Kurzbeschreibung:
Nicolas, genannt Nick, reist mit seinem Vater, dem berühmten Autoren Wilhelm Münsterbach, und seiner Schwester Tullia nach Montamar – der Insel, auf der Romanfiguren zum Leben erweckt werden und mit ihren Urhebern leben. „WM“ will die Figuren seines neuen Romans studieren und Nick soll an einem Schreibkurs teilnehmen um endlich sein Talent zu wecken und in die Fußstapfen seines Vaters treten zu können. Doch dann geschehen merkwürdige Dinge, und Nick und Tullia schöpfen den Verdacht, dass ihr Vater nur vorgibt, an einem neuen Buch zu arbeiten, aber eigentlich aus ganz anderen Gründen auf die Insel gekommen ist. Sie stellen Nachforschungen an und sind plötzlich mittendrin in einem Kampf um die Zukunft Montamars.
Meine Meinung:
Mari Ronberg hat mit Montamar eine kleine Welt geschaffen wie sie fantastischer nicht sein könnte. Auf dieser Insel können Autoren ihre Romanfiguren durch das sogenannte „figurisieren“ lebendig werden lassen. Schriftsteller aus aller Welt leben dort gemeinsam mit Piraten, Yetis, Prinzessinnen und anderen mehr oder weniger fantastischen Wesen, die sie geschaffen haben.
Mir hat die Idee, Personen „aus Tinte und Papier“ zum Leben erwachen zu lassen, sehr gut gefallen. Hinter der Art und Weise, wie dieses geschieht, steckt zwar ein recht kompliziertes System, das aber von vorne bis hinten gut durchdacht und logisch ist. Man kann sich gut vorstellen, wie aus ein paar geschriebenen Seiten mit optischen und charakteristischen Eigenschaften erst eine sogenannte Scheibe und dann eine lebendige Person wird. Die Charaktere, sowohl Menschen als auch „Figuren“, sind allesamt schön ausgearbeitet. Besonders Constance, die „blöde Ziege“, die mit ihrem verschrobenen Verhalten und ihrem herrlichen englischen Akzent für allerlei Lacher während des Lesens sorgt, mochte ich sehr gerne. Ebenso Kalle, den Spaßvogel, der leider keine der Hauptfiguren ist und daher nur am Rande mal auftaucht. Bei den Hauptcharakteren fehlte mir manchmal ein wenig die Tiefe. Speziell Robyn ist mir das ganze Buch über immer ein wenig fremd geblieben. Und das, obwohl man über ihn als „Figur“ ja doch Vieles erfährt.
Gut gefallen haben mir die Entwicklungen, die die Beziehungen der Hauptcharaktere untereinander im Laufe der Geschichte durchmachen. Man kann quasi beobachten, wie sich das Verhältnis zwischen Nick, seinem Vater und seiner Schwester verändert. An einigen Stellen musste ich schon schlucken, obwohl ich finde, dass gerade die etwas sentimentaleren Passagen ziemlich platt von der Autorin formuliert wurden.
Spannungstechnisch hakt es ebenfalls an einigen Stellen. Der Anfang zieht sich etwas, es werden Reise und Ankunft Nicks und seiner Familie auf Montamar beschrieben, über die Münsterbachs und ihre Motivation, auf die Insel zu reisen, erfährt man jedoch viel zu wenig. Diese Fragen werden zwar später geklärt, aber meiner Meinung nach hätte man den Anfang des Buches deutlich kürzer gestalten können. Wenn es dann aber richtig losgeht kann man das Buch kaum noch aus der Hand legen, es entwickelt sich zu einem wahren Pageturner.
„Das verlorene Buch von Montamar“ ist ein fantastisches Jugendbuch mit ganz kleinen Fehlern, die den Lesegenuss fast nicht trüben. Es überwiegt einfach die geniale Vorstellung, aus geschriebenen Worten realen Personen formen zu können. Ich hoffe, es wird eine Fortsetzung geben, die die Leser zurück nach Montamar führt.