Tim Dowling - Ich hab nix gemacht

  • Wer sich in der Midlife-Crisis selber googelt...



    Originaltitel: The Giles Wareing Haters' Club
    Verlag: Fischer (Tb.), Frankfurt; Auflage: 1 (7. Juli 2009)
    Broschiert: 366 Seiten



    Über den Autor:
    Tim Dowling wurde 1963 in Connecticut geboren, ging in den frühen Neunzigern nach England, lebt jetzt mit Frau und drei Söhnen in London. Er schreibt regelmäßig für den Guardian.



    Kurzbeschreibung:
    Was wollen die Leute nur alle von Giles? Und warum muss Leben so stressig sein? Soll er jetzt erst was arbeiten oder den Geschirrspüler reparieren? Mit dem Hund raus? Aber Giles hat doch Gicht.. also, wahrscheinlich. Sollte er sich vielleicht besser dafür entschuldigen, dass er überhaupt auf der Welt ist? Öch nö, denkt Giles, läuft schon alles irgendwie. Aber dann entdeckt er im Internet eine böse Überraschung..



    Meine Meinung:
    Giles Wareings Leben ist ruhig und beschaulich. Er ist freier Journalist und schreibt Artikel, die keinen Menschen interessieren. Denkt er. Denn eines Tages entdeckt er seinen eigenen Hass-Fanclub im Internet, in dem nicht nur seine Texte, sondern auch er selbst aufs Übelste nieder gemacht werden.
    Von da an wird er gerade zu süchtig danach, zu erfahren, was diese Menschen von ihm halten und beginnt, sich selbst unter einen Pseudonym ebenfalls in der Runde unbeliebt zu machen. Bis er auf die realen Menschen trifft und sich neue Abgründe auftun.
    Nebenbei gerät auch alles andere in seinem Leben ausser Kontrolle.



    Mein Fazit:
    Eine ganz wunderbare Geschichte! Bitterböser, rabenschwarzer Humor.
    Flüssig geschrieben. 366 Seiten, auf denen man lachen und den Kopf schütteln kann. Immer begleitet von einem grinsen und dem Wunsch, den Antihelden Giles Wareing bei der Hand zu nehmen, ihm eine Tasse Tee zu reichen und ihm zu sagen, das alles wieder gut wird. Oder ihm auch mal eine zu scheuern. Aber das nur manchmal.


    10 von 10 Punkten.


    ___

  • Das hört sich sehr vielversprechend an. Danke für die sehr schöne Buchvorstellung. Der Titel wurde dann auch sofort notiert. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ha, das klingt ja sogar so, als könnte mich das interessieren, auch wenn es kein Thriller und keine historischer Roman ist :grin


    Aber schwarzer Humor hat schon was. Klingt wirklich gut.
    Meinst Du, das könnte etwas für mich sein? Du kennst ja meinen Geschmack

  • :grin Ja doch, es könnte dir gefallen. Immerhin spielt es in England ;-)


    Wie der sich selbst googelt, das ist einfach nur göttlich. Ich hab Tränen gelacht teilweise. Überhaupt ist das Buch aus so einer herrlichen Sichtweise geschrieben. Trockener Humor, wie man so sagt. Ganz großes Kino :)


    Und, es gibt sogar eine Tote in dem Buch, hey, da hast du dann deinen Krimi :grin Aber auch so gibt es genug spannendes, verworrenes. Doch, es könnte dir wirklich gefallen! :-]

  • Giles Wareing, freier Journalist und Vater von zwei Kindern, googelt sich hin und wieder selber. Kann ja nicht schaden. Manchmal kann ihm seine Marotte sogar den Tag versüßen, etwa, wenn er im Internet auf begeisterte Leser seiner Artikel stößt und eine Frau ihn leichtfertig zum "Gennie" ernennt. Falsch geschrieben, das Wort, aber was soll's? Für ein "Gennie" wird man schließlich nicht jeden Tag gehalten.


    Leider nur wird schon beim nächsten Googlebesuch alles anders. Irgendwem scheint es zu gefallen, ihn mit Häme zu übergießen und – um dem noch die Krone aufzusetzen – sogar einen Club der Giles-Wareing-Hasser zu gründen. Der Club erhält rasch Zulauf, ein beständiger Austausch entsteht, in dem sich wildfremde Menschen genussvoll über seine Artikel auslassen. Angeblich, so behaupten sie, sei er völlig talentfrei, was das Schreiben angeht. Frechheit! Haben diese Leute nichts Besseres zu tun, als sich Tag für Tag nur mit ihm zu beschäftigen? Haben die kein eigenes Leben? Wenn sie wenigstens nicht ständig über ihn herziehen würden. Als er sich selber in dem Forum registriert und gegenhält, wird er sofort enttarnt. Es ist zum Verzweifeln! Was soll er tun? Was kann er tun?


    Mit seiner Entschlossenheit ist es ja nicht weit her, mit seiner Konzentrationsfähigkeit übrigens auch nicht. Wenn jemand länger als eine Minute auf ihn einredet, kann er nicht weiter folgen, weil seine Gedanken dann automatisch abschweifen. Außerdem hat ihm beim Gassigehen mit seinem Hund neulich im Park eine alte Frau irgendwelche verbotenen Pillen geschenkt. Von denen ist er jetzt wahrscheinlich abhängig, denn er denkt nicht mehr weiter als die Pillen reichen. Aber sonst hat er eigentlich keine Probleme. Oder? Naja, die Redaktion seiner Zeitung will jetzt, dass er die extremistische Kraftfahrer-Organisation AKBA infiltriert, und seine Frau ist sauer auf ihn, weil er eine Geburtstagsparty frühzeitig verlassen hat. Giles hat’s nicht so mit Geburtstagsfeiern, doch bei seiner eigenen hätte er vielleicht länger bleiben können. Tja, und dann - kurz vor Weihnachten – vereinbaren die Wareing-Hasser ein Treffen. Giles ist natürlich auch mit dabei …


    Dowlings Romanerstling ist ein humoristisches Meisterwerk. Es erinnert an Tom Sharpe und David Lodge in ihren besten Tagen – und ist doch ganz anders. Schade, Dowling hat keinen weiteren Roman folgen lassen. Andererseits: Wie sollte er seinen Erstling toppen? Dafür müsste er schon ein „Gennie“ sein.


    „Ich hab nix gemacht“ ist ein Buch, das richtig Spaß macht! Was wir auch seinem Übersetzer Thomas Gunkel zu verdanken haben.