Luftschacht-Verlag, 2010
109 Seiten
Originaltitel: Folk har begynt å banke på
aus dem Norwegischen von Bernhard Strobel
Kurzbeschreibung:
Was man hier findet, sind aufmerksame Beschreibungen von Stimmungen, religiösen Sehnsüchten und den Abständen, die sich gerade zwischen den Menschen auftun, die sich nahe stehen.
Diese dichten, intensiven Geschichten kreisen allesamt um existentiell herausfordernde Situationen. Es sind Begegnungen zwischen Paaren oder vergangene Weggefährten, die plötzlich auftauchen und eine seltsame Schwere hinterlassen. Wir begegnen Menschen in Aufbruch und Verzweiflung, jungen Erwachsenen in Konfrontation mit sich selbst und dem Leben, das sie leben. Die Erzählungen spielen vor dem Hintergrund entseelter Vorort- und Kleinstadtlandschaften. Etwas Bedrohliches scheint dort zu lauern, fast undurchlässig sind die Kulissen. Das erzeugt einen Sog, für den Bjarte Breiteig in seiner Heimat Norwegen längst den Status eines jungen Literaturstars genießt.
Über den Autor
Bjarte Breiteig, *1974 in Kristiansand/Norwegen; lebt in Oslo. Studierte nach einem abgebrochenen Physikstudium Literatur in Trondheim, an der Skrivekunstakademiet und an der Universität von Bergen. Für seine Erzählungen wurden ihm zahlreiche nationale Preise verliehen. Auf Norwegisch sind bisher erschienen: Fantomsmerter (1998), Surrogater (2000), Folk har begynt å banke på (2006).
www.bjartebreiteig.com
Über den Übersetzer:
Bernhard Strobel, *1982 in Wien, wo er auch lebt, ist ebenfalls als Autor tätig. Seine Werke erschienen im Droschl Verlag.
Meine Meinung:
Der Erzählungsband „Von nun an“ versammelt 7 Geschichten des norwegischen Schriftstellers Bjarte Breiteig. Die Erzählungen sind überwiegend rätselhaft gehalten. Man kann sich Zeit nehmen, über sie nachzudenken, Ideen und Möglichkeiten entwerfen, um den Geschichten näher zu kommen. Überwiegend sind es Stimmungen, die erzählt werden, z.B. die Party in „Jetzt tanzen wir“, die das Ehepaar Brit und Jörn feiern. Aber Brit hat Komplexe und hält es nervlich nicht aus. Es ist schockierend, bald den Grund zu erahnen, dass hinter der geschlossenen Schlafzimmertür Gewalt stattfindet.
Die Titelgeschichte gefällt mir gut. Ein Mann verabschiedet sich von seiner Frau und tritt eine Zugfahrt an, bei der er einen alten Schulfreund trifft, an den er sich aber nicht mehr erinnert. Der Leser zweifelt dann schnell daran, ob es diesen Schulfreund wirklich gibt oder ob er der Schizophrenie des Protagonisten entspringt, der anscheinend das Ziel Krankenhaus hat. Doch der Autor lässt den Leser nicht so einfach eine feststehende Lösung finden, den der Anruf der Ehefrau an den Protagonisten lässt auch wieder andere Schlüsse zu.
Wiederbegegnungen gibt es öfter, z.B. in „Dann werdet ihr verstehen“ trifft ein Lehrer auf die Mutter eines Problemschülers. Einst waren sie gemeinsam in der Schule und er war in sie verliebt. Auch das Ende dieser Geschichte ist verblüffend und bleibt rätselhaft.
Den Geschichten ist gemeinsam, dass keine in eine komfortable Lösung der Situation führt.
Die Themen Krankheit, Trauer und Gott tauchen öfter auf. Einige Figuren sind gläubig und zitieren sogar die Bibel.
Ich muss aber gestehen, dass mich manche Geschichten gleichgültig gelassen haben, z.B. „Jorgen“ ergab für mich wenig Sinn. Ein paar habe ich nur überflogen.
Erst die letzte Geschichte „Wenn der Tag vorüber ist“ war wieder raffinierter.
Es ist noch erwähnenswert, was für gute Arbeit der Wiener Luftschacht-Verlag bei der Buchgestaltung geleistet hat. Ein raffiniertes Cover, gute Seitenaufteilung und sogar ein Leseband!
Fazit: Bjarte Breiteigs Geschichten verblüffen und einige wecken Interesse. Er wirkt wie eine Art norwegischer Haruki Murakami!