Verlag: Bvt Berliner Taschenbuch Verlag
Broschiert: 426 Seiten
Originaltitel: Broken verses
Übersetzt von Anette Grube
Kurzbeschreibung
Aasmani vermisst ihre Mutter. Sie ist vor 14 Jahren verschwunden, weil der Schmerz über den Verlust ihres Geliebten, eines bei den pakistanischen Führern verhassten Dichters, zu groß war. Warum musste er sterben, warum wurde Aasmani verlassen? - Was als verzweifelte Suche beginnt, geht nahtlos über in einen befreienden Selbstfindungsprozess.
Über die Autorin:
Kamila Shamsie wurde 1973 in Pakistan geboren und lebt heute in London und Karatschi. Auf Deutsch erschienen von ihr Kartographie (Berlin Verlag 2004, BvT 2005), Verbrannte Verse (Bloomsbury Berlin 2005, BvT 2006), Salz und Safran (Bloomsbury Berlin 2006). Für ihr Werk erhielt sie in England zahlreiche Auszeichnungen.
Meine Meinung
Kamila Shamsie beschäftigt sich in ihren Roman mit einer bewegten Zeit in Pakistan und zeigt gesellschaftliche Auswirkungen und Zusammenhänge auf.
1977 führte Mohammed Zia ul-Haq einen Militärputsch gegen Bhutto durch. Für Regimekritik blieb kein Platz.
Zias Regierung endete mit seinem Tod bei einer Flugzeugexplosion 1988. Doch die politischen Nachwirkungen waren weitreichend, da die Jahre so prägend waren.
Im Mittelpunkt des Romans steht die 31jährige Aasmani, deren Mutter Samina sie vor 14 Jahren verlassen hatte. Aasmani ist in heutiger Zeitebene zunächst unpolitisch. Sie lebt in der Großstadt Karachi und arbeitet fürs Fernsehen, indem sie Quizfragen entwirft.
Aasmanis Mutter Samina war eine furchtlose, politische Aktivistin. Und sie scherte sich nicht um moralische Konventionen, sie hat ihren Ehemann schon nach kurzen verlassen. Sie lebte mit einem Mann, immer nur The Poet genannt, der sich mit seinen Gedichten aktiv gegen die Militärdiktatur unter General Zia ul-Haq stellte.
Samina und der Poet wurden beide verfolgt, immer wieder verhaftet und ausgegrenzt. Als der Poet ermordet wurde, verschwand Samina. Assmani bleibt mit ihrem Vater, der Stiefmutter und Stiefschwester zurück und fühlt sich verlassen.
Das lässt Aasmani nicht los, auch jetzt noch als Erwachsene in Karachi fragt sie sich, warum ihre Mutter verschwunden ist, was damals wirklich geschah. Es gibt plötzlich einen Hinweis, dass der Poet und vielleicht auch ihre Mutter noch leben.
Der politische und geschichtliche Hintergrund des Romans ist komplex. Als deutscher Leser ohne Pakistanbezug hat man normalerweise wenig Wissen über das politische Geschehen in Pakistan der 70ziger Jahre. In Verbrannte Verse kommen diese Jahre aber zum tragen.
Ich will nicht verschweigen, dass ich mich aufgrund von Verständnisprobleme teilweise sehr schwer mit dem Buch getan habe. Verbrannte Verse hat mich insgesamt und vor allen literarisch auch nicht so gepackt wie der nachfolgende Roman „Verglühte Schatten“, der für mich als Gesamtwerk einfach besser funktioniert hat.
Hier wird zuviel diskutiert und zu wenig gehandelt.
Spannend sind aber die grundlegenden Fragen in dem Roman:
Saminas politische Erfolge waren klein. Rechtfertigte ihr berechtigtes politisches Engagement für Demokratie und Freiheit letztlich das Verlassen der Familie?
Wie viel darf jemand für eine Sache opfern? Aasmani bewunderte ihre Mutter, fühlte sich aber verletzt von deren Abwesenheit.
Und hat der Poet abgesehen von seinem Engagement im Vergleich zu Aasmanis leiblichen Vater nicht auch Egoismus und Verantwortungslosigkeit gezeigt?
Es ist überzeugend, dass sich eine Autorin so intensiv mit diesen Themen beschäftigt und mit ihrem Buch anspruchvoll und unterhaltend beschreibt.