Annie John – Jamaica Kincaid

  • literarische Weltreise: Antigua und Barbados


    Annie verlebt eine glückliche Kindheit auf Antigua, die Mutter umsorgt sie, ja sie ist deren Lebensmittelpunkt. Was sich allerdings zunächst als Heile Welt ausnimmt, die keine dunkle Wolken trüben könnte, zeigt erste Risse, als Annie in die Schule kommt. Denn mit einem Mal spürt sie, dass die mütterliche Fürsorge nicht nur angenehm, sondern auch erdrückend sein kann. Die Situation eskaliert, als Annie in die Pubertät kommt.


    Im Prinzip ist dies die Geschichte einer verzogenen Göre aus der Sicht einer verzogenen Göre. Annie, zu Hause stets der Mittelpunkt, ist bestrebt, diesen Status auch außerhalb der Familie fortzusetzen und reibt sich gleichzeitig an der Dominanz ihrer Mutter. Leider wurde mir während des ganzen Romans nicht so ganz klar, wo eigentlich das Problem liegt: Annie verwandelt sich vom süßen und braven Mädchen in eine pubertierende Zimtzicke, aber wo der entscheidende Fehler der Mutter lag oder was diese Entwicklung von der tausender anderer Mädchen unterscheidet, erschloss sich mir während des ganzen Romans nicht so richtig.


    Und so bleibt mein Urteil ziemlich uneuphorisch (gibt’s das Wort?) : ein nette kleine Geschichte, die aber leider ein Gefühl der Belanglosigkeit und eine klitzekleine Abneigung gegen dieses verwöhnte Balg zurücklässt.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)