Paddy Clarke ha ha ha - Roddy Doyle

  • literarische Weltreise: Irland


    Patrick wächst im Irland der sechziger Jahre auf, in einer auf den ersten Blick intakten Familie: die Mutter kümmert sich liebevoll um ihn und seine Geschwister, der Vater geht einer auskömmlichen, wenn auch offensichtlich unbefriedigenden Arbeit nach und auch Alkohol, der so oft eine wichtige Rolle in Romanen dieses Milieus spielt, ist in dieser Familie kein Problem.


    Dennoch hängt eine gewisse Freudlosigkeit über dieser Kindheit, die sich zwar dem Leser aufdrängt, vom Helden des Romans so aber gar nicht wahrgenommen wird. Paddy ist nämlich eigentlich ein ganz zufriedenes Kind. Klar muss er immer mal Prügel von Vater, Lehrer oder älteren Kindern einstecken. Aber diesen Frust kann er ja problemlos an seinen kleinen Bruder, an schwächere Kinder seiner Clique oder die Assis aus der Sozialsiedlung weitergeben. Zwar muss er für seine teils bösartigen Streiche heftige Strafen einstecken, aber das ist eben der Preis für das Vergnügen, die halbblinde Oma im Kiosk zu beklauen. Und auch, dass ihr kindlicher Spielraum durch immer mehr neu hochgezogene Siedlungshäuser ständig kleiner wird, nimmt er als naturgegeben hin.


    Rührend ist dann wieder, wie Paddy plötzlich die Liebe zu seinem geplagten Bruder entdeckt, um die Aufmerksamkeit seines kaltherzigen Vaters buhlt oder mit der Logik eines Kindes versucht, die Ehe seiner Eltern zu retten


    Dennoch spricht alles dafür, diesen kleinen Kotzbrocken unsympathisch zu finden. Doch eigentlich mag man diesen Kerl, und zwar wegen dieser gnadenlosen kindlichen Ehrlichkeit, mit der der Ich-Erzähler seine Erlebnisse schildert. Darin liegt der Witz (und die Tragik) des Romans und irgendwann wird klar, dass diese Kinder das Spiegelbild der, zumindest aus unserer heutigen Sicht, herzlosen und gewalttätigen Gesellschaft sind, in der sie groß werden. Und das ist dann wirklich nicht mehr lustig.


    Von mir in diesem Fall eine klare Empfehlung!

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Dieses Buch habe ich vor Jahren mal gelesen. Deine Rezi ist ein willkommener Anlass es einfach noch einmal zu lesen, denn die Erinnerung an dieses Buch ist schon ziemlich verblasst. Allerdings meine ich mich zu erinnern, dass ich von diesem Buch sehr angetan war.
    Herzlichen Dank für die sehr schöne Rezi. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.