männlichen Geschlechts! Juche!


    Nach einem Besuch im Kloster ist Emilio genau so schlau wie vorher, aber immerhin wissen wir nun, dass der Riese das Gemüt eines Kindes hat. Nun ja.
    Es folgt ein kleines Intermezzo um eine verstorbene Lieblingstante, die Emilio für einige Zeit nach Florenz zurück zwingt.

  • Leider plätschert der Rest der Geschichte genauso banal und langweilig vor sich hin – Emilio kifft, schreibt an seinem Buch weiter, versucht die Ärztin ins Bett zu bekommen und löst mal eben nebenbei die diversen Rätselchen, die außer ihn selbst jedoch niemanden ernsthaft interessieren:


    Also erpresst Emilio absolut folgenlos mal eben eine ordentliche Summe von dieser „Stütze der Gesellschaft“, bringt das Geld der Familie des Mädchens und lässt den Kerl dann mithilfe der Fotos, die er machen konnte, hochgehen.


    Und die Wahrheit hinter der Tragödie der Rondaninis erfährt er natürlich auch noch:


    All das erfährt Emilio mal eben so nebenbei bei einem netten Pläuschen mit der alten Rondanini.


    Alles in allem eine ziemlich enttäuschende Lektüre – die angedeutete Geister-/Werwolfgeschichte konnte ich dem Autor leider an keiner Stelle abnehmen, für mich war stets klar, dass es eine „realistische“ Auflösung geben würde. Das Fehlen jeglichen Spannungsbogens trug auch nicht gerade zum Lesevergnügen bei.


    Fazit: Klassischer Fehlgriff der Marke „Muss man echt nicht gelesen haben.“


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